Urteil des ArbG Köln vom 02.06.2009

ArbG Köln: juristische person, arbeitsunfähigkeit, verfügung, dienstfahrzeug, rückgabe, arbeitsgericht, zustand, arbeitsfähigkeit, vertretung, satzung

Arbeitsgericht Köln, 8 Ca 3570/09
Datum:
02.06.2009
Gericht:
Arbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
8.Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
8 Ca 3570/09
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Kein Leitsatz
Tenor:
1. Die Klage wird kostenpflichtig abgewiesen.
2. Streitwert € 15.000,00 Euro .
Tatbestand
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Die Parteien stritten und streiten in unterschiedlichen prozessualen Konstellationen
über die Überlassung eines Firmenfahrzeugs.
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Die Klägerin steht seit dem 1. Juli 1992 in einem Arbeitsvertrag zur Beklagten. Zuletzt
war sie als ………………… eingesetzt. Mit Rücksicht auf diese ausgeübte Tätigkeit war
ihr gemäß dem Kraftfahrzeugnutzungsvertrag vom 13. Juli 2007 ein Dienstwagen zur
Verfügung gestellt, welchen sie auch zu Privatfahrten nutzen durfte, wobei der geldwerte
Vorteil der Privatnutzung nach dem steuerlichen Sachbezugswert (1% vom Listenpreis)
zuletzt mit ca. 265,00 € monatlich abgerechnet wurde. Unter § 7 des
Kraftfahrzeugnutzungsvertrages ist folgendes vereinbart:
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… Bei einer Freistellung von der Tätigkeit oder aber dem Wegfall der dienstlichen
Notwendigkeit dieser Fahrzeugüberlassung (z.B. Änderung Ihres
Tätigkeitsbereiches) kann die Gesellschaft ohne Angabe von Gründen die
Rückgabe des Kraftfahrzeuges verlangen. …
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Die Klägerin ist seit dem 17. Oktober 2008 durchgehend arbeitsunfähig. Unter dem 11.
März 2009 forderte die Beklagte sie zur Rückgabe des Dienstfahrzeugs auf. Die
Klägerin lehnte dies ab. Ein beklagtenseits eingereichter Antrag auf die Verpflichtung
zur Fahrzeugherausgabe im einstweiligen Rechtsschutz wurde im Verfahren
………………… mangels Verfügungsgrundes zurückgewiesen. Einen weiteren nunmehr
von der Klägerin gestellten Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung
(……………….) nahm diese im anberaumten Verhandlungstermin am 8. April 2009
zurück. Am 9. April 2009 händigte die Klägerin der Beklagten das Fahrzeug aus.
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Im nunmehr vorliegenden Verfahren verlangt die Klägerin mit ihrer am 15. April 2009
eingegangenen Klage die erneute Überlassung des ihr bislang zur Verfügung gestellten
Firmenfahrzeugs, hilfsweise eines anderen Fahrzeugs und meint gemäß näherer
schriftsätzlicher Begründung in der Klageschrift, dies vertraglich beanspruchen zu
können.
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Die Klägerin beantragt,
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1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin bis zur Beendigung des
Arbeitsverhältnisses das Dienstfahrzeug ………………mit dem amtlichen
Kennzeichen ………………., Fahrzeug-Ident.-Nr.: …………………………..
herauszugeben,
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hilfsweise
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2. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin bis zur Beendigung des
Arbeitsverhältnisses ein Dienstfahrzeug der Marke ………….. zur
dienstlichen und privaten Nutzung zur Verfügung zu stellen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Wegen des weiteren hier gemäß § 313 Abs. 2 S. 1 ZPO knapp zusammengefaßten
Sach- und Streitstandes wird gem. § 313 Abs. 2 S. 2 ZPO auf den Akteninhalt
verwiesen.
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Die Parteien haben im Anschluß an die Güteverhandlung vom 2. Juni 2009
übereinstimmend eine Entscheidung durch die Vorsitzende als Einzelrichter beantragt
und streitig zur Sache verhandelt.
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Entscheidungsgründe
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Die zulässige Leistungsklage konnte keinen Erfolg haben, sie ist im Haupt- wie im
Hilfsbegehren unbegründet, was auf folgenden gemäß § 313 Abs. 3 ZPO kurz
zusammengefaßten Erwägungen beruht:
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Die Klägerin hat derzeit keinen Anspruch auf Überlassung eines Firmenfahrzeugs als
Teil des ihr gemäß § 611 Abs. 1 BGB i.V.m. dem geschlossenen Anstellungsvertrag
zustehenden Entgelts. Dies ergibt sich bereits daraus, daß die Klägerin aufgrund ihrer
Arbeitsunfähigkeit sowie aufgrund Ablaufs des Zeitraums, in welchem die gesetzliche
Entgeltfortzahlungspflicht und danach die in Ziff. 2. Abs. 4 der von ihr vorgelegten letzten
Vertragsfassung vom 3. April 2001 geregelte weitergehende Zuschußpflicht bestanden
hat, keinen vertraglichen Entgeltanspruch – weder auf Bar- noch auf Naturalvergütung –
mehr hat.
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Auch der Kraftfahrzeugnutzungsvertrag vom 13. Juli 2006 gewährt der Klägerin derzeit
keinen Anspruch auf Überlassung eines Fahrzeugs. Ein solcher bezöge sich nach dem
aktuellen Zustand der andauernden Arbeitsunfähigkeit ausschließlich auf die private
Nutzung des Fahrzeugs, denn beruflich veranlaßte Auswärtstätigkeiten fallen nicht an.
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Eine Fahrzeugüberlassung zur ausschließlichen Privatnutzung ist aber von dem
"Kraftfahrzeugnutzungsvertrag" nicht erfasst. Der Eingangssatz und sodann § 1 der
Abreden belegen, daß Anlaß für die Fahrzeugüberlassung die von der Klägerin
ausgeübte Tätigkeit als ………………….. war mit der dabei bestehenden dienstliche
Notwendigkeit, Fahrten durchzuführen. Dies belegt auch die unstreitig praktizierte
steuergünstige Abrechnung des geldwerten Vorteils der Privatnutzung gemäß §§ 8 Abs.
2 S. 2 i.V.m. 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG mit dem Pauschalsatz von 1% des
Listenpreises. Diese wäre in der aktuellen Situation der andauernden Arbeitsunfähigkeit
nicht zulässig, in welcher keine mehr als 50% umfassende dienstliche Nutzung mehr
möglich ist. Vielmehr müßte sich bei konkreter Ermittlung nach § 8 Abs. 2 S. 4 EStG
ergeben, daß die Klägerin bei ausschließlich ihr privat zukommender Nutzung den
vollen Nutzungswert versteuern müßte. Da nicht unterstellt werden kann, daß die
Parteien faktisch auf Steuerhinterziehung angelegte Vereinbarungen treffen wollten,
belegt auch die durchgeführte steuerliche Abwicklung die aus den getroffenen
Vereinbarungen ersichtlichen übereinstimmenden Vorstellungen der Parteien, daß die
mit dem steuerlichen Pauschalwert abgerechnete Fahrzeugüberlassung zur
überwiegenden dienstlichen Nutzung bei einem dem steuerlichen Pauschalanteil
nahekommenden Privatgebrauchsanteil erfolgen sollte.
Diese vorgestellte tatsächliche Situation entfällt im Falle der Freistellung – sei es
aufgrund vertraglicher Abrede oder einseitiger Suspendierung, sei es aufgrund Wegfalls
der Arbeitspflicht und daraus folgender Arbeitsbefreiung wegen Arbeitsunfähigkeit - oder
einem anderweitig begründeten Wegfall der dienstlichen Notwendigkeit der
Fahrzeugüberlassung. Dem trägt die in § 7 des Kraftfahrzeugnutzungsvertrages der
Parteien - auch unter Berücksichtigung der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB
bedenkenfrei - vereinbarte Befugnis der Beklagten Rechnung, in den geregelten Fällen
die Rückgabe des Fahrzeugs verlangen zu können, weil bei Wegfall der dienstlichen
Nutzung auch der Anspruch auf die nur daneben gewährte Privatnutzungsmöglichkeit
wegfällt. Diese Situation ist eingetreten, nachdem die Klägerin derzeit dauerhaft nicht in
der Lage ist, ihre arbeitsvertraglichen Tätigkeiten einschließlich der Auswärtstätigkeiten
zu erbringen und damit die dienstliche Notwendigkeit der Fahrzeugüberlassung
weggefallen ist.
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Daß sich dies bei einer Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit und Wiederaufnahme der
mit Dienstreisen verbundenen Arbeitsaufgaben als ……….. wieder ändert und der
Anspruch auf Fahrzeugüberlassung - zur dienstlichen wie privaten Nutzung - wieder
aufleben wird, stellt die Beklagte nicht in Abrede. Solange die Klägerin dagegen ihre
"ausgeübte Tätigkeit als ………………………….." nicht ausübt und dieser Zustand nicht
nur vorübergehend – wie etwa im Umfang des gesetzlichen Urlaubs oder auch einer
kurzfristigen Arbeitsunfähigkeit maximal entsprechend der Dauer der gesetzlichen
Entgeltfortzahlung – andauert, kommt eine dienstliche Fahrzeugnutzung nicht in
Betracht. Für einen ausschließlich auf Privatnutzung gerichteten erzwingbaren
Fahrzeugüberlassungsanspruch, welcher dem klägerischen Haupt- und Hilfsbegehren
zugrundeliegt, gibt es nach den eingangs gewürdigten vertraglichen Abreden keine
Rechtsgrundlage.
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Die Frage, ob eine im Wegfall des in der Privatnutzungsmöglichkeit liegenden
Naturalentgeltbestandteils liegende Vergütungsminderung auszugleichen wäre – was
regelmäßig nach der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannten
Berechnungsweise zur Ermittlung des entgangenen Sachwerts durch entsprechende
Erhöhung des Barentgelts im Umfang der bisherigen steuerlichen Bewertung der
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privaten Nutzungsmöglichkeit erfolgt – stellt sich hier nicht, da die arbeitsunfähige
Klägerin keinen Barentgeltanspruch mehr hat und für die Zeit nach Wiederherstellung
der Arbeitsfähigkeit für die mit Außendiensttätigkeiten verbundene vertragliche Position
die Beklagte ausdrücklich bereit ist, ihr wiederum ein Dienstfahrzeug und das in der
Privatnutzungsmöglichkeit liegende Naturalentgelt zu gewähren.
Nach den vorliegenden Abläufen durfte die Beklagte im Hinblick auf die nurmehr
verbliebene Privatnutzung des Geschäftswagens nach mehr als 20-wöchiger
arbeitsunfähigkeitsbedingter Einstellung jeglicher dienstlicher Nutzung die vertraglich
zulässige Konsequenzen hieraus ziehen und den Dienstwagen zurückverlangen. Da
die Arbeitsunfähigkeit weiter andauert, ergibt sich nicht, woraus nach inzwischen mehr
als 32-wöchiger durchgängiger Nichterforderlichkeit einer Fahrzeugnutzung zu
dienstlichen Zwecken die Klägerin einen erneuten arbeitsvertraglichen
Überlassungsanspruch erwerben konnte.
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Die zu Lasten der unterlegenen Klägerin gehende Kostenentscheidung folgt aus § 91
Abs. 1 ZPO, diejenige zur Wertfestsetzung nach der Anordnung des § 61 Abs. 1 ArbGG
beruht auf 3 ZPO und orientiert sich an dem geschätzten Verkehrswert des verlangten
Fahrzeugs entsprechend den gleichartigen Festsetzungen im einstweiligen
Verfügungsverfahren. Eine Beschränkung auf einen nach dem steuerlichen
Pauschalwert ermittelten Betrag konnte nicht erfolgen, da es bei dem
zugrundeliegenden Streitgegenstand gerade nicht um eine in dieser Berechnung
dargestellte wertmäßig geringfügige Privatnutzung im Vergleich zu einer
überwiegenden dienstlichen Nutzung geht, sondern um die Fahrzeugüberlassung zum
ausschließlich privaten Gebrauch.
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Rechtsmittelbelehrung
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Gegen dieses Urteil kann die Klägerin
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Berufung
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einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 € übersteigt.
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Für die Beklagte ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
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Die Berufung muß innerhalb einer Notfrist (eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht
verlängert werden) von einem Monat beim Landesarbeitsgericht Köln, Blumenthalstraße
33, 50670 Köln eingegangen sein. Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in
vollständiger Form abgefaßten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach
dessen Verkündung.
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Die Berufungsschrift muß von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen
Rechtsanwalt eingereicht werden; an seine Stelle können Vertreter von Gewerkschaften
oder von Vereinigungen von Arbeitgebern oder von Zusammenschlüssen solcher
Verbände treten, wenn sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind und
der Zusammenschluß, der Verband oder deren Mitglieder Partei sind. Die gleiche
Befugnis haben Angestellte juristischer Personen, deren Anteile sämtlich im
wirtschaftlichen Eigentum einer der zuvor genannten Organisationen stehen, solange
die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozeßvertretung der
Mitglieder der Organisation entsprechend deren Satzung durchführt.
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