Urteil des ArbG Limburg vom 22.06.2009

ArbG Limburg: pause, vergütung, stundenlohn, nachtarbeit, monatslohn, arbeitskraft, arbeitszeugnis, arbeitsorganisation, hessen, fahrzeug

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Gericht:
ArbG Limburg 1.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 Ca 333/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 611 Abs 1 BGB
(Überstunden - Rücktransport nur durch Arbeitgeber)
Leitsatz
Wenn ein Arbeitgeber ein Firmenfahrzeug zum Transport der Arbeitnehmer bis zu
einem bestimmten, räumlich weit entfernten Objekt zur Verfügung stellt und die
Arbeitnehmer dieses Objekt nicht anders als mit diesem Fahrzeug wieder verlassen
können, kann ein Arbeitgeber nicht damit gehört werden, die Arbeitnehmer hätten
Überstunden ja nicht zu leisten brauchen, wenn das Firmenfahrzeug alle Arbeitnehmer
erst weit nach Ende der regulären Arbeitszeit zu ihrem Ausgangspunkt zurück bringt.
Mit dieser vom Arbeitgeber gesetzten Organisation der Arbeitszeit müssen alle
zwischen den Fahrzeiten des Firmenfahrzeugs abgeleisteten Arbeitsstunden als vom
Arbeitgeber angeordnete Überstunden gelten.
Tenor
1. Das Versäumnisurteil vom 21.01.2009 wird aufrechterhalten.
2. Der Beklagte trägt die weiteren Kosten des Verfahrens.
3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 3.300,48 € festgesetzt.
4. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.
Tatbestand
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger Vergütung für Arbeitszeiten vom
29.01.2008 bis 14.03.2008, die der Kläger bei dem Reinigungsbetrieb des
Beklagten abgeleistet haben will. Der Kläger ist Mitglied der Gewerkschaft IG BAU;
der Beklagte ist Mitglied der Landesinnung Hessen des
Gebäudereinigerhandwerks. Die Beklagte hatte bis Ende Februar 2008 den
Reinigungsauftrag für das xxx im xxx in der Nähe von xxx. Zur Reinigung in diesem
Objekt wurde der Kläger eingesetzt, darüber hinaus an zwei Tagen in der
Faschingszeit zur Reinigung der xxxhalle in xxx. Am 14.02.2008 unterzeichnete der
Kläger einen Fragebogen für geringfügig Beschäftigte (Bl. 27/28 d.A.). Dieser weist
eine Einstellung als Reinigungskraft ab 11.02.2008, einen festen Monatslohn von
165,00 € und einen Stundenlohn von 8,00 € aus. Der Kläger ist Empfänger von
Arbeitslosengeld II.
Der Kläger behauptet, es sei ein schriftlicher Arbeitsvertrag zwischen den Parteien
abgeschlossen worden, den er jedoch der ARGE xxx übergeben habe. Soweit hierin
ein Monatslohn von 164,50 € vereinbart sei, stelle dies Lohnwucher dar. Einen
Praktikumsvertrag für die Zeit ab Januar 2008 habe er nicht unterschrieben. Auf
seine Beschwerde bzw. seines Freundes xxx über die von ihm zu leistenden
Arbeitszeiten habe die Büroleiterin des Beklagten im Büro xxx xxx erklärt, dass
Überstunden, täglich 6-9 Stunden anfallen würden; ohne diese wäre das Objekt
nicht zu reinigen. Ihm sei abverlangt worden, kurz nach Mitternacht in der xxx in
xxx zu warten, bis er mit einem Firmenwagen der Beklagten mitgenommen wurde
und mit anderen Mitarbeitern zum Objekt gefahren wurde. Dort seien dann bis zu
10 Stunden die Kinos gereinigt worden. Gegen Mittag seien die Arbeitnehmer
wieder nach Hause gefahren worden. Es habe keine Stechuhren und keine
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wieder nach Hause gefahren worden. Es habe keine Stechuhren und keine
Umkleidekabine auf dem Firmengelände des xxx gegeben. In der Faschingszeit sei
es mittags dann ohne Pause nach xxx gegangen, um dort die Reste einer
Faschingsfeier wegzuputzen. Die Objektleiterin xxx habe seine Arbeitszeiten
aufgezeichnet. Hierzu verweist der Kläger für einzelne Tage auf Kopien der
handschriftlichen Aufzeichnungen (Bl. 68-73 d.A.). Darüber hinaus seien
Aufzeichnungen auf einem Formular des Beklagten durchgeführt worden, die seine
Arbeitszeiten ebenfalls verzeichneten (Bl. 61-67 d.A.). Darüber hinaus hat der
Kläger eigene Auswertungen seiner Arbeitszeit (Bl. 74-81 d.A. und Bl. 9/10 d.A.)
vorgelegt.
Am 28. und 29.02.2008 sei er arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Am 03.03.2008
habe er bei der Beklagten seine Arbeitskraft angeboten. Seine Arbeitskraft sei
jedoch nicht angenommen worden. Der Beklagte habe ihm zu diesem Zeitpunkt
einen Auflösungsvertrag vorgelegt, den er nicht akzeptiert habe.
Entsprechend seiner Auflistung hat der Kläger für Januar 2008 auf Basis eines
Stundenlohns von 7,87 €, ursprünglich einen Betrag von 309,69 € brutto geltend
gemacht – beruhend auf 33,5 geleisteten Arbeitsstunden, Nachtzuschlag zu 145
Stunden und Mehrarbeitszuschlag für 8,4 Stunden Mehrarbeitszuschlag. Hierauf
hat der Kläger von der Beklagten unstreitig 161,70 € netto erhalten. Nach Hinweis
des Gerichts, dass nur 32,5 Stunden für das Gericht nachvollziehbar seien, hat der
Kläger seine Klagforderung für Januar 2008 auf 300,84 € brutto ermäßigt.
Für Februar 2008 hat der Kläger ursprünglich eine Forderung von 2.316,53 €
geltend gemacht, resultierend aus 238 geleisteten Arbeitsstunden, 15,6 Stunden
Entgeltfortzahlung, 86,5 Stunden Nachtzuschlag und 25,5 Stunden
Sonntagszuschlag. Diesen Betrag hat der Kläger nach dem Hinweis des Gerichts,
dass es nur 219,6 Stunden nachvollziehen könne, auf 2.047,48 € brutto reduziert.
Für März 2008 hat der Kläger ursprünglich für 112 Stunden Entgeltfortzahlung in
Höhe von 881,44 € verlangt. Auf den Hinweis des Gerichts, dass es nur für 78
Stunden den Entgeltfortzahlungsanspruch nachvollziehen könne, hat der Kläger
seine Forderung gegenüber der Beklagten auf 613,86 € reduziert. Darüber hinaus
verlangt der Kläger ein einfaches Arbeitszeugnis.
Der Beklagte war im Kammertermin am 21.01.2009 trotz ordnungsgemäßer
Ladung säumig. Es erging daraufhin antragsgemäß folgendes Versäumnisurteil:
Gegen das dem Beklagten am 25.01.2009 zugestellte Versäumnisurteil hat dieser
mit einem bei Gericht am 29.01.2009 eingegangenem Schriftsatz „Widerspruch“
eingelegt.
Der Kläger beantragt,
das Versäumnisurteil vom 21.01.2009 aufrecht zu erhalten.
Der Beklagte beantragt,
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die Klage unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 21.01.2009 abzuweisen.
Der Beklagte behauptet, der Kläger habe nach seinem Praktikum auf 165,00 €-
Basis beschäftigt werden wollen. Sonntags- und Nachtarbeit sei von der
Büroleiterin xxx nicht angeordnet worden. Dem Kläger, der kein Auto besitze, sei
mitgeteilt worden, dass zweimal pro Tag nach xxx gefahren werde und er sich mit
dem zuständigen Fahrer in Verbindung setzen solle, damit eine Arbeitsaufnahme
gewährleistet sei. Auch Überstunden seien nicht angeordnet worden. Vielmehr sei
Frau xxx als Objektleitung informiert worden, dass der Kläger nur auf 165,00 €-
Basis angemeldet sei und auch nur so eingesetzt werden könne.
Im Einspruchstermin hat der Beklagte erstmals eine schriftliche Kündigung des
Arbeitsverhältnisse mit dem vom 27.02.2008 zum 12.03.2008 vorgelegt, deren
Erhalt der Kläger bestritten hat.
Entscheidungsgründe
Das Versäumnisurteil vom 21.01.2009 ist trotz des fristgerechten Einspruchs des
Beklagten (von diesem fälschlicherweise als Widerspruch bezeichnet)
aufrechtzuerhalten.
Die Klage ist in der Höhe, die dem Kläger im Versäumnisurteil vom 21.01.2009
zugesprochen worden ist, begründet.
Dem Kläger steht für den Monat Januar 2008 ein Bruttoverdienst von 384,00 €
abzüglich erhaltener 161,70 € netto nebst Zinsen gem. § 611 BGB i.V.m. dem
abgeschlossenen Arbeitsvertrag zu. Für Februar 2008 steht dem Kläger ein Betrag
von 2.047,48 € brutto nebst Zinsen gem. § 611 BGB zu. Für März 2008 steht dem
Kläger ein Betrag von 613,86 € gem. §§ 611 BGB i.V.m. § 3 EFZG zu. Darüber
hinaus hat der Beklagte dem Kläger ein einfaches Arbeitszeugnis nach
Beendigung des Arbeitsverhältnisses gem. § 109 Abs. 1 Satz 1 Gewerbeordnung
zu erteilen.
I.
Zwischen den Parteien bestand zwischen dem 29.01.2008 und dem 14.03.2008
ein Arbeitsverhältnis.
1.
Auch die Zeit ab dem 29.01.2008 war dabei entgegen der Ansicht des Beklagten
als Arbeitsverhältnis zu berücksichtigen. Soweit der Beklagte meint, es habe sich
in der Zeit vor dem 11.02.2008 um ein Praktikum gehandelt, ist dies rechtsirrig.
Ein Praktikant ist in aller Regel vorübergehend in einem Betrieb praktisch tätig, um
sich praktische Kenntnisse und Erfahrungen in einer bestimmten betrieblichen
Tätigkeit und Ausbildung, die keine systematische Berufsausbildung darstellt, im
Rahmen einer Gesamtausbildung zu unterziehen, weil er diese für die Zulassung
zum Studium oder Beruf oder Prüfung oder zu anderen Zwecken benötigt. Der
Ausbildungszweck steht damit im Vordergrund (Küttner/Röller, Personalbuch, 16.
Auflage 2009, Praktikant, Rn. 1). Dagegen ist Arbeitnehmer nach der ständigen
Rechtsprechung des BAG, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienst
eines anderen zu weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher
Abhängigkeit verpflichtet ist (vgl. BAG 06.07.1995 – 5 AZB 9/93, AP Nr. 22 zu § 5
ArbGG 1979). Ein Arbeitnehmer erbringt seine vertraglich geschuldete Leistung im
Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation.
Die Eingliederung in die Arbeitsorganisation zeigt sich insbesondere daran, dass er
einem Weisungsrecht unterliegt, das Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der
Tätigkeit betreffen kann (zug Abgrenzung zwischen Praktikanten- und
Arbeitsverhältnis s. insbesondere LAG Köln, 31.05.2006 – 3 Sa 225/06, NZA – RR
2006, 525).
Dafür, dass der Kläger hier im Rahmen einer Ausbildung eingestellt werden sollte,
sind keinerlei Gesichtspunkte ersichtlich. Der Kläger war in eine Arbeitsorganisation
eingebunden, indem er sich zu einer bestimmten festgelegten Zeit in xxx
einzufinden hatte, um mit einem Wagen des Beklagten zum xxx in das xxx
gefahren zu werden und dort Reinigungsarbeiten zu verrichten und nach
Beendigung der Reinigungsarbeiten wieder nach xxx gefahren zu werden. Die
Reinigungsarbeiten als solche sind von ihrer Art her Tätigkeiten, die der Kläger als
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Reinigungsarbeiten als solche sind von ihrer Art her Tätigkeiten, die der Kläger als
Ungelernter ausführen kann und nach den Weisungen des Beklagen ausführen
sollte. Ein irgendwie gearteter Ausbildungszweck als Schwerpunkt der Tätigkeit ist
nicht erkennbar. Der Beklagte hat hierzu auch nichts vorgetragen, was für das
Vorliegen einer solchen Ausbildung spricht. Dass der Kläger längere Zeit arbeitslos
und Empfänger von Arbeitslosengeld II war, macht nicht jede Aufnahme einer
weisungsgebundenen Tätigkeit zu einem Praktikum.
2.
Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien hat bis zum 14.03.2008 bestanden.
Dass das Arbeitsverhältnis bereits zum 12.03.2008 beendet worden sei, hat der
Beklagte zwar im Kammertermin vom 22.01.2009 durch Vorlage einer
Kündigungserklärung behauptet (Bl. 22 d.A.). Der Kläger hat jedoch den Erhalt
dieses Kündigungsschreibens bestritten. Auf welchem Wege und wann dem Kläger
dieses Kündigungsschreiben zugegangen ist, ist vom Beklagten nicht näher
dargelegt worden. Selbst wenn ein solcher Vortrag im Kammertermin vom
22.06.2009 noch erfolgt wäre, wäre dieser Vortrag angesichts des Bestreitens des
Klägers gem. § 296 Abs. 2 ZPO als verspätet zurückzuweisen gewesen. Gem. §
296 Abs. 2 ZPO können Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen der
allgemeinen Prozessförderungspflicht des § 282 Abs. 2 ZPO nicht rechtzeitig
mitgeteilt werden, zurück- gewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien
Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und
die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht. Hier hat der Kläger bereits seit
Beginn des Prozesses behauptet, das Arbeitsverhältnis habe bis zum 14.03.2008
gedauert, ohne dass der Beklagte hiergegen jemals im Prozessverlauf
Einwendungen erhoben hätte.
Hätte der Beklagte seinen Vortrag dahingehend ergänzt, dass er Beweis
angeboten hätte dafür, dass dem Kläger das Kündigungsschreiben vor dem
29.02.2008 zugegangen ist, hätte hierüber in einem neuen Termin Beweis erhoben
werden müssen. Dies hätte den Prozess verzögert. Da der Beklagten von dem
Vortrag des Klägers seit mehr als einem Jahr wusste, beruht diese Verspätung
auch auf grober Nachlässigkeit. Das Gericht muss deshalb davon ausgehen, dass
das Arbeitsverhältnis entsprechend der Behauptung des Klägers bis
zum14.03.2008 gedauert hat.
II.
Der Kläger hat gegenüber dem Beklagten einen Anspruch auf Vergütung pro
Arbeitsstunde in Höhe von 7,87 € pro Stunde brutto. Von einem Stundenlohn in
dieser Höhe geht jedenfalls der Kläger in seiner Klagforderung aus. Hieran ist das
Gericht gem. § 308 ZPO gebunden. Es kommt insofern nicht darauf an, dass beide
Parteien tarifgebunden sind und nach dem Lohntarifvertrag für die gewerblich
Beschäftigten in der Gebäudereinigung in Hessen ab dem 01.01.2008 in der
niedrigsten Lohngruppe (1) 8,15 € brutto pro Stunde zu zahlen waren. Auch soweit
der Fragebogen für geringfügig Beschäftigte, den der Kläger am 14.02.2008
unterzeichnet hat (Bl. 27/28 d.A.), einen Stundenlohn von 8,00 € ausweist, ist dies
angesichts der aufgestellten Klagforderung des Klägers unerheblich. Soweit im
Fragebogen für geringfügig Beschäftigte einerseits ein fester Monatslohn von
165,00 € und andererseits ein Stundenlohn von 8,00 € genannt ist, ist dies ohne
Ausfüllung der Arbeitszeit (eine Zeile darüber) eine in sich unklare Angabe.
Bedeutet dies, dass der Kläger maximal im Monat 20,5 Stunden arbeiten soll?
Jedenfalls für Arbeitszeiten ab der 22. Stunde wird in diesem Fragebogen, dessen
Qualität als Arbeitsvertrag ohnehin zweifelhaft ist, keine Regelung getroffen. Wollte
man ihn so verstehen, wie der Beklagte, nämlich als Maximalbetrag, wäre diese
Vereinbarung sittenwidrig. Bei einer Arbeitszeit von knapp 220 Stunden wie im
Februar 2008 und einer Vergütung von 165,00 € ergäbe dies einen Stundenlohn
von etwa 75 Cent pro Stunde. Dies ist Lohnwucher im Sinne des § 138 Abs. 2 BGB
und führt zur Nichtigkeit der entsprechenden Vergütungsregelung. An ihrer Stelle
hat die übliche Vergütung im Sinne des § 612 Abs. 2 BGB zu treten (vgl. zu einem
ähnlichen Fall einer zu niedrigen Praktikumsvergütung LAG Baden Württemberg,
08.02.2008 – 5 Sa 45/07, NZA 2008, 768, 770). Die Übliche wäre dabei die
tarifliche Vergütung (8,15 €), die jedoch hier angesichts der Beschränkung des
Klägers auf einen Stundenlohn von 7,87 € gem. § 308 ZPO auf diesen zu
begrenzen ist.
III.
Die vom Kläger abgeleisteten Arbeitsstunden sind insgesamt vom Beklagten zu
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Die vom Kläger abgeleisteten Arbeitsstunden sind insgesamt vom Beklagten zu
vergüten. Der Kläger hat Beginn und Ende seiner Arbeitszeiten für die einzelnen
Tage jeweils im Einzelnen dargelegt und ebenfalls dargestellt, was er in dieser Zeit
jeweils an Arbeiten erbracht hat. Dies ergibt sich aus den vom Kläger vorgelegten
Unterlagen über Begin und Ende der Arbeitszeit sowie für einzelne Tage sogar
daraus, welchen xxx der Kläger jeweils geputzt hat (vgl. insoweit insbesondere die
Anlagen BP 1 -6, Bl. 68-73 d.A.). Dass diese Arbeitszeiten vom Beklagten
angeordnet, mindestens geduldet worden sind, ergibt sich daraus, dass der Kläger
zu einem bestimmten Zeitpunkt nach der xxx in xxx bestellt wurde, von dort aus in
das xxx in das xxx in die Nähe von xxx gefahren wurde und dort zu arbeiten hatte,
bis das Fahrzeug wieder nach xxx zurück fuhr. Soweit der Beklagte behauptet, er
habe Überstunden nicht angeordnet, ist eine ausdrückliche Anordnung des
Beklagten nicht erforderlich. Sie ergibt sich bereits aus den Umständen. Wie
konnte der Kläger die fehlende Möglichkeit, vom xxx nach xxx zu kommen am
Ende seiner regulären Arbeitszeit anders verstehen können, als die Aufforderung,
ebenso lange zu arbeiten, wie alle seine anderen Kollegen, nämlich bis zu dem
Zeitpunkt, bis zu dem die Objektleiterin feststellte, dass für diese Nacht die
Putzarbeiten im xxx abgeschlossen sind. Die fehlende Möglichkeit einer vorzeitigen
Rückkehr für den Kläger stellte damit implizit die Anordnung von Überstunden
durch den Beklagten dar. Wenn ein Arbeitgeber ein Firmenfahrzeug zum Transport
der Arbeitnehmer bis zu einem bestimmten, räumlich weit entfernten Objekt zur
Verfügung stellt und die Arbeitnehmer dieses Objekt nicht anders als mit diesem
Fahrzeug wieder verlassen können, kann ein Arbeitgeber nicht damit gehört
werden, die Arbeitnehmer hätten Überstunden ja nicht zu leisten brauchen, wenn
das Firmenfahrzeug alle Arbeitnehmer erst weit nach Ende der regulären
Arbeitszeit zu ihrem Ausgangspunkt zurück bringt. Mit dieser vom Arbeitgeber
gesetzten Organisation der Arbeitszeit müssen alle zwischen den Fahrzeiten des
Firmenfahrzeugs abgeleisteten Arbeitsstunden als vom Arbeitgeber angeordnete
Überstunden gelten. Insoweit kann der Beklage auch nicht damit gehört werden, er
habe keinerlei Sonntags- oder Nachtarbeiten angeordnet. Der Kläger hat für
einzelne Tage vorgetragen, von wann bis wann er jeweils gearbeitet. Der Beklagte
hat nicht substantiiert bestritten, dass diese Arbeitszeiten nicht stimmen. Er hat
auch nicht vorgetragen, dass der Kläger etwa von sich aus ohne Weisung des
Beklagten sich in das Firmenfahrzeug der Beklagten begeben hätte oder ggf. an
welchen einzelnen Tagen dies der Fall gewesen sei.
Vielmehr hat der Kläger behauptet, er habe sich weisungsgemäß an den vom ihm
behaupteten Tagen jeweils in der xxx in xxx eingefunden und sei zum
Reinigungsobjekt gefahren und wieder zurück gefahren worden.
Insofern muss das Gericht mangels substantiiertem Beklagtenvortrag die vom
Kläger vorgetragenen Arbeitszeiten gem. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden
ansehen.
IV.
1.
Aufgrund seines eigenen Vortrags hat der Kläger für den Monat Januar 2008 einen
Vergütung von 300,84 € zu beanspruchen. Dabei hat das Gericht die in
Kleinigkeiten divergierenden Angaben des Klägers in den unterschiedlichen vom
Kläger eingereichten Unterlagen miteinander verglichen und die jeweils niedrigste
Zahl zur Grundlage seiner Berechnung genommen. Dies ergibt im Einzelnen
folgende Arbeitszeiten:
- 29.01.2008 von 0.10 Uhr - 8.55 Uhr abzüglich 15 Minuten Pause: 8,5 Stunden
(Bl. 74 d.A.)
- 30.01.2008 von 0.10 Uhr – 8.55 Uhr abzüglich 15 Minuten Pause: 8,5 Stunden
(Bl. 74 d.A.)
- 31.01.2008 von 0.12 Uhr – 16.10 Uhr bei einer 30-minütigen Pause: 15,5
Stunden (Bl. 74 d.A. mit Rechenfehler).
Dies ergibt insgesamt für den Monat Januar 2008 eine Arbeitszeit von 32,5
Stunden.
Bei einem Stundenlohn von 7,87 € ergibt dies eine Lohnforderung von 255,78 €.
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Da gem. § 3 Ziff. 3.2. des Rahmentarifvertrags für die gewerblichen Beschäftigten
in der Gebäudereinigung als Nachtarbeit die Zeit von 22.00 Uhr bis 5.00 Uhr gilt,
hat der Kläger am 29.01.2008 4 Stunden 50 Minuten Nachtarbeit geleistet, am
30.01.2008 4 Stunden 50 Minuten und am 31.01.2008 ebenfalls 4 Stunden 50
Minuten, insgesamt somit 14,5 Stunden Nachtarbeit. Für Nachtarbeit ist ein
Zuschlag gem. § 3 Ziff. 3.7b von 25 % zu leisten; dies bedeutet für 14,5
Nachtarbeitsstunden eine zusätzliche Vergütung von 28,53 € (7,87 € x 14,5 x 25
%).
Darüber hinaus geht der Kläger von 8,4 Überstunden aus, für die gem. § 3 Ziff.
3.7a ein Mehrarbeitszuschlag von 25 % zu leisten ist. Dies ist angesichts einer
Arbeitszeit von 32,5 Stunden an 3 Tagen bei einer tarifvertraglichen Arbeitszeit
von 39 Stunden in der Woche und 8 Stunden täglich gem. §§ 3 Ziff. 1 des
Rahmentarifvertrags nicht zu beanstanden.
Dies ergibt eine zu zahlende Mehrarbeitsvergütung von 16,53 €.
Von der für Januar 2008 zu zahlenden Vergütung von insgesamt 300,84 € hat der
Kläger unstreitig 161,70 € netto erhalten.
2.
Für Februar 2008 ergibt sich aufgrund des Klägervortrags und der von ihm
eingereichten Unterlagen eine Arbeitszeit von insgesamt 219,6 geleisteten
Arbeitsstunden. Hinzu kommt an Nachtzuschlägen ein Betrag von 170,19 € sowie
an Sonntagszuschlägen ein Betrag von 149,04 €.
Diese Beträge ergeben sich aufgrund folgender Arbeitszeiten:
- 01.02.2008 Arbeitszeit von 0.10 Uhr – 9.10 Uhr bei einer 15minütigen Pause:
8,75 Stunden (Bl. 75 d.A.)
- 02.02.2008 Arbeitszeit von 0.10 Uhr – 9.40 Uhr bei einer Pause von 15 Minuten:
9,25 Stunden (Bl. 75 d.A.)
- 03.02.2008 Arbeitszeit von 0.10 Uhr - 8.40 Uhr bei einer Pause von 15 Minuten:
8,25 Stunden (Bl. 75 d.A.).
- Rosenmontag 04.02.2008 Arbeitszeit von 0.10 Uhr - 14.10 Uhr bei einer
effektiven Arbeitszeit von 13,5 Stunden im xxx und im xxx xxx: 13,5 Stunden
- 05.02.2008 Arbeitszeit von 1.00 Uhr - 5.45 Uhr: 4,75 Stunden (Bl. 66 d.A. –
Anlage BM-6)
- 06.02.2008 Arbeitszeit von 1.00 Uhr – 8.15 Uhr: 7,25 Stunden (Bl. 61 d.A. –
Anlage BM-1)
- 07.02.2008 Arbeitszeit von 0.10 Uhr – 9.25 Uhr: 9,25 Stunden (Bl. 9 d.A.)
- 08.02.2008 Arbeitszeit von 0.10 Uhr – 9.10 Uhr bei 15 Minuten Pause: 8,75
Stunden (Bl. 76 d.A.)
- 09.02.2008 Arbeitszeit von 1.00 Uhr bis 10.00 Uhr bei einer 15-minütigen
Pause: 8,75 Stunden (Bl. 64 d.A. – Anlage BM-4)
- 11.02.2008 Arbeitszeit von 2.00 Uhr – 9.30 Uhr: 7,5 Stunden (Bl. 67 d.A. –
Anlage BM-7)
- 12.02.2008 Arbeitszeit von 1.00 Uhr – 8.30 Uhr: 7,5 Stunden (Bl. 67 d.A. –
Anlage BM-7)
- 13.02.2008 Arbeitszeit von 0.45 Uhr – 10.00 Uhr (auf dem Bogen der Beklagten
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- 13.02.2008 Arbeitszeit von 0.45 Uhr – 10.00 Uhr (auf dem Bogen der Beklagten
errechnete Arbeitszeit: 8,25 Stunden Bl. 67 d.A. – Anlage BM-7)
- 15.02.2008 Arbeitszeit von 0.15 Uhr – 9.15 Uhr bei 15 Minuten Pause: 8,75
Stunden (Bl. 77 d.A.)
- 16.02.2008 Arbeitszeit von 0.45 Uhr - 8.00 Uhr: 7,25 Stunden (Bl. 65 d.A. –
Anlage BM-5)
- 17.02.2008 Arbeitszeit von 0.15 Uhr – 8.45 Uhr bei 15-minütiger Pause: 8,25
Stunden (Bl. 77 d.A.)
- 18.02.2008 Arbeitszeit von 0.15 Uhr – 9.15 Uhr bei 15-minütiger Pause: 8,75
Stunden (Bl. 78 d.A.)
- 19.02.2008 Arbeitszeit von 0.15 Uhr – 8.45 Uhr bei 15-minütiger Pause: 8,25
Stunden (Bl. 78 d.A.)
- 21.02.2008 Arbeitszeit von 0.15 Uhr – 9.15 Uhr bei 15-minütger Pause: 8,75
Stunden (Bl. 78 d.A.)
- 22.02.2008 Arbeitszeit von 4.05 Uhr – 12.55 Uhr bei einer vom Kläger
angegebenen Arbeitszeit von 8,5 Stunden (Bl. 78 d.A.)
- 23.02.2008 Arbeitszeit von 3.00 Uhr – 11.30 Uhr bei 15-minütiger Pause: 8,25
Stunden (Bl. 78 d.A.)
- 24.02.2008 Arbeitszeit von 3.00 Uhr – 12.00 Uhr bei einer 15-minütigen Pause:
8,75 Stunden (Bl. 78 d.A.)
- 25.02.2008 Arbeitszeit von 4.00 Uhr – 13.00 Uhr bei 15-minütiger Pause: 8,75
Stunden (Bl. 79 d.A.)
- 26.02.2008 Arbeitszeit von 3.00 Uhr – 12.00 Uhr bei 15-minütiger Pause: 8,75
Stunden (Bl. 79 d.A.)
- 27.02.2008 Arbeitszeit von 3.00 Uhr – 12.30 Uhr bei 15-minütiger Pause: 9,25
Stunden (Bl. 79 d.A.).
Am 28. und 29.02.2008 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Über diese beiden
Tage kann der Kläger wie in der Klagforderung benannt, für 15,6 Stunden
Entgeltfortzahlung verlangen, nicht jedoch wie in seiner ursprünglichen
tabellarischen Aufstellung zusätzlich für beide Tage weitere 8 Stunden
Arbeitsvergütung für jeden Tag.
Dies führt insgesamt zu einer zu vergütenden Arbeitszeit einschließlich
Entgeltfortzahlung für die letzten beiden Tage für den Monat Februar 2008 von
219,6 Stunden. Dies ergibt bei einer Entgelthöhe von 7,87 € pro Stunde einen
Vergütungsanspruch von 1.728,25 €. Hinzu kommt ein Nachtzuschlag für die
Arbeitszeit zwischen 22.00 Uhr und 5.00 Uhr von 25 % gem. § 3 Ziff. 3.7 des
Rahmentarifvertrages für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung
an folgenden Tagen:
Insgesamt ergibt dies im Februar 2008 86,9166 Stunden Nachtarbeit. Da der
Kläger Nachtzuschläge für 86,5 Stunden verlangt, ist diese Zahl zugrunde zu
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Kläger Nachtzuschläge für 86,5 Stunden verlangt, ist diese Zahl zugrunde zu
legen. Dies ergibt einen Nachtzuschlag von 170,19 €.
Für Sonntagsarbeit ist gem. § 3 Ziff. 3.7 g des Rahmentarifvertrages für die
gewerblich Beschäftigten in der Gebäudereinigung ein Zuschlag von 75% zu
zahlen. Der Kläger hat im Februar 2008 an folgenden Sonntagen folgende
Arbeitszeiten abgeleistet:
Insgesamt ergibt dies bei 25,25 Sonntagsarbeitsstunden einen Sonntagszuschlag
von insgesamt 149,04 € (25,25 x 7,87 € x 75 %).
Insgesamt ergibt dies für Februar 2008 eine vom Beklagten an den Kläger zu
zahlende Vergütung von 2.047,48 € brutto.
3.
Für März 2008 kann der Kläger insgesamt vom Beklagte eine Vergütung von
613,86 € brutto verlangen. Diese Forderung ergibt sich aus § 615 BGB. Nach
seinem eigenen, vom Beklagten unbestrittenen Vortrag, der dementsprechend §
138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt, hat der Kläger am 03.03.2008 seine
Arbeitskraft angeboten, ohne dass der Beklagte diese angenommen hätte.
Dementsprechend befand sich der Beklagte in der gesamten Zeit bis zum Ende
des Arbeitsverhältnisses im Annahmeverzug. Für diese Zeit hat der Beklagte dem
Kläger die vereinbarte Vergütung auf Basis der tarifvertraglich vereinbarten
Arbeitszeit von 39 Stunden pro Wochen zu zahlen. Dies ergibt bei einer
tarifvertraglichen Arbeitszeit von 39 Stunden und 2 Wochen, in denen das
Arbeitsverhältnis im März 2008 noch angedauert hat, einen Anspruch von 613,86
€ brutto (78 Stunden x 7,87 €).
4.
Die genannten Lohnbeträge hat der Beklagte gem. § 286, 288 BGB wegen
Verzugs mit dem gesetzlichen Zinssatz zu verzinsen. Dabei ist der Verzug jeweils
am 16. des Folgemonats eingetreten, da gem. § 8 Ziff. 2 des Rahmentarifvertrags
für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung der Lohn am 15. des
Folgemonats fällig ist.
V.
Mit Ende des Arbeitsverhältnisses hat der Kläger gegenüber dem Beklagten einen
Anspruch auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses gem. § 109 Abs. 1 Satz 1
Gewerbeordnung. Nach der Behauptung des Klägers hat der Beklagte dieses noch
nicht erteilt. Der Kläger beschränkt sich in seinem Anspruch soweit richtigerweise
aufgrund der Kürze des Arbeitsverhältnisses auf die Erteilung eines einfachen
Arbeitszeugnisses.
VI.
Da der Kläger einen Teil seiner Klage zurückgenommen hat, ist die Kammer mit
Versäumnisurteil vom 21.01.2009 von einer Kostenverteilung von 14 % zu Lasten
des Klägers und zu 86 % zu Lasten des Beklagten ausgegangen. Hieran wird
festgehalten.
Da der Beklagten nach seinem Einspruch unterlegen ist, trägt er die weiteren
Kosten des Rechtsstreits.
Der Wert des Streitgegenstands wird auf 3.300,48 € festgesetzt.
Dieser ergibt sich aus der Summe der nach der Klagerücknahme noch vom Kläger
eingeklagten Beträge zuzüglich eines Betrages von 500,00 € für das zu erteilende
Zeugnis. Soweit im Versäumnisurteil ursprünglich ein Betrag von 3.348,00 € als
Streitgegenstand festgesetzt war, ist dieser nach erneuter Prüfung zu korrigieren.
Gründe für die gesonderte Zulassung der Berufung im Sinne des § 64 Abs. 2
ArbGG sind nicht ersichtlich. Im Übrigen wird auf die nachfolgende
Rechtsmittelbelehrung verwiesen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.