Urteil des ArbG Köln vom 19.10.2006

ArbG Köln: befristung, beurlaubung, juristische person, beendigung, einfluss, entsendung, arbeitsgericht, rechtfertigung, bedürfnis, satzung

Arbeitsgericht Köln, 22 Ca 4869/06
Datum:
19.10.2006
Gericht:
Arbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
22. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
22 Ca 4869/06
Schlagworte:
Befristung - Beurlaubung - Rundfunkanstalt - programmgestaltende
Tätigkeit
Normen:
TzBfG § 14 Abs. 1 Satz 1; MTV WDR § 4 Abs. 1 d
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
. Die Beurlaubung durch eine abgebende Rundfunkanstalt mit
Rückkehrmöglichkeit für den Arbeitnehmer stellt einen Sachgrund nach
§ 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG dar für die Befristung eines
Arbeitsverhältnisses mit der aufnehmenden Rundfunkanstalt, deren
Tarifvertrag diese Sachgrundbefristung ausdrücklich zulässt.
Bestätigung der Rspr. des BAG (Urteil v. 28.8.1996 - 7 AZR 849/95) auf
für nach Inkrafttreten des TzBfG vereinbarte befristete Arbeitsverträge.2.
Zur programmgestaltenden Tätigkeit eines Leiters der
Planungsredaktion.
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Streitwert: € 18.343,50
4. Eine gesonderte Zulassung der Berufung gem. § 64 Abs. 3 ArbGG
erfolgt nicht.
TATBESTAND:
1
Der Kläger ist aufgrund mehrerer befristeter Verträge bei der Beklagten bis zum
31.05.2006 beschäftigt gewesen. Mit der bei Gericht am 19.06.2006 eingegangenen
Klage macht der Kläger den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über die vereinbarte
Befristung hinaus gegenüber der Beklagten geltend.
2
Zwischen dem Kläger und dem besteht seit dem 01.05.1992 ein Arbeitsverhältnis,
aufgrund dessen der Kläger als Redakteur in der Vergütungsgruppe 3 beschäftigt
3
wurde. Mit befristetem Arbeitsvertrag vom 29.04./07.05.1997 wurde der Kläger für die
Zeit vom 01.03.1997 bis zum 31.03.2000 als erster Redakteur von der Beklagten
eingestellt. Er war für die Beklagte damals Leiter der Planungsredaktion tätig. Weitere
befristete Arbeitsverträge schlossen die Parteien am 22./25.02.2000 für die Zeit bis zum
31.03.2003, am 13./21.03.2003 für die Zeit bis zum 31.03.2006 und schließlich am
16./20.03.2006 für die Zeit bis zum 31.05.2006. Nach den jeweils geschlossenen
Arbeitsverträgen finden auf das Arbeitsverhältnis die Tarifverträge der Beklagten
Anwendung.
§ 17 des Arbeitsvertrages der Parteien vom 16./20.03.2006 enthält folgende
Vereinbarung:
4
"Sachgrund für die Befristung des Arbeitsvertrages ist die Beurlaubung des
Arbeitnehmers beim NDR für eine zeitlich begrenzte Tätigkeit beim "
5
Der hatte dem Kläger für die Zeiten der befristeten Arbeitsverträge unbezahlt von der
Arbeitsleistung befreit.
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Der Kläger erzielte zuletzt bei der Beklagten eine Vergütung von 6.114,50 €
entsprechend der Vergütungsgruppe 1. Nach Wiederaufnahme seiner Tätigkeit bei dem
erzielt der Kläger dort eine etwa um 500,-- € niedrigere Vergütung nach der
Vergütungsgruppe 2.
7
Der Kläger ist der Auffassung, dass seine Beurlaubung durch den N. keinen Sachgrund
i.S. des § 14 Abs. 1 TzBfG darstelle. Zwar erlaube § 4 Abs. 1 d i.V.m. Abs. 3 des
Manteltarifvertrages des WDR die Sachgrundbefristung, im Falle einer Beurlaubung
einer anderen Rundfunkanstalt, wenn nach Beendigung des befristeten
Arbeitsverhältnisses beim dieses zu den gleichen oder besseren Bedingungen
fortgesetzt werden könne. Der Manteltarifvertrag stellt nach Auffassung des Klägers
einen unzulässigen Sachgrund auf. Nach Einführung des Teilzeit- und
Befristungsgesetzes müssten sich die Sachgründe für die Befristung eines
Arbeitsverhältnisses an den Gründen des § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG messen lassen. Ein
Sachgrund für eine Befristung könne die Beurlaubung durch eine andere
Rundfunkanstalt nur dann darstellen, wenn der Arbeitnehmer zu gleichen Bedingungen
wie im befristeten Arbeitsverhältnis in sein ehemaliges Arbeitsverhältnis zurückkehren
könne. Dies sei aufgrund der Vereinbarung des Klägers nicht der Fall. Vielmehr würde
der Kläger, was zwischen den Parteien unstreitig ist, beim in einer niedrigeren
Vergütungsgruppe eingestuft. Der Kläger verliere aufgrund der Befristung durch die
Rückkehr zum seine Karriereentwicklung aus den vergangenen Beschäftigungsjahren
beim W .
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Auch die programmgestaltende Tätigkeit des Klägers rechtfertige die Befristung des
Arbeitsverhältnisses nicht. Der Einfluss der Tätigkeit des Klägers auf die
Programmgestaltung der Beklagten müsse in Relation zu der Beschäftigungsdauer
innerhalb der befristeten Arbeitsverhältnisse gesetzt werden. Dabei sei festzustellen,
dass der programmgestaltende Einfluss des Klägers nur eingeschränkt gewesen sei.
Dem gegenüber sei der Kläger 9 Jahre bei der Beklagten beschäftigt gewesen. Mit einer
solchen langen Beschäftigungsdauer habe die Beklagte dokumentiert, dass sie kein
erhebliches Interesse an der Auswechselung der programmgestaltenden Mitarbeiter
habe.
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Der Kläger
beantragt
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festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten nicht
aufgrund der von den Parteien mit Arbeitsvertrag vom 16./20.03.2006
vereinbarten Befristung zum 31.05.2006 geendet hat.
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Die Beklagte
beantragt
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die Klage abzuweisen.
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Sie beruft sich auf den Kündigungsgrund der Beurlaubung durch eine andere
Sendeanstalt und auf den Befristungsgrund der programmgestaltenden Tätigkeit des
Klägers.
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Die Einstellung des Klägers sei im Rahmen der Aufbauphase des Senders erfolgt, der
seit der Gründung im Jahre 1997 einen gewissen Versuchscharakter habe. Die
Tarifvertragsparteien hätten den Befristungsgrund der Beurlaubung durch eine andere
Rundfunkanstalt unter Berücksichtigung eines angemessenen Interessenausgleichs
getroffen.
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Die Beklagte beruft sich weiter auf den Befristungsgrund der programmgestaltenden
Tätigkeit. Der Kläger sei in exponierter Stellung für den Sender tätig gewesen. Aufgrund
der Rundfunkfreiheit sei die Beklagte daher berechtigt gewesen, befristete
Arbeitsverträge mit dem Kläger abzuschließen, um eine Auswechslung des
programmgestaltenden Personals der Beklagten zu gewährleisten.
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Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den mündlich geführten
Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze, deren Anlagen und die
Sitzungsprotokolle verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Das Arbeitsverhältnis ist zulässigerweise bis zum 31.05.2006 befristet gewesen und ist
aufgrund Ablauf dieser Befristung beendet worden.
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Die Parteien haben die vereinbarten Befristungen zulässigerweise auf einen Sachgrund
gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG gestützt. Zulässige Sachgründe sind vorliegend das
Rückkehrrecht des Klägers zum aufgrund der dortigen Beurlaubung und die
programmgestaltende Tätigkeit des Klägers.
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1. Zulässigerweise stützt sich die Beklagte für die zulässige Befristung vom
16./20.03.2006 bis zum 31.05.2006 auf die Beurlaubung durch eine andere
Rundfunkanstalt gem. § 4 Abs. 1 d) des Manteltarifvertrages WDR.
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Die Voraussetzungen für die Befristung nach dieser Tarifvorschrift sind aufgrund der
Beurlaubung durch den erfüllt. Der Kläger kann nach Ablauf der Befristung zu
gleichen oder besseren Bedingungen zum zurückkehren. Dies beinhaltet die
Beurlaubung des dort bestehenden Arbeitsvertrages, der bei Rückkehr zumindest zu
den gleichen Konditionen wieder auflebt.
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den gleichen Konditionen wieder auflebt.
Der Sachgrund der Beurlaubung durch eine andere Rundfunkanstalt ist auch ein
zulässiger Befristungsgrund i.S. d. § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG.
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Die Aufzählung von Sachgründen in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 8 TzBfG ist nicht
abschließend, wie sich aus dem Wort "insbesondere" ergibt. Dadurch sollen weder
andere von der Rechtsprechung bisher anerkannte, noch weitere Sachgründe für die
Befristung ausgeschlossen werden. Allerdings können sonstige, in § 14 Abs. 1 Satz 2
Nr. 1 bis 8 TzBfG nicht genannte Sachgründe die Befristung eines Arbeitsvertrages
nur rechtfertigen, wenn sie den Wertungsmaßstäben des § 14 Abs. 1 TzBfG
entsprechen und den in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 8 TzBfG genannten Sachgründen
von ihrem Gewicht her gleichwertig sind. Auch nach der vor Inkrafttreten des TzBfG
bestehenden Rechtslage waren die von der Rechtsprechung im Rahmen der
Befristungskontrolle nach § 620 BGB anerkannten Befristungstatbestände nicht
abschließend. War eine nahtlose Einordnung in die anerkannten Typen von
Befristungsgründen nicht möglich, war zu prüfen, ob nach den Wertungsmaßstäben
der bisherigen Rechtsprechung ein sachlicher Grund für die Befristung anzunehmen
war. Das war der Fall, wenn ein rechtlich anerkennenswertes Interesse – in der Regel
des Arbeitgebers – daran bestand, anstelle eines unbefristeten ein befristetes
Arbeitsverhältnis zu vereinbaren. Entsprechendes gilt nach Inkrafttreten des TzBfG für
die Anerkennung weiterer, in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 8 TzBfG nicht genannter
Befristungstatbestände (vgl. BAG, Urteil vom 16.03.2005 – 7 AZR 289/04 = NZA
2005, 923 m.w.N.).
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Darunter fallen tarifliche Regelungen über die Beendigung von Arbeitsverhältnissen
aufgrund von Befristungen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle, die sich nicht
deshalb erübrigt, weil die Befristungsmöglichkeit in einem Tarifvertrag geregelt ist.
Auch tarifvertragliche Regelungen über die Befristung von Arbeitsverhältnissen
bedürfen eines die Rechtfertigung des Sachgrundes (vgl. BAG, Urteil vom 16.11.2005
– 7 AZR 86/05 = NZA 2006, 535). Das Bestehen eines die Befristung rechtfertigenden
Sachgrundes haben die Gerichte auch bei tarifvertraglich vereinbarten
Befristungsgründe im Rahmen der Befristungskontrolle zu überprüfen. Dabei haben
sie jedoch die den Tarifvertragsparteien zustehende Einschätzungspriordative zu
respektieren. Diese ist nur überschritten, wenn für die getroffene Regelung plausible,
einleuchtende Gründe nicht erkennbar sind (vgl. BAG, Urteil vom 21.07.2004 – 7 AZR
589/03 = NZA 2004, 1352).
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Für die sachliche Rechtfertigung einer Befristung im Zusammenhang mit einer
Entsendung eines Arbeitnehmers kommt es darauf an, ob der Arbeitnehmer bei
fortdauernden arbeitsvertraglichen Beziehungen zu seinem bisherigen eine
gesicherte Rückkehrmöglichkeit in seine bisherige Beschäftigung hat. Diesem
Schutzbedürfnis wird hinreichend Rechnung getragen, wenn eine Befristung nur
zugelassen wird, soweit die bisherigen arbeitsvertraglichen Beziehungen nicht
beendet werden und damit für den Arbeitnehmer die Sicherheit gegeben ist, in
seinem vorherigen Arbeitsverhältnis weiterbeschäftigt zu werden. Seine
Schutzbedürftigkeit entfällt auch nur dann, wenn das bisherige Arbeitsverhältnis mit
den zum neuen Arbeitgeber vorübergehend begründeten Arbeitsverhältnis
vergleichbar ist und entsprechenden sozialen Schutz gewährt (vgl. BAG, Urteil vom
28.08.1996 – 7 AZR 849/95 = NZA 1997, 550, 552).
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Nach diesen Grundsätzen geht die Kammer davon aus, dass die Tarifvertragsparteien
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den Befristungsgrund bei einer Beurlaubung durch eine andere Rundfunkanstalt
zulässigerweise normiert haben. § 4 Abs. 1 d sieht die Beurlaubung eines
Arbeitnehmers durch eine andere Rundfunkanstalt und das Erfordernis vor, das beide
Arbeitsverhältnisse sozial vergleichbar sind und das ursprüngliche Arbeitsverhältnis
bei Beendigung des befristeten Vertrages zu den gleichen oder besseren
Bedingungen fortgesetzt werden kann.
Damit haben die Tarifvertragsparteien die Voraussetzungen eines
Befristungsgrundes im Falle der Beurlaubung entsprechend der Rechtsprechung
normiert. Mit den tarifvertraglichen Voraussetzungen für die Befristung eines
Arbeitsverhältnisses aufgrund Beurlaubung durch eine andere Rundfunkanstalt ist
das Schutzbedürfnis des bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmers
eingeschränkt. Dieser kann bei Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses zu
den Bedingungen des ursprünglichen Arbeitsverhältnisses zurückkehren. Lediglich
die Karriereentwicklung wird nicht geschützt.
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Dies führt jedoch entgegen der Auffassung des Klägers nicht zur Unzulässigkeit des
Befristungsgrundes. Eine Entsendung von einer anderen Rundfunkanstalt zur
anderen würde die beteiligten Arbeitgeber unmöglich, wenn ein Rückkehrrecht zu
den Bedingungen vereinbart würde, die der Arbeitnehmer innerhalb des befristeten
Arbeitsverhältnisses erlangt hätte. Die Entsendung der Rundfunkanstalt müsste in
diesem Fall Leitungsfunktionen zu jedem Zeitpunkt der Beendigung des befristeten
Vertrages freihalten, damit der entsendete Arbeitnehmer zu den gleichen
Bedingungen des befristeten Arbeitsverhältnisses wieder in sein ursprüngliches
Arbeitsverhältnis zurückkehren könnte. Wäre der Kläger beispielsweise bei der
Beklagten zum Chefredakteur avanciert, so müsste der den Kläger als Chefredakteur
nach seiner Rückkehr weiterbeschäftigen. Außerdem widerspricht es dem
Schutzbedürfnis eines entsandten Arbeitnehmers nicht, dass Karriereschritte während
des Verlaufs der befristeten Arbeitsverhältnisse bei Rückkehr nicht geschützt werden.
Der befristet beschäftigte Arbeitnehmer hat gegenüber seinem neuen Arbeitgeber zu
jedem Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen die Möglichkeit, die Übernahme einer
höherwertigen Tätigkeit von dem Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages und
der Beendigung der Beurlaubung mit seinem bisherigen Arbeitgeber zu verlangen.
Sollte dies die aufnehmende Rundfunkanstalt nicht vereinbaren wollen, so bliebe
dem Arbeitnehmer zu jedem Zeitpunkt der Ablauf einer Befristung die Möglichkeit zu
einem bisherigen Arbeitgeber zurückzuwechseln, um dort sich um die Übertragung
einer höherwertigen Tätigkeit und um weitere Karriereschritte zu bemühen.
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Daher kann der Auffassung des Klägers nicht gefolgt werden, dass die Beurlaubung
durch eine andere Rundfunkanstalt nur dann ein zulässiger Befristungsgrund sein
könne, wenn die Rückkehrmöglichkeit auf eine mit der letzten Tätigkeit gleichwertige
Tätigkeit garantiert sei.
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Soweit der Kläger der Auffassung ist, dass im Lichte der Einführung des TzBfG die
bisherige Rechtsprechung zum Befristungsgrund eine Rückkehrmöglichkeit anders
zu beurteilen sei, so folgt die Kammer dieser Auffassung nicht. Der Kläger übersieht
dabei, dass der Gesetzgeber selbst mit der Einführung des TzBfG keine Regelung
einführen wollte, die bisher von der Rechtsprechung anerkannte Befristungsgründe
ausschließen könnte. In der Begründung zum Gesetzentwurf formuliert der
Gesetzgeber daher zu § 14 Abs. 1: "Die Aufzählung ist beispielhaft und soll weder
andere von der Rechtsprechung bisher akzeptierte noch weitere Gründe
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ausschließen." (vgl. BT – Drucksache 14/4374 Seite 18). Da die Rückkehrmöglichkeit
eines entsandten Arbeitnehmers schon vor Einführung des TzBfG als
Befristungsgrund anerkannt war bestehen weder inhaltlich noch formal Bedenken
dagegen, diesen Befristungsgrund auch nach Einführung des TzBfG anzuwenden.
2. Lediglich vorsorglich ist die Kammer außerdem die Auffassung, dass die Beklagte
sich zulässigerweise auf den Befristungsgrund der programmgestaltenden Tätigkeit
berufen kann.
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Die den Rundfunk- und Fernsehanstalten zustehende Rundfunkfreiheit kann die
Befristung des Arbeitsvertrages mit einem programmgestaltend tätigen Arbeitnehmer
rechtfertigen, ohne dass weitere Gründe für die Befristung erforderlich sind. Die
Belange der Rundfunkanstalt des betroffenen Arbeitnehmers sind im Einzelfall
abzuwägen, worauf der inhaltliche Einfluss auf das Programm beruht, ist unerheblich
(vgl. BAG, Urteil vom 11.12.1991 – 7 AZR 128/91 = NZA 1993, 354; zuletzt BAG,
Urteil vom 22.04.1998 – 5 AZR 342/97 = NZA 1998, 1336).
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Bei der Interessenabwägung ist vor allem zu berücksichtigen, in welcher Intensität der
betroffene Mitarbeiter auf das Programm der Rundfunk- und Fernsehanstalten
Einfluss nehmen kann und wie groß die Gefahr bei Bejahung eines unbefristeten
Arbeitsverhältnisses ist, dass die Rundfunkanstalt nicht mehr den Erfordernissen
eines vielfältigen Programms und den künftig sich ändernden
Informationsbedürfnissen und Publikumsinteressen gerecht werden kann. Anderseits
kann eine langandauernde Beschäftigung ein Indiz dafür sein, dass bei einer
Rundfunkanstalt kein Bedürfnis nach einem Wechsel besteht, während die
Schutzbedürftigkeit der Mitarbeiter im Laufe der Zeit wachsen kann (vgl. BAG, Urteil
vom 11. Dezember 1991, a.a.O.). Nach diesen Grundsätzen kann sich die Beklagte
vorliegend auf den Befristungsgrund der programmgestaltenden Tätigkeit des Klägers
berufen. Dabei ist zunächst bei unterschiedlicher Einschätzung des Umfangs des
programmgestaltenden Einflusses des Klägers festzuhalten, dass der Kläger auf der
zweiten Hierarchieebene des Senders Phoenix für die Beklagte beschäftigt war. Er
war sozusagen einer der Journalisten, der in der zweiten Linie bei dem Sender
arbeitete. Ob er dabei im Einzelnen seine Vorstellungen gegen das Votum der ersten
Hierarchieebene durchsetzen konnte, ist dabei ohne Belang. Jedenfalls war der
Kläger aufgrund seiner Tätigkeit als Leiter der Planungsredaktion in der Lage, in
erheblichem Maße Einfluss auf die Programmgestaltung des Senders zu nehmen.
Dem gegenüber wiegt die Beschäftigungsdauer von 9 Jahren nicht so erheblich, dass
die Interessen des Klägers unverhältnismäßig durch die Vereinbarung von befristeten
Arbeitsverhältnissen beeinträchtigt werden. Dies gilt vorliegend insbesondere
aufgrund der Tatsache, dass der Kläger beim Aufbau des Senders Phoenix beteiligt
war und dort in der Anfangsphase eingestellt wurde. Die Beklagte musste sich
deswegen aufgrund des umfangreichen Einflusses des Klägers auf die
Programmgestaltung durch befristete Arbeitsverträge darauf einstellen, dass auch
durch ein Auswechseln von Personen der Inhalt und die Form des neuen
Sendemodells zu überprüfen war. Dass dieses Bedürfnis am Ende der Beschäftigung
des Klägers und bei Abschluss des letzten befristeten Arbeitsvertrages am
16./20.03.2006 entfallen war, davon kann vorliegend nach dem Vortrag der Parteien
nicht ausgegangen werden.
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Somit ist die Befristung des letzten Arbeitsvertrages zum 31.05.2006 sowohl aufgrund
des Befristungsgrundes "Beurlaubung durch eine andere Rundfunkanstalt" als auch
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durch den Befristungsgrund der programmgestaltenden Tätigkeit des Klägers gem. §
1 Abs. 1 Satz 1 TzBfG zulässig erfolgt.
Das Arbeitsverhältnis endet daher aufgrund der zulässig vereinbarten Befristung zum
31.05.2006, so dass die Klage abzuweisen war.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 1 ArbGG i.V. m. § 91 Abs. 1 ZPO.
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Der Streitwert wurde bestimmt nach § 61 Abs. 1 ArbGG in entsprechender
Anwendung der §§ 42 Abs. 4 Satz 1 GKG.
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Aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles kommt eine Zulassung der Berufung
nach § 64 Abs. 3 ArbGG nicht in Betracht.
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Rechtsmittelbelehrung
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Gegen dieses Urteil kann von der Partei
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B e r u f u n g
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eingelegt werden.
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Für die Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
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Die Berufung muss
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innerhalb einer N o t f r i s t* von einem Monat
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beim Landesarbeitsgericht Köln, Blumenthalstraße 33, 50670 Köln eingegangen sein.
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Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils,
spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung. § 9 Abs. 5 ArbGG
bleibt unberührt.
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Die Berufungsschrift muss von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen
Rechtsanwalt eingereicht werden; an seine Stelle können Vertreter einer Gewerkschaft
oder einer Vereinigung von Arbeitgebern oder von Zusammenschlüssen solcher
Verbände treten, wenn sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind und
der Zusammenschluss, der Verband oder deren Mitglieder Partei sind. Die gleiche
Befugnis haben Angestellte juristischer Personen, deren Anteile sämtlich im
wirtschaftlichen Eigentum einer der zuvor genannten Organisationen stehen, solange
die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der
Mitglieder der Organisation entsprechend deren Satzung durchführt.
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* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
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