Urteil des ArbG Karlsruhe vom 09.05.2007

ArbG Karlsruhe: in den TVöD während Elternzeit und Besitzstandszulage, Kinderbezogene Entgeltbestandteile, vergütung, auflage, begriff, form, krankenschwester, beendigung, fälligkeit, suspendierung

ArbG Karlsruhe Urteil vom 9.5.2007, 5 Ca 294/06
Überleitung in den TVöD während Elternzeit und Besitzstandszulage - Kinderbezogene Entgeltbestandteile
Leitsätze
Arbeitnehmer im Sinne von § 1 Abs. 1 TVÜ-VKA, die im Zeitpunkt der Überleitung in den TVöD Elternzeit in Anspruch genommen und deshalb
tatsächlich keine Vergütung erhalten haben, steht gegen ihren Arbeitgeber nach Beendigung der Elternzeit und Wiederantritt der Arbeit ein
Anspruch auf Zahlung einer Besitzstandszulage für kinderbezogene Entgeltbestandteile nach § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA zu, solange der
Kindergeldanspruch für das Kind besteht.
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin beginnend mit dem 01.01.2006 monatlich kinderbezogene Entgeltbestandteile
für zwei Kinder in der durch § 11 Abs. 1 und 2 TVÜ-VKA in Verbindung mit § 24 TVöD bestimmten Höhe zu zahlen, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5-
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Fälligkeit.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf EUR 6.521,04 festgesetzt.
4. Für die Beklagte wird die Berufung zugelassen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin nach Überleitung in den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) kinderbezogene
Entgeltbestandteile als Besitzstandszulage gemäß § 11 Abs. 1 des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen
Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) zustehen.
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Die am ... 1972 geborene Klägerin arbeitet seit 01.05.1994 im Klinikum der Beklagten als Krankenschwester. Auf das Arbeitsverhältnis
der Parteien findet kraft einzelvertraglicher Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) in der für den Verband kommunaler
Arbeitgeber geltenden Fassung und den diesen ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträge Anwendung. Im Zeitraum
06.02.2005 bis 31.12.2005 nahm die Klägerin Erziehungsurlaub in Anspruch und erhielt von der Beklagten keine Vergütung. In diesem
Zeitraum und auch in der Zeit danach erhält die Klägerin Kindergeld für zwei Kinder. Seit 01.01.2006 arbeitet die Klägerin wieder als
Krankenschwester bei der Beklagten. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin wurde zum 01.10.2005 vom bisherigen BAT in den TVöD
übergeleitet. In diesem Zusammenhang sieht der TVÜ-VKA bestimmte Berechnungen des so genannten Vergleichsentgelts und
Besitzstandsregelungen vor. Eine dieser Besitzstandsregelungen, § 11 TVÜ-VKA, betrifft die Frage kinderbezogener
Entgeltbestandteile, die im neuen TVöD nicht mehr vorgesehen sind. Die tarifvertragliche Regelung hat folgenden Wortlaut:
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"§ 11 Kinderbezogene Entgeltbestandteile.
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(1) 1. Für im September 2005 zu berücksichtigende Kinder werden die kinderbezogenen Entgeltbestandteile des BAT/BAT-O oder
MTArb/MTArb-O in der für September 2005 zustehenden Höhe als Besitzstandszulage fortgezahlt, solange für diese Kinder
Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) oder nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) ununterbrochen gezahlt
wird oder ohne Berücksichtigung des § 64 oder § 65 EStG oder des § 3 oder § 4 BKGG gezahlt würde.
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2. Die Besitzstandszulage entfällt ab dem Zeitpunkt, zu dem einer anderen Person, die im öffentlichen Dienst steht oder auf Grund
einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder nach einer Ruhelohnordnung
versorgungsberechtigt ist, für ein Kind, für welches die Besitzstandszulage gewährt wird, das Kindergeld gezahlt wird; die Änderung
der Kindergeldberechtigung hat die/der Beschäftigte dem Arbeitgeber unverzüglich schriftlich anzuzeigen.
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3. Unterbrechungen wegen der Ableistung von Grundwehrdienst, Zivildienst oder Wehrübungen sowie die Ableistung eines
freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahres sind unschädlich; soweit die unschädliche Unterbrechung bereits im Monat
September 2005 vorliegt, wird die Besitzstandszulage ab dem Zeitpunkt des Wiederauflebens der Kindergeldzahlung gewährt.
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(2) 1. § 24 Abs. 2 TVöD ist anzuwenden.
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2. Die Besitzstandszulage nach Absatz 1 Satz 1 verändert sich bei allgemeinen Entgeltanpassungen um den von den
Tarifvertragsparteien für die jeweilige Entgeltgruppe festgelegten Vomhundertsatz.
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3. Ansprüche nach Absatz 1 können für Kinder ab dem vollendeten 16. Lebensjahr durch Vereinbarung mit der/dem Beschäftigten
abgefunden werden.
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(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für
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a) zwischen dem 1. Oktober 2005 und dem 31. Dezember 2005 geborene Kinder der übergeleiteten Beschäftigten,
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b) die Kinder von bis zum 31. Dezember 2005 in ein Arbeitsverhältnis übernommenen Auszubildenden, Schülerinnen/Schüler in
der Gesundheits- und Krankenpflege, Gesundheits- und Kinderkrankenpflege und in der Entbindungspflege sowie Praktikantinnen
und Praktikanten aus tarifvertraglich geregelten Beschäftigungsverhältnissen, soweit diese Kinder vor dem 1. Januar 2006 geboren
sind."
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Nachdem die Klägerin ihre Tätigkeit bei der Beklagten am 01.01.2006 wieder aufgenommen hatte, wurde bei der Berechnung ihrer
Vergütung kein kinderbezogener Entgeltbestandteil mehr berücksichtigt. Dies beanstandete die Klägerin mit Schreiben vom 15.05.2006
erfolglos. Mit ihrer am 22.11.2006 bei Gericht eingegangenen und der Beklagten am 28.11.2006 zugestellten Klage verfolgt die Klägerin
den geltend gemachten Anspruch weiter.
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Die Klägerin trägt vor, ihr stehe bei ihrer Vergütung eine Besitzstandszulage in Form kinderbezogener Entgeltbestandteile für zwei
Kinder zu. Nach § 11 TVÜ-VKA habe sie Anspruch auf diese Besitzstandszulage, solange ihr ununterbrochen Kindergeld für ihre Kinder
zustehe. Diese Voraussetzung sei unstreitig erfüllt. Es könne keine Rolle spielen, ob ihr im Monat September 2005 gegen die Beklagte
ein Anspruch auf Vergütung zugestanden habe, oder ob dies wegen Inanspruchnahme von Elternzeit zu diesem Zeitpunkt nicht der Fall
gewesen ist. Es sei nicht zulässig die Klägerin nur deshalb schlechter zu stellen, weil sie zum Zeitpunkt der Überleitung in den TVöD
vom gesetzlichen Anspruch auf Erziehungsurlaub Gebrauch gemacht habe.
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Die Klägerin beantragt:
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Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin kinderbezogene Entgeltbestandteile für zwei Kinder in der
durch § 11 I TVÜ-VKA i.Verb.m. dem TVöD festgelegten Höhe zu bezahlen, zuzüglich Zinsen i.H.v. 5% über dem jeweiligen
Basiszinssatz der EZB gemäß § 247 BGB ab Fälligkeit.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte trägt vor, der Klägerin stehe der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Die Fortzahlung der bisherigen kinderbezogenen
Entgeltbestandteile als Besitzstandszulage ab 01.10.2005 setze grundsätzlich voraus, dass im September 2005 tatsächlich
entsprechende kinderbezogene Entgeltbestandteile zugestanden haben. Dies folge aus dem Wortlaut der tariflichen Regelung. Diese
Voraussetzungen lägen bei der Klägerin aber nicht vor, da sie im September 2005 wegen Inanspruchnahme von Elternzeit überhaupt
keine Bezüge gehabt habe.
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Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und Anlagen, die Gegenstand der
mündlichen Verhandlung waren, sowie die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
21 Die zulässige Klage ist begründet. Der Klägerin stehen für die Zeit ab 01.01.2006 gegen die Beklagte Ansprüche auf Zahlung kinderbezogener
Entgeltbestandteile gemäß § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA zu.
22 1. Die Klage ist zulässig, insbesondere auch in ihrer Form als Feststellungsantrag. Es besteht ein Feststellungsinteresse der Klägerin im Sinne
von § 256 Abs. 1 ZPO, da die Beklagte den Bestand des von der Klägerin geltend gemachten Anspruchs bestreitet. Im konkreten Fall besteht kein
Vorrang der Leistungsklage, da zwischen den Parteien nicht die Höhe, sondern nur das Vorliegen der tarifvertraglichen
Zahlungsvoraussetzungen streitig ist. Insoweit ist in Anlehnung an die Zulässigkeit von Eingruppierungsfeststellungsklagen (vgl. hierzu BAG,
Urteil vom 02.12.1981, 4 AZR 301/79, AP Nr. 52 zu §§ 22, 23 BAT 1975) hier ein Feststellungsantrag zulässig.
23 Sofern der Antrag in der Klageschrift Unklarheiten bezüglich des Beginns des Zeitraums der begehrten Feststellung aufwerfen sollte, ist er im
Gesamtzusammenhang der Klageschrift dahingehend auslegungsfähig, dass die Klägerin Feststellung ab 01.01.2006 begehrt. Dies ist vom
Vertreter der Klägerin anlässlich der mündlichen Verhandlung vor der Kammer auch klargestellt worden.
24 2. Die Klage ist begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung kinderbezogener Entgeltbestandteile zu, § 11 Abs. 1
Satz 1 TVÜ-VKA.
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a) Die Klägerin gehört zum Personenkreis des § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA. Insbesondere hat ihr Arbeitsverhältnis zur Beklagten schon
langjährig vor dem 01.10.2005 bestanden und ist danach fortgesetzt worden.
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b) Die Klägerin hat zwei "zu berücksichtigende Kinder" im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA. § 11 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA regelt selber
nicht, was unter diesem Begriff zu verstehen ist. Der Sinn erschließt sich nur durch die Bezugnahme auf den BAT sowie die in § 29 B Abs.
3 BAT enthaltene Regelung. Danach sind "berücksichtigungsfähig" alle Kinder, für die dem Angestellten ein Anspruch auf Zahlung von
Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz oder dem Bundeskindergeldgesetz zusteht. Die Klägerin hat für ihre beiden Kinder
Kindergeld im Jahr 2005, insbesondere im Monat September 2005 bezogen. Damit handelt es sich um "im September 2005 zu
berücksichtigende Kinder" im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA.
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c) Es spielt keine Rolle, ob die Klägerin für ihre beiden Kinder von der Beklagten im Monat September 2005, unter Geltung des BAT und vor
der Überleitung in den TVöD, tatsächlich einen erhöhten Ortszuschlag ausgezahlt bekommen hat oder ob dies mangels jeglicher
Zahlung wegen andauernder Elternzeit nicht der Fall war.
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aa) Entscheidendes Kriterium für die Frage, ob ein Anspruch auf kinderbezogene Entgeltbestandteile dem Grunde nach besteht, ist der
Bezug von Kindergeld. Dies stellt § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA klar in den Vordergrund.
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Der Bezug von Kindergeld ist zum einen das Tatbestandsmerkmal für den Begriff "zu berücksichtigendes Kind" (siehe oben) und zum
anderen das in § 11 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 TVÜ-VKA genannte Anknüpfungsmerkmal für die Frage, wie lange der Anspruch besteht. Auch
in § 11 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 TVÜ-VKA beziehen sich die Regelungen, nach welchen Maßgaben der Anspruch auf Zahlung
kinderbezogener Entgeltbestandteile besteht, allein auf die Abhängigkeit vom Anspruch auf Zahlung von Kindergeld.
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bb) Demgegenüber kommt den Begriffen "in der für September 2005 zustehenden Höhe" und "fortgezahlt" in § 11 Abs. 1 Satz 1
Halbsatz 1 TVÜ-VKA nicht die Bedeutung eines Anspruchausschlusses für den Fall der kompletten Nichtzahlung der BAT-
Vergütung im Monat September 2005 wegen Inanspruchnahme von Elternzeit zu. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass während
der Elternzeit das Arbeitsverhältnis weder beendet oder unterbrochen ist, sondern nur hinsichtlich seiner Hauptpflichten zur
Erbringung von Arbeit durch den Arbeitnehmer und Zahlung von Vergütung durch den Arbeitgeber ruht (vgl. BAG, Urteil vom
10.05.1989, 6 AZR 660/87, NZA 1989, 759 ff.). Mit der Beendigung der Elternzeit leben die Hauptpflichten wieder auf (vgl. ErfK-
Dörner, 6. Auflage 2006, § 15 BErzGG Rn. 36). Das bedeutet, dass der Anspruch der Klägerin auf Zahlung von kinderbezogenen
Entgeltbestandteilen des BAT dem Grunde nach auch während der Elternzeit bestanden und nur wegen Suspendierung der
beidseitigen Hauptleistungspflichten geruht hat. Ferner ist zu berücksichtigen, dass nach § 5 Abs. 6 TVÜ-VKA die Beschäftigten, die
für keinen Tag des Monats September 2005 Anspruch auf Vergütung haben, bei der Berechnung des Vergleichsentgelts so zu
stellen sind, als hätten sie für alle Tage des Monats September 2005 Vergütung erhalten. Angesichts dessen kann auch nicht
angenommen werden, der Klägerin stehe zwar dem Grunde nach ein Anspruch auf Zahlung kinderbezogener Entgeltbestandteile
zu, mangels gezahlter Vergütung im Monat September 2005 ergebe sich aber ein Betrag von "0" (so aber ArbG Würzburg, Urteil
vom 22.08.2006, 9 Ca 75/06 S). Dies ist mit der Regelung in § 5 Abs. 6 TVÜ-VKA nicht in Einklang zu bringen. Vielmehr ist die
Klägerin bei der Berechnung ihres Anspruchs nach Wiederaufleben nach Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis so zu stellen,
als hätte sie im Monat September 2005 Vergütung erhalten.
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Die Formulierung "in der für September 2005 zustehenden Höhe" in § 11 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 TVÜ-VKA ist somit ein bloßer
Berechnungshinweis (so auch ArbG Göttingen, Urteil vom 22.06.2006, 2 Ca 55/06) und nicht Tatbestandselement der
Anspruchsvoraussetzung, welche nicht ohne Berücksichtigung von § 5 Abs. 6 TVÜ-VKA ausgelegt werden kann. Auch aus dem
verwendeten Begriff "fortzahlen" ergibt sich nichts anderes. Maßgeblich ist der Bestand des Anspruchs dem Grunde nach. Wegen des
Ruhens des Arbeitsverhältnisses ergibt sich zwar ein konkreter Zahlungsanspruch erst nach Ende der Elternzeit. Zu berücksichtigen ist aber
auch hier die Grundregel des § 5 Abs. 6 TVÜ-VKA, die zur Auslegung des Wortlauts heranzuziehen ist.
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d) Dieses bereits aus dem Wortlaut von § 11 Abs. 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 6 TVÜ-VKA gewonnene Ergebnis ergibt sich auch bei
teleologischer Betrachtung des § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA im Zusammenhang mit § 11 Abs. 3 Buchstabe a) TVÜ-VKA. Dabei ist es für den Fall
der Klägerin weniger maßgeblich, welche Zwecke die Tarifvertragsparteien mit den Neuregelungen im TVöD verfolgen (so aber LAG
Köln, Urteil vom 30.11.2006, 5 Sa 973/06). Vielmehr kommt es für den vorliegenden "Überleitungsfall" darauf an, welche Zwecke mit dem
TVÜ-VKA verfolgt werden. Durch die Gewährung einer Besitzstandszulage sollen die Angestellten, die bislang nach den "alten" BAT-
Regelungen einen Anspruch auf Zahlung bestimmter Leistungen hatten, diese auch unter Geltung des "neuen" TVöD haben. § 11 Abs. 3
Buchstabe a TVÜ-VKA gewährt darüber hinaus sogar den Beschäftigten, denen in der Geltungszeit des BAT auch nicht dem Grunde
nach ein Anspruch auf kinderbezogene Entgeltbestandteile zustand eines solche "Besitzstandszulage" für zwischen dem 01.10.2005 und
31.10.2005 geborene Kinder. § 11 Abs. 3 Buchstabe b) TVÜ-VKA erweitert dies sogar noch auf bestimmte Beschäftigte, deren
Arbeitsverhältnis sogar erst nach dem Stichtag der Überleitung 01.10.2005 begründet wurde und deren Kinder auch erst später, bis
31.12.2005, geboren wurden. Wenn aber selbst für nach der Überleitung in den TVöD geborene Kinder von Beschäftigten und sogar für
Kinder von Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis nach dem 01.10.2005 begründet wurde eine "Besitzstandszulage" ausdrücklich
gewährt wird, also für Kinder, die nicht zu den "im September 2005 zu berücksichtigenden Kindern" im Sine von § 11 Abs. 1 Satz 1
Halbsatz 1 TVÜ-VKA gehören, wäre es nicht nachvollziehbar von einem Anspruchsausschluss bei denjenigen Beschäftigten
auszugehen, denen dieser Anspruch im September 2005 dem Grunde nach zugestanden hat und die nur wegen bestehender Elternzeit
keine tatsächlichen Leistungen erhielten.
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e) Die vorstehend erläuterte Ansicht wird auch in der Literatur geteilt (vgl. Kuner, Der neue TVöD, 1. Auflage 2006, S. 82 Rn. 107;
Dassau/Wiesend-Rothbrust, TVöD Kompaktkommentar, 5. Auflage 2006, C 1, zu § 11 TVÜ-VKA, Rn.10). Auch nach Ansicht dieser
Literaturmeinungen, denen sich die erkennende Kammer ausdrücklich anschließt, besteht der Anspruch auf die Besitzstandszulage,
solange die kinderbezogenen Entgeltbestandteile bei Fortgeltung des bisherigen Tarifrechts dem Beschäftigten zugestanden hätten.
Sinn der Überleitungs- und Besitzstandsregelungen ist, den Beschäftigten in diesen Bereichen den bisherigen tarifrechtlichen status quo
zu erhalten. Hätte die Klägerin unter Geltung des BAT ihre Arbeit nach der Elternzeit wieder aufgenommen, hätte sie unstreitig
kinderbezogene Entgeltbestandteile erhalten. Sinn und Zweck des § 11 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA ist es, der Klägerin diesen, dem Grunde
nach bestehenden Anspruch zu erhalten. Das ist bei der Wortlautauslegung der Norm zu berücksichtigen (vgl. auch ArbG Siegburg,
Urteil vom 09.08.2006, 2 Ca 1669/06).
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3. Da sich bereits aus der Auslegung des § 11 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA ergibt, dass der Klägerin der geltend gemachte Anspruch gegenüber
der Beklagten zusteht, kam es weiter nicht auf die Frage an, ob sich die Klägerin auch auf einen Verstoß gegen den
Gleichbehandlungsgrundsatz oder ein Diskriminierungsverbot berufen kann (vgl. dazu ArbG Lörrach, Urteil vom 21.01.2007, 1 Ca
404/06).
II.
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Da die Beklagte unterlegen ist, hat sie die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 ZPO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 61 Abs. 1 ArbGG, 42 Abs. 3 Satz 1GKG. Dabei ging das Gericht von einem monatlichen
kinderbezogenen Entgeltbestandteil von EUR 90,57 pro Kind aus (vgl. Ortszuschlagstabelle zu § 29 BAT) und legte den dreijährigen
Differenzbetrag zu Grunde. Angesichts der Gesamtumstände des Falls hielt das Gericht keinen Abschlag wegen des als Feststellungsantrag
formulierten Klageantrages für angezeigt. Unabhängig von der Statthaftigkeit der Berufung nach § 64 Abs. 2 Buchstabe b ArbGG war für die
Beklagte die Berufung gesondert zuzulassen. Es handelt sich um eine Rechtsstreitigkeit über die Auslegung eines Tarifvertrages, dessen
Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, vgl. § 64 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b ArbGG.