Urteil des ArbG Köln vom 06.04.2010

ArbG Köln (einstweilige verfügung, stimmabgabe, betrieb, antragsteller, verfügung, juristische person, sitzung, wahlunterlagen, arbeitnehmer, antrag)

Arbeitsgericht Köln, 1 BVGa 21/10
Datum:
06.04.2010
Gericht:
Arbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
1. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
1 BVGa 21/10
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Kein Leitsatz
Tenor:
1. Dem Beteiligten zu 4. wird im Wege der einstweiligen Verfügung
aufgegeben, das Wahlausschreiben (Anlage AST 1 zur Antragschrift
vom 30.03.2010) dahin zu korrigieren, dass die Zeit des Eingangs der
Wahlbriefe von „06.05.2010 um 11:00 Uhr“ auf „06.05.2010 um 14:00
Uhr“ korrigiert wird.
2. Im Übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.
3. Dieser Beschluss ergeht kostenfrei.
G r ü n d e :
1
I. Die Beteiligten streiten im Rahmen des vorliegenden einstweiligen
Verfügungsverfahrens um die Übersendung von Wahlunterlagen an bestimmte
Beschäftigungsgruppen sowie um die Vornahme einer Korrektur der im
Wahlausschreiben genannten Zeit des Eingangs der Wahlbriefe.
2
Die antragstellenden Beteiligten zu 1. bis 3. sind wahlberechtigte Arbeitnehmer der
Beteiligten zu 5., einem Unternehmen innerhalb des Konzerns der ...... Geschäftsfeld der
Beteiligten zu 5. ist der Betrieb des nationalen und europaweiten...... Der Beteiligte zu 4.
ist der aus sieben Mitgliedern bestehende Wahlvorstand, der anlässlich der
anstehenden Betriebsratswahl im Betrieb F.I.14 gebildet wurde. Bei dem Betrieb handelt
es sich um einen nach § 3 BetrVG auf Grund eines Tarifvertrags gebildeten Betrieb, der
aus den Betriebsteilen ...., ... und .... besteht. Im Betrieb sind ca. 1.630 wahlberechtigte
Arbeitnehmer beschäftigt. Knapp 1.000 Arbeitnehmer gehören den
Beschäftigungsgruppen.....an. Die verbleibenden Arbeitnehmer sind in der ....in der
....beschäftigt. Bei der Betriebsratswahl konkurrieren mehrere Vorschlagslisten, nämlich
die von den Gewerkschaften.... getragene Liste "Gemeinsam stark für alle", die von der
.... getragene Liste "Stark-unbestechlich-erfolgreich" sowie eine Freie Liste
"Unabhängig und fair".
3
In seiner Sitzung vom 12.03.2010 beschloss der Beteiligte zu 4. in Abwesenheit eines
Mitglieds ausweislich der als Anlage AST 5 zur Antragschrift eingereichten Niederschrift
u.a., dass eine Urnenwahl mit zwei Wahllokalen in der Zeit vom 04.05.2010 um 06.00
Uhr bis zum 06.05.2010 um 14.00 Uhr durchgeführt wird und beide Wahllokale während
dieser Zeit durchgehend geöffnet sind. Für die Mitarbeiter der ..... sowie der .... wurde
eine Briefwahl beschlossen. Unter "15. sonstiges" heißt es in der Niederschrift zu dieser
Sitzung u.a.: "Es werden alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angeschrieben, dass die
BR-Wahlen stattfinden mit dem Hinweis auf die Möglichkeit der Briefwahl und dem
Hinweis, dass der Gang zur Urne Arbeitszeit ist."
4
Mit Wahlausschreiben vom 15.03.2010, in dem es u.a. heißt: "Die Wahlbriefe müssen
bis spätestens 06.05.2010 um 11:00 Uhr beim Betriebswahlvorstand eingegangen
sein.", wurde die Betriebsratswahl eingeleitet.
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Während einer weiteren Sitzung des Wahlvorstands am 23.03.2010 wurden die Anträge
des Mitglieds, das während der Sitzung am 12.03.2010 nicht anwesend war, zum einen
den Arbeitnehmern und zugewiesenen Beamten der Beschäftigungsgruppen ...... die
Unterlagen zur Briefwahl gemäß § 24 Abs. 2 der Wahlordnung zum
Betriebsverfassungsgesetz (im Folgenden: WO) zu übersenden, zum anderen den
letzten Zeitpunkt, zu dem Wahlbriefe am letzten Wahltag eingehen, von 11.00 Uhr auf
14.00 Uhr zu verlegen, mehrheitlich abgelehnt.
6
Mit ihrer am 30.03.2010 vorab per Telefax beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen
Antragschrift vom selben Tag begehren die Antragsteller, dem Beteiligten zu 4. im Wege
der einstweiligen Verfügung aufzugeben, erstens allen wahlberechtigten Arbeitnehmern
und zugewiesenen Beamten der Beschäftigungsgruppen.......die Wahlunterlagen für die
zwischen dem 04.05.2010 und 06.05.2010 stattfindende Betriebsratswahl zu
übersenden, zweitens das Wahlausschreiben dahin zu korrigieren, dass die Zeit des
Eingangs der Wahlbriefe von "06.05.2010 um 11:00 Uhr" auf "06.05.2010 um 14.00 Uhr"
korrigiert wird.
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Die Antragsteller sind der Ansicht, der Beteiligte zu 2. sei nach § 24 Abs. 2 WO
verpflichtet, den im Antrag zu 1. genannten Beschäftigungsgruppen ohne besondere
Aufforderung die Wahlunterlagen zu übersenden. Auf Grund der Eigenart der
Beschäftigungsverhältnisse sei bei diesen Personengruppen nicht sichergestellt, dass
sie während der Betriebsratswahl im Betrieb in ..... anwesend seien. Es sei zu
befürchten, dass ein erheblicher Teil des Fahrpersonals ohne die Übersendung der
Wahlunterlagen von seinem Wahlrecht abgehalten werde. Die Festsetzung von
unterschiedlichen Zeiten der Stimmabgabe für die Briefwahl und die Urnenwahl sei
nach Meinung der Antragsteller unzulässig. Beide Wahlfehler würden zur Anfechtbarkeit
der Betriebsratswahl führen, so dass durch die begehrte einstweilige Verfügung
korrigierend in die laufende Betriebsratswahl eingegriffen werden könne.
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Die Antragsteller beantragen,
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1. dem Beteiligten zu 4. im Wege der einstweiligen Verfügung
aufzugeben, allen wahlberechtigten Arbeitnehmern und
zugewiesenen..... die Wahlunterlagen für die zwischen dem 04.05.2010
und 06.05.2010 stattfindende Betriebsratswahl zu übersenden;
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2. dem Beteiligten zu 4. im Wege der einstweiligen Verfügung
11
aufzugeben, das Wahlausschreiben (Anlage AST 1 zur Antragschrift)
dahin zu korrigieren, dass die Zeit des Eingangs der Wahlbriefe von
"06.05.2010 um 11:00 Uhr" auf "06.05.2010 um 14.00 Uhr" korrigiert
wird.
Der Beteiligte zu 4. beantragt,
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die Anträge zurückzuweisen.
13
Der Beteiligte zu 4. ist der Auffassung, ein wesentlicher Verstoß gegen Vorschriften über
das Wahlverfahren sei hier nicht gegeben. Für ihn habe keine Veranlassung bestanden,
hinsichtlich der im Antrag zu 1. genannten Personengruppen nach § 24 Abs. 2 WO zu
verfahren, da die Voraussetzungen dieser Vorschrift insoweit nicht gegeben seien. Bei
Abgabe von Stimmzetteln bis 14.00 Uhr am 06.05.2010 wäre nicht gewährleistet, dass
das Verfahren nach § 26 WO noch ordnungsgemäß vor Abschluss der Stimmabgabe
durchgeführt werden könne. Im Übrigen bleibe es einzelnen Arbeitnehmern, die ihre
Briefwahlunterlagen noch nach 11.00 Uhr einreichen wollten, unbenommen, mit diesen
im Wahlbüro zu erscheinen und ihre Stimme dort abzugeben. Jedenfalls sei nicht zu
befürchten, dass die Wahl durch seine Verfahrensweise anfechtbar werde.
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Die Beteiligte zu 5. hat keine Stellungnahme abgegeben.
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Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorbereitenden
Schriftsätze der Beteiligten sowie die Sitzungsniederschrift vom 06.04.2010 verwiesen.
16
II. Die Anträge sind zulässig, aber nur teilweise begründet.
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1. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung ist auch im Beschlussverfahren
grundsätzlich gemäß § 85 Abs. 2 ArbGG zulässig. So kann zur Gewährleistung eines
effektiven Rechtsschutzes auch in ein laufendes Betriebsratswahlverfahren korrigierend
eingegriffen werden, wenn dem Wahlvorstand Fehler unterlaufen sind und diese noch
mit Wirkung für das laufende Wahlverfahren berichtigt werden können (siehe statt vieler
LAG Hamm, Beschluss vom 03.03.2006 – 13 TaBV 18/06, zu II. 1. der Gründe m. zahlr.
Nachw. der Rechtsprechung und der Literatur, zitiert nach juris).
18
2. Die Beteiligten zu 1. bis 3. sind im vorliegenden Verfahren antragsbefugt. Dies ergibt
sich aus einer analogen Anwendung des § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG, weil die
Zielsetzung in einem vorgeschalteten Kontrollverfahren vergleichbar ist mit der Situation
im Anfechtungsverfahren (siehe etwa LAG Hamm, Beschluss vom 03.03.2006 – 13
TaBV 18/06, zu II. 2. der Gründe m.w. Nachw., zitiert nach juris).
19
3. Neben dem Wahlvorstand war auch die Arbeitgeberin gemäß § 83 Abs. 3 ArbGG zu
beteiligen. Diese ist nämlich durch die Entscheidung in ihrer
betriebsverfassungsrechtlichen Stellung unmittelbar betroffen, weil es um die
rechtmäßige Wahl des Betriebspartners und damit um das ordnungsgemäße
Zustandekommen eines betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsverhältnisses geht (LAG
Hamm, Beschluss vom 03.03.2006 – 13 TaBV 18/06, zu II. 2. der Gründe m.w. Nachw.,
zitiert nach juris).
20
4. In der Sache hatten die Anträge allerdings nur teilweise Erfolg.
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a) Dem Beteiligten zu 4. konnte nicht im Wege der einstweiligen Verfügung aufgegeben
werden, allen wahlberechtigten Arbeitnehmern und zugewiesenen Beamten der ..... die
Wahlunterlagen für die zwischen dem 04.05.2010 und dem 06.05.2010 stattfindende
Betriebsratswahl zu übersenden.
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aa) Es unterliegt bereits erheblichen Bedenken, ob den Antragstellern für dieses
Begehren überhaupt ein insoweit erforderlicher Verfügungsanspruch zur Seite steht.
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Der Wahlvorstand ist zwar in der Tat gemäß § 24 Abs. 2 WO gewissermaßen "von Amts
wegen" verpflichtet, Wahlberechtigten, von denen ihm bekannt ist, dass sie zum
Zeitpunkt der Wahl nach der Eigenart ihrer Beschäftigungsverhältnisse voraussichtlich
nicht im Betrieb anwesend sein werden, die Unterlagen für eine schriftliche
Stimmabgabe i.S. des § 24 Abs. 1 WO zu übersenden, ohne dass es hierfür eines
Verlangens der Wahlberechtigten bedarf. Angesichts des vom Beteiligten zu 4.
festgesetzten Zeitpunkts der Betriebsratswahlen vom 04.05.2010 um 06.00 Uhr
durchgehend bis zum 06.05.2010 um 14.00 Uhr spricht jedoch vieles dafür, dass der
Beteiligte zu 4. nicht nach § 24 Abs. 2 WO gehalten war, den wahlberechtigten
Arbeitnehmern und zugewiesenen Beamten der Beschäftigungsgruppen ...... die
Unterlagen für eine schriftliche Stimmabgabe ohne ein entsprechendes Verlangen
dieser Personengruppen zu übersenden.
24
Die von den Antragstellern in der Antragschrift zitierten Erwägungen des Arbeitsgerichts
Karlsruhe im Beschluss vom 18.10.2002 (Az.: – 1 BV 1/02 –, veröffentlicht in juris)
kommen im Streitfall nicht zum Tragen. Denn ausweislich des Sachverhalts dieser
Entscheidung, der von den Antragstellern bzw. von ihrem Verfahrensbevollmächtigten
möglicherweise entweder nicht hinreichend zur Kenntnis genommen wurde oder nicht
nachvollzogen werden konnte, fanden in dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden
Fall die Betriebsratswahlen an zwei Tagen, nämlich am 28.01.2002 und am 29.01.2002,
an insgesamt elf verschiedenen Orten während einer Dauer von 20 Minuten (an einem
Ort), von 30 Minuten (an drei Orten), von 40 Minuten (an einem Ort), von 45 Minuten (an
fünf Orten) sowie von 75 Minuten (an einem Ort) jeweils zwischen 07.00 Uhr und 15.00
Uhr statt. Wörtlich heißt es – zur besseren Verständlichkeit für die Antragsteller und
ihren Verfahrensbevollmächtigten – bei den Randnummern 6 und 7 in der juris-
Fundstelle dieser Entscheidung wie folgt:
25
"Die Arbeitnehmer hatten die Möglichkeit, an verschiedenen Tagen zu
verschiedenen Zeitpunkten an der Wahl teilzunehmen. Im einzelnen bestand an
folgenden Orten zu folgenden Zeitpunkten die Möglichkeit der unmittelbaren
Stimmabgabe durch Einwurf der Wahlunterlagen in eine Wahlurne:
26
Ort Datum Uhrzeit
27
Werkstätte.... 1. OG 28.01.2002 7.00-7.30
28
Verwaltungsgebäude....... 28.01.2002 7.40-8.00
29
..... Bhf.-Aufenthaltsraum 28.01.2002 8.10-8.30
30
Albtalbahnhof 28.01.2002 9.45-11.00
31
...... OG, Besprechungszimmer 204 28.01.2002 11.20-12.00
32
.......-Aufenthaltsraum 28.01.2002 13.00-13.45
33
........-Aufenthaltsraum 28.01.2002 14.15-15.00
34
.....Verwaltungsgebäude 29.01.2002 7.00-7.45
35
.......Aufenthaltsraum 29.01.2002 8.15-9.00
36
.....Aufenthaltsraum 29.01.2002 9.30-10.15
37
.......-Aufenthaltsraum 29.01.2002 11.45-12.15"
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In dieser Fallkonstellation hat das Arbeitsgericht Karlsruhe in seiner Entscheidung vom
18.10.2002 durchaus zu Recht angenommen, dass für die dortigen Triebfahrzeugführer
wegen der Eigenart ihrer Tätigkeit keine Möglichkeit bestand, die Stimmabgabe
persönlich durchzuführen, so dass ihnen gegenüber die schriftliche Stimmabgabe nach
§ 24 Abs. 2 WO anzuordnen war. Eine solche oder zumindest vergleichbare Situation ist
im vorliegenden Streitfall aber gerade nicht gegeben. Denn hier haben die betroffenen
Beschäftigten nicht nur die Möglichkeit, an zwei Tagen zu jeweils nur kurzen Zeiten an
unterschiedlichen Orten ihr Wahlrecht auszuüben. Vielmehr können sie am Ort des
Betriebes, von dem aus sie ihren Dienst antreten bzw. an dem sie ihren Dienst beenden,
während eines ununterbrochenen Zeitrahmens von insgesamt 56 Stunden ihr Wahlrecht
– ggf. vor oder nach Dienstantritt – ohne weiteres wahrnehmen. Vor diesem Hintergrund
durfte der Beteiligte zu 4. berechtigterweise davon ausgehen, dass während dieses
weiten Zeitrahmens die Mitarbeiter der im Antrag zu 1. genannten
Beschäftigungsgruppen trotz ihrer auswärtigen Einsätze i.S. von § 24 Abs. 2 WO
"anwesend" sein werden.
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Soweit die Antragstellerin zu 3. im Anhörungstermin am 06.04.2010 in alert-forscher
Weise Beispiele von einzelnen auswärtigen Arbeitnehmern genannt hat, denen wegen
ihrer Verkehrsverbindungen ein früheres Eintreffen im Betrieb vor Dienstbeginn
angeblich nicht möglich und / oder zumutbar sein soll, ist nicht ersichtlich, weshalb es
diesen Mitarbeitern nicht möglich und / oder zumutbar sein soll, ihr Wahlrecht nach dem
Wiedereintreffen im Betrieb in .... wahrzunehmen. Unabhängig davon erschließt sich
dem bisherigen Vorbringen der Antragsteller nicht, dass bereits zum Zeitpunkt der
Sitzung des Beteiligten zu 4. am 12.03.2010 bzw. des Wahlausschreibens am
15.03.2010 abzusehen war, dass nicht nur einzelne, sondern ein Großteil oder
jedenfalls die Mehrzahl der im Antrag zu 1. genannten Beschäftigten "voraussichtlich" in
der Zeit vom 04.05.2010 ab 06.00 Uhr bis zum 06.05.2010 um 14.00 Uhr nicht im
Betrieb in .... "anwesend" sein sollen, zumal sowohl der Antragsteller zu 1. als auch die
Antragstellerin zu 3. im Anhörungstermin am 06.04.2010 auf Nachfrage des Gerichts
selbst eingeräumt haben, zu diesem Zeitpunkt lasse sich aus den von ihnen
vorgetragenen Gründen (noch) nicht prognostizieren, wie viele und welche der im
Antrag zu 1. genannten Beschäftigten innerhalb dieses Zeitrahmens im Betrieb in ....
anwesend sein werden.
40
bb) Einer abschließenden Entscheidung über das Bestehen eines
Verfügungsanspruchs bedurfte es hier nicht, da unter Berücksichtigung der vorstehend
aufgezeigten Zweifel jedenfalls ein nach § 85 Abs. 2 ArbGG i.V. mit § 940 ZPO
erforderlicher Verfügungsgrund nicht anerkannt werden konnte.
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Nach der zutreffenden und in jeder Hinsicht überzeugenden Rechtsprechung des
Landesarbeitsgerichts Köln, der sich die Kammer vollinhaltlich anschließt, sind
einstweilige Verfügungen auch im Beschlussverfahren nur zur Abwendung wesentlicher
Nachteile zulässig (siehe etwa LAG Köln, Beschluss vom 20.05.2009 – 8 TaBVGa 3/09,
Leitsatz 1 und zu II. 2. b) der Gründe, zitiert nach juris).
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Es besteht nicht die Besorgnis, dass die Verwirklichung des Rechts der Antragsteller
ohne die von ihnen begehrte einstweilige Regelung vereitelt oder wesentlich erschwert
würde. Zur Abwendung dieser Gefahr müsste aber die einstweilige Verfügung
erforderlich sein. Dabei kann eine einstweilige Verfügung, die – wie hier – auf Grund
ihres Leistungsausspruchs einen endgültigen Zustand schaffen würde, nur
ausnahmsweise in Betracht kommen (vgl. LAG Köln, Beschluss vom 20.05.2009 – 8
TaBVGa 3/09, zu II. 2. b) der Gründe, zitiert nach juris).
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Angesichts dieser Tatsache ist, wie es das Landesarbeitsgericht Köln wörtlich formuliert,
eine "umfassende Interessenabwägung" erforderlich (LAG Köln, Beschluss vom
20.05.2009 – 8 TaBVGa 3/09, Leitsatz 2 Satz 1 und zu II. 2. b) der Gründe, zitiert nach
juris). Es komme insoweit darauf an, ob die glaubhaft gemachten Gesamtumstände es in
Abwägung der beiderseitigen Belange zur Abwendung wesentlicher Nachteile
erforderlich erscheinen ließen, eine sofortige Regelung zu treffen (LAG Köln, Beschluss
vom 20.05.2009 – 8 TaBVGa 3/09, Leitsatz 2 Satz 2 und zu II. 2. b) der Gründe, zitiert
nach juris unter Hinweis auf LAG Hamm, Beschluss vom 21.05.2008 – 10 TaBVGa 5/08,
zitiert nach juris). Bei dieser Abwägung könnten die Anforderungen an den
Verfügungsgrund umso geringer sein, desto schwerer und offenkundiger die
bestehende Rechtsverletzung sich darstelle (LAG Köln, Beschluss vom 20.05.2009 – 8
TaBVGa 3/09, Leitsatz 2 Satz 3 und zu II. 2. b) der Gründe, zitiert nach juris).
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Ist – wie hier unter aa) im Einzelnen ausgeführt – der geltend gemachte
Verfügungsanspruch zweifelhaft, jedenfalls nicht zweifelsfrei anzunehmen, und kommt
deswegen im Hauptsacheverfahren eine diesen Anspruch ablehnende Entscheidung
sehr wohl in Betracht, so ist im Rahmen der Interessenabwägung für den geltend
gemachten Anspruch in der Regel der Verfügungsgrund abzulehnen (so ausdrücklich
LAG Köln, Beschluss vom 20.05.2009 – 8 TaBVGa 3/09, Leitsatz 3 und zu II. 2. b) der
Gründe, zitiert nach juris).
45
Dies gilt umso mehr, als die Antragsteller durch diese Abwägung in der Wahrnehmung
ihrer Rechte nicht ungeschützt bleiben: Den Antragstellern sowie den in § 19 Abs. 2
Satz 1 BetrVG genannten Personen bleibt es unbenommen, die Betriebsratswahl unter
den Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 und 2 Satz 2 BetrVG anzufechten.
46
Unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls ist es den Antragstellern
nach alledem zumutbar, sie hinsichtlich der Klärung der Frage, ob der Beteiligte zu 4.
gegen § 24 Abs. 2 WO verstoßen hat, auf die Einleitung und Durchführung eines
etwaigen Hauptsacheverfahrens zu verweisen.
47
b) Mit dem Antrag zu 2. hatten die Antragsteller dagegen Erfolg.
48
Dem Beteiligten zu 4. war im Wege der einstweiligen Verfügung aufzugeben, das
Wahlausschreiben vom 15.03.2010 dahin zu korrigieren, dass die Zeit des Eingangs der
Wahlbriefe von "06.05.2010 um 11:00 Uhr" auf "06.05.2010 um 14:00 Uhr" berichtigt
49
wird.
Die Abkürzung der Eingangsfrist von schriftlichen Stimmabgaben gegenüber der Frist
zur Stimmabgabe durch unmittelbare (Urnen-)Wahl verstößt – wenngleich sie nur drei
Stunden beträgt – offensichtlich gegen zwingende Bestimmungen über das
Wahlverfahren, worauf auch das Gericht die Beteiligten im Anhörungstermin am
06.04.2010 bereits deutlich hingewiesen hat. Zum einen lässt sich der als Anlage AST 5
zur Antragschrift eingereichten Niederschrift der Sitzung des Beteiligten zu 4. vom
12.03.2010 nicht entnehmen, dass der Beteiligte zu 4. in dieser Sitzung über eine
solche Abkürzung der Eingangsfrist von schriftlichen Stimmabgaben beschlossen hat.
Vom Beteiligten zu 4. wurde bislang auch nicht behauptet, dass von diesem hierüber
anderweitig beschlossen wurde. Zum anderen lässt sich – soweit ersichtlich – weder
dem Betriebsverfassungsgesetz noch der diesbezüglichen Wahlordnung entnehmen,
dass der Wahlvorstand berechtigt ist, die Eingangsfrist von schriftlichen Stimmabgaben
gegenüber der Frist zur persönlichen Stimmabgabe abzukürzen.
50
Allein aus Gründen der Vollständigkeit sei abschließend erwähnt, dass das Vorbringen
des Beteiligten zu 4. am Ende seiner Antragserwiderung vom 01.04.2010 (dort auf Seite
- 8 -), bei Abgabe von Stimmzetteln bis Punkt 14.00 Uhr wäre von seiner Seite nicht
gewährleistet, dass das Verfahren nach § 26 WO noch ordnungsgemäß vor Abschluss
der Stimmabgabe durchgeführt werden könne, wobei dies insbesondere dann gelte,
wenn man berücksichtige, dass möglicherweise die von den Antragstellern benannten
ca. 1.000 Arbeitnehmer im Bereich des Fahrpersonals von ihrem Recht auf Briefwahl
nach § 24 Abs. 1 WO zahlreich Gebrauch machen würden, durchaus originell ist, in der
Sache indes nicht verfängt: Exakt der selben Problematik wäre der Beteiligte zu 4.
ausgesetzt, wenn – rein hypothetisch – diese ca. 1.000 Arbeitnehmer von ihrem Recht
zur persönlichen Stimmabgabe am 06.05.2010 kurz vor 14.00 Uhr Gebrauch machen
würden.
51
Da dieser Fehler noch mit Wirkung für das laufende Wahlverfahren berichtigt werden
kann, ist der Beteiligte zu 4. nach alledem gehalten, das Wahlausschreiben vom
15.03.2010 zur Vermeidung einer – u.U. erfolgreichen – Wahlanfechtung gemäß § 19
BetrVG dahin zu berichtigen, dass der Zeitpunkt für den Eingang der Wahlbriefe "bis
spätestens 06.05.2010 um 11:00 Uhr" durch "bis spätestens 06.05.2010 um 14:00 Uhr"
ersetzt wird.
52
III. Dieser Beschluss erging gemäß § 2 Abs. 2 GKG kostenfrei.
53
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g :
54
Gegen diesen Beschluss kann von allen Beteiligten
55
B e s c h w e r d e
56
eingelegt werden.
57
Die Beschwerde muss
58
innerhalb einer N o t f r i s t* von einem Monat
59
schriftlich beim Landesarbeitsgericht Köln, Blumenthalstraße 33, 50670 Köln
60
schriftlich beim Landesarbeitsgericht Köln, Blumenthalstraße 33, 50670 Köln
eingegangen sein.
60
Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten
Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
61
Die Beschwerdeschrift muss von einem
Bevollmächtigten
Bevollmächtigte
62
1. Rechtsanwälte,
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2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie
Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere
Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren
Mitglieder,
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3. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum
einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische
Person ausschließlich die Rechtsberatung oder Prozessvertretung der
Mitglieder dieser Organisation oder eines anderen Verbandes oder
Zusammenschlusses mit vergleichbarer Ausrichtung entsprechend deren
Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der
Bevollmächtigten haftet.
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Ein Beteiligter, der als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
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* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
67