Urteil des ArbG Herford vom 19.08.2009

ArbG Herford (betriebsrat, kündigung, bezug, zustimmung, verdacht, arbeitsgericht, anwesenheit, arbeitgeber, stellungnahme, antrag)

Arbeitsgericht Herford, 2 BV 8/09
Datum:
19.08.2009
Gericht:
Arbeitsgericht Herford
Spruchkörper:
2. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 BV 8/09
Schlagworte:
Zur Frage der Zustimmungsersetzung zur Kündigung eines
Betriebsratsvorsitzenden bei detektivischer Arbeitsüberwachung und
unklaren Arbeitszeitvorgaben.
Normen:
§ 103 BetrVG
Tenor:
Die Anträge werden abgewiesen.
A.
Tatbestand
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Der Arbeitgeber (Antragsteller) begehrt die Zustimmungsersetzung des Betriebsrats
(Bet. zu 2.) für eine außerordentliche, fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit
dem Betriebsratsvorsitzenden R1 T1 (Bet. zu 3.) und der Arbeitgeber begehrt die
Ausschließung des Betriebsratsvorsitzenden (Bet. zu 3.) aus dem Betriebsrat.
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Der Arbeitgeber betreibt in B1 O1 das M1-Klinikum für Rehabilitation. Dieses Klinikum
besteht aus dem sogenannten KBO I und KBO II. Insgesamt beschäftigt die
Antragstellerin in B1 O1 z. Zt. ca. 190 Mitarbeiter in KBO I und ca.110 Mitarbeiter im
KBO II; desweiteren ist das KBO I z. Zt. mit ca. 160 Patienten belegt und das KBO II mit
130 Patienten.
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Der Beteiligte zu 3. ist Vorsitzender des Betriebsrates und in dieser Funktion seit Ende
1997 freigestelltes Betriebsratsmitglied.
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Der Beteiligte zu 3. wurde am 16.07.1953 geboren und ist seit dem 01.10.1974 im
Unternehmen der Antragstellerin beschäftigt, zunächst als Beikoch – im Kammertermin
vom 19.08.2009 wurde eine Kopie des Arbeitsvertrages vom 18.09.1974 zur
Gerichtsakte gereicht, auf den inhaltlich verwiesen wird. In Abwesenheit der
Küchenleitung übernahm der Beteiligte zu 3. ab 1980 auch die organisatorische Leitung
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der Küche im KBO II. Seit der Betriebsratswahl Ende 1997 ist er – wie oben erwähnt –
freigestelltes Betriebsratsmitglied. Der Beteiligte zu 3. ist verheiratet und hat zwei – nicht
mehr unterhaltspflichtige – Kinder. Die Vergütung betrug zuletzt 3.153,23 € brutto im
Monat und setzte sich aus einer Grundvergütung, einer Betriebszugehörigkeitszulage,
einer Leistungszulage und einer freiwilligen Zulage zusammen (s. im Einzelnen Bl. 7 d.
A.).
Der Arbeitgeber beantragte mit Schreiben vom 21.01.2009 beim Betriebsrat die
Zustimmung zur außerordentlichen fristlosen Kündigung des Beteiligten zu 3. nach §
103 BetrVG. In diesem Schreiben heißt es unter
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2. Zur Sache
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Wir beabsichtigen, das mit Herrn T1 bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich
mit sofortiger Wirkung zu kündigen, da wir keine Basis mehr für eine weitere
vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Herrn T1 sehen und zwar auch unter
Berücksichtigung aller Umstände und Interessen.
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Im Rahmen einer allgemeinen Überprüfung der Reisekostenabrechnungen für
Fahrten von Arbeitnehmern zwischen B1 O1 und B1 S1 und umgekehrt, sowie für
Fahrten innerhalb B1 O1s haben wir bzgl. Herrn T1 Zweifel an der dortigen
Ordnungsmäßigkeit der Angaben. Die Überprüfung der Reisekostenunterlagen von
Herrn T1 haben wir im Zeitraum vom 05.11.2008 bis 07.11.2008 vorgenommen.
Insbesondere für die Monate September und Oktober 2008 kamen uns Zweifel auf.
Diese begründeten sich aus folgenden Angaben: Am 11.09.2008 und am
02.10.2008 gab Herr T1 an, nach einem Gesprächstermin in den Kliniken am B2 in
B1 S1 nach B1 O1 zurückgefahren zu sein. Jedenfalls hat er 10,00 € für die Fahrten
von B1 O1 nach B1 S1 und zurück geltend gemacht und ausgezahlt erhalten.
Aufgrund der geltenden Richtlinie für berufliche Auswärtstätigkeiten, die auch auf
Herrn T1 Anwendung finden und die wir in Kopie für Sie im Rahmen dieses Antrags
beifügen, sind für Hin- und Rückfahrten zwischen Kliniken am B2/Klinik F1 und
Klinikum I/Klinikum II 10,00 € und für einfache Fahrten 5,00 € als pauschalierte
Beträge zu erstatten. Für Fahrten zu dem Klinikum I und Klinikum II Hin- und
Rückfahrten 1,20 € und für einfache Fahrten 0,60 €. Bezüglich der vorgenannten
Monate kam uns insbesondere betreffend der Angaben in der
Reisekostenabrechnung des Herrn T1 hinsichtlich der Tage 11.09.2008 und
02.10.2008 Bedenken, da wir Zweifel hatten, dass tatsächlich nicht in allen Hin- und
Rückfahrten stattgefunden hatten, da Herr T1 seinen Wohnsitz in B1 S1 hat. Nach
dieser internen Vorprüfung haben wir am 20.11.2008 eine Überprüfung des
Tagesablaufs und der Fahrtzeiten von Herrn T1 durch die Detektei C1 in Auftrag
gegeben. Die von der Firma C1 getätigten Feststellungen wurden uns am
12.01.2009 per Telefax um 13.05 Uhr erstmals übermittelt. Eine Kopie des
Tätigkeitsberichts der Firma C1 fügen wir in Anlage zu diesem Antrag bei und
machen ihn zum Gegenstand unseres Vortrags. Am 13.01.2009 waren der
Verwaltungsdirektor und Personalleiter ganztägig in B3 tätig. Am 14.01.2009 haben
dann wir die eingereichten Unterlagen von Herrn T1 (Anwesenheitsliste Dezember
2008, eingereicht am 08.01.2009, Anwesenheitsliste November 2008, eingereicht
am 03.12.2008 und die Reisekostenabrechnung für Dezember 2008, eingereicht am
09.01.2009 und die Reisekostenabrechnung für November 2008 am 02.12.2008)
gegengeprüft. Die vorgenannten Unterlagen fügen wir ebenfalls in Kopie zu Ihrer
Kenntnisnahme bei. Unter Berücksichtigung der dortigen Angaben und der
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Feststellungen der Detektei C1 ergeben sich erhebliche Abweichungen, die u. E.
ausreichende Tatsachen begründen, um ein strafbares bzw. den Vertrauensbereich
verletzendes vertragswidriges Verhalten des Herrn T1 zu belegen, zumindest aber
den dringenden Tatverdacht diesbezüglich rechtfertigen. Wir hören Sie hiermit
daher ausdrücklich in Bezug auf die beantragte Zustimmung zur einer Kündigung
des Vertragsverhältnisses mit Herrn T1 sowohl zu einer beabsichtigten Tat- als auch
zu einer Verdachtskündigung an.
Wir haben unsere Feststellung in Bezug auf die Ungereimtheiten mit einem
Schreiben vom 15.01.2009, welches wir in Anlage zu Ihrer Kenntnisnahme beifügen
und welches Herrn T1 am 15.01.2009 ausgehändigt wurde mit der Aufforderung
bzw. Gelegenheit zur Stellungnahme, dargelegt. Am 15.01.2009 rief Herr T1 dann
gegen 13:20 Uhr an und bat um eine Fristverlängerung in Bezug auf eine
Stellungnahme, die bis zum 19.01.2009, 09.00 Uhr gem. unserem Schreiben vom
15.01.2009 gesetzt worden war. Dem Wunsch von Herrn T1 stimmt dabei Herr F2 im
Beisein des Personalleiters, Herrn M2, zu. Der Abgabetermin für die Stellungnahme
wurde bis zum 20.01.2009, 24.00 Uhr, verlängert. Eine Kopie der diesbezüglichen
Telefonnotiz fügen wir in
Anlage
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Am 19.01.2009 gegen 08:15 Uhr meldete sich Herr T1 telefonisch mit der Mitteilung,
im Sekretariat von Herrn M2, er sei arbeitsunfähig erkrankt. Ein Wunsch auf eine
Fristverlängerung in Bezug auf die avisierte Stellungnahme war damit allerdings
nicht verbunden worden. Wir haben auch keine Veranlassung zu der Annahme,
dass Herr T1 nicht in der Lage war, eine Stellungnahme zu dem Inhalt des
Schreibens vom 15.01.2009 abzugeben. Jedenfalls sind wir der Auffassung, dass er
eine erneute Verlängerung, wenn er denn nicht in der Lage gewesen wäre, die
Stellungnahme, wie nunmehr vereinbart, bis zum 20.01.2009, 24:00 Uhr abzugeben,
zu beantragen. Auch eine Prüfung des Posteingangs heute ergab keinen Eingang.
Da dies nicht erfolgt ist, gehen wir davon aus, dass Herr T1 nicht bereit bzw. willens
ist, zu den ihm gegenüber mit Schreiben vom 15.01.2009 erhobenen Vorwürfen uns
gegenüber Stellung zu nehmen.
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Ein Abgleich zwischen den Feststellungen der Detektei C1 und der von Herr T1 zur
Abrechnung eingereichten und auch als Grundlage der Spesenabrechnung
dienenden Unterlagen ergibt erhebliche Differenzen. Der erste Einsatz der Detektei
C1 erfolgte am 21.11.2008. Wie Sie dem in Kopie
beigefügten
entnehmen können, begann die Observation um 14.00 Uhr vor den Räumlichkeiten
der Kliniken am B2. Gegen 14:58 Uhr kam Herr T1 aus dem Gebäude und stieg in
sein Fahrzeug ein. Er fuhr auf direktem Wege zu seiner Wohnanschrift M3 6 in
12345 B1 S1. Um 15:10 Uhr traf er dort ein und parkte sein Fahrzeug. Er ging in das
Haus. Bis 16:00 Uhr wurden keine weiteren Bewegungen in dem Haus mehr
festgestellt. In seiner in Kopie beigefügten Reisekostenabrechnung hatte Herr T1
eine Dienstfahrt zwischen B1 S1 und B1 O1 in der Zeit von 13:30 Uhr bis 15:30 Uhr
angegeben. Wir verweisen insoweit auf die Angaben von Herrn T1 in seiner
Reisekostenabrechnung. Abgesehen davon, dass die Zeiträume mit den
Feststellungen der Detektei in Bezug auf die tatsächlichen Einsatzzeiten nicht
übereinstimmen, ist es auch so, dass Herr T1 für den betreffenden Tag lediglich 5,00
EUR als "halbe Fahrt" als Spesen hätte in Abrechnung stellen dürfen. Tatsächlich
hat er jedoch die Fahrt als Hin- und Rückfahrt in seiner Reisekostenabrechnung
geltend gemacht. Damit ist für den 21.11.2008 der ursprünglich schon bestehende
Verdacht in Bezug auf Herrn T1 durch seine Verhaltensweise konkretisiert worden.
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Im Zeitraum 01.11.2008 bis 30.11.2008 hatte Herr T1 als Dienstfahren zwischen B1
S1 und B1 O1 insgesamt 6 Anlässe à 10,00 EUR und 7 Anlässe à 5,00 EUR
angegeben. Auch dies zeigt, dass ihm die Reisekostenordnung bekannt und deren
Voraussetzungen bewusst sind. Im Rahmen der neuen Richtlinien für Dienstreisen
war er zudem Anfang 2004 von Herrn T2 im Rahmen eines Gesprächs auf die
Einhaltung der neuen Regelung für Fahrten zwischen den Kliniken in B1 O1 und B1
S1 ausdrücklich hingewiesen worden.
Da weder die Zeiten angeblicher Dienstreisen mit den konkreten Feststellungen
übereinstimmen, noch die Angabe, dass eine dienstlich veranlasste Hin- und
Rückfahrt stattgefunden hat, spricht dies wie die Tatsache, dass Herr T1 in Bezug
auf Arbeitszeiten anderer Mitarbeiter sehr genau diese zugrunde zu legen weiß,
aber auch die Tatsache, dass Herr T1 diesbezüglich keine Stellungnahme
abgegeben hat, u.E. auch für ein bewusstes und gewolltes Handeln von Herrn T1,
um sich auf unsere Kosten zu bereichern.
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Im Monat Dezember 2008 hat Herr T1 an den Tagen 01. bis 05. Anwesenheit, an
den Tagen 08. bis 12. Anwesenheit und an den Tagen 05. bis 19. ebenfalls
Anwesenheit angegeben. Für den 22. und 23.12.2008 hatte er Urlaub beantragt.
Dieser war auch genehmigt worden. In der Anwesenheitsliste hat Herr T1 Urlaub
angegeben und durch ein zusätzliches X darunter jeweils Anwesenheit für beide
Tage, sowohl am 22.12.2008 als auch am 23.12.2008 angegeben. Lediglich für den
23.12.2008 hatte er rechtzeitig Anfang Dezember 2008 um eine Stornierung des
Urlaubs wegen Teilnahme an einer Betriebsratssitzung gebeten. Dies haben wir
insoweit auch nicht beanstandet. Da Herr T1 aber für den betreffenden Zeitraum
sowohl Urlaub als auch Anwesenheit in der Liste angegeben hatte, hatten wir zur
Nachvollziehbarkeit seiner Anwesenheitszeit um deren konkrete Mitteilung gebeten.
Dies ist jedoch nicht erfolgt. Bezüglich des 22.12.2008 hat Herr T1 erst am
05.01.2009 mitgeteilt, dass er den Urlaub nicht nehme, und nachträglich
eigenmächtig eine Stornierung des Urlaubs vorgenommen. Auch diesbezüglich
hatten wir ihn aufgefordert, seine angebliche Anwesenheitszeit zu erklären. Dies ist
jedoch nicht erfolgt. Bezüglich der Zeiträume 24.12.2008 und 31.12.2008 hatte er in
der Anwesenheitsliste Freizeitausgleich/Dienstfrei angegeben. Eine Kopie der
Anwesenheitsliste ist in der
Anlage
woraus sich ein solcher Freistellungsanspruch ergibt. Insbesondere war uns nicht
bekannt, dass ein solcher Freizeitausgleich mit der Verwaltung abgestimmt bzw.
von dieser genehmigt wurde. Wir hatten Herrn T1 aufgefordert, sich dahingehend zu
erklären, woraus sich aus seiner Sicht ein solcher Freizeitausgleichsanspruch
ergibt, und die pauschal angegebenen Anwesenheitszeiten in Frage gestellt. Eine
Antwort haben wir hierauf innerhalb der gesetzten Frist nicht erhalten. Wir können
daher nicht davon ausgehen, dass die diesbezüglichen
Freizeitausgleichsansprüche tatsächlich bestanden. Merkwürdig erscheint uns in
diesem Zusammenhang auch, dass anlässlich der am 24.12.2008 und 31.12.2008
von Seiten der Detektei durchgeführten Prüfungen, die vor dem üblichen
Arbeitsbeginn begannen, keine Feststellung in Bezug auf Herrn T1 getroffen werden
konnten. Die diesbezüglichen Einsatzberichte vom 24.12.2008 und 31.12.2008
machen wir insoweit zu unserem Vortrag. In keiner Weise nachvollziehbar ist für uns
vor diesem Hintergrund auch die Tatsache, dass lt. dem Detektivbericht vom
24.12.2008 gegen 10:30 Uhr sich einer der Detektive zu dem Haus von Herrn T1
begab und dort anklingelte. Die Haustür wurde geöffnet. Im Treppenhaus stand eine
50 bis 55 Jahre alte Frau, vermutlich die Ehefrau von Herrn T1, die erklärte, dass ihr
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Mann (Herr T1) arbeite und erst am Mittag wiederkomme. Wir verweisen insoweit
auf den anliegenden Bericht und machen ihn zum Gegenstand unseres
Sachvortrags.
Bezüglich des 04.12.2008 und 05.12.2008 hatten wir Herrn T1 aufgefordert, uns
Dauer und Grund seiner angeblichen Betriebsratstätigkeit anzugeben. Bezüglich
des 04.12.2008 hatte Herr T1 in der Reisekostenabrechnung die Uhrzeit 14:30 Uhr
bis 16:30 Uhr als Zeiten für Dienstfahrten zwischen B1 S1 und B1 O1 angegeben
und hierfür 10,00 EUR als Spesen geltend gemacht und erhalten.
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Ausweislich des Detektivberichts hatte Herr T1 um 14:34 Uhr am 04.12.2008 das
Klinikgebäude des KBO I verlassen und war auf direktem Wege zu den Kliniken am
B2, Haus T3, gefahren. Das Klinikgebäude verließ er um 16:06 Uhr und fuhr auf
dem direkten Wege zu seiner privaten Wohnanschrift M3 6 in B1 S1. Dort kam er um
16:16 Uhr an und, nachdem keine weiteren Bewegungen stattgefunden hatten,
wurde der Einsatz der Detektei um 17:00 Uhr beendet. Zum einen hatte sich Herr T1
danach erneut auf direktem Wege zu seiner Wohnanschrift begeben, sodass ihm
lediglich 5,00 EUR Spesen zugestanden hätten, zum anderen hat er in seiner
Reisekostenabrechnung unzutreffende Zeiten angegeben, da er für eine Zeit bis
16:30 Uhr dienstliche Abwesenheit angegeben hatte, jedoch bereits um 16:16 Uhr
zu Hause eingetroffen war. Auch insoweit stimmen seine Zeiten, die er angegeben
hat, nicht mit den Ist-Zeiten, wie sie von der Detektei C1 festgestellt worden sind,
überein. Als besonders gravierend sehen wir den Vorfall vom 05.12.2008 an. Herr
T1 hatte für diesen Tag durch ein "X" Anwesenheit in der Anwesenheitsliste
angegeben. Wir verweisen insoweit auf die diesem Antrag
beigefügte
Anwesenheitsliste. Des Weiteren hat er für die Zeit von 09:00 bis 10:00 Uhr eine
Dienstfahrt zwischen dem KBO I und KBO II angegeben und hier für Spesen geltend
gemacht, die ihm auch ausgezahlt wurden. Diesbezüglich verweisen wir auf die in
Anlage
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Bezüglich des 05.12.2008 begann um 06.40 Uhr die Observation der Wohnanschrift
von Herr T1 lt. dem
beigefügten
Herr T1 darauf erstmals seine Wohnung und fuhr über Nebenstrecken in Richtung
L1. Bei dem Bereich B4/Ecke B5 handelt es sich um ein Gewerbegebiet, in dem u.a.
ein Baumarkt vorhanden ist. Unabhängig davon, dass sich die Spur von Herrn T1 in
diesem Bereich verlor, spricht jedenfalls ein Aufenthalt in dieser Gegend und zu
dieser Zeit nicht für eine dienstliche Tätigkeit. Um 09:20 Uhr konnte dann eine
Rückkehr von Herrn T1 an seine Wohnanschrift in B1 S1 festgestellt werden. Nach
den Feststellungen der Detektei hielt er sich dann in der Wohnung auf und fuhr dann
um 11:42 Uhr mit seinem Fahrzeug ab. Er fuhr auf direktem Weg in Richtung V1. Um
12:03 Uhr wurde das Fahrzeug in der M4 in Höhe der Hausnummer 52 in B1 S1
aufgefunden. Herr T1 verließ um 12:09 Uhr das Haus mit der Nummer 52, stieg in
sein Fahrzeug und fuhr los. Unsere Feststellungen haben ergeben, dass in dem
Haus Nr. 52 ein Namensschild u.a. mit dem Namen T1 vorhanden ist. Erst um 12:26
Uhr traf er dann erstmals in B1 O1 ein und fuhr hinter dem Haupteingang auf den
dortigen Parkplatz. Um 13.10 Uhr verließ er das Klinikgelände wieder und fuhr in
Richtung B1 S1 ab. Dort fuhr er zunächst in die G1 in B1 S1 und besuchte dort ein
Haus in der G1. Eine dienstliche Veranlassung ist für uns insoweit nicht
nachvollziehbar. Auf den dortigen Klingelschildern waren die Namen K1, K2 und H1
nach den Feststellungen der Detektive enthalten. Um 13:38 Uhr stellte Herr T1
seinen Wagen auf dem Parkplatz der dortigen Sparkasse im Bereich H2/Ecke S2 ab
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seinen Wagen auf dem Parkplatz der dortigen Sparkasse im Bereich H2/Ecke S2 ab
und betrat die Sparkassenfiliale. Um 13:41 Uhr kehrte er zurück und fuhr direkt zu
seiner Wohnanschrift, wo er sein Fahrzeug vor der Garage parkte. Die Überprüfung
der Wohnanschrift dauerte dann von 13:49 Uhr bis 15:46 Uhr. Da keine weiteren
Bewegungen mehr festzustellen waren, wurde der Einsatz abgebrochen.
Legt man für den 05.12.2008 eine Arbeitszeit von 6 ½ Stunden zugrunde, so lassen
sich lediglich 44 Minuten, nämlich die Zeit von 12:26 Uhr bis 13:10 Uhr, als
Anwesenheitszeit in den Kliniken feststellen, wobei wir keine Informationen von
Herrn T1 haben, ob er tatsächlich in dieser Zeit Betriebsratstätigkeiten ausgeübt hat
oder diese lediglich z.B. zur Einnahme einer Mahlzeit in den Kliniken diente. Selbst
wenn man die vorgenannte Zeit als Betriebsratstätigkeit und damit zu vergütende
Zeit im Rahmen der Freistellung bewertet, so verbleiben 5,75 Stunden, die Herr T1
nachweislich für private Zwecke verwendet hat. In Bezug auf unsere Kosten sind die
Arbeitgeberanteile mit einzubeziehen. Die diesbezügliche Berechnung der
Personalkosten ist in
Anlage
Fall von Herrn T1 22,98 EUR je Stunde an Kosten. Bei 5,75 Stunden x 22,98 EUR
ergibt dies für den 05.12.2008 einen Schadenbetrag in Höhe von 132,14 EUR zu
Unrecht geltend gemachter Vergütung aufgrund seiner Angabe einer Anwesenheit
in den Kliniken. Darüber hinaus hatte er für den betreffenden Tag in der Zeit von
09:00 bis 10:00 Uhr eine Dienstfahrt zwischen dem KBO I und dem KBO II
angegeben, was angesichts der getroffenen Feststellungen nicht den Tatsachen
entsprechen kann.
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Bezüglich der angegebenen Dienstreisezeiten hatten wir in unserem Schreiben an
Herrn T1 unter Ziffer 5. auch seine Dienstreise für den 01.12.2008 zwischen B1 S1
und B1 O1, Zeitraum 15:00 bis 15:30 Uhr, für den 22.12.2008 11:00 bis 16:00 Uhr
und für den 19.12.2008 09:45 Uhr bis 12:00 Uhr bestritten. Eine Erklärung hat Herr
T1 diesbezüglich nicht abgegeben. Bezüglich des 19.12.2008 hatten sich
unsererseits Zweifel an einer weiteren Betriebsratstätigkeit nach 12:00 Uhr ergeben.
Nach Einsichtnahme von Unterlagen in den Räumlichkeiten der Verwaltung hatte
sich Herr T1 mit anderen Betriebsratsmitgliedern in Richtung einer Pizzeria
begeben. Die ebenfalls anwesend gewesenen Betriebsratsmitglieder, Frau K3 und
Frau M5, hatten im Nachhinein 2 Minusstunden im Mitarbeiterdienstplan beantragt,
d.h. Dienst bis 12:00 Uhr. Eine Kopie der Änderung ist in
Anlage
Entsprechendes gilt für Frau M5, die normalerweise bis 15:00 Uhr Dienst hatte und
bereits vorher schon um eine Stunde Freizeitausgleich gebeten hatte, sodass ihr
Dienstplan auf 14:00 Uhr abgeändert wurde. Am 22.12.2008 hat sie dann im
Nachhinein 2 Stunden beantragt, sodass für den 19.12.2008 Dienst bis 12:00 Uhr
angegeben war. Lediglich Herr T1 und Frau S3 haben keine Änderungen
vorgenommen. Wir hatten insoweit auch Zweifel dahingehend geäußert, dass in der
Zeit von 13:30 Uhr bis 15:00 Uhr eine Dienstfahrt zwischen dem KBO I und KBO II
durchgeführt wurde. Nach den uns vorliegenden Informationen wurde jedenfalls von
Herrn A1 W1 das Fahrzeug von Herrn T1 gegen 12:50 Uhr auf dem Parkplatz vor
den Kliniken am B2 in B1 S1 (Haus T3) gesehen.
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3. Bewertung
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Aufgrund der getroffenen Feststellungen sind wir der Auffassung, dass jedenfalls
insbesondere bezüglich der Zeitangaben von Herr T1 über dienstlich veranlasste
Fahrten am 21.11.2008, 04.12.2008 sowie seine angeblichen Anwesenheitszeiten
22
am 05.12.2008 von ihm unzutreffende Angaben gemacht wurden, um sich zu
bereichern und uns zu schädigen. Ein Versehen erachten wir insoweit als
ausgeschlossen, da zum einen Herrn T1 die Handhabung in Bezug auf die Spesen
(einfache Fahrt 5,00 EUR, Hin- und Rückfahrt 10,00 EUR) bekannt war und zum
anderen insoweit ein Irrtum u.E. ausgeschlossen ist. Gleiches gilt für die
Privatfahrten, die Herr T1 auf unsere Kosten am 05.12.2008 verrichtet hat.
Jedenfalls in Bezug auf die vorgenannten drei Fälle erachten wir die
Voraussetzungen für eine Tatkündigung als gegeben, da hier eine vorsätzliche und
sittenwidrige Schädigung der Gesellschaft nachgewiesen ist. Ungeachtet dessen,
dass wir uns in jedem Fall von Herrn T1 trennen wollen, sehen wir jedenfalls
aufgrund der geschilderten Umstände, auch bezüglich der Vorgänge am
21.11.2008, 04.12.2008 und 05.12.2008 zumindest den dringenden Verdacht
strafbaren Handelns bzw. einer Verletzung des Vertrauensbereichs als gegeben an,
wobei wir uns auf diesen selbständigen Kündigungsgrund stützen wollen. Hierfür
sprechen insbesondere folgende Umstände:
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Die von Herrn T1 dokumentieren Reise- bzw. Abwesenheitszeiten stimmen mit
den Feststellungen der Detektei nicht überein;
Herr T1 hat am 05.12.2008 Tätigkeiten durchgeführt, die mit Betriebsratstätigkeiten
nicht ein Einklang zu bringen sind, und sich auch an Orten aufgehalten, die
ebenfalls keine Hinweise auf eine Betriebsratstätigkeit geben;
Herr T1 hat von der Möglichkeit, sich zu den ihm gegenüber erhobenen Vorwürfen
zu äußern, trotz beantragter Fristverlängerung keinen Gebrauch gemacht;
Herr T1 ist unserer Aufforderung, die Abwesenheitszeiten zu konkretisieren und zu
erläutern, wie in unserem Schreiben vom 15.01.2009 gefordert, nicht
nachgekommen, auch hierzu wäre er verpflichtet gewesen.
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25
Auch die weiteren oben geschilderten Vorfälle lassen berechtigte Zweifel an der
Redlichkeit von Herrn T1 in Bezug auf die von ihm vorgenommenen Abrechnung
begründet aufkommen.
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Von Zufälligkeiten oder unbeabsichtigtem Handeln können wir im Fall von Herr T1
auch nicht ausgehen oder ihm dieses unterstellen. Die Akribie, mit der Herr T1 die
Einhaltung von Arbeitszeiten prüft und feststellt, ist bekannt. Wir gehen insoweit
nicht davon aus, dass es sich um Zufälle oder Versehen handelt, wenn in derartiger
Häufigkeit unzutreffende Angaben in Bezug auf Anwesenheit bzw. zustehende
Spesen in eigener Sache gemacht werden.
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In Bezug auf den vorliegenden Kündigungsantrag sind wir uns dabei bewusst, dass
die außerordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses das letzte Mittel
darstellt, um auf Pflicht- oder Vertragsverletzung zu reagieren. In diesem
Zusammenhang sehen wir allerdings eine nachhaltige Störung des
Vertrauensbereichs durch die Verhaltensweise von Herr T1. Zunächst sind wir der
Auffassung, dass es sich in Bezug auf seine Angaben und die hierauf beruhenden
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Auszahlungen um ein steuerbares Fehlverhalten von Herr T1 handelt. Aufgrund der
Häufigkeit der festgestellten Pflichtverletzungen in einem doch überschaubaren
Zeitraum, zumindest aber der bestehenden konkreten und geschilderten
Verdachtsmomenten, können wir auch nicht von einer zukünftigen
vertragskonformen Erfüllung der Tätigkeiten durch Herrn T1 ausgehen. Der durch
die Verhaltensweise von Herrn T1 verursachte Vertrauensverlust kann u.E. nicht
wieder zurückgewonnen werden. Gerade aufgrund der räumlichen Distanz bereits
zwischen den Kliniken in B1 O1, aber auch zu den Kliniken in B1 S1 sowie der
Tatsache, dass Herr T1 von der Arbeitsleistung freigestellt ist, sehen wir die
Konstellation ähnlich wie bei einem Außendienstmitarbeiter. Herr T1 ist im Grunde
genommen von uns, sieht man einmal von der jetzt veranlassten Überprüfung durch
Außenstehende ab, nicht kontrollierbar. Ständige Kontrollen sind uns unzumutbar.
Wir werden auch zukünftig Zweifel dahingehend haben, dass seine Angaben der
Wahrheit entsprechen bzw. dass Angaben wie Betriebsratstätigkeit, begründete
Abwesenheitszeiten etc. den Tatsachen entsprechen. Herr T1 hat die ihm
zustehenden Freiheiten für private Zwecke missbraucht, zumindest besteht der
dringende Verdacht diesbezüglich, und hat das von uns in ihn gesetzte Vertrauen
einer ordnungsgemäßen Handhabung der Reisekostenordnung, aber auch der
Angabe seiner Anwesenheitszeiten für eigenwirtschaftliche Zwecke ausgenutzt.
Jedenfalls besteht auch insoweit zumindest der dringende Verdacht. Nach reiflicher
Überlegung sehen wir keinerlei irgendwie geartete Basis mehr, Vertrauen in Bezug
auf die Redlichkeit von Herrn T1 wiederzugewinnen. Es handelt sich vorliegend
auch nicht um Bagatelldelikte, was die Eigentums- und Vermögensdelikte betrifft.
Wie das geschilderte Schadenvolumen ergibt, handelt es sich nicht um
Kleinigkeiten. Hierfür spricht auch die Tatsache, dass es sich nicht um einen
Einzelfall, sondern um wiederholte Vorfälle handelt. Aufgrund dieser objektiven
Anhaltspunkte gehen wir auch nicht davon aus, dass z.B. durch eine Abmahnung
o.ä. eine Veränderung des Verhaltens von Herrn T1 herbeigeführt werden könnte.
Es besteht zumindest der dringende Verdacht, dass die Vertragsverletzungen unter
Ausnutzung der vorhandenen Möglichkeiten geplant waren und erfolgten. "Irrtümer"
oder ein "Versehen" halten wir aufgrund der objektiven Gegebenheiten nicht als
gegeben. Wir sehen daher die Verstöße in jedem Einzelfall, jedenfalls aber in ihrer
Gesamtheit als so gravierend an, dass uns eine weitere Zusammenarbeit bzw. eine
weitere Beschäftigung von Herrn T1 weder möglich noch zumutbar ist.
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Dies gilt unabhängig von dem betriebsverfassungsrechtlichen Status, den Herr T1
genießt. Diesbezüglich nehmen wir ausdrücklich eine Trennung vor und werden
bezüglich dieses Status erforderlichenfalls weitergehende gerichtliche Verfahren
einleiten, da wir es auch insoweit für unzumutbar erachten, dass Herr T1 in dieser
Funktion selbst als Betriebsrat oder Gesamtbetriebsrat zukünftig tätig wird. Wie
dargelegt handelt sich um einen eigenständigen Verfahrensablauf, der unabhängig
von dem hier gestellten Antrag auf Erteilung ihrer Zustimmung zur Kündigung
erfolgt.
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Abschließend sind wir auch der Auffassung, dass unter Berücksichtigung der
wechselseitigen Interessen unser Interesse an einer Beendigung der
Vertragsbeziehung mit Herrn T1 gegenüber dessen Interessen an einem
Fortbestand des Arbeitsverhältnisses überwiegt. Unter Berücksichtigung des
Verdachts von Straftaten bzw. aus unserer Sicht teilweise auch nachgewiesener
Taten zum Nachteil des Unternehmens kann eine Interessenabwägung nur
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ausnahmsweise zugunsten eines Arbeitnehmers dazu führen, dass die
beabsichtigte Beendigung der Vertragsbeziehung sich als rechtsunwirksam erweist.
Für Herrn T1 spricht insoweit aus unserer Sicht allenfalls die Tatsache, dass er über
ein langjähriges Beschäftigungsverhältnis in unserem Unternehmen verfügt. Gerade
aber auch durch die Langfristigkeit der Beschäftigung und das in ihn gesetzte
Vertrauen in einer Redlichkeit der Handhabung der ansonsten von uns un-
kontrollierbaren Verfahrensweisen bei der Abrechnung von Reisekosten bzw.
Angabe von Abwesenheitszeiten sehen wir uns als Unternehmen in der Art und
Weise der Schädigung, die Herr T1 verursacht hat, als so stark beeinträchtigt, dass
auch eine abschließende Interessenabwägung nicht zugunsten von Herrn T1
sprechen kann, zumal unter Berücksichtigung seines Lebensalters, er noch eine
Vielzahl von Jahren bis zur Erreichung der Altersgrenze in unserem Unternehmen
beschäftigt werden müsste, was wir für unerträglich erachten.
Wir bitten Sie hiermit unter Beachtung der vorgeschriebenen Formalien im Rahmen
des Verfahrens sowie unter Einhaltung der ihm Rahmen des
Zustimmungsverfahrens nach § 103 BetrVG einzuhaltenden Frist um Ihre
Zustimmung zu der beabsichtigten außerordentlich fristlosen Kündigung des
Arbeitsverhältnisses mit Herrn T1.
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Auf die im Schreiben vom 21.01.2009 Bezug genommenen Anlagen, wird verwiesen;
sie liegen der Antragsschrift vom 26.01.2009 bei.
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Mit Schreiben vom 22.01.2009 lehnte der Betriebsrat nach einer außerordentlichen
Sitzung am 22.01.2009 den Antrag der Arbeitgeberin auf Erteilung der Zustimmung der
außerordentlichen fristlosen Kündigung des Beteiligten zu 3. ab.
34
Die Arbeitgeberin sieht aufgrund der Darstellung im Anhörungsschreiben gegenüber
dem Betriebsrat vom 21.01.2009 genügend Anhaltspunkte für die darin erhobenen
Vorwürfe gegenüber dem Beteiligten zu 3. und meint, dass zumindest der dringende
Verdacht einer strafbaren Handlung bzw. einer Verletzung des Vertrauensbereichs
gegeben sei. Alle geschilderten Vorfälle ließen berechtigte Zweifel an der Redlichkeit
des Beteiligten zu 3. auf die von ihm vorgenommenen Abrechnungen in begründeter Art
und Weise aufkommen. Der Vertrauensbereich sei massiv gestört; der Beteiligte zu 3.
habe das Vertrauen der Arbeitgeberin missbraucht und ebenso seine Stellung als
freigestelltes Betriebsratsmitglied für private Zwecke ausgenutzt.
35
Die Arbeitgeberin hat sodann im laufenden Verfahren, nach Recherche über weitere
Reisekostenabrechnungen aus den Jahren 2006, 2007 und 2008, beim Betriebsrat mit
Schreiben vom 24.07.2009 (Bl. 285 d. A.) den Antrag auf Erteilung der Zustimmung der
außerordentlichen fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Beteiligten zu
3. wie folgt ergänzt:
36
… wir hatten Sie bereits mit einem Schreiben vom 21.01.2009 zum Zwecke der
Erteilung der Zustimmung zur außerordentlich fristlosen Kündigung des
Arbeitsverhältnisses mit Herrn R1 T1 angehört. Die erforderliche Zustimmung hierzu
haben Sie nicht erteilt. Diesbezüglich ist zurzeit in Bezug auf die Ersetzung der
Zustimmung vor dem Arbeitsgericht in Herford unter dem Aktenzeichen – 2 BV 8/09
– ein Beschlussverfahren anhängig. Wir beabsichtigen, uns in Bezug auf Herrn T1
auf weitergehende Gründe für die Kündigung aus außerordentlich wichtigem Grund
zu stützen. Hierzu hören wir Sie vorab nach § 103 Abs. 1 BetrVG an und
37
beabsichtigen auch für den Fall, dass Sie die Zustimmung nicht erteilen sollten, die
diesbezüglichen Vorwürfe in den Rechtsstreit mit einzuführen. Zum vorliegenden
Antrag auf Erteilung der Zustimmung zur Kündigung des Vertragsverhältnisses mit
Herrn T1 veranlassen uns folgende Gründe:
Da Herr T1 im Prozess vor dem Arbeitsgericht Herford über seinen
Bevollmächtigten die Behauptung aufgestellt hat, sich stets korrekt verhalten zu
haben, haben wir nunmehr die Reisekostenabrechnungen für den Zeitraum 2006
bis 2008 einer eingehenden Überprüfung unterzogen. Hierbei ist festgestellt
worden, dass Herr T1 in den Jahren 2006, 2007 und 2008 regelmäßig Fahrten
zwischen dem Betriebsrat B1 O1 und der
Geschäftsleitung/Verwaltungsdirektion/Betriebsrat B1 S1 angegeben und
abgerechnet hat.
38
Dabei sind insbesondere an den Freitagen (hellblau gekennzeichnet) Auffälligkeiten
festgestellt worden, die Zweifel dahin gehend aufkommen lassen, dass an diesen
Tagen und Zeiten Gespräche mit der
Geschäftsleitung/Verwaltungsdirektion/Betriebsrat in B1 S1 durchgeführt worden
sind und diesbezüglich dienstlich bzw. für die Betriebsratstätigkeit erforderliche
veranlasste Reisen von B1 O1 nach B1 S1 von Herrn T1 durchgeführt wurden. Eine
Übersicht über die Dienstfahrten, die Herr T1 in den Jahren 2006 bis 2009 geltend
gemacht und abgerechnet hat, ist in Anlage beigefügt. Die fraglichen Termine sind
entsprechend gekennzeichnet. Des weiteren erhalten Sie die
Reisekostenabrechnungen des Herrn T1 für die fraglichen Zeiträume ebenfalls als
Anlage in Kopie für Ihre Beurteilung. Wir bezweifeln, dass tatsächlich an den
angegebenen Tagen dienstlich veranlasste Fahrten von Herrn T1 durchgeführt
wurden. Er war daher nicht berechtigt, die betreffenden Zeiträume bzw. Fahrten
abzurechnen. Wir gehen davon aus, auch angesichts des betriebsüblichen
Arbeitsendes in der Verwaltung am Montag bis Donnerstag um 16.15 Uhr und am
Freitag um 14.15 Uhr, dass es sich um Heimfahrten von Herrn T1 handelt, die er auf
diesem Wege unkorrekt als "Dienstfahrten" in Abrechnung gestellt hat. Neben
diesen insgesamt 58 Tagen, die wir als abrechenbare Tage infrage stellen, handelt
es sich konkret noch um folgende weitere Fahrten, so am 11.06.2007 zwischen B1
O1 und B1 S1. Dort wurde eine Zeit von 18.30 Uhr bis 22.00 Uhr für eine
diesbezügliche Dienstfahrt angegeben. Des Weiteren der 10.10.2007. Dort wurde
für 16.00 Uhr in der Reisekostenabrechnung eine Fahrt zur
Geschäftsleitung/Betriebsrat angegeben. Entsprechendes gilt für den 24.10.2007.
Auch dort wurde eine Fahrt zwischen 18.00 Uhr und 20.00 Uhr angegeben. Nach
unseren Unterlagen kann eine Besprechung mit der Geschäftsleitung zu diesem
Zeitpunkt nicht stattgefunden haben. Wir gehen auch angesichts der angegebenen
Zeiten nicht davon aus, dass eine Besprechung mit dem Betriebsrat durchgeführt
wurde. Insoweit haben wir auch die korrekten Angaben seitens des Herrn T1 für die
o. g. Fahrten in Zweifel gezogen. Nachdem wir unsere Vorprüfung der
Reisekostenabrechnung am 17.07.2009 abgeschlossen haben, haben wir Herrn T1
vorab Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, unter Beifügung der Kopien der
Reisekostenabrechnung und Zusammenstellung der Reisekostenabrechnung
2006/2007/2008 Stellung zu nehmen. Unser diesbezügliches Schreiben hat Herr T1
am 21.07.2009 erhalten. Eine Kopie des Anschreibens an Herrn T1 ist als Anlage
beigefügt. Wir haben Herrn T1 Gelegenheit gegeben, sich bis zum 24.07.2009,
12.00 Uhr, zu den ihm gegenüber erhobenen Vorwürfen zu äußern.
39
Herr T1 hat sich innerhalb der gesetzten Frist nicht geäußert. Wir gehen daher
davon aus, dass Herr T1 sich zu den ihm gegenüber erhobenen Vorwürfen nicht
weiter äußern will. Von daher legen wir unserem vorliegenden Antrag die o. g.
Feststellungen als unwidersprochen zugrunde.
40
Davon ausgehend, dass die von uns beanstandeten Fahrten zu Unrecht
abgerechnet wurden, hätte sich Herr T1 nachfolgenden wirtschaftlichen Vorteil
unrechtmäßig erschlichen. Er hat, ersichtlich aus den vorliegenden Unterlagen, 56
mal 5,00 EUR und 5 mal 10,00 EUR unrechtmäßig abgerechnet und hat damit
330,00 EUR erschlichen.
41
Selbst wenn sich nur zu einem Teil die gegen Herrn T1 erhobenen Vorwürfe als
berechtigt erweisen würden, sehen wir aufgrund der Systematik, die hinter der
Abrechnungspraxis von Herrn T1 liegt, ein bewusstes und gewolltes Handeln zum
Nachteil unseres Unternehmens und zum persönlichen Vorteil von Herrn T1 mit
strafrechtlicher Relevanz und damit eine schwerwiegende Verletzung des
Vertrauensbereichs, welche uns eine Weiterbeschäftigung von Herrn T1
unzumutbar macht. Wir sind in erster Linie davon überzeugt, dass Herr T1 die ihm
vorgeworfenen Pflichtverletzungen zu unserem Schaden begangen hat. In jedem
Fall ist aufgrund der festgestellten Systematik und der fehlenden Einlassung von
Herrn T1 zu den ihm gegenüber erhobenen Vorwürfen zumindest der dringende
Verdacht des strafbaren Handelns zum Nachteil der Gesellschaft gegeben. Wir
stützen uns daher auch ergänzend auf die Grundsätze der Verdachtskündigung in
Bezug auf die Herrn T1 vorgeworfenen Pflichtverletzungen.
42
Wir bitten Sie hiermit, unter Beachtung der vorgeschriebenen Formalien, im
Rahmen des Verfahrens sowie unter Einhaltung der ihm Rahmen des
zustimmenden Verfahrens nach § 103 BetrVG einzuhaltenden Frist um Ihre
Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlich fristlosen Kündigung des
Arbeitsverhältnisses mit Herrn T1 auf der Grundlage der hiermit ergänzend
eingebrachten Vorwürfe.
43
Auch dieses Ansinnen lehnte der Betriebsrat mit Schreiben vom 29.07.2009 nach einer
außerordentlichen Sitzung vom 27.07.2009 ab (s. Bl. 290 d. A.).
44
Die Arbeitgeberin meint, dass aus den dargestellten Gründen heraus auch der
Ausschluss des Beteiligten zu 3. aus dem Betriebsrat nach § 23 Abs. 1 BetrVG geboten
sei; nach der Entscheidung des BAG vom 21.02.1978 in AP Nr. 1 zu § 74 BetrVG 1972
gelte auch als grobe Pflichtverletzung eine falsche Angabe eines freigestellten
Betriebsratsmitglieds über Zwecke seiner Tätigkeit außerhalb des Betriebes.
45
Hinzu komme beim Antrag nach § 23 Abs. 1 BetrVG noch folgendes:
46
Am 18.12.2008 gegen 10.00 Uhr habe in B1 S1 ein Gespräch zwischen den Beteiligten
zu 3., dem Verwaltungsdirektor (Herrn F3) und dem Personalleiter (Herrn M2)
stattgefunden. Hier habe der Beteiligte zu 3. erklärt, dass man die Dienstpläne im
Bereich des ärztlichen Dienstes für den Standort B1 O1 nicht genehmigen werde, dass
aber keine weiteren Maßnahmen ergriffen würden, um die für den 22.01.2009
terminierten Tarifverhandlungen nicht zu gefährden. In diesem Gespräch sei erklärt
worden, dass die Dienstpläne laut gesetzlichem Umfang 48 maximal zu arbeitende
Wochenstunden enthalten dürften und dass die maximale Gesamttagesarbeitszeit 24
47
Stunden betragen dürfe; darüber hinausgehende Regelungen seien beiderseits für nicht
akzeptabel erklärt worden – so das von der Arbeitgeberin behauptete wechselseitig
getroffene Agreement.
Hintergrund dieses Gesprächs sei die Information gewesen, dass der zuständige
Bereichsleiter der Arbeitgeberin und Verhandlungsführer der Arbeitgeberseite in der
Tarifauseinandersetzung, Herr F4 A2, mit der Verhandlungsführerin der Gewerkschaft
Verdi, Frau P1, zwei Tage zuvor eine Absprache getroffen habe, dass die Dienstpläne
zwar gerügt würden, aber – wie beschrieben – keine arbeitsrechtlichen Verfahren
angestrebt werden sollten. Diesbezüglich sei auch der für Ostwestfalen zuständige
Gewerkschaftssekretär, Herr H3, und der Beteiligte zu 3. unterrichtet gewesen. Die
ebenfalls von der Arbeitgeberin unterhaltenen Betriebe in B1 S1 (Klinik F1 und Kliniken
am B2) hätten sich auch an diese Absprache gehalten und die Dienstpläne zwar
moniert, allerdings keine weitergehenden gerichtlichen Schritte eingeleitet.
48
Nur der Betriebsrat in B1 O1 habe sich an diese Absprache nicht gehalten, so dass vor
dem Arbeitsgericht Minden ein einstweiliges Verfügungsverfahren unter dem
Aktenzeichen 2 BVGa 8/08 und ein Hauptsacheverfahren auf Unterlassung (unter dem
Aktenzeichen 2 BV 41/08, Arbeitsgericht Minden) eingeleitet worden sei.
49
Diesen Verfahren liegt unstreitig die Beschlussfassung des Betriebsrats vom
23.12.2008 (Bl. 213 d. A.) zugrunde und die entsprechende Ankündigung des
Prozessbevollmächtigten des Betriebsrats im Schreiben vom 23.12.2008 (Bl. 214 d. A.).
50
In einer Betriebsversammlung für den Standort B1 O1 am 21.01.2009 unterrichtete der
Verwaltungsdirektor, Herr F2, die Belegschaft über die oben behauptete Absprache
zwischen der Geschäftsführung in B3 und der Verhandlungsführerin Verdi, Frau P1, in
Bezug auf die Vorgehensweise bei den Dienstplänen und die entsprechende
Information an den Beteiligten zu 3. als Gesamtbetriebsratsvorsitzenden.
51
Hierbei habe das Betriebsratsmitglied Frau M6 den entsprechenden Hinweis
zurückgewiesen und mitgeteilt, dass der Betriebsrat von einer derartigen Abmachung
zwischen den Tarifparteien keine Kenntnis gehabt habe. Diese Aussage hätten auch
am selben Tag die Betriebsratsvorsitzenden der Klinik F1, Frau S4 und der
Betriebsratsvorsitzende für die Klinik am B2, Herr B6, bestätigt.
52
Die Arbeitgeberin wirft dem Beteiligten zu 3. vor, weder den eigenen Betriebsrat noch
die Betriebsräte an den anderen Standorten über die behauptete Absprache in Kenntnis
gesetzt und entsprechend unterrichtet zu haben.
53
Weiter habe der Kläger im Zusammenhang mit der Einleitung des gerichtlichen
Verfahrens 2 BVGa 8/08 beim Arbeitsgericht Minden zumindest eine objektiv falsche
eidesstattliche Versicherung im Bezug auf den Inhalt des Schriftsatzes der
Bevollmächtigten abgegeben – auf die eidesstattliche Versicherung des Beteiligten zu
3. vom 23.12.2008 (Bl. 43 d. A.) und die entsprechende Antragsschrift vom 30.12.2008
(Bl. 39 ff. d. A.) wird verwiesen.
54
Unstreitig hatten die Prozessbevollmächtigten des Betriebsrats in dem
Verhandlungstermin vor dem Arbeitsgericht Minden diesbezüglich erklärt, dass die
eidesstattliche Versicherung des Beteiligten zu 3. irrtümlich dem Schriftsatz nach
erfolgten Abänderungen beigefügt worden sei.
55
Ungeachtet dieser Erklärung – so die Arbeitgeberin – habe der Beteiligte zu 3. aber
überhaupt nicht wissen können, wie die Arbeitgeberin auf das ultimative Schreiben des
Bevollmächtigten des Betriebsrats vom 23.12.2008 (s. o.) – die Frist war bis zum
30.12.2008, 12.00 Uhr für die Arbeitgeberin gesetzt – reagieren würde.
56
Die Arbeitgeberin ist der Meinung, dass der Beteiligte zu 3. daher am 23.12.2008 nicht
die Richtigkeit des Inhalts des verfahrenseinleitenden Schriftsatzes zu 2 BVGa 8/08
beim Arbeitsgericht Minden hätte versichern können, es sei denn, er hätte tatsächlich
über hellseherische Fähigkeiten im Hinblick auf das bis zum 30.12.2008 gesetzte
Ultimatum verfügt. Somit liege zumindest eine objektiv falsche eidesstattliche
Versicherung vor.
57
Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände sei der Arbeitgeberin eine irgendwie
geartete Zusammenarbeit mit dem Beteiligten zu 3. in seiner Eigenschaft als
Betriebsratsvorsitzender bzw. als Betriebsratsmitglied nicht weiter zumutbar.
58
Erschwerend komme hinzu, dass der Beteiligte zu 3. mit dem ausgehändigten
Anhörungsschreiben am 15.01.2009 durch den Küchenbereich der Küche in B1 O1
gelaufen sei und sich dahingehend geäußert haben solle, dass er den Arbeitgeber noch
ein wenig hinhalten wolle, bezogen auf seine Stellungnahme.
59
Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Beteiligten zu 3. sei unmöglich; vor
diesem Hintergrund hat die Arbeitgeberin dem Beteiligten zu 3. auch ein Hausverbot
erteilt, jedoch nur eingeschränkt bis zur rechtskräftigen Suspendierung nach § 23
BetrVG.
60
Der Antragsteller beantragt,
61
1. die vom Antragsgegner nicht erteilte Zustimmung zur außerordentlich fristlosen
Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebsratsvorsitzenden R1 T1
(Beteiligter zu 3) zu ersetzen,
2. den Betriebsratsvorsitzenden und Beteiligten zu 3. R1 T1 aus dem Betriebsrat
auszuschließen.
62
63
Die Beteiligten zu 2. und 3. beantragen,
64
die gestellten Anträge abzuweisen.
65
Der Beteiligte zu 3. – deren Ausführungen sich der Betriebsrat angeschlossen hat –
nimmt zu den einzelnen Vorwürfen im Rahmen der Antragstellung gegenüber dem
Betriebsrat in den Schriftsätzen Stellung; hinsichtlich der nachgeschobenen
Suspendierungsgründe im Schriftsatz vom 31.07.2009 auch zu Protokoll des
Kammertermins vom 19.08.2009.
66
Von einer ihn bindenden verbindlichen Absprache hinsichtlich des Procedere vor dem
67
Hintergrund laufender Tarifauseinandersetzungen zu den Dienstplänen im Dezember
2008 sei ihm nichts bekannt. Erst recht erinnere sich der Beteiligte zu 3. nicht daran,
dass ihm irgendjemand verbindlich aufgetragen hätte, andere Personen von einer
solchen Absprache zu unterrichten. Auch sei nichts dafür ersichtlich, dass es die von der
Arbeitgeberin behauptete Absprache im Rechtssinn überhaupt gegeben habe. Da sich
die Arbeitgeberin auch nicht zum Sachverwalter des Betriebsrats machen könne, sei die
Arbeitgeberin wegen etwaiger Pflichtverletzungen von Betriebsratsmitgliedern
untereinander auch nicht antragsberechtigt. Etwaige Pflichtverletzungen aus dem Amt
des Gesamtbetriebsrats könnten auch nicht den Ausschluss aus dem Betriebsrat
begründen.
Im Übrigen könnten die Vorwürfe der Arbeitgeberin nicht als grobe Pflichtverletzung i. S.
von § 23 BetrVG bewertet werden.
68
Bezüglich der eidesstattlichen Versicherung weist der Beteiligte zu 3. darauf hin, dass
diese nicht falsch gewesen sein, sondern verständlicherweise nur bis zum Zeitpunkt der
eidesstattlichen Versicherung (23.12.2009) gelten konnte; der Beteiligte zu 3. weist auf
das Protokoll der Sitzung des Arbeitsgerichts Minden zu 2 BVGa 8/08 vom 14.01.2009
(Bl. 413 d. A.) hin. Somit hätten sämtliche in das Wissen des Beteiligten zu 3. gestellten
Umstände, die sich bis zum 23.12.2008 zugetragen hatten, auch der Wahrheit
entsprochen. Nicht anders sei die eidesstattliche Versicherung zu verstehen gewesen.
69
Wegen der Vorwürfe im Rahmen des Zustimmungsersetzungsantrags der Arbeitgeberin
weist der Beteiligte zu 3. – auch diesen Ausführungen hat sich der Beteiligte zu 2.
angeschlossen – darauf hin, dass seit seiner Bestellung zum freigestellten
Betriebsratsmitglied Ende 1997 die Arbeitszeit immer im Sinne einer
Vertrauensarbeitszeit gehandhabt worden sei auf der Basis einer 38,5-Stunden-Woche
– bei unstreitig 167 Monatsstunden. Als freigestelltes Betriebsratsmitglied habe der
Beteiligte zu 3. die Arbeitszeit immer bedarfsorientiert angepasst. Diese
Dienstzeithandhabung sei immer so gelebt und nie gerügt worden. Im Einzelnen nimmt
der Beteiligte zu 3. dazu Stellung, dass es keine Arbeitszeitverstöße gegeben habe,
dass im Gegenteil auch keine Abmahnung ihm gegenüber ausgesprochen worden ist
(unstreitig) und dass er auch in den Anwesenheitsangaben keine falschen Angaben
gemacht habe; ein entsprechendes Kreuz in den Anwesenheitslisten bei den einzelnen
Tagen hätte mitnichten die Bedeutung gehabt, dass er hier in einem irgendwie
kommunizierten Umfang eine konkrete Stundenleistung an Betriebsratstätigkeit getätigt
hätte.
70
Es sei schon richtig, dass er konkret am 05.12.2008 vielleicht nur nach seiner
Darstellung drei Stunden und 45 Minuten Arbeitszeit geleistet habe; durch die lediglich
sporadische Überwachung durch die Detektei sei jedoch nicht berücksichtigt worden,
die Zeiten vor Überwachungsbeginn und die Zeiten nach Überwachungsende. Hier
hätten sich auch die angegebenen Fahrten ergeben. Richtig sei, dass vielleicht die
Zeitangabe in der Reisekostenabrechnung um 1 Stunde verschoben werden müsste;
finanziell hätte dies jedoch keine Auswirkung.
71
Im Übrigen weist der Beteiligte zu 3. darauf hin, dass er in dieser Dezemberwoche
(01.12. – 05.12.) in Summe 168 Stunden in der Arbeitszeit von montags bis freitags
gearbeitet habe, mithin ein Schnitt von 40,25 Stunden erreicht habe; auf die einzelne
Darstellung im Schriftsatz vom 04.05.2009 wird verwiesen.
72
Entsprechendes gelte auch für den 21.11.2008: Hier sei er nach 16.00 Uhr (dem
Abbruch der Überwachung durch die Detektei) noch einmal ins KBO I gefahren um
gegen ca. 17 Uhr ein Gespräch mit der Schwerbehindertenvertreterin Frau M7 zu führen.
Somit sei die Unterbrechung dieser Fahrt an seiner Wohnung nur als Pause zu
betrachten auf der Durchfahrt zum KBO I.
73
Die Eintragung in der Anwesenheitsliste Dezember 2008 mit einem "F" für den
24.12.2008 und 31.12.2009 beruhe auf dem von ihm selbst ermittelten
Freizeitausgleichskontingent aufgrund Mehrarbeitsstunden in der Vergangenheit; diese
Stunden hätten sich immer auf den Anwesenheitsbögen vermerkt befunden – insoweit
wird auf die Anlagen zum benannten Schriftsatz vom 4.5.2009 auf Bl. 189 ff. verwiesen.
74
Auch habe er den 22.12.2008 nicht eigenmächtig storniert. Am 22.12.2008 habe er sich
wegen der nicht bis dahin vorliegenden Dienstpläne erneut ins KBO I begeben müssen.
Daraus resultiere auch die angegebene Hin- und Rückfahrt am 22.12.2008 im
Reisekostenbericht.
75
Für den 04.12.2008 räumt der Beteiligte zu 3. ein, dass die Zeitangabe hinsichtlich der
Reisekostenabrechnung zum KBO I 16.30 Uhr wohl nicht in Ordnung sei und statt
dessen 17.15 Uhr/17.30 Uhr hätte lauten müssen. Auch hier sei es auf der Fahrt ins
Betriebsratsbüro im KBO I zu einer Unterbrechung und Pause in seiner Wohnung
gekommen. Die Fahrt sei aber tatsächlich angefallen.
76
Der Beteiligte zu 3. rügt die Nichtwahrung der Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB.
77
Zu den nachgeschobenen Gründen im Antrag der Zustimmungsersetzung an den
Betriebsrat hat der Beteiligte zu 3. im Kammertermin vom 19.08.2009 Stellung
genommen; auf die protokollierten Aussagen wird zur Vermeidung von Wiederholungen
verwiesen.
78
Die Arbeitgeberin behauptet, dass das Kreuz in den Anwesenheitslisten allgemein im
Verwaltungsbereich die Anwesenheit zu den vorgegebenen Arbeitszeiten montags bis
donnerstags 7.30 Uhr bis 16.15 Uhr und freitags von 7.30 Uhr bis 14.15 Uhr bedeute.
Die Arbeitgeberin meint, dass sich der Beteiligte zu 3. an diese, auch von anderen
Betriebsratsvorsitzenden praktizierte Arbeitszeit, hätte orientieren müssen. Die
Arbeitgeberin habe die Einhaltung dieser Zeiten für die Wahrnehmung der Aufgaben als
freigestelltes Betriebsratsmitglied vorausgesetzt. Diese hätte der Beteiligte zu 3.
einhalten müssen.
79
Wegen des gesamten Vortrags der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze
nebst Anlagen und Protokolle verwiesen, die sämtliche Gegenstand der mündlichen
Verhandlung waren.
80
Nachdem sich alle drei Kammern des Arbeitsgerichts Minden für die Durchführung
dieses Verfahrens für befangen erklärt hatten, wurde mit Beschluss des LAG Hamm vom
17.03.2009 (Bl. 130 d. A.) das Arbeitsgericht Herford als zuständiges Gericht bestimmt.
81
B.
82
Die Anträge der Arbeitgeberin sind zulässig aber unbegründet.
83
Die Arbeitgeberin kann weder (I.) mit dem Antrag auf Ersetzung der Zustimmung des
Betriebsrats zur außerordentlichen fristlosen Kündigung des Beteiligten zu 3. noch (II.)
mit dem Antrag auf Ausschluss des Beteiligten zu 3. aus dem Betriebsrat durchdringen.
84
I.
85
Die Arbeitgeberin hat keinen Anspruch auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats
zur beabsichtigten außerordentlichen fristlosen Kündigung des Beteiligten zu 3., die
nach § 103 BetrVG zwingend erforderlich ist. Eine außerordentliche Kündigung von
Mitgliedern des Betriebsrats bedarf der Zustimmung des Betriebsrats.
86
Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann das Arbeitsgericht sie auf Antrag
des Arbeitgebers ersetzen, wenn die außerordentliche Kündigung unter
Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist, § 103 Abs. 2 BetrVG.
87
Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Dienstverhältnis von jedem Vertragsteil aus
wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn
Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller
Umstände und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des
Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
88
Nach § 626 Abs. 1 BGB ist bei allen Kündigungsgründen eine Berücksichtigung aller
Umstände des Einzelfalles und einer Abwägung der jeweiligen Interessen beider
Vertragsteile erforderlich. Dieses Erfordernis schließt es aus, bestimmte Tatsachen
ohne Rücksicht auf die Besonderheit des Einzelfalles stets als wichtigen Grund zur
außerordentlichen Kündigung anzuerkennen; es gibt im Rahmen des § 626 Abs. 1 BGB
keine absoluten Kündigungsgründe.
89
Das Vorliegen eines wichtigen Grundes ist grundsätzlich in zwei zu trennenden
Abschnitten zu prüfen:
90
Vorrangig ist zu prüfen, ob ein bestimmter Grund an sich geeignet ist, eine
außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Sofern dies bejaht wird, bedarf es nach §
626 Abs. 1 BGB weiter der Prüfung, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter
Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles und der Abwägung der
Interessen beider Vertragsteile zumutbar ist oder nicht.
91
In diesem Zusammenhang ist auch anerkannt, dass der bloße Verdacht einer strafbaren
Handlung oder einer Pflichtverletzung ausreichend sein kann, einen wichtigen Grund für
eine außerordentliche Kündigung zu begründen. Die Verdachtskündigung ist nichts
weiter als ein Anwendungsfall des Rechtssatzes, dass ein wichtiger Grund zur
außerordentlichen Kündigung immer dann vorliegt, wenn die Fortsetzung des
Arbeitsverhältnisses auch nur für vorübergehende Zeit unter Berücksichtigung der
Interessen des einen Vertragsteils dem anderen Vertragsteil nicht mehr zuzumuten ist.
Nicht nur eine erwiesene, von der Rechtsordnung missbilligte Handlung, sondern auch
schon der dringende Verdacht, eine solche begangen haben zu können, kann einem
Arbeitsverhältnis die Vertrauensgrundlage entziehen und es unerträglich belasten.
92
An eine solche Verdachtskündigung müssen jedoch strenge Anforderungen gestellt
werden; dazu gehört zum Einen, dass der Verdacht objektiv durch bestimmte Tatsachen
begründet ist. Nur ein solcher Verdacht ist als Kündigungsgrund geeignet, der einen
93
verständigen und gerecht abwägenden Arbeitgeber zum Ausspruch der Kündigung
veranlassen kann. Der Verdacht muss dringend sein, d. h., er muss bei kritischer
Prüfung ergeben, dass eine auf Beweisanzeichen gestützte große Wahrscheinlichkeit
für die Tathandlung gerade des gekündigten Arbeitnehmers besteht. Auf jeden Fall
muss im Rahmen der Verdachtskündigung der Arbeitnehmer zu den Vorwürfen gehört
werden.
Bleibt danach ein schwerer Verdacht gegen den Arbeitnehmer bestehen, bedarf es noch
der weitergehenden Prüfung, ob dem Arbeitgeber unter Würdigung aller Umstände die
Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zugemutet werden kann oder nicht.
94
Nach § 37 Abs. 2 BetrVG sind Mitglieder des Betriebsrats von ihrer beruflichen Tätigkeit
ohne Minderung des Arbeitsentgeltes zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang
und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich
ist. Unter den Voraussetzungen des § 38 BetrVG sind Betriebsratsmitglieder sogar
gänzlich von der Erbringung der Arbeitsleistung aus dem zugrunde liegenden
Arbeitsvertrag freizustellen. Der Gesetzgeber geht im Rahmen von § 38 BetrVG davon
aus, dass die gesamte Arbeitszeit eines freigestellten Betriebsratsmitglieds von
Betriebsratstätigkeit ausgefüllt ist. Mit der Freistellung unterliegen die
Betriebsratsmitglieder grundsätzlich nicht mehr dem Direktionsrecht des Arbeitgebers.
Ein von der Arbeit freigestelltes Betriebsratsmitglied muss seine Anwesenheit im Betrieb
grundsätzlich so gestalten, dass sich möglichst alle Arbeitnehmer an ihn wenden
können; das LAG Rheinland-Pfalz hat im Beschluss vom 8. November 2007 (9 TaBV
37/07) ausgeführt, dass Betriebsratsmitglieder hauptsächlich dann Betriebsratsaufgaben
zu erledigen haben, wenn der wesentliche Teil der Arbeitnehmer als auch der
Arbeitgeber im Betrieb anwesend sind. Andererseits hat das LAG Düsseldorf im Urteil
vom 26.05.1993, 18 Sa 303/93 in NZA 1994 S. 720 ausgeführt, dass freigestellte
Betriebsratsmitglieder die betriebsübliche Arbeitszeit einzuhalten haben. Bei
unterschiedlichen Arbeitszeitregelungen – wie sie bei der Arbeitgeberin unstreitig
vorliegen – kommt das LAG Düsseldorf im benannten Beschluss zu der Ansicht, dass
dann die freigestellten Betriebsratsmitglieder zumindest die betriebsübliche
wöchentliche Arbeitszeit dem Umfang nach einhalten müssen und ihre
Anwesenheitszeiten im Betrieb vernünftig einteilen müssen, sonst aber an feste
Arbeitszeiten nicht gebunden sind. Dies vor dem Hintergrund, dass das Abstellen auf
betriebsübliche Arbeitszeiten in der Praxis problematisch sein kann. Denn
betriebsübliche Arbeitszeiten sind solche, die die gesamte Belegschaft, Teile davon
oder einzelne Mitarbeiter aufgrund des Arbeitsvertrages oder aus dem für den Betrieb
geltenden Tarifvertrag heraus schulden. Es können sich also unterschiedliche
betriebsübliche Arbeitszeiten ergeben (s. auch BAG-Beschluss vom 16.07.1991, 1 ABR
69/90 in Betriebsberater 1991 S. 2156). In solchen Fällen können und dürfen die
Betriebsratsmitglieder ihre Betriebsratstätigkeit so einteilen, wie es ihrer Ansicht nach
am Besten ist, um die Aufgaben – siehe u. a. § 80 BetrVG – ordnungsgemäß zu erfüllen.
Das gilt z. B. insbesondere dann, wenn im Betrieb in Wechselschicht gearbeitet wird.
Entscheidend ist, dass die geschuldete Grundarbeitszeit, also die Zahl der
Arbeitsstunden an sich, eingehalten wird und das freigestellte Betriebsratsmitglied dafür
Sorge trägt, dass eine ausreichende Anwesenheit im Betrieb gewährleistet ist.
95
Der Arbeitgeber trägt auch im Rahmen von § 103 Abs. 2 BetrVG grundsätzlich die volle
Darlegungs- und Beweislast, wenn er unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen
außerordentliche Kündigungsgründe im Rahmen eines
Zustimmungsersetzungsverfahrens vorbringen will. In diesem Rahmen kann auch nicht
96
das Gericht im Wege der Amtsermittlung etwaige Kündigungsgründe für den
Arbeitgeber ausforschen.
Vor diesem Hintergrund sind die Vorwürfe gegenüber dem Beteiligten zu 3. nicht haltbar
bzw. unsubstantiiert. Die Arbeitgeberin hat tatsächlich nicht vorgetragen, dass mit dem
Beteiligten zu 3. nach dessen Freistellung als Betriebsratsmitglied Ende 1997 in
irgendeiner Art und Weise eine verbindliche Vereinbarung zur Lage der Arbeitszeiten
getroffen worden ist. Von daher konnte und durfte der Beteiligte zu 3. solange nach
seinem Ermessen verfahren, wie die Arbeitgeberin dem nichts entgegensetzte. Der
Beteiligte zu 3. hat im vorliegenden Verfahren an verschiedenen Stellen betont, dass er
für eine vernünftige Arbeitszeitregelung zur Verfügung steht. Nur: Solange dies nicht
geschehen ist, konnte sich der Beteiligte zu 3. im Rahmen der obigen Ausführungen
relativ frei als freigestelltes Betriebsratsmitglied bewegen. Dabei ist zu beachten, dass
der Vorwurf mitnichten dahingeht, der Beteiligte zu 3. hätte seine Betriebsratstätigkeit
nicht erfüllt. Unstreitig stand er, wann immer erforderlich, der Arbeitgeberin insoweit zur
Verfügung.
97
Wenn also der Beteiligte zu 3. auch für die erste Woche im Dezember 2008 sich
nunmehr auf die Einbehaltung der Wochenarbeitszeit von 168 Stunden beruft, so nutzt
es der Arbeitgeberin nicht, dies zu bestreiten. Im Rahmen von § 626 BGB trägt sie
alleine die Darlegungs- und Beweislast und muss insofern auch vollständig die
Einlassung des Beteiligten zu 3. u. a. auch zum 05.12.2008 inhaltlich widerlegen. Ein
schlichtes Bestreiten zu den Angaben des Beteiligten zu 3. reicht hier mitnichten aus.
Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen ist aber auch klar, dass eine
Einzelfallbetrachtung auf einen einzelnen Tag bezogen nicht ausreichen kann, um
einen außerordentlichen Kündigungsgrund gegenüber dem Beteiligten zu 3. zu
begründen. Insofern ist die Arbeitgeberin auch jeglichen Ansatz schuldig geblieben,
dass ein Kreuz in der Anwesenheitsliste zwingend eine bestimmte Stundenzahl als
Anwesenheit quittiert. Die Arbeitgeberin mag zwar ihre Vorstellungen davon entwickelt
haben, was ein Kreuz in der Anwesenheitsliste an bestimmten Arbeitstagen bedeutet;
die schlichte Vorstellung bedeutet jedoch keine verbindliche Vereinbarung im Verhältnis
der Arbeitgeberin zum freigestellten Betriebsratsmitglied. Dabei kann nicht unbeachtet
bleiben, dass der Beteiligte zu 3. 1997 aus dem Bereich der Küche kam mit einer
deutlich abweichenden Arbeitszeit zur allgemeinen Verwaltung. Selbstverständlich
kann der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat vernünftige und angemessene Regelungen
zur Anwesenheit – notfalls über eine Einigungsstelle – durchsetzen; solange er dies
aber nicht macht, kann er sich nicht umgekehrt auf vermeintliche Arbeitszeitverstöße des
freigestellten Betriebsratsmitglieds berufen.
98
Dies macht es auch offenkundig, dass die Überwachung des Beteiligten zu 3. durch die
Detektei C1 unangemessen und vom Ansatz her zum Scheitern verurteilt war. Die
lediglich sporadische Überwachung durch die Detektei an den einzelnen Tagen (21.11.,
04.12., 05.12., 12.12., 24.12. und 31.12.08) macht umso deutlicher, dass damit eine
Arbeitszeitverletzung durch die Beteiligten zu 3. unter keinen Umständen hat
nachgewiesen werden können. Der von der Arbeitgeberin gewählte Ansatz, den
Beteiligten zu 3. einfach den Arbeitszeiten der allgemeinen Verwaltung zu unterstellen,
war vor dem Hintergrund der obigen rechtlichen Ausführungen von vornherein zum
Scheitern verurteilt.
99
Die Arbeitgeberin mag die Einlassung des Beteiligten zu 3. zu den einzelnen
aufgezeigten Vorfällen (21.11.08, Dezember 2008, 04.12. und 05.12.08 sowie 01.12.,
100
22.12. und 19.12.08) bestreiten oder für nicht glaubwürdig halten und damit anzweifeln;
nur: auch das reicht im Rahmen einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung
nach § 626 BGB nicht aus. Wie bereits oben erwähnt, trägt die Arbeitgeberin die volle
Darlegungs- und Beweislast für den außerordentlichen Kündigungsgrund. Nur sie kann
und muss die entsprechenden Fakten objektiv liefern. Durch die nur partielle und
sporadische Detektei-Überwachung ist die Einlassung des Beteiligten zu 3. zu den
einzelnen Daten keinesfalls obsolet.
Jedenfalls reicht das Ausschöpfen der arbeitszeitlichen Möglichkeiten des Beteiligten zu
3. vorliegend nicht aus, einen außerordentlichen Kündigungsgrund objektiv darzulegen,
geschweige denn einen hinreichenden Tatverdacht hierfür zu begründen. Denn auch
hier reicht es nicht aus, dass die Arbeitgeberin die Angaben des Beteiligten zu 3.
bestreitet; sie hätte hier im Einzelfall konkret die Einlassung des Beteiligten zu 3.
widerlegen müssen.
101
Das gilt auch für die Anwesenheitsangaben sowohl am 22.12.2008 als auch für die
Angabe des Buchstaben "F" für Freizeitausgleich für den 24.12. und 31.12.2008. Aus
den beispielhaft beigebrachten Anwesenheitslisten seit Januar 2007 ist ersichtlich, dass
entsprechende Freizeitausgleichsansprüche des Beteiligten zu 3. immer in den
Anwesenheitslisten von diesem vermerkt, fortgeführt und eingetragen worden sind. Das
bestätigt die Einlassung des Beteiligten zu 3., dass es sich um eine
Vertrauensarbeitszeit gehandelt hat. Insofern ist auch an dieser Stelle § 626 Abs. 2 BGB
nicht unbeachtlich, der die Arbeitgeberin zwingt, etwaige Kündigungsvorwürfe innerhalb
der 14-Tage-Frist vorzubringen bzw. entsprechend bei § 103 BetrVG zu
berücksichtigen. Da der Beteiligte zu 3. weder für den 24.12. noch für den 31.12.2008
behauptet hat, dass er eine Arbeitsleistung i. S. des freigestellten Betriebsratsmitglieds
erbracht hat, kommt es nicht darauf an, welche Feststellungen die Detektei beim
Klingeln an der Haustür am 24.12. um 10.30 Uhr im Gespräch mit der Ehefrau getroffen
haben will. Der Beteiligte zu 3. hat seinen Freizeitausgleichsanspruch, wie er sich aus
der Anwesenheitsliste schlüssig ergibt, im Monat Dezember 2008 an den beiden
benannten Tagen eingetragen, verbraucht und entsprechend saldiert. Mehr ist dazu
nicht zu sagen.
102
Entsprechendes gilt für die Frage, welche Reisekosten der Beteiligte zu 3.
beanspruchen durfte. Auch hier hat de Beteiligte zu 3. vor allen Dingen für den
21.11.2008, für den 04.12.2008, für den 05.12.2008 als auch später für den 01.12.,
22.12. und 19.12.2008 entsprechende Erklärungen gemacht. Hier reicht es nicht aus,
wenn die Arbeitgeberin den entsprechenden Angaben – auch vor dem Hintergrund des
vorliegenden Detektivberichtes – nicht folgen kann. Es reicht nicht aus, dass die
Arbeitgeberin im Rahmen von § 103 BetrVG schlicht Angaben des Beteiligten zu 3. in
Zweifel zu ziehen versucht. Hier verkennt die Arbeitgeberin, dass sie die volle
Darlegungs- und Beweislast für den Kündigungsgrund nach § 626 Abs. 1 BGB trägt.
Von daher muss sie den Kündigungsgrund in vollem Umfang darlegen und beweisen
und kann sich nicht bei Einlassungen der Arbeitnehmerseite, in diesem Fall des
Beteiligten zu 3., auf ein schlichtes Bestreiten zurückziehen. Das mag dann in Frage
kommen, wenn es um mildere Mittel als die außerordentliche Kündigung geht, wie
etwaige Kürzungen der Reisekosten oder ähnliches. Darum geht es jedoch vorliegend
nicht. Die Arbeitgeberin mag es durchaus berechtigt aus ihrer Sicht als eine Art
Legendenbildung empfunden haben, als sie die Einlassung des Beteiligten zu 3. zu den
einzelnen Tagen gelesen und verarbeitet hat. Fakt ist nur, dass die Antragstellerin und
damit die Arbeitgeberin vor dem Hintergrund der Ausführungen zur Frage der Arbeitszeit
103
eines freigestellten Betriebsratsmitglieds schlussendlich alleine für die volle Darlegung
etwaiger außerordentlicher Kündigungsgründe verpflichtet ist und auch in diesem
Zusammenhang ein Bestreiten von etwaigen Pausenzeiten am Wohnort des Beteiligten
zu 3. nicht ausreichend ist. Der Beteiligte zu 3. hat in den Einzelfällen eingeräumt, dass
ggf. die Angaben in den Reisekostenberichten hinsichtlich der Reisezeiten um 1 Stunde
zu berichtigen seien; hier mag ein Fehler in der Reisekostenabrechnung vorliegen.
Dass dieser Fehler jedoch nicht zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigt, dürfte
offensichtlich sein.
Obige Ausführungen gelten erst recht für die nachgeschobenen Gründe zur erweiterten
Anhörung des Betriebsrats für die Zustimmung zur beabsichtigten fristlosen Kündigung
des Beteiligten zu 3. Wenn sich die Arbeitgeberin hier auf 58 erklärungsbedürftige Tage
aus den Jahren 2006 und 2008 beruft vor dem Hintergrund von Dienstreisen freitags
nach "Dienstende" 14.15 Uhr sowie auf weitere drei Fahrten am 11.6., 10.10., und
24.10.2007, so verkennt die Arbeitgeberin auch hier die Fragestellung im Rahmen von §
103 BetrVG i. V. mit § 626 BGB. Dass die Arbeitgeberin hier auf nicht
104
nachvollziehbare Fahrten kommt und annimmt, dass diese Fahrten ohne dienstlichen
Hintergrund getätigt worden seien, kann für einen außerordentlichen Kündigungsgrund
nach § 626 Abs. 1 niemals ausreichen. Bei § 626 Abs. 1 geht es zunächst nicht um reine
Vermutungen sondern um harte Fakten. Erst wenn objektive Tatbestände einen
dringenden Verdacht in Richtung eines außerordentlichen Kündigungsgrundes
begründen, kann über eine Verdachtskündigung überhaupt erst nachgedacht werden.
Dass sich in diesem Zusammenhang die Arbeitgeberin angezeigte Fahrten in
Reisekostenabrechnungen des Beteiligten zu 3. aus den Jahren 2006 bis 2008 nicht
erklären kann, sind keine objektiv begründeten Tatsachen, die den dringenden Verdacht
einer pflichtverletzungsbeteiligten zu 3. begründen können. Das Gericht ist auch
geneigt, in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des OLG Köln vom
04.11.2002, 19 U 38/02, in LAGE § 626 BGB Nr. 145 zurückzugreifen, in dem es auch
um die detektivische Suche nach Verfehlungen in den Reisekostenabrechnungen ging.
105
Das Gericht konnte jedenfalls der Arbeitgeberin nicht folgen, dass hier zumindest ein
dringender Verdacht in der Person des Beteiligten zu 3. hinsichtlich der aufgestellten
Vorwürfe besteht.
106
Schlussendlich wird die Arbeitgeberin auch bei ihrer ganzen Argumentation zu
berücksichtigen haben, dass – sollte man alle zuvorigen Ausführungen betreffend die
Arbeitszeit des Beteiligten zu 3. einmal außer acht lassen – es zu keiner konkreten
Schädigung der Arbeitgeberin gekommen ist; was das bedeutet, kann in der
Entscheidung des BAG vom 26.03.2009, 2 AZR 953/07 in Der Betrieb 2009 S. 1772
nachgelesen werden.
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Im Ergebnis rechtfertigen die von der Arbeitgeberin in den Anhörungsschreiben
gegenüber dem Betriebsrat vom 21.01.2009 und vom 24.07.2009 gemachten Vorwürfe
nicht, die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zu ersetzen.
108
II.
109
Die Voraussetzungen für den Ausschluss des Beteiligten zu 3. aus dem Betriebsrat
nach § 23 Abs. 1 BetrVG liegen nicht vor. Der Arbeitgeber kann den Ausschluss eines
Mitglieds aus dem Betriebsrat nur wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen
110
Pflichten beantragen.
Eine grobe Pflichtverletzung ist eine offensichtliche sowie objektiv schwerwiegende
Pflichtverletzung, die geeignet ist, den Betriebsfrieden oder die Ordnung des Betriebes
nachhaltig zu stören oder zu gefährden. Eine schlichte Erschütterung der
Vertrauensbeziehung genügt tatsächlich nicht. Die Pflichtverletzung ist dann grob, wenn
sie offensichtlich und eindeutig ist. Der Pflichtverstoß muss von solchem Gewicht sein,
dass er das Vertrauen in eine künftige, ordnungsgemäße Amtsführung zerstört und
irreparabel erschüttert.
111
Das Gericht hat sich der Rechtsansicht des Beteiligten zu 3. angeschlossen, dass eine
solche Pflichtverletzung nicht erkennbar ist.
112
Soweit die Arbeitgeberin sich auf die Gründe zur beabsichtigten außerordentlichen
Kündigung auch hinsichtlich der Frage des Ausschlusses des Beteiligten zu 3. aus dem
Betriebsrat bezieht, kann auf die obigen Ausführungen inhaltlich verwiesen werden.
Hieraus kann kein Ausschlussgrund und Ausschlusstatbestand hergeleitet werden. Wie
oben aufgezeigt, sind Verletzungen des Beteiligten zu 3. nicht konkretisiert und
verifiziert worden.
113
Die Arbeitgeberin kann sich auch nicht auf eine vermeintlich objektive falsche
eidesstattliche Versicherung berufen. Es ist offensichtlich, dass die insoweit
streitgegenständliche eidesstattliche Versicherung vom 23.12.2008 im Verfahren 2
BVGa 8/08 beim Arbeitsgericht Minden sich nur auf tatsächliche Umstände bis zur
Erteilung dieser eidesstattlichen Versicherung beziehen kann und keine andere
Aussage trifft. Weder inhaltlich noch mit dem Methoden der Auslegung kann diese
eidesstattliche Versicherung dahingehend verstanden werden, dass der Beteiligte zu 3.
bereits zu diesem Zeitpunkt erklären wollte, dass die Arbeitgeberin auch bis zum Ablauf
der Frist am 31.12.2008 von ihrer Stellungnahme-Möglichkeit keinen Gebrauch machen
werde. Die eidesstattliche Versicherung ist kurz, knapp und bündig.
114
Soweit die Arbeitgeberin weiter vorträgt, dass es am 18.12.2008 zu einem "Agreement"
gekommen ist, welches der Beteiligte zu 3. nicht an die Betriebsräte weitergetragen
habe, so ist dies – selbst wenn es so geschehen sein sollte – kein Grund, eine grobe
Pflichtverletzung im Sinne von § 23 Abs. 1 BetrVG anzunehmen. Dies allein schon vor
dem Hintergrund, dass die Prozessbevollmächtigten des Betriebsrats mit Schreiben
vom 23.12.2008 (Bl. 214 d. A.) dem Arbeitgeber unmissverständlich das Prozedere des
Betriebsrats aufgrund der Beschlussfassung vom 23.12.2008 (Bl. 213 d. A.) angedroht
haben. Auf diese Androhung hat die Arbeitgeberin allerdings nicht reagiert, obwohl
daraus klar ersichtlich war, dass das Agreement offensichtlich nicht zur Anwendung
gekommen ist. Statt sofort zu reagieren, hat die Arbeitgeberin erst auf einer
Betriebsversammlung vom 21.01.2009 von den vermeintlichen Verstößen des
Beteiligten zu 3. in Verbindung mit der Frage der Informationsweitergabe gehört, ohne
vorher die Notwendigkeit einer Recherche aufgrund des Schreibens der Rechtsanwälte
des Betriebsrats vom 23.12.2008 zu prüfen. Im Übrigen bleibt völlig offen, welche
Wirkung eine entsprechende Informationsweitergabe tatsächlich gehabt hätte;
Rückschlüsse von anderen Betriebsräten auf den Beteiligten zu 2. sind für das Gericht
nicht ohne weiteres nachvollziehbar. Da "Agreements" offensichtlich nicht als
verbindliche Verabredungen gelten können – allein schon vor dem Hintergrunde, dass
der Betriebsratsvorsitzende nicht alleine für den Betriebsrat beschließen kann – bergen
sie somit immer die Gefahr in sich, dass mangels entsprechender rechtlicher
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Verpflichtungen Informationen auch aus betriebsverfassungspolitischen Gründen
heraus ggf. nicht 1 zu 1 weitergegeben werden. Der Beteiligte zu 3. hat insoweit seine
Stellungnahme hierzu abgegeben. Das, was die Arbeitgeberin aus ihrer Sicht vorträgt,
reicht für die Annahme einer groben Pflichtverletzung nicht aus.
Entsprechendes gilt für die Frage, ob der Beteiligte zu 3. am 15.01.2009 gegenüber den
Zeugen T4 und Herrn B7 im Küchenbereich der Küche in B1 O1 geäußert haben soll,
dass er die Arbeitgeberin noch ein wenig hinhalten wolle, bezogen auf seine
Stellungnahme. Selbst wenn man dies als wahr unterstellt, kann darin ein
Ausschlussgrund nach § 23 Abs. 1 BetrVG offensichtlich nicht gesehen werden. Auch
dies hat der Beteiligte zu 3. am Ende seines Schriftsatzes vom 04.05.2009 richtig
bewertet.
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Damit waren die Anträge abzuweisen.
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