Urteil des ArbG Heilbronn vom 26.03.2009

ArbG Heilbronn (staat und kirche, gesetzliche grundlage, zutrittsrecht, wrv, bundesverfassungsgericht, kirche, betrieb, evangelische kirche, formelles gesetz, bag)

ArbG Heilbronn Urteil vom 26.3.2009, 7 Ca 28/09
Zugangsrecht betriebsfremder Gewerkschaftsbeauftragter zu kirchlichen Einrichtungen
Leitsätze
Auch nach Aufgabe der Kernbereichsformel gewährleistet Art. 9 Abs. 3 GG für die Gewerkschaften - jedenfalls
dann, wenn diese im Betrieb bereits durch betriebsangehörige Mitglieder vertreten sind - keinen Anspruch auf
Duldung des Zutritts von betriebsfremden Gewerkschaftsbeauftragten zu kirchlichen Einrichtungen im Sinne des
Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV zum Zwecke der Mitgliederwerbung.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf EUR 10.000,00 festgesetzt.
4. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten um ein Zugangsrecht betriebsfremder Gewerkschaftsbeauftragter zu kirchlichen
Einrichtungen.
2
Die Klägerin ist eine im Betrieb der Beklagten vertretene Einzelgewerkschaft. Die Beklagte ist Mitglied des
Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in Württemberg und Mehrheitsgesellschafter der
Gesundheitsholding S. gGmbH, die wiederum Trägerin der D. Klinikum S. gGmbH ist. Der Sitz der Beklagten
ist „Am M.“, der der D. Klinikum S. gGmbH in der D.-Straße, jeweils in S..
3
Nachdem die Klägerin außergerichtlich erfolglos von der Beklagten gefordert hatte, in deren Betrieb durch einen
Aushang an einem Schwarzen Brett über die Gewerkschaftsarbeit zu informieren, begehrt die Klägerin mit der
am 15.01.2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage neben der Bereitstellung eines eigenen Schwarzen
Brettes im Haupthaus der Beklagten auch den Zugang eines externen Gewerkschaftsbeauftragten zum Zwecke
der Anbringung von Informationsmaterial.
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Die Klägerin ist der Auffassung,
5
ein solcher Zugangsanspruch ergebe sich unmittelbar aus Artikel 9 Abs. 3 GG, nachdem das
Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 14.11.1995 die bis dahin vertretene Kernbereichslehre
aufgegeben habe. Zur Garantie koalitionsmäßiger Betätigung zähle auch die Befugnis, im Betrieb über die
Gewerkschaftstätigkeit zu informieren, wobei der Arbeitgeber gegebenenfalls auch Schwarze Bretter zur
Verfügung zu stellen habe. Zum Zwecke der Bewerbung des Gewerkschaftsbeitritts könnten betriebsfremde
Gewerkschaftsbeauftragte auch dann im Betrieb werben, wenn dort schon Gewerkschaftsmitglieder arbeiteten.
Nachdem der Schutz des Artikel 9 Abs. 3 GG sich nicht nur auf diejenigen Tätigkeiten beschränke, die für die
Erhaltung und Sicherung des Bestandes der Koalition unerlässlich seien und damit alle koalitionsspezifischen
Verhaltensweisen umfasse, gelte Artikel 9 Abs. 3 GG auch in kirchlichen Einrichtungen und Dienststellen und
umfasse auch Zutrittsrechte betriebsfremder Gewerkschaftsbeauftragter, solange und sofern diese den
besonderen Charakter kirchlicher Einrichtungen und Dienststellen respektierten. Zwar sei eine Güterabwägung
zwischen weltlichem bzw. staatlichem Recht und kirchlichem Recht vorzunehmen, diese unterliege jedoch
nicht allein der klerikalen Bestimmung. Zudem werde durch das Zutrittsrecht betriebsfremder
Gewerkschaftsangehöriger zu kirchlichen Einrichtungen das kirchliche Selbstbestimmungsrecht gemäß Artikel
140 GG grundsätzlich nicht verletzt. Die Klägerin sei nicht kirchenfeindlich und bekenne sich nach § 5 ihrer
Satzung zu den Grundsätzen des demokratischen und sozialen Rechtsstaats und sei den Prinzipien der
Einheitsgewerkschaft verpflichtet. Sofern nur Betriebsangehörige der Beklagten werben dürften, müssten diese
ihre Mitgliedschaft bei der Klägerin offenbaren, was ihnen gerade in einem kirchlichen Haus unzumutbar wäre.
Diese Ausprägung der negativen Koalitionsfreiheit des einzelnen Beschäftigten würde daher letztlich bei der
Abwägung überwiegen. Das Bundesarbeitsgericht habe in seinem Urteil vom 28.02.2006 auf Grundlage der
neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein Zugangsrecht betriebsfremder
Gewerkschaftsmitglieder zum Zwecke der Mitgliederwerbung ausdrücklich anerkannt. Bei der Beklagten
handele es sich aber als Krankenhaus um einen Wirtschaftsbetrieb, der im Wettbewerb stehe und sich zudem
in einem politisch regulierten Segment bewege. Das im Grundgesetz garantierte Recht auf Glaubensfreiheit und
das Recht der Religionsgemeinschaften, ihre Angelegenheiten selbständig zu verwalten und zu ordnen,
bedeute nicht, dass die Kirchen außerhalb der Verfassung und Rechtsordnung stehen würden. Derselben
Gewerkschaft, die sich im Jahr 2007 für den Abschluss des Staatskirchenvertrages eingesetzt habe, nunmehr
das Zutrittsrecht zu verweigern und sich dabei auf die Weimarer Reichsverfassung vom 11.08.1919 zu berufen,
sei nicht mehr zeitgemäß und deswegen auch rechtswidrig. Dies gelte auch deswegen, weil die Weimarer
Reichsverfassung die evangelische Kirche aus dem Jahr 1918 und davor im Blick gehabt habe. Auch im
Hinblick auf die Vorschrift des § 9 AGG und der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 sei
der Begriff des kirchlichen Selbstverständnisses neu zu interpretieren. Der Umstand, dass die Möglichkeit,
Informationsmaterial im Haus der Beklagten anzubringen ausschließlich Gewerkschaftsmitgliedern, die sich als
solche zuvor offenbar haben müssen, gestattet sein soll, sei eine unzulässige unterschiedliche Behandlung
aus weltanschaulichen Gründen. Aus dem kirchlichen Selbstverständnis lasse sich jedoch kein allgemeiner
Anspruch auf unterschiedliche Behandlung ableiten. Ein solcher könne sich nur auf den wesentlichen
Kernbereich von Berufsfeldern beschränken, die inhaltlich direkt mit der Vermittlung der Inhalt der Religion
befasst seien und die der unmittelbaren Ausübung des Glaubens oder Anschauung dienten. Insgesamt seine
Kirchenautonomie und Koalitionsbetätigungsfreiheit im Jahre 2009 neu gegeneinander abzuwägen.
6
Die Klägerin hat beantragt:
7
1. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ein eigenes Schwarzes Brett im Haupthaus, D.-
Straße zur Verfügung zu stellen und dem Gewerkschaftsbeauftragten der Klägerin zum Zweck
der Anbringung von Informationsmaterial den Zutritt zu gestatten.
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Hilfsweise wird der Beklagte verurteilt, am bestehenden Informationsbrett für die Beschäftigten
im Haupthaus, D.-Straße, dem Gewerkschaftsbeauftragten zum Zweck der Anbringung von
Informationsmaterial den Zutritt zu gestatten.
9
2. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Zutrittsrecht der Klägerin wird dem Beklagten
- bezogen auf jeden Tag und jeden Arbeitnehmer - ein Ordnungsgeld, dessen Höhe in das
Ermessen des Gerichts gestellt wird, angedroht.
10 Die Beklagte hat beantragt:
11
Die Klage wird abgewiesen.
12 Die Beklagte ist der Auffassung,
13 bei den Anträgen der Klägerin handele es sich um unzulässige Globalanträge, da aus ihnen die zu duldenden
Handlungen nicht eindeutig entnommen werden könnten. Im Übrigen stehe der Klägerin als Gewerkschaft in
kirchlichen Betrieben kein Zutrittsrecht zu. Insoweit missinterpretiere die Klägerin die Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts vom 14.11.1995, in der über den Fall eines gewerblichen säkularen Betriebs
entschieden worden sei. Eine pauschale Erweiterung der Rechtsprechung auf kirchliche Einrichtungen, gestützt
auf das Betätigungsfeld der Koalitionen nach Artikel 9 Abs. 3 GG verkenne die gegenüber den Grundrechten
des Grundgesetztes besondere rechtssystematische Stellung von Artikel 140 GG i.V.m. Artikel 137 Abs. 3
Weimarer Reichsverfassung und ziehe deshalb aus der Rechtssprechungsänderung zu Artikel 9 Abs. 3 GG
falsche Schlüsse. Bei einer Kollision des Artikel 140 GG i.V.m. Artikel 137 Abs. 3 Weimarer Reichsverfassung
mit den Rechten aus Artikel 9 Abs. 3 GG müssten erstere Rechte nur dann weichen, wenn zwingende Gründe
des Gemeinwohls vorlägen. Allein eine Einschränkung der sich aus Artikel 9 Abs. 3 GG ergebenden
Koalitionsrechte als solche reichten nicht aus, um die kirchliche Selbstbestimmung einzuschränken. Die
Beklagte partizipiere als Mitglied im Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche in Württemberg als der
Kirche zugeordnete Einrichtung in vollem Umfang an dem den Kirchen nach Artikel 140 GG i.V.m. Artikel 137
Abs. 3 Weimarer Reichsverfassung zustehenden Recht, die Angelegenheiten selbständig innerhalb der
Schranken des für alle geltenden Gesetzes zu ordnen und zu verwalten.
14 Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf das
Verhandlungsprotokoll vom 05.03.2009 voll umfänglich verwiesen. Eine Beweisaufnahme hat nicht
stattgefunden.
Entscheidungsgründe
15 Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
I.
16 Die Klage ist zulässig.
17 1. Die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG gegeben. Soweit die Klägerin ein
gewerkschaftliches Zutrittsrecht geltend macht, handelt es sich um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit
zwischen tariffähigen Parteien und dort um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im
Zusammenhang stehenden Betätigungsrecht der Vereinigungen (vgl. BAG, Urteil vom 30.08.1993 - 1 AZR
121/81, AP Nr. 38 zu Artikel 9 GG). In diesen Rechtsstreitigkeiten ist nach § 2 Abs. 5 ArbGG das
Urteilsverfahren die statthafte Verfahrensart.
18 2. Soweit die Klägerin beantragt hat zu erkennen, die Beklagte dazu zu verurteilen, ihr den Zutritt im Haupthaus
„zu gestatten“, geht es der Klägerin - auch nach den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung - erkennbar
darum, am Zugang zum Betrieb nicht gehindert zu werden, um dort Informationsmaterial anbringen zu können.
Insoweit handelt es sich daher um einen Antrag, der auf die Verurteilung der Beklagten zur Duldung von
Handlungen der Klägerin im Sinne von § 890 Abs. 1 ZPO gerichtet ist (vgl. auch BAG, Urteil vom 28.02.2006 -
1 AZR 460/04, AP Nr. 127 zu Artikel 9 GG). Soweit die Klägerin mit ihrem Hauptantrag zudem begehrt, die
Beklagte zu verurteilen, ein eigenes Schwarzes Brett im Haupthaus zur Verfügung zu stellen, handelt es sich
demgegenüber um eine Klage, die auf die Verurteilung zur Vornahme einer vertretbaren Handlung im Sinne des
§ 887 ZPO gerichtet ist.
19 3. Die Anträge sind auch hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 ZPO. Soweit die Klägerin im
Hinblick auf den Zeitpunkt und die Person(en), denen der Zutritt zu gestatten sein soll, keine weitere
Einschränkung vorgenommen hat, erfasst der Antrag offensichtlich eine unbeschränkte Anzahl von
Gewerkschaftsbeauftragten sowie einen zeitlich völlig unbeschränkten Zutritt. Ob der Klägerin in diesem
Umfang ein Anspruch zusteht, ist eine Frage der Begründetheit, nicht jedoch der Bestimmtheit des
Klageantrags.
II.
20 Die Klage ist sowohl im Haupt- als auch im Hilfsantrag unbegründet. Der Klägerin steht ein Zutrittsrecht für
betriebsfremde Gewerkschaftsangehörige nicht zu.
21 1. Die Kammer sieht sich schon aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17.02.1981
(2 BvR 384/78, AP Nr. 9 zu Artikel 140 GG) nicht in der Lage, der Klägerin einen Zugangsanspruch zu
gewähren. Insoweit hatte das Bundesverfassungsgericht zur Frage des gewerkschaftlichen Zutrittsrechts zu
kirchlichen Einrichtungen entschieden, dass kein für alle geltendes Gesetz im Sinne von Artikel 137 Abs. 3
WRV existiert, das betriebsfremden Gewerkschaftsangehörigen ein Zutrittsrecht zu kirchlichen Einrichtungen
einräumt. Insbesondere wurde festgestellt, dass Artikel 9 Abs. 3 GG kein allgemeines berufsverbandliches
Zutrittsrecht für betriebsfremde Gewerkschaftsbeauftragte mit dem Ziel der Werbung, Informierung und
Betreuung organisierter Belegschaftsmitglieder gewährleistet. An diese Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts sieht sich die Kammer gebunden gemäß § 31 BVerfGG.
22
a) Auch der Beklagten, als privatrechtlichem diakonischen Werk, steht das kirchliche
Selbstbestimmungsrecht gemäß Artikel 140 GG i.V.m. Artikel 137 Abs. 3 WRV zu. Dieses kirchliche
Selbstbestimmungsrecht garantiert den Kirchen die Freiheit, ihre Angelegenheiten innerhalb der Schranken
des für alle geltenden Gesetzes selbständig zu ordnen und zu verwalten. Hierzu rechnet alles, was
materiell, der Natur der Sache oder der Zweckbestimmung nach als eigene Angelegenheit der Kirche
anzusehen ist, wobei das Selbstverständnis der Kirchen und Religionsgemeinschaften für die
Qualifizierung einer Angelegenheit als eigene im Sinne des Artikel 137 Abs. 3 WRV maßgebend ist (vgl.
BVerfG, Entscheidung vom 16.10.1968 - 1 BVR 241/66, BVerfGE 24, 236). Die caritative Tätigkeit ist eine
eigene Angelegenheit der Religionsgemeinschaften, die auch durch Artikel 4 Abs. 2 GG als
Religionsausübung geschützt ist („Grundrecht der freien caritativen Betätigung“). Die privatrechtlich
organisierten diakonischen und caritativen Werke und Einrichtungen der Kirche haben als Mitglieder des
Diakonischen Werkes oder des Caritasverbandes unstreitig am kirchlichen Auftrag teil und stehen damit
auch unter dem religionsverfassungsrechtlichen Schutz des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts,
unabhängig davon, ob sie sich einer Organisationsform staatlichen Rechts bedienen (vgl. BVerfG,
Nichtannahmebeschluss vom 17.10.2007 - 2 BvR 1095/05, GVBL 2007, 1555 - 1564; Beschluss vom
17.02.1981 - 2 BvR 384/78 a.a.O., jeweils m.w.N.). Bei der Beklagten handelt es sich daher - und dies ist
zwischen den Parteien auch unstreitig - um eine kirchliche Einrichtung im Sinne der Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts vom 17.02.1981. Dies muss jedenfalls insoweit gelten, als die Beklagte und
nicht etwa deren Tochtergesellschaften in Anspruch genommen worden sind.
23
b) Gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG binden die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts die
Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden. Diese Bindungswirkung
bedeutet nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass die sich aus dem Tenor und den
tragenden Gründen der Entscheidung ergebenden Grundsätze für die Auslegung der Verfassung von den
Gerichten und Behörden in allen künftigen Fällen beachtet werden müssen. Die tragenden Gründe der
Entscheidung, also diejenigen Teile der Entscheidungsbegründung, die aus der Deduktion des Gerichts
nicht hinwegzudenken sind, ohne dass sich das im Tenor formulierte Ergebnis ändert, nehmen mithin an
der Bindungswirkung teil (vgl. BAG, Urteil vom 19.01.1982 - 1 AZR 279/81, AP Nr. 10 zu Artikel 140 GG
m.w.N.). Entsprechend hat das Bundesarbeitsgericht in der zitierten Entscheidung im Anschluss an das
Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass Gewerkschaften jedenfalls dann keinen unmittelbar aus
Artikel 9 Abs. 3 GG ableitbaren Anspruch auf Duldung gewerkschaftlicher Werbe-, Informations- und
Betreuungstätigkeit durch betriebsfremde Gewerkschaftsbeauftragte in kirchlichen Einrichtungen haben,
wenn sie in diesen Einrichtungen bereits durch betriebsangehörige Mitglieder vertreten sind, wobei
unerheblich ist, ob ihre betriebsangehörigen Mitglieder zu einer solchen gewerkschaftlichen Betätigung
auch bereit sind (vgl. BAG a.a.O.). Hierzu hat bereits das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, dass
jedenfalls dort, wo die Gewerkschaft bereits in Betrieben und Anstalten durch Mitglieder vertreten ist, mit
Sicherheit auszuschließen ist, dass ohne berufsverbandliches Zutrittsrecht für betriebsexterne
Gewerkschaftsangehörige die Erhaltung und Sicherung der Koalition gefährdet wäre und das Zutrittsrecht
als unerlässlich betrachtet werden müsste und somit durch Artikel 9 Abs. 3 GG postuliert wäre (vgl.
BVerfG, Beschluss vom 17.02.1981 a.a.O.).
24
Soweit zwischen den Parteien unstreitig ist, dass bei der Beklagten Mitglieder der Klägerin beschäftigt
werden, muss daher bereits gemäß § 31 BVerfGG ein Zutrittsrecht verneint werden.
25
c) Die Ablehnung eines gewerkschaftlichen Zutrittrechts jedenfalls zu kirchlichen Einrichtungen wird auch
nicht dadurch berührt, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 14.11.1995 (1 BvR
601/92, AP Nr. 80 bis zu Artikel 9 GG) klargestellt hat, dass der Schutz des Artikel 9 Abs. 3 GG sich nicht
nur auf diejenigen Tätigkeiten beschränke, die für die Erhaltung und Sicherung des Bestandes der Koalition
unerlässlich seinen, sondern alle koalitionsspezifischen Handlungsweisen umfasse, zu denen die
Mitgliederwerbung durch die Koalition und deren Mitglieder gehöre.
26
Damit hat das Bundesverfassungsgericht aber lediglich klargestellt, dass der Schutzbereich des Artikel 9
Abs. 3 GG nicht von vornherein nur auf einen Kernbereich der Koalitionsbetätigung beschränkt ist. Zur
Frage, ob es Artikel 9 Abs. 3 GG zwingend gebietet, auch ohne einfach-gesetzliche Grundlage ein
gewerkschaftliches Zutrittsrecht betriebsfremder Gewerkschaftsangehöriger zu kirchlichen Einrichtungen
anzunehmen, wird keine Aussage getroffen. Im Gegenteil ist den Entscheidungsgründen zu entnehmen,
dass an der Entscheidung vom 17.02.1981 nach wie vor festzuhalten ist. Die Entscheidung vom
14.11.1995 bezog sich lediglich auf die Mitgliederwerbung durch einen gewerkschaftsangehörigen
Arbeitnehmer. Daher hat das Bundesverfassungsgericht auch nur beanstandet, dass bei der Auslegung
des Arbeitsvertrages der Schutzbereich der Koalitionsfreiheit verkannt worden ist. So führt das
Bundesverfassungsgericht unter II.2. der Gründe aus, anders als in der vom Bundesarbeitsgericht in
diesem Zusammenhang angeführten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, in der es um das
Zutrittsrecht betriebsfremder Gewerkschaftsbeauftragter zu einer kirchlichen Einrichtung ging, werde über
eine Vertragsverletzung gestritten, deren Vorliegen allein vom Inhalt des Arbeitsvertrages und nicht von
einer speziellen gesetzlichen Regelung abhinge. Nur hier sei eine besondere Rechtsgrundlage für das
beanstandete Verhalten aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht erforderlich (vgl. BVerfG, Beschluss vom
14.11.1995 a.a.O.).
27
Auch das Bundesarbeitsgericht, soweit es in seiner Entscheidung vom 28.02.2006 nunmehr ein
allgemeines Zugangsrecht betriebsfremder Gewerkschaftsbeauftragter aus Artikel 9 Abs. 3 S. 1 GG
herleitet, sieht die Frage eines betrieblichen Zutrittsrechts der Gewerkschaften zum Zwecke der
Mitgliederwerbung nur für Betriebe weltlicher Arbeitgeber aufgrund der Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts vom 17. Februar 1981 als nicht mit Bindungswirkung verneint an, da diese
Entscheidung allein den Sonderfall des gewerkschaftlichen Zugangsrechts zu kirchlichen Einrichtungen
betroffen habe (vgl. BAG, Urteil vom 28.02.2006 - 1 AZR 460/04, AP Nr. zu Artikel 9 GG zu B II 1 c bb der
Gründe).
28 2. Aber auch dann, wollte man die Bindungswirkung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom
17.02.1981 gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG auch im Bezug auf kirchliche Einrichtungen verneinen, stünde der
Klägerin kein Duldungsanspruch zu.
29
a) Ein Anspruch ergibt sich nicht aus § 2 Abs. 2 BetrVG. Das betriebsverfassungsrechtliche Zutrittsrecht
dient besonderen Aufgaben und steht unter der im Gesetz normierten Kooperations- und Friedenspflicht
gemäß §§ 2 Abs. 1, 74 BetrVG. Gemäß § 118 Abs. 2 BetrVG findet es kraft ausdrücklicher Entscheidung
des Gesetzgebers auf Kirchen und ihre Einrichtungen keine Anwendung. Diese gesetzgeberische
Entscheidung entspricht im Hinblick auf Artikel 140 GG i.V.m. Artikel 137 Abs. 3 WRV dem
„verfassungsrechtlich Gebotenen“ (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.02.1981 a.a.O. m.w.N.).
30
b) Soweit die Klägerin die Richtlinie 2000/78/EG bzw. § 9 AGG bemüht, so ist für die Kammer nicht
ersichtlich, weshalb sich hieraus ein Anspruch auf Duldung des gewerkschaftlichen Zutritts zu kirchlichen
Einrichtungen ergeben sollte. Unbeschadet der Tatsache, dass die Klägerin nicht Trägerin eines durch das
AGG verpönte Diskriminierungsmerkmal ist, fallen in den Anwendungsbereich sowohl der Richtlinie
2000/78/EG als auch des AGG (vgl. § 6 Abs. 1) ausschließlich Beschäftigte.
31
c) Ein Anspruch auf Duldung des Zutritts zum Betrieb der Beklagten ergibt sich auch nicht direkt oder
mittelbar aus Artikel 9 Abs. 3 GG.
32
aa) Zwar hat das Bundesarbeitsgericht (vgl. BAG, Urteil vom 28.02.2006 a.a.O.) aus Artikel 9 Abs. 3
S. 1 GG im Wege richterlicher Rechtsfortbildung ein allgemeines Zugangsrecht betriebsfremder
Gewerkschaftsbeauftragter abgeleitet. Wie bereits zur Frage der Bindungswirkung im Sinne des § 31
Abs. 1 BVerfGG ausgeführt, betraf diese Entscheidung den nicht kirchlichen Bereich. Das
Bundesarbeitsgericht hat ausdrücklich ausgeführt (s.o. II 1 c), für Betriebe nicht kirchlicher Arbeitgeber
sei zwar ein betriebliches Zutrittsrecht der Gewerkschaften zum Zwecke der Mitgliederwerbung nicht
mit Bindungswirkung verneint. Das Bundesarbeitsgericht führt weiter aus, die Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts vom 17. Februar 1981 habe allein den Sonderfall des gewerkschaftlichen
Zugangsrechts zu kirchlichen Einrichtungen betroffen, die Ausführungen zu Artikel 9 Abs. 3 GG seien
im Kontext des Artikel 140 GG i.V.m. Artikel 137 Abs. 3 WRV erfolgt. Daher könne dahin stehen, ob
die Bindungswirkung der Entscheidung vom 17. Februar 1981 durch den Beschluss des
Bundesverfassungsgerichts vom 14. November 1995 eine wirksame Einschränkung erfahren habe (vgl.
BAG, Urteil vom 28.02.2006 a.a.O.). Damit beschränkt das Bundesarbeitsgericht aber den von ihm im
Wege richterlicher Rechtsfortbildung hergeleiteten allgemeinen Zugangsanspruch auf nicht kirchliche
Betriebe. Andernfalls hätte es sich mit der kirchlichen Selbstverwaltungsgarantie des Artikel 140 GG
i.V.m. Artikel 137 Abs. 3 WRV auseinandergesetzt.
33
bb) Aus verfassungsrechtlichen Gründen ist es auch nicht möglich, über den vom
Bundesarbeitsgericht statuierten allgemeinen Zugangsanspruch hinaus einen Zugangsanspruch auch
zu kirchlichen Betrieben im Wege richterlichter Rechtsfortbildung zu bejahen, jedenfalls dann, wenn die
Gewerkschaft in diesen Einrichtungen bereits durch betriebsangehörige Mitglieder vertreten ist.
34
(1) Staatliche Regelungen sind in diesem Bereich nur durch ein „für alle geltendes Gesetz“ im Sinne
von Artikel 137 Abs. 3 WRV zulässig. Unter anderem muss die gesetzliche Grundlage hinreichend
bestimmt sein (vgl. BVerfG, Entscheidung vom 17.10.2007 - 2 BvR 1095/05 a.a.O. m.w.N.). Für alle
geltenden Gesetze sind nur solche, die für die Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften
dieselbe Bedeutung haben wie für jedermann, die diese also in ihren Besonderheiten nicht härter
treffen als andere. Mit Rücksicht darauf, dass die Kirchen zum Staat ein qualitativ anderes Verhältnis
besitzen als irgendeine andere gesellschaftliche Großgruppe, kann die genannte Schranke nicht im
Sinne des allgemeinen Gesetzesvorbehalts einiger Grundrechtsgarantien oder im Sinne des
„allgemeinen Gesetzes“, das eine Schranke der Meinungsfreiheit bildet (Artikel 5 Abs. 2 GG),
verstanden werden. Bei rein inneren kirchlichen Angelegenheiten kann ein staatliches Gesetz für die
Kirche überhaupt keine Schranke ihres Handelns bilden. Dies betrifft vornehmlich Fragen der richtigen
Glaubenslehre, aber auch solche des kirchlichen Organisationsrechts, wenn und soweit es allein um
die innere Organisation geht, die den bürgerlichen Rechtskreis nicht berührt. Aber auch dann, wenn der
Gesetzgeber auf den Gebieten gemeinsamer Wahrnehmung von „öffentlichen Aufgaben“ durch Staat
und Kirche mit seinen Regelungsvorbehalten den unantastbaren Kern des kirchlichen
Selbstbestimmungsrecht nicht berührt, ist er gehalten, Sinn und Geist der grundgesetzlichen
Wertordnung zu beachten. Die inkorporierten Kirchenartikel der Weimarer Verfassung bilden mit dem
Grundgesetz ein organisches Ganzes (vgl. BVerfG a.a.O.).
35
Somit trifft jedes dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht Schranken ziehende Gesetz seinerseits auf
eine ebensolche Schranke, nämlich auf die materielle Wertentscheidung der Verfassung, über einen für
die Staatsgewalt unantastbaren Freiheitsbereich hinaus die besondere Eigenständigkeit der Kirchen
und ihrer Einrichtungen gegenüber dem Staat anzuerkennen. Die Erkenntnis der wertsetzenden
Bedeutung dieses Grundsatzes führt im Sinne einer Wechselwirkung dazu, dass sich über die
formalen Maßstäbe des „für-alle-gelten“ hinaus durch je nach Ort und Gewicht der Berührungspunkte
staatlicher und kirchlicher Ordnung für die staatliche Rechtssetzungsbefugnis bestimmte materielle
Grenzen ergeben (vgl. BVerfG a.a.O. m.w.N.).
36
Artikel 137 Abs. 3 S. 1 WRV gewährleistet in Rücksicht auf das zwingende Erfordernis friedlichen
Zusammenlebens von Staat und Kirche sowohl das selbständige Ordnen und Verwalten der eigenen
Angelegenheiten durch die Kirchen, als auch den staatlichen Schutz anderer für das Gemeinwesen
bedeutsamer Rechtsgüter. Dieser Wechselwirkung von Kirchenfreiheit und Schrankenzweck ist durch
entsprechende Güterabwägung Rechnung zu tragen. Dabei kommt dem Selbstverständnis der Kirchen,
soweit es in dem Bereich eher durch Artikel 4 Abs. 1 GG als unverletzlich gewährleisteten Glaubens-
und Bekenntnisfreiheit wurzelt und sich in der durch Artikel 4 Abs. 2 GG geschützten
Religionsausübung verwirklicht, besonderes Gewicht zu. Eingriffe sind nur dann zulässig, wenn die
entsprechenden Regelungen im kirchlichen Bereich aus zwingenden Gründen geboten sind oder zur
Erfüllung der staatlichen Aufgabe und im Blick auf das Gemeinwohl als unumgänglich erscheinen (vgl.
BVerfG a.a.O. m.w.N.).
37
(2) Vor diesem Hintergrund hat die Kammer bereits Zweifel, ob ein gewerkschaftliches Zutrittsrecht zu
kirchlichen Einrichtungen überhaupt im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung statuiert werden kann
oder diese Entscheidung und ihre Ausgestaltung dem parlamentarischen Gesetzgeber vorbehalten ist.
So hat auch das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 17.02.1981 angedeutet, dass
ein Eingriff in Artikel 140 GG i.V.m. Artikel 137 Abs. 3 WRV in diesem Zusammenhang einer
Rechtfertigung durch ein formelles Gesetz bedürfe. Weder Artikel 9 Abs. 3 GG noch die in seinem
Umfeld gewachsenen Rechtsgrundsätze und wissenschaftlichen Meinungen, erst recht nicht das
streng dualistische System des Betriebsverfassungsgesetzes böten hinreichende Ansatzpunkte, die
es erlauben würden, die Grenzen der richterlichen Gesetzesbildung auf diesem konfliktträchtigen
Gebiet soweit zu ziehen und hier die „Sache des Gesetzgebers“, nämlich „die Tragweite der
Koalitionsfreiheit zu bestimmen und die Befugnisse der Koalitionen auszugestalten und näher zu
regeln“, dem Richter zu überbürden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.02.1981 a.a.O. zu C II 4 b).
38 Unbeschadet dessen ist - jedenfalls dann, wenn die Gewerkschaft durch gewerkschaftsangehörige Mitarbeiter
im Betrieb vertreten ist - ein Zutrittsrecht eines betriebsfremden Gewerkschaftsbeauftragten nicht aus
zwingenden Gründen geboten. Auch wenn sich der Schutz des Artikel 9 Abs. 2 GG nicht nur auf diejenigen
Tätigkeiten beschränkt, die für die Erhaltung und die Sicherung des Bestandes der Koalition unerlässlich sind,
so wird auch die Koalitionsfreiheit vom Grundgesetzgeber nicht schrankenlos gewährleistet. Demgemäß dürfen
dem Betätigungsrecht der Koalitionen solche Schranken gezogen werden, die im konkreten Fall zum Schutz
anderer Rechtsgüter von der Sache her geboten sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom14.11.1995 a.a.O.). Wo die
Gewerkschaft in Betrieben und Anstalten durch Mitglieder vertreten ist, können sich die Koalitionen nicht nur
den Betriebsangehörigen gegenüber außerbetrieblich uneingeschränkt betätigen. Sie können durch ihre zur
Belegschaft zählenden Mitglieder auch innerbetrieblich werbend tätig werden. Insoweit bleibt es den
gewerkschaftlich organisierten Betriebsangehörigen unbenommen, sich - gegebenenfalls nach entsprechender
Einführung - innerhalb des Betriebs, am gemeinsamen Arbeitsort, werbend und unterrichtend zu betätigen, in
zulässigem Umfang Plakate auszuhängen, Prospekte auszulegen und zu verteilen und mit den Arbeitnehmern
zu sprechen (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 17.02.1981 a.a.O.). Hiergegen spricht auch nicht die
klägerseits geäußerte Befürchtung, die betriebsangehörigen Gewerkschaftsmitglieder müssten hierzu ihre
Koalitionszugehörigkeit offenbaren. Denn einerseits sind durchaus zahlreiche Werbemöglichkeiten im Betrieb
denkbar, für die die betriebsangehörigen Gewerkschaftsmitglieder ihre Mitgliedschaft nicht - jedenfalls
gegenüber dem Arbeitgeber - offenbaren müssten. Dies betrifft zum Beispiel die wohl wirksamste
Werbemöglichkeit, nämlich die direkte Ansprache von Arbeitskolleginnen und -kollegen. Andererseits erscheint
es - gerade vor dem Hintergrund, dass zwar die Frage nach der Gewerkschaftszugehörigkeit vor bzw. bei
Abschluss des Arbeitsvertrages unzulässig ist, im bestehenden Arbeitsverhältnis hingegen ein berechtigtes
Interesse des Arbeitgebers bestehen kann, über die Gewerkschaftszugehörigkeit und damit insbesondere über
eine eventuelle Tarifbindung Auskünfte zu erhalten - nicht schlechthin unzumutbar, zum Zwecke der
Mitgliederwerbung seine koalitionsmäßige Zugehörigkeit eben auch offen zu legen. In diesen Fällen liegen
daher zwingende Gründe, die einen weitreichenden Eingriff in Artikel 140 GG i.V.m. Artikel 137 Abs. 3 S. 1
WRV im Wege richterlicher Rechtsfortbildung rechtfertigen würden, nicht vor. Ob es auch dem
Parlamentsgesetzgeber untersagt ist, ein Zutrittsrecht zu kirchlichen Einrichtungen zum Zwecke der
Mitgliederwerbung zu schaffen, ist damit nicht gesagt. Solange jedoch der Gesetzgeber eine solche
ausreichende gesetzliche Grundlage nicht geschaffen hat, ist es den Arbeitsgerichten verwehrt, jedenfalls in
den Fällen vorbenannter Art, einen allgemeinen Zugangsanspruch anzunehmen.
39 3. Soweit schon grundsätzlich ein Zutrittsrecht zu kirchlichen Einrichtungen verneint werden muss, kam es
vorliegend für die Entscheidung nicht mehr darauf an, ob es sich bei den Anträgen der Klägerin um
Globalanträge handelt, soweit eine zeitliche Begrenzung oder eine Beschränkung der Zahl der betriebsfremden
Gewerkschaftsbeauftragten nicht vorgenommen wurde.
40 Aus dem gleichen Grund kann auch unentschieden bleiben, ob es der Klägerin beispielsweise rechtlich
unmöglich wäre, Zutritt am Sitz und der Adresse der D. Klinikum S. gGmbH zu gewähren, die lediglich eine
Tochtergesellschaft der Gesundheitsholding S. gGmbH ist, an der die Beklagte lediglich die Mehrheitsrechte
hält.
41 4. Die Kammer konnte auch nicht etwa der Klägerin nur einen Teil des Hauptantrags, nämlich isoliert die zur
Verfügungsstellung eines eigenen Schwarzen Brettes im Mutterhaus, zusprechen, um hierdurch die
Mitgliederwerbung durch betriebsangehörige Gewerkschaftsmitglieder zu erleichtern. Aus Klageantrag und
Klagebegründung geht hervor, dass die Klägerin einheitlich ein Zutrittsrecht begehrt, um sodann an einem von
der Beklagten zur Verfügung zu stellenden Schwarzen Brett Informationsmaterial anzubringen. Insoweit würde
es sich bei Zuspruch eines isolierten Anspruchs auf die zur Verfügungsstellung eines eigenen Schwarzen
Bretts um ein Aliud und nicht etwa nur um ein Weniger als ursprünglich begehrt handeln, so dass dem § 308
ZPO entgegensteht.
42 Jedenfalls fehlt es auch an einer Anspruchsgrundlage, aus der die Beklagte verpflichtet werden könnte, ein
eigenes Schwarzes Brett zur Verfügung zu stellen. Insoweit kann auf die Ausführungen zum Zutrittsrecht (vgl.
II 2) verwiesen werden.
43 Ob die Beklagte verpflichtet werden kann, das Anbringen von Werbematerial an einem bestehenden
Informationsbrett durch betriebsangehörige Gewerkschaftsmitglieder zu dulden, braucht vorliegend nicht
entschieden zu werden, da dies - auch nicht hilfsweise - beantragt wurde und ebenfalls - als Aliud - über den
klägerischen Antrag im Sinne des § 308 ZPO hinausgehen würde.
III.
44 Soweit die Klägerin voll umfänglich unterlegen ist, hat sie gemäß §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 ZPO die Kosten des
Rechtsstreits zu tragen.
45 Die Streitwertfestsetzung folgt - mangels einer Angabe der Klägerin - dem geschätzten Interesse an der
Durchsetzung des Zugangsrechts, §§ 61 Abs. 1 ArbGG, 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO.
46 Unbeschadet der Möglichkeit, vorliegend auf Grund des Werts der Beschwer im Sinne des §§ 64 Abs. 2 b
ArbGG Berufung einzulegen, handelt es sich bei der vorliegenden Frage des gewerkschaftlichen Zutrittsrechts
zu kirchlichen Einrichtungen um eine Rechtssache grundsätzlicher Bedeutung, so dass die Berufung darüber
hinaus gemäß §§ 64 Abs. 2 a, Abs. 3 Nr. 1 ArbGG zuzulassen war.