Urteil des ArbG Karlsruhe vom 05.09.2006

ArbG Karlsruhe (kläger, zpo, gütliche einigung, höhe, land baden, termin, partei, forderung, schaden, gläubiger)

ArbG Karlsruhe Urteil vom 5.9.2006, 2 Ca 129/06
Prozesskostenhilfe: Schadenersatzanspruch wegen verspäteter Abgabe der Drittschuldnererklärung;
keine Erstattungsfähigkeit der Prozesskosten bei Bewilligung
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern auferlegt.
3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.869,22 EUR festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Kläger nehmen im vorliegenden Rechtsstreit die Beklagte auf Freistellung von Gebührenansprüchen von
Rechtsanwalt P. in Anspruch.
2
Die in B. ansässige Beklagte betreibt eine Bauunternehmung. Seit 01.09.1979 steht der 1962 geborene Herr
I.G. bei ihr in einem Arbeitsverhältnis.
3
Die Klägerin zu 1. ist die getrenntlebende Ehefrau von Herrn I.G., der Kläger zu 2. dessen 1999 geborener
Sohn sowie die Klägerin zu 3. dessen 2003 geborene Tochter.
4
Das Scheidungsverfahren zwischen der Klägerin zu 1. und Herrn I.G. ist derzeit beim Amtsgericht -
Familiengericht - Bruchsal anhängig. Den Klägern stehen gegen Herrn I.G. gemäß dem rechtskräftigen
Schluss-Anerkenntnis-Urteil des Amtsgerichtes Bruchsal (Aktenzeichen 3 F 394/01) vom 07.09.2005 (Bl. 8 ff.
d. A.) titulierte Unterhaltsrenten (Trennungs- und Kindesunterhalt) zu.
5
Am 12.12.2005 erwirkte die Klägerin zu 1. beim Amtsgericht Bruchsal wegen der rückständigen
Unterhaltszahlungen von Herrn I.G. einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (Bl. 12 ff. d. A.), mit dem
sie die Ansprüche von Herrn I.G. gegen die Beklagte auf Zahlung seines gesamten gegenwärtigen und
künftigen Arbeitseinkommens pfändete und sich zur Einziehung überweisen ließ.
6
Der Obergerichtsvollzieher K. stellte der Beklagten den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des
Amtsgerichtes Bruchsal vom 12.12.2005 am 20.12.2005 zu.
7
Ausweislich der Zustellungsurkunde (Bl. 25 d. A.) wurde die Beklagte als Drittschuldnerin gemäß § 840 ZPO
aufgefordert, "zwecks Aufnahme in die Zustellungsurkunde oder binnen zwei Wochen von der Zustellung
dieses Pfändungsbeschlusses an gerechnet (den Klägern) zu erklären:
8
1. ob und inwieweit die Drittschuldnerin die Forderung als begründet anerkenne und Zahlungen zu leisten
bereit sei,
9
2. ob und welche Ansprüche andere Personen an die Forderung machen,
10
3. ob und wegen welcher Ansprüche die Forderung bereits für andere Gläubiger gepfändet sei."
11 Die Beklagte erklärte, dass die Beantwortung der Fragen gemäß § 840 ZPO schriftlich binnen zwei Wochen
erfolgen werde.
12 Da die Beklagte ihre dahingehende Zusage nicht einhielt, forderte der nunmehrige Prozessbevollmächtigte der
Kläger die Beklagte mit Schreiben vom 09.02.2006 unter Fristsetzung auf den 23.02.2006 (Bl. 28 f. d. A.),
nochmals mit weiterem Schreiben vom 06.03.2006 unter Fristsetzung auf den 13.03.2006 (Bl. 30 f. d. A.) die
Beklagte zur Abgabe der Drittschuldnererklärung und Überweisung der seit Zustellung des Pfändungs- und
Überweisungsbeschlusses mindestens noch offenen Differenzbeträge auf, jedoch vorerst ohne Erfolg.
13 Mit Klageschrift vom 28.03.2006, welche der Beklagten am 03.04.2006 zugestellt wurde (vgl.
Postzustellungsurkunde Bl. 34 a d. A.), haben die Kläger auf der Basis eines monatlichen Nettolohnes von
Herrn I.G. von 2.002,85 EUR (unter Zugrundelegung der Steuerklasse 3) bei Berücksichtigung der von der
Beklagten bereits geleisteten Zahlungen hinsichtlich der pfändbaren Arbeitseinkünfte von Herrn I.G. für die
Monate Dezember 2005 bis März 2006 sowie für die Zukunft die nachfolgenden Klageanträge angekündigt,
wobei sie gleichzeitig Herrn I.G. den Streit verkündet und ihn aufgefordert haben, dem Rechtsstreit auf ihrer
Seite beizutreten:
14
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 2.659,40 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus
664,85 EUR seit dem 02.01.2006, 664,85 EUR seit dem 01.02.2006, 664,85 EUR seit dem 01.03.2006 und
664,85 EUR seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
15
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger für die Dauer der Beschäftigung des Streitverkündeten bei ihr
monatlich 1.072,85 EUR, beginnend mit dem 01.04.2006, bis zur vollständigen Abdeckung des
Unterhaltsrückstandes von 13.641,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz aus 73,00 EUR seit dem 01.05.2005, 1.268,50 EUR seit dem 01.08.2004, 634,25 EUR seit
dem 01.09.2004, 634,25 EUR seit dem 01.10.2004, 634,25 EUR seit dem 01.11.2004, 634,25 EUR seit
dem 01.12.2004, 634,25 EUR seit dem 01.01.2005, 634,25 EUR seit dem 01.02.2005, 634,25 EUR seit
dem 01.03.2005 und 634,25 EUR seit dem 01.04.2005 zu zahlen.
16 Nachdem das Land Baden-Württemberg wegen der infolge der Unterhaltsvorschusszahlungen für die Klägerin
zu 3. auf das Land übergegangenen Ansprüche eine vollstreckbare Ausfertigung des Schluss-
Anerkenntnisurteiles des Amtsgerichts Bruchsal vom 07.09.2005 über den Betrag von 988,75 EUR erwirkt
hatte (vgl. die vom Amtsgericht Bruchsal am 06.04.2006 erteilte Rechtsnachfolgeklausel gemäß § 727 ZPO,
Bl. 58 d. A.), haben die Kläger mit Schriftsatz vom 27.04.2006 die folgende Neufassung der Klageanträge
angekündigt:
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1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 2.659,40 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus
664,85 EUR seit dem 02.01.2006, 664,85 EUR seit dem 01.02.2006, 664,85 EUR seit dem 01.03.2006 und
664,85 EUR seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
18
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger für die Dauer der Beschäftigung des Streitverkündeten bei ihr
monatlich 1.072,85 EUR beginnend mit dem 01.04.2006, bis zur vollständigen Abdeckung des
Unterhaltsrückstandes von 12.652,65 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz aus 73,00 EUR seit dem 01.05.2005, 1.268,50 EUR seit dem 01.08.2004, 634,25 EUR seit
dem 01.09.2004, 634,25 EUR seit dem 01.10.2004, 634,25 EUR seit dem 01.11.2004, 634,25 EUR seit
dem 01.12.2004, 634,25 EUR seit dem 01.01.2005, 634,25 EUR seit dem 01.02.2005, 634,25 EUR seit
dem 01.03.2005 und 634,25 EUR seit dem 01.04.2005 zu zahlen.
19 Im Termin zur Güteverhandlung vom 28.04.2006 hat Herr I.G. (im Folgenden: Streitverkündeter) erklärt, dass er
dem Rechtsstreit förmlich auf Seiten der Beklagten beitrete.
20 Da im Gütetermin vom 28.04.2006 eine gütliche Einigung zwischen den Parteien nicht zu erzielen war, ist auf
Antrag der Anwesenden vom Gericht ein Termin zur Fortsetzung der Güteverhandlung auf den 12.05.2006
bestimmt worden.
21 Auf Antrag der Beklagten vom 11.05.2006 ist der Termin zur zweiten Güteverhandlung mit gerichtlicher
Verfügung vom 11.05.2006 auf den 18.05.2006 verlegt worden (Bl. 66 d. A.).
22 Im Schreiben vom 10.05.2006 (Bl. 90 d. A.), welches beim Prozessbevollmächtigten der Kläger am 17.05.2006
einging, wandte sich die Beklagte u. a. wie folgt an die Kläger:
"(...)
23 Die nach § 840 ZPO gestellten Fragen werden wie folgt beantwortet:
24 Die gepfändete Forderung wird anerkannt. Es bleibt indes vorbehalten, sämtliche Einwendungen und Einreden
zu erheben, sofern solche noch bekannt werden. Zahlungen erfolgen nur im Rahmen der Pfändbarkeit und
soweit Rechte nicht vorgehen.
25 Die monatlichen Nettoeinkünfte sind bereits bekannt. Es werden monatliche Einkünfte im Umfange von 408,00
EUR für die Kinder der Gläubigerin S. G. gepfändet. Ein weiterer Betrag in Höhe von 470,00 EUR muss für die
Werkswohnung einbehalten bzw. verrechnet werden. Ein pfändbares weiteres Einkommen liegt damit nicht vor.
26 Darüber hinaus bestehen weitere Pfändungen, die teils vorrangig sind.
27 Es wird vom Landratsamt B. - Kreiskasse - ein offener Betrag in Höhe von 702,12 EUR geltend gemacht.
Wegen diesem besteht seit dem 13.05.2002 eine Pfändung. Grund sind diverse Bußgelder aus der
selbständigen Tätigkeit des Schuldners.
28 Daneben liegt eine Pfändung des FA B. vor, diese in Höhe von 7.512,00 EUR, dies seit dem 05.09.2005.
Grund sind ausstehende Steuerforderungen aus dem Jahr 2002/2003 (Est/Körperschaftssteuer)."
29 Die Kläger sind der Ansicht, dass die Beklagte verpflichtet sei, sie von den Gebührenansprüchen von
Rechtsanwalt P., dem Alleininhaber der Anwaltskanzlei P. & P., Bruchsal, in Höhe von 1.869,22 EUR
freizustellen.
30 Die Beklagte schulde die Freistellung als Schadenersatz, weil sie die Drittschuldnererklärung nach § 840 Abs.
1 ZPO nicht rechtzeitig abgegeben und deshalb die Kläger zu einer aussichtslosen Klageerhebung auf weitere
Auszahlung gepfändeten Lohns veranlasst habe.
31 Der den Klägern entstandene Schaden bestehe in den Rechtsanwaltskosten, welche die Kläger für den
nutzlosen Zahlungsprozess zu leisten hätten.
32 Auf der Grundlage eines Gegenstandswertes von 16.300,90 EUR beliefen sich die zur Rechtsverfolgung der
Kläger entstandenen Gebühren und Kosten auf 1.869,22 EUR (vgl. für die Einzelheiten der Berechnung Seite 3
des Schriftsatzes der Kläger vom 22.05.2006, Bl. 89 d. A.).
33 Die Kläger beantragen daher nunmehr,
34
die Beklagte zu verurteilen, sie von den Gebührenansprüchen des Herrn Rechtsanwaltes P., S.
Straße, B. in Höhe von 1.869,22 EUR freizustellen
35 Nachdem für die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer vom 05.09.2006 niemand
erschienen ist, beantragt der Streitverkündete,
36
die Klage abzuweisen.
37 Die Beklagte sei den Klägern unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zur Erstattung der angeführten
Rechtsanwaltskosten verpflichtet.
38 Für die Einzelheiten des Sach- u. Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug
genommen.
39 Das Gericht hat den Klägern zu 1. bis 3. mit Beschluss vom 19.05.2006 (Bl. 80 d. A.) ab 29.03.2006 im ersten
Rechtszug für die Anträge vom 28.03.2006 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt H. als
Prozessbevollmächtigten beigeordnet; auf die Prozesskosten seien derzeit keine Zahlungen zu leisten.
Entscheidungsgründe
I.
40 Die Klage hat keinen Erfolg.
A.
41 Zwar ist die Beklagte dem Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer vom 05.09.2006, zu dem sie
ausweislich der Postzustellungsurkunde Bl. 121 d. A. am 30.08.2006 ordnungsgemäß geladen worden war,
unentschuldigt ferngeblieben.
42 Insoweit gereicht aber der Beklagten das Verhandeln und die Stellung des Antrages auf Klageabweisung im
Termin vom 05.09.2006 durch den Streitverkündeten, der dem Rechtsstreit auf ihrer Seite beigetreten ist, zum
Vorteil.
43 Wer ein rechtliches Interesse daran hat, dass in einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit
die eine Partei obsiege, kann dieser Partei zum Zwecke ihrer Unterstützung beitreten (sog. Nebenintervention),
§ 66 Abs. 1 ZPO.
44 Das rechtliche Interesse des Streitverkündeten am Obsiegen der Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit
resultiert dabei daraus, dass der Streitverkündete bei einem Unterliegen der Beklagten und deren damit
einhergehender Verpflichtung zur Abführung weitergehender pfändbarer Bestandteile seines
Arbeitseinkommens für die Vergangenheit mit etwaigen Rückforderungsansprüchen der Beklagten wegen
erbrachter Überzahlungen, bezüglich der Zukunft mit niedrigeren monatlichen Einkünften rechnen müsste.
45 Gemäß § 67 Satz 1 2. Halbsatz ZPO ist der Nebenintervenient berechtigt, Angriffs- und Verteidigungsmittel
geltend zu machen und alle Prozesshandlungen wirksam vorzunehmen.
46 Mithin ist der Beklagten das Verhandeln des Streitverkündeten zur Sache sowie dessen Antragstellung im
Termin vom 05.09.2006 zuzurechnen.
B.
47 Dem Klagebegehren der Kläger ist kein Erfolg beschieden.
48 Die Klage ist zwar zulässig, aber unbegründet.
49 Die Kläger haben gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Freistellung
von den Gebührenansprüchen des Herrn Rechtsanwaltes P., S. Straße , B. in Höhe von 1.869,22 EUR.
50 Insbesondere können sich die Kläger dafür nicht auf § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO stützen.
51 Nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO haftet der Drittschuldner dem Gläubiger für den aus der Nichterfüllung seiner
Verpflichtung aus § 840 Abs. 1 ZPO entstehenden Schaden.
52 Gemäß § 840 Abs. 1 ZPO hat der Drittschuldner auf Verlangen des Gläubigers binnen zwei Wochen, von der
Zustellung des Pfändungsbeschlusses an gerechnet, dem Gläubiger zu erklären:
53
1. ob und inwieweit er die Forderung als begründet anerkenne und Zahlung zu leisten bereit sei;
54
2. ob und welche Ansprüche andere Personen an die Forderung machen;
55
3. ob und wegen welcher Ansprüche die Forderung bereits für andere Gläubiger gepfändet sei.
56 Die Aufforderung zur Abgabe dieser Erklärungen muss in die Zustellungsurkunde aufgenommen werden, § 840
Abs. 2 Satz 1 ZPO.
57 Im Zuge der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des Amtsgerichts Bruchsal vom
12.12.2005 forderten die Kläger über den Obergerichtsvollzieher K. die Beklagte am 20.12.2005 zur Abgabe der
Drittschuldnererklärung im Sinne von § 840 Abs. 1 Satz 1 ZPO auf (vgl. Zustellungsurkunde Bl. 25 d. A.).
58 In dieser sicherte die Beklagte zu, dass "die Beantwortung der Fragen gemäß 840 ZPO (...) schriftlich binnen
zwei Wochen erfolgen" würde. Infolge des Untätigbleibens der Beklagten forderten die Kläger mit Schreiben
ihres nunmehrigen Prozessbevollmächtigten vom 09.02.2006 (Bl. 28 f. d. A.) unter Fristsetzung auf den
23.02.2006, durch nochmaliges Schreiben vom 06.03.2006 (Bl. 30 f. d. A.) unter Fristsetzung auf den
13.03.2006 die Beklagte erneut zur Abgabe der Drittschuldnererklärung auf, zunächst vergeblich.
59 Erst nach Zustellung der Klageschrift vom 28.03.2006 an die Beklagte am 03.04.2006 erteilte diese den
Klägern mit Schreiben vom 10.05.2006 (Bl. 90 d. A.) die geforderten Auskünfte.
60 Kommt der Drittschuldner, wie hier die Beklagte, mit der Erteilung der Drittschuldnererklärung im Sinne von §
840 Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verzug, kann ein ersatzfähiger Schaden zunächst in den Kosten des vom Gläubiger
gegen den Drittschuldner unnütz geführten Einziehungsrechtsstreits oder vorgerichtlicher Rechtsverfolgung
bestehen. Die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit der Prozesskosten des Gläubigers ist nach der
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (vgl. Urteil vom 16.05.1990 - 4 AZR 56/90 -) trotz des in § 12 a
Abs. 1 Satz 1 ArbGG für Urteilsverfahren des ersten Rechtszuges vorgesehenen Ausschlusses der
Kostenerstattung auch bei Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen gegeben.
61 So kann der Gläubiger, der infolge nicht rechtzeitiger Auskunftserteilung Zahlungsklage gegen den
Drittschuldner erhoben hat, auch in einem arbeitsgerichtlichen Rechtsstreit zu einer bezifferten Zahlungsklage
auf den aus der Nichterfüllung der Auskunftsverpflichtung des Drittschuldners entstandenen Schaden
übergehen, wenn sich während des Verfahrens herausgestellt hat, dass der gepfändete Anspruch nicht
besteht.
62 Wiewohl die Beklagte durch ihre nicht rechtzeitige Erteilung der Drittschuldnererklärung und die dadurch
herbeigeführte unnütze Klageerhebung seitens der Kläger die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine
Haftung aus § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO dem Grunde nach verwirklicht hat, ist den Klägern im konkreten
Einzelfall kein ersatzfähiger Schaden entstanden.
63 Denn die Kläger sehen sich bereits aus rechtlichen Gründen keiner Inanspruchnahme durch ihren
Prozessbevollmächtigten auf Erstattung dessen Rechtsanwaltskosten ausgesetzt.
64 Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Kläger mit gerichtlichem Beschluss vom 19.05.2006 bewirkt,
dass der ihnen beigeordnete Rechtsanwalt Ansprüche auf Vergütung gegen sie nicht geltend machen kann (§
122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO).
65 Da die Kläger mithin von ihrem Prozessbevollmächtigten nicht auf Begleichung der Rechtsanwaltskosten in
Anspruch genommen werden können, können sie auch keine Befreiung von einer dahingehenden
Verbindlichkeit durch die Beklagte verlangen.
66 Nach Auffassung der erkennenden Kammer handelt es sich bei der vorliegenden Sachverhaltskonstellation
auch nicht um einen Unterfall der sog. "Drittschadensliquidation".
67 Die Möglichkeit einer solchen ist u. U. eröffnet, wenn der Schaden, der typischerweise beim Ersatzberechtigten
(hier den Klägern) eintreten müsste, aufgrund eines Rechtsverhältnisses zwischen dem Erstberechtigten (den
Klägern) und einem Dritten (der Staatskasse) auf diesen verlagert wird (hier die Verpflichtung der Staatskasse
zur Übernahme der Prozesskosten der Kläger gemäß §§ 114 ff. ZPO). Im Falle eine Schadensverlagerung ist
in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass der Schädiger aus dieser Schadensverlagerung keinen Vorteil
ziehen darf.
68 Anspruchsinhaber ist ggf. der Inhaber der verletzten Rechtsstellung; er kann auf Leistung an sich oder den
Geschädigten klagen.
69 Allerdings kommt die Drittschadensliquidation in aller Regel nur bei vertraglichen Ansprüchen in Betracht.
70 Vorliegend basieren aber sowohl die Rechtsbeziehungen zwischen dem Ersatzberechtigten (den Klägern) und
dem Schädiger (der Beklagten) in Gestalt des Vollstreckungsrechtsverhältnisses einerseits als auch die
Rechtsbeziehungen zwischen Ersatzberechtigten (den Klägern) und dem Geschädigten (der Staatskasse)
gemäß §§ 114 ff. ZPO andererseits auf gesetzlichen Schuldverhältnissen.
71 Der Gesetzgeber hat aber in § 126 Abs. 1 ZPO ausdrücklich geregelt, dass die für die Partei bestellten
Rechtsanwälte (nur) berechtigt sind, ihre Gebühren und Auslagen von dem in die Prozesskosten verurteilten
Gegner im eigenen Namen beizutreiben.
72 § 59 Abs. 1 Satz 1 RVG sieht vor, dass, soweit dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten
Rechtsanwalt wegen seiner Vergütung ein Anspruch gegen einen ersatzpflichtigen Gegner zusteht, dieser
Anspruch mit der Befriedigung des Rechtsanwalts durch die Staatskasse auf diese übergeht.
73 Damit hat aber der Gesetzgeber ein gesetzliches Regelungsinstrumentarium für den Rückgriff für die der
bedürftigen Partei gewährten Prozesskostenhilfe beim Prozessgegner der bedürftigen Partei geschaffen, was
prozessuale Kostenerstattungsansprüche der bedürftigen Partei bzw. ihres Rechtsanwaltes anbetrifft.
74 Demgegenüber fehlt aber eine einschlägige gesetzliche Regelung für einen Rückgriff der Staatskasse im
Bezug auf materiell-rechtliche Schadensersatzansprüche der bedürftigen Partei.
75 Es erscheint allerdings nicht geboten, ein dahingehendes unvollständiges Regelungssystem des Gesetzgebers
im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung zu ergänzen.
76 Da folglich die Kläger von der Beklagten nicht die Freistellung von Gebührenansprüchen des Herrn
Rechtsanwaltes P., S. Straße , B. verlangen können, kann im Ergebnis dahingestellt bleiben, ob sich die von
dort veranschlagten zur Rechtsverfolgung entstandenen Gebühren und Kosten tatsächlich auf 1.869,22 EUR
belaufen.
77 Nach alledem war die Klage als unbegründet abzuweisen.
II.
78 Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 ZPO.
79 Der Rechtsmittelstreitwert gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG war auf 1.869,22 EUR festzusetzen.