Urteil des ArbG Köln vom 24.08.2007

ArbG Köln: ungerechtfertigte bereicherung, juristische person, gleichbehandlung, arbeitsgericht, erfüllung, satzung, versorgung, abfindung, ezb, vertrauensschutz

Arbeitsgericht Köln, 5 Ca 10527/06
Datum:
24.08.2007
Gericht:
Arbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
5. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 Ca 10527/06
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Kein Leitsatz
Tenor:
1. Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger gesamtschuldnerisch
2.112,27 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem
08.01.07 zu zahlen.
2. Die weitergehende Zahlungsklage wird abgewiesen.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch
verpflichtet sind, dem Kläger für die Zeit ab dem 01.01.2007 eine
monatliche Betriebsrente von 23,75 % der pensionsfähigen Bezüge zu
zahlen.
4. Die Widerklage wird abgewiesen.
5. Die Kosten des Rechtsstreits tragen zu 20 % der Kläger und zu 80 %
die Be-klagten.
6. Streitwert: 8.561,31 €.
TATBESTAND:
1
Die Parteien streiten über die Höhe der betrieblichen Altersversorgung.
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Der am 1944 geborene Kläger war vom 14.08.1973 bis zum 31.07.2003 bei der
Beklagten zu 1) als Lohnempfänger beschäftigt.
3
Es besteht eine Zusage auf betriebliche Altersversorgung. Deren
Versorgungsleistungen werden durch die Beklagte zu 2) als Unterstützungskasse
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erbracht.
Der Versorgungsanspruch des Klägers bestimmt sich nach der VR 94. Nach ihr beträgt
für die ersten 10 anrechenbaren Dienstjahre die Altersrente einheitlich 10 % der
pensionsfähigen Bezüge, mit Steigerungsbeträgen für die folgenden Dienstjahre für
Lohnempfänger 0,37 % und für Gehaltsempfänger 1 %.
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Die Kappungsgrenze für die Gesamtversorgung, bestehend aus betrieblicher
Altersversorgung sowie anrechenbarer gesetzlicher Rentenversicherung ist auf 75 %
der pensionsfähigen Bezüge begrenzt.
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Inzwischen gilt eine neue BV 92, die einheitlich Steigerungsraten von 0,4 % der Bezüge
pro Beschäftigungsjahr vorsieht.
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Ferner konnten die Lohnempfänger gegen Zahlung einer Abfindung vorzeitig
ausscheiden.
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Für diesen Fall erhielten sie zusätzlich eine Pensionsausgleichszahlung (PAZ) zum
Ausgleich für die unterschiedlichen Steigerungsraten vor ihrem Ausscheiden. Für deren
Berechnung waren einheitliche Steigerungsbeträge von durchgehend 1 % pro
Dienstjahr zugrunde gelegt.
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Die BV 06 sieht nunmehr einheitliche Steigerungsbeträge für neu eingestellte
Tarifmitarbeiter mit einer einheitlichen Versorgung von 1 % der pensionsfähigen Bezüge
vor.
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Der Kläger hat bei seinem Ausscheiden die mit der Widerklage geltend gemachte PAZ
erhalten.
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Der Kläger erhält eine monatliche Betriebsrente, zuletzt i.H. v. 379,68 € brutto.
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Der Kläger ist der Ansicht, die hier maßgebliche Versorgungsregelung verstoße gegen
den Gleichbehandlungsgrundsatz, wie das BAG zum Aktenzeichen
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3 AZR 3/02 bereits zur Versorgungsregelung der Beklagten entschieden habe.
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Auf weitere Differenzierungsgründe über die bereits vorgetragenen hinaus könne sich
die Beklagtenseite nicht mit Erfolg berufen. Auch aus den in diesem Verfahren
vorgetragenen Gründen bestätige sich aber im Übrigen, dass weiter eine nicht
gerechtfertigte Ungleichbehandlung bestehe.
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Ihm stehe deshalb der mit der Zahlungsklage geltend gemachte Differenzbetrag von
monatlich 138.62 € bis zur richtig berechneten Rente von 518,30 € aufgrund der
unterschiedlichen Behandlung für die Vergangenheit zu.
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Mit der Feststellungsklage begehrt er die Feststellung des sich aus einer
Gleichbehandlung ergebenden höheren Versorgungsanspruchs.
17
Der mit der Hilfswiderklage geltend gemachte Rückzahlungsanspruch der
Beklagtenseite sei nicht begründet.
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Es liege nämlich weder ein Wegfall der Geschäftsgrundlage vor, noch handele es sich
um eine ungerechtfertigte Bereicherung wegen Wegfall des Leistungszwecks.
19
Er
beantragt
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1. die Beklagten zu verurteilen, an ihn gesamtschuldnerisch 5.683,26 €
brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit
Rechtshängigkeit zu zahlen;
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2. festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet
sind, ihm für die Zeit ab dem 01.01.2007 eine monatliche Betriebsrente
von 23,75 % der pensionsfähigen Bezüge zu zahlen.
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Die Beklagten
beantragen
23
Klageabweisung.
24
Mit der
Hilfswiderklage
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den Kläger zu verurteilen, an sie 3.570,99 € nebst Zinsen i.H. v. 5 %
Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Der Kläger
beantragt
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die Hilfswiderklage abzuweisen.
28
Die Beklagten tragen vor, Ziel der Versorgungsordnung sei ein gleicher
Versorgungsgrad bei Erreichen der Regelaltersrente und entsprechend langer
Betriebszugehörigkeit. Im Hinblick auf die Versorgungsobergrenze von 75 % unter
Berücksichtigung der anzurechnenden Sozialversicherungsrente sei dies bei den
gewerblichen Arbeitnehmern der Fall, weil diese durch ihre längere Erwerbsbiografie
höhere gesetzliche Rentenansprüche erlangten. Dies werde bestätigt durch die von
ihnen vorgelegten statistischen Unterlagen.
29
Für den Fall der Zuerkennung eines höheren Versorgungsanspruches tragen sie zur
Begründung ihrer Hilfswiderklage vor:
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Die PAZ verstoße nicht gegen das Abfindungsverbot des BetrAVG, da sie auf der BV 92
beruhe und keine Abfindung erworbener Versorgungsanwartschaften darstelle.
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Die Rückforderung sei begründet wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage sowie aus
dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung wegen des späteren Wegfalls
des Leistungszwecks.
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Auf die gewechselten Schriftsätze sowie den sonstigen Akteninhalt wird ergänzend
Bezug genommen
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Entscheidungsgründe:
34
Die Zahlungsklage ist nur hinsichtlich des nicht durch die mit der Hilfswiderklage
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geltend gemachten Betrages der PAZ-Zahlung bereits erfüllten restlichen Betrages
begründet.
Denn die PAZ ist auf der Berechnungsbasis einer vollständigen Gleichbehandlung des
Klägers ab Beschäftigungsbeginn berechnet worden und übersteigt deshalb den vom
Kläger für die Vergangenheit geltend gemachten Zahlungsbetrag.
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Nur insoweit ist der Differenzrentenbetrag des Klägers damit also bereits ausgeglichen,
somit liegt Erfüllung vor.
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Für den die PAZ-Zahlung übersteigenden Betrag in nicht bestrittener Höhe ist die
Zahlungsklage begründet, wie im folgenden unten weiter ausgeführt.
38
Der Feststellungsanspruch des Klägers ist begründet.
39
Der Kläger hat aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung einen Anspruch auf
Zahlung der mit dem Feststellungsanspruch geltend gemachten höheren Versorgung zu
dem von der Beklagtenseite nicht bestrittenen Prozentsatz, wobei der vom BAG
eingeräumte Vertrauensschutz für den Zeitraum bis 1993 bereits berücksichtigt ist.
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Dabei mag dahinstehen, in welchem Umfang nachträgliche Differenzierungsgründe
noch in den Rechtsstreit eingeführt werden können oder präkludiert sind.
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Denn auch nach den von der Beklagten vorgetragenen Statistiken mögen ihre
Ausführungen für einen statistischen "Eckrentner" zutreffen.
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Für die Beschäftigten der Beklagten ergibt sich ein gleicher Versorgungsgrad mit den
Angestellten aber erst ca. ab dem 38. Beschäftigungsjahr.
43
Dass dies für die Mehrzahl der Beschäftigten der Beklagten zuträfe, ist aber nicht
dargetan.
44
Vielmehr liegt dies nach den eigenen Angaben der Beklagten nur bei einem
verschwindend geringen Teil der Beschäftigten in der Größenordnung von etwa 5 % vor.
45
Dies ist aber kein hinreichender Grund für die vorgenommene Ungleichbehandlung, so
dass der Feststellungsanspruch des Klägers begründet ist in dem von der Beklagten
nicht weiter bestrittenen, mit dem Feststellungsantrag geltend gemachten Umfang des
Versorgungsgrades.
46
Der mit der Hilfswiderklage geltend gemachte Rückzahlungsanspruch ist nicht
begründet.
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Es liegt zunächst kein Wegfall der Geschäftsgrundlage vor.
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Denn dass die Beklagte ihre PAZ auf der rechnerischen Grundlage einer vollständigen
Gleichbehandlung errechnet hat, konnte schon deshalb nicht Geschäftsgrundlage sein,
weil der dabei nicht berücksichtigte, vom BAG eingeräumte Vertrauensschutz bis 1993
aufgrund der erst später ergangenen Entscheidung nicht Geschäftsgrundlage dieser BV
gewesen sein konnte.
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Es liegt aber auch keine ungerechtfertigte Bereicherung wegen späteren Wegfalls des
Leistungszwecks vor.
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Rechtsgrund für die Zahlung war allein die maßgebliche BV. Auch der Zweck dieser
Leistung, nämlich der Ausgleich geringerer Versorgungsansprüche, ist durch die
Zahlung zumindest teilweise erreicht, indem er nämlich eine Teil-Erfüllung des
Zahlungsanspruches zu Ziff. 1 darstellt.
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Zudem dürfte vordringlicher Zweck der Abfindungszahlung gewesen sein, den Kläger
zum vorzeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zu bewegen. Auch dieser
Zweck ist erfüllt.
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Die Kostenquotelung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, wobei als Gegenstandswert der 36-
fache Differenzbetrag zzgl. der Widerklageforderung berücksichtigt worden ist.
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Rechtsmittelbelehrung
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Gegen dieses Urteil kann von jeder Partei
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B e r u f u n g
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eingelegt werden.
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Die Berufung muss
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innerhalb einer N o t f r i s t * von einem Monat
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beim Landesarbeitsgericht Köln, Blumenthalstraße 33, 50670 Köln eingegangen sein.
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Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils,
spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
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Die Berufungsschrift muss von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen
Rechtsanwalt eingereicht werden; an seine Stelle können Vertreter einer Gewerkschaft
oder einer Vereinigung von Arbeitgebern oder von Zusammenschlüssen solcher
Verbände treten, wenn sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind und
der Zusammenschluss, der Verband oder deren Mitglieder Partei sind.
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Die gleiche Befugnis haben Angestellte juristischer Personen, deren Anteile sämtlich im
wirtschaftlichen Eigentum einer der zuvor genannten Organisationen stehen, solange
die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der
Mitglieder der Organisation entsprechend deren Satzung durchführt.
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* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
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