Urteil des ArbG Freiburg vom 26.10.2000

ArbG Freiburg: vergütung, zulage, nachzahlung, basel, werk, antritt, arbeitskollege, wiederaufnahme, verjährungsfrist, monatslohn

ArbG Freiburg Urteil vom 26.10.2000, 11 Ca 253/00
Wehrpflichtiger Arbeitnehmer - Nachteile wegen eines bevorstehenden Wehrdienstes
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten.
3. Der Streitwert beträgt DM 30.470,51
Tatbestand
1
Der Kläger verlangt von der Beklagten die Nachzahlung einer Vergütungszulage, nämlich der PZÜ (Persönliche Zulage Übergang) mit der
Begründung, die Vorenthaltung dieser Zulage stelle ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot aus § 6 Abs. 1 Arbeitsplatzschutzgesetz dar.
2
Der 27jährige Kläger ist seit dem 01.09.1991 bei der Beklagten in deren Betriebswerk Basel Badischer Bahnhof tätig. Sein Arbeitsort ist die
Niederlassung in Freiburg. Er hatte zuvor bei der damaligen Deutschen Reichsbahn eine Ausbildung als
Schienenfahrzeugschlosser/Triebfahrzeuginstandhaltung absolviert und im Juli 1991 erfolgreich abgeschlossen.
3
Auf das Arbeitsverhältnis finden Kraft beiderseitiger Tarifbindung wie auch Kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung die jeweils für die Deutsche
Bundesbahn bzw. ab 01.01.1994 für die Deutsche Bahn AG geltenden Tarifverträge Anwendung.
4
Der Kläger wurde mit Arbeitsvertrag vom 02.09.1991 eingestellt mit dem Ziel ihn nach Absolvierung einer Fortbildung als Werkmeister in den
Wagenuntersuchungsdienst zu übernehmen.
5
So heißt es in § 4 des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 02.09.1991:
6
Die Einstellung erfolgt mit dem Ziel der Übernahme in den Wagenuntersuchungsdienst. Bei Nichtbestehen der Laufbahnprüfung oder sonstigen
vom Arbeitnehmer zu vertretene Gründe, die eine Übernahme als Beamter unmöglich machen, kann der Arbeitsvertrag gekündigt werden.
7
Am 10.11.1993 schloss der Kläger dann die Prüfung für die Laufbahn der Werkmeister (Wagenuntersuchungsdienst) erfolgreich ab. Zu diesem
Zeitpunkt lag jedoch bereits sein Einberufungsbescheid zum Grundwehrdienst für die Zeit vom 01.01.1994 bis zum 31.12.1994 vor.
8
Eine Übertragung der Tätigkeit als Werkmeister, entsprechen der neuerworbenen Qualifikation des Klägers erfolgte nicht sofort, sondern erst
nach Ableistung des Grundwehrdienstes mit Beginn des Jahres 1995.
9
Durch die Privatisierung der Deutschen Bundesbahn zum 01.01.1994 waren die Arbeitsverhältnisses auf die Deutsche Bahn AG übergeleitet
worden.
10 Nach Wiederaufnahme der Tätigkeit im Jahre 1995 wurde der Kläger korrekterweise in die Lohngruppe E 8 eingruppiert.
11 Wäre ihm die Tätigkeit eines Wagenmeisters bereits unmittelbar nach Beendigung der Fortbildung zum Werkmeister, also noch im November
1993 übertragen worden, dann wäre der Kläger nach § 2 des Tarifvertrages über die Ersteingruppierung für die zur DB AG übergeleiteten
Arbeitnehmer von der damaligen Lohngruppe I z in die Lohngruppe E 8 übergeleitet worden, er hätte dann jedoch aufgrund des Umstandes,
dass die Vergütung nach Lohngruppe E 8 geringer ist als die der ehemaligen Lohngruppe I z eine persönliche Zulageübergang gem. § 3 Abs. 1
des Überleitungstarifvertrages in Höhe der Differenz zwischen der Lohngruppe E 9 und der höheren ehemaligen Lohngruppe I z erhalten.
12 Diesen Betrag macht der Kläger seit 1995 mit der vorliegenden Klage geltend.
13 Ein Arbeitskollege des Klägers, Herr Dörrer, legte mit dem Kläger zusammen die Prüfung für den Werkmeister ab. Da Herr Dörrer jedoch nicht zur
Bundeswehr einberufen war, wurde er sofort im November 1993 als Werkmeister in den Wagenuntersuchungsdienst übernommen und noch im
November 1991 nach der Entgeltgruppe I z bezahlt. Nach der Überleitung des Arbeitsverhältnisses auf die Deutsche Bahn AG erhielt der
Arbeitskollege Herr Dörrer die Lohngruppe E 8 mit der persönlichen Zulage nach § 3 Abs. 1 ÜTV.
14 § 3 des Tarifvertrages über die Sicherung der Einkommen und Arbeitsbedingungen für die zur DB AG übergeleiteten Arbeitnehmer (ÜTV) lautet:
15
Entgeltsicherung
§ 3
16
Persönliche Zulage
17
Absatz 1:
18
Ist der Monatstabellenlohn/die Vergütung ... am 31.12.1993 höher als das Monatstabellenentgelt am 01.01.1994, hat der Arbeitnehmer
Anspruch auf Zahlung einer persönlichen Zulage (PZÜ) in Höhe dieses Unterschiedsbetrages.
19
Absatz 2:
20
Hat der Arbeitnehmer am 31.12.1993 keinen Anspruch auf Lohnvergütung wegen
...
21
-- der Ableistung des Grundwehrdienstes/Zivildienstes
...
22
wird die PZÜ nach Maßgabe des Absatzes 1 in der weise ermittelt, dass der Monatstabellenlohn/die Vergütung ... zugrundegelegt wird, die
dem Arbeitnehmer zugestanden hätte.
23 Mit Schreiben vom 16.01.1995 machte der Kläger erstmals die Zahlung der PZÜ schriftlich geltend. In einem Schreiben vom 22.03.2000 (AS 13)
schrieb die Beklagte an den Kläger:
24 Sie wurden mit dem Ziel der Übernahme in den Wagenuntersuchungsdienst bei der Deutschen Bundesbahn eingestellt und haben am
04.11.1993 die entsprechende Prüfung erfolgreich abgelegt. Zu diesem Zeitpunkt hatten sie bereits ihren Einberufungsbescheid zum
Grundwehrdienst. Deshalb konnte sie nicht mehr weiter im Wagenuntersuchungsdienst eingearbeitet werden, sondern mussten vielmehr in der
alten Tätigkeit als Handwerker im Werk Basel weiterbeschäftigt werden.
25 Mit seiner am 08.06.2000 eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Nachzahlung von insgesamt DM 30.470,51 als PZÜ für den Zeitraum
vom 01.01.1995 bis zum 31.08.2000.
26 Er trägt zur Begründung vor, dieser Anspruch ergebe sich aus § 6 Abs. 1 Arbeitsplatzschutzgesetz. Er habe einen Anspruch auf Nachzahlung der
PZÜ, denn die Nichtzahlung stelle eine Benachteiligung infolge des von ihm abgeleisteten Grundwehrdienstes dar.
27 Aus dem Schreiben der Beklagten vom 22.03.2000 ergebe sich eindeutig, dass er nur deswegen, weil er bereits zum 01.01.1994 zum
Grundwehrdienst einberufen gewesen sei, nicht bereits im November 1993 zum Werkmeister befördert und ihm eine entsprechende Tätigkeit mit
entsprechender Vergütung nach der Lohngruppe I z LTV Deutsche Bundesbahn übertragen worden sei. Aus § 6 Abs. 1 Arbeitsplatzschutzgesetz
ergebe sich einen Anspruch darauf, dass er so behandelt werde, als hätte er den Grundwehrdienst nicht abgeleistet. Im übrigen ergebe sich
diese Benachteiligung aufgrund des abzuleistenden Grundwehrdienstes auch daraus, dass der damalige Personalleiter der Beklagten im Werk
Basel, Herr Peter Schütz, dem Kläger und einem anderen Arbeitskollegen mit vergleichbarer Situation mitgeteilt habe, dass diese jetzt zunächst
die Bundeswehrzeit absolvieren sollten, danach aber dringend gebraucht würden und dann ihnen die Tätigkeit eines Werkmeister im
Wagenuntersuchungsdienst übertragen werden.
28 Mit Schreiben vom 05.04.1999 habe der Zentralbereich Personalpolitik/Grundsatzfragen der Beklagten (AS 15) angeordnet, dass auch den
Arbeitnehmern, denen im Zeitraum vom 01.01.1994 bis 30.09.1994 nicht nur vorübergehend eine höher bewertete Tätigkeit übertragen wird, ab
diesem Zeitpunkt der Monatslohn bzw. die Vergütung nach den in § 2 ÜTV genannten Tarifverträgen zu zahlen sei. Gleiches treffe zu für die
Einstufung der Mitarbeiter, die im genannten Zeitraum ihre Funktionsausbildung zum Werkmeister erfolgreich beendet würden.
29 Darüber hinaus stünde dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auch aufgrund von § 3 Abs. 2 des ÜTV (zumindest in analoger Anwendung)
zu. Aus der dortigen Regelung in § 3 Abs. 2 ÜTV ergebe sich, das Arbeitnehmer, welche am 31.12.1993 keinen Anspruch auf Lohn/Vergütung
wegen der Ableistung des Grundwehrdienstes/Zivildienstes hätten, ebenfalls einen Anspruch auf die PZÜ nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 ÜTV
hätten. § 3 Abs. 2 ÜTV könne der Grundgedanke entnommen werden, dass unter anderem niemand wegen der Ableistung des
Grundwehrdienstes benachteiligt werden dürfe.
30 Hätte der Kläger nämlich seinen Grundwehrdienst am 01.01.1994 nicht angetreten, sondern statt dessen den Wehrdienst verweigert (und sich
nicht rechtsstaatlich konform verhalten), so wäre er ohne weiteres sofort in den Wagenuntersuchungsdienst nach Absolvierung einer
erfolgreichen Ausbildungsprüfung eingestellt worden.
31 Wegen der genauen Berechnung der geltend gemachten Forderung wird auf Ziffer 5 des Schriftsatzes des Klägers vom 01.09.2000 Bezug
genommen (AS 46 -- 50).
32 Der Kläger habe seine Ansprüche auch rechtzeitig durch das Schreiben vom 16.01.1995 geltend gemacht. Nach § 20 Abs. 2 MTV erstrecke sich
die Geltendmachung des Anspruchs auch auf später fällig werdende Leistungen, die auf dem selben Sachverhalt beruhten.
33 Das Berufen auf die Verjährungsfrist seitens der Beklagten sei rechtsmißbräuchlich, da der Kläger auf sein Geltendmachungsschreiben vom
16.01.1995 nie eine mündliche oder schriftliche Antwort erhalten habe.
34 Der Kläger beantragt daher zuletzt:
35
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 30.470,51 brutto nebst 8,42 % Zinsen seit 13.06.2000.
36 Die Beklagte beantragt,
37
die Klage abzuweisen.
38 Sie trägt zur Begründung vor:
39 Der Kläger habe kein Rechtsanspruch auf die Zahlung der begehrten PZÜ. Zum einen sei die Nichtübertragung der Werkmeistertätigkeit für den
Kläger in der Zeit vom 04.11.1993 bis 31.12.1993 nicht ausschließlich auf den vorliegenden Einberufungsbescheid zum Grundwehrdienst
zurückzuführen. Im übrigen könne sich der Kläger auf § 6 Abs. 1 des Arbeitsplatzschutzgesetzes nicht berufen, weil diese Vorschrift nur
Benachteiligungen in der Zeit nach dem Wehrdienst erfasse. Der Kläger mache aber einen Nachteil vor Antritt des Wehrdienstes geltend, der von
dieser Vorschrift nicht erfasst werde. Auch auf § 3 Abs. 2 des Überleitungs-Tarifvertrages könne sich der Kläger nicht berufen. Diese Vorschrift
umfasse nur den Fall, dass ein Arbeitnehmer am 31.12.1993 keinen Anspruch auf Lohn oder Vergütung wegen der Ableistung des
Grundwehrdienstes habe. Der Kläger habe aber zu diesem Stichtag einen Anspruch auf Vergütung auf Grundlage seines Arbeitsvertrages
gehabt. Hätte der Kläger seine Weiterqualifizierungen unterbrochen und hätte er bereits in der ersten Jahreshälfte 1993 seinen Grundwehrdienst
angetreten, so wäre er am Stichtag 01.01.1994 auch nicht höher eingruppiert worden.
40 Im übrigen seien die Ansprüche des Klägers, wenn sie denn überhaupt bestünden, verjährt bzw. verfallen. Der Kläger hätte ab dem 10.11.1993
innerhalb von sechs Monaten seine Ansprüche geltend machen müsse, was er nicht getan habe.
41 Wegen des weiteren Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
42 Die zulässige Klage ist unbegründet und daher abzuweisen.
43 Dem Kläger steht kein Rechtsanspruch auf die begehrte Nachzahlung der PZÜ in der geltend gemachten Höhe zu. Es fehlt an einer
Rechtsgrundlage hierfür.
44 1. Der Kläger kann seinen Anspruch nicht auf § 3 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 ÜTV stützen. Voraussetzungen für die Anwendung des § 3 Abs. 1 ÜTV ist,
dass der Kläger am 31.12.1993 ein höheres Monatstabellenentgelt erzielt hat als am 01.01.1994. Dies ist bereits nicht der Fall. § 3 Abs. 2 ÜTV
stellt insoweit lediglich eine Berechnungsvorschrift dar, um die Benachteiligung von Arbeitnehmern auszuschließen, die am Stichtag des
31.12.1993 gar keine Vergütung erzielt haben. § 3 Abs. 2 ÜTV ist keine eigenständige Anspruchsgrundlage, sondern nur eine Vorschrift, die
bestimmte Arbeitnehmer ohne Vergütungsanspruch den Arbeitnehmern nach § 3 Abs. 1 ÜTV gleichstellt.
45 2. Auch eine analoge Anwendung des § 3 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 ÜTV scheidet aus. Voraussetzung hierfür wäre, dass eine Regelungslücke
besteht. Eine solche ist jedoch nicht erkennbar. Vielmehr haben die Tarifvertragsparteien die Konsequenzen der Ableistung eines
Grundwehrdienstes am 31.12.1993 sehr wohl bedacht, in dem sie die Arbeitnehmer, die zu diesem Zeitpunkt bereits den Grundwehrdienst
angetreten haben, Arbeitnehmern mit Vergütungsansprüchen gleichgestellt haben. Der Fall der Arbeitnehmer, die erst in Zukunft den
Grundwehrdienst ableisten, brauchte nicht darüber hinaus geregelt zu werden, weil er durch § 3 Abs. 1 ÜTV bereits geregelt ist.
46
Ein allgemeiner Rechtsgedanke eines umfassenden Benachteiligungsverbotes wegen der zukünftigen Ableistung des Grundwehrdienstes
lässt sich § 3 Abs. 2 ÜTV entgegen der Auffassung des Klägers nicht entnehmen. Dem steht der Charakter des § 3 Abs. 2 ÜTV entgegen. Im
Rahmen dieser Vorschrift geht es nicht um den allgemeinen Schutz bestimmter Gruppen von Arbeitnehmer, sondern nur um
vergütungsrechtliche Gleichstellung von bestimmten Arbeitsverhältnissen, in denen aktuell keine Vergütung gezahlt wird, hinsichtlich derer
jedoch gleichwohl Regelungsbedarf im Hinblick auf die persönliche Zulage Übergang bestand. Zu diesen Arbeitsverhältnissen gehört auch
ein Arbeitsverhältnis, das zum Zeitpunkt des 31.12.1993 wegen der Ableistung des Grundwehrdienstes aktuell ruhte.
47
Die Ausführungen des Klägers, was gewesen wäre, wenn er nicht seinen Grundwehrdienst am 01.01.1994 angetreten hätte, sondern statt
dessen den Wehrdienst verweigert hätte und sich damit angeblich "rechtsstaatlich konform verhalten hätte" sind für das Gericht nicht
nachvollziehbar. Der Kläger übersieht einerseits, dass sich auch Zivildienstleistende rechtsstaatlich konform verhalten haben, wenn sie von
der Möglichkeit der Verweigerung des Wehrdienstes Gebrauch gemacht haben (sie können sich nämlich auch die grundrechtlich geschützte
Gewissensfreiheit berufen), sondern der Kläger scheint obendrein zu übersehen, dass er auch in diesem Fall nicht bereits mit bestehender
Prüfung zum Werkmeister befördert und ihm eine entsprechende Aufgabe übertragen worden wäre, sondern er statt eben des Wehrdienstes
den Zivildienst hätte ableisten müssen.
48 3. Der Kläger kann auch nicht auf § 4 des Arbeitsvertrages berufen, wonach die Einstellung mit dem Ziel der Übernahme in den
Wagenuntersuchungsdienst erfolgt ist.
49
Die Auslegung dieser Klausel ergibt nicht, dass der Kläger einen Rechtsanspruch darauf gehabt hat, mit bestehender Prüfung am nächsten
Tag in den Wagenuntersuchungsdienst als Werkmeister übernommen zu werden. Das ergibt sich zum einen daraus, dass hier kein
konkreter Zeitpunkt für die Übernahme in den Wagenuntersuchungsdienst genannt worden ist, so dass es letztendlich im billigen Ermessen
der Beklagten steht, zu welchem Zeitpunkt dies geschehen soll. Es ergibt sich aber auch weiter daraus, dass in § 4 Satz 2 geregelt ist, dass
der Kläger bei Nichtbestehen der Prüfung gekündigt werden kann. Der Sinn der Vorschrift ist nicht der, dem Kläger einen Rechtsanspruch
auf die Einstellung in den Wagenuntersuchungsdienst zu einem bestimmten Tag zu geben, sondern der Beklagten die Möglichkeit zu
eröffnen, das Arbeitsverhältnis für den Fall, dass die Übernahmen in den Wagenuntersuchungsdienst dauerhaft scheitern sollte, zu
kündigen. Ob eine solche Vereinbarung rechtswirksam ist soll dahingestellt bleiben. Sie gibt dem Kläger jedenfalls keinen Anspruch,
aufgrund dessen er, in Verbindung mit Schadensersatzansprüchen die begehrte Zulage stützten könnte.
50 4. Der Kläger kann seinen Anspruch auch nicht aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz herleiten. Zwar hatte die Beklagte einen Arbeitnehmer
der nicht zur Bundeswehr musste, sofort mit in den Wagenuntersuchungsdienst als Werkmeister übernommen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz
setzt jedoch voraus, dass der Arbeitgeber ein gewisses betriebliches Ordnungssystem geschaffen hat, von dem er andere Arbeitnehmer ohne
einen sachlichen Grund ausnimmt. Hier fehlt es bereits an einem betrieblichen Ordnungssystem, um den Gleichbehandlungsgrundsatz
anwenden zu können. Der Kläger stellt lediglich einen einzelnen Fall dar, in dem mit einem Arbeitnehmer anders verfahren worden ist.
51
Darüber hinaus erscheint es auch als ein sachlicher Grund, den unmittelbar bevorstehenden Wehrdienst des Klägers zum Anlass zu
nehmen, ihn nicht bereits jetzt in den Wagenuntersuchungsdienst mit entsprechender Einarbeitung zu übernehmen, sondern ihn bis zum
Antritt des Grundwehrdienstes in seiner bisherigen Funktion als Handwerker zu belassen und unmittelbar nach dem Ableisten des
Grundwehrdienstes erst in den Wagenuntersuchungsdienst als Werkmeister zu übernehmen. Es wäre unter den Gesichtspunkten eines
wirtschaftlichen Personaleinsatzes in der Tat unsinnig, dem Kläger eine Tätigkeit zur Einarbeitung für wenige Wochen zu übertragen, um
dann anschließend ein Jahr lang auf ihn zu verzichten und nach Rückkehr von dem Grundwehrdienst mit der Einarbeitung wieder von
neuem anfangen zu können.
52 5. Der Kläger kann seinen Anspruch auch nicht auf § 6 Abs. 1 Arbeitsplatzschutzgesetz stützen. Nach dieser Vorschrift darf dem Arbeitnehmer,
der im Anschluss an den Grundwehrdienst in seinem bisherigen Betrieb die Arbeit wieder aufnimmt, aus der Abwesenheit, die durch den
Wehrdienst veranlasst war in beruflicher und betrieblicher Hinsicht kein Nachteil entstehen.
53
Von der Rückkehr in seinen Betrieb an hat der Arbeitnehmer also einen Anspruch darauf, so behandelt zu werden, wie er behandelt worden
wäre, wenn seine betriebliche Tätigkeit nicht unterbrochen wäre (AR Blattei (Alt) D Wehrdienst IV Arbeitsplatzschutzgesetz-Sahmer, 1985 C
IX). Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (Urteil vom 13.05.1970, 5 AZR 374/69 AP Nr. 2 zu § 6 Arbeitsplatzschutzgesetz --
2. Der Gründe) bestehen Sinn und Zweck, insbesondere des § 6 Arbeitsplatzschutzgesetzes darin, Benachteiligungen des einberufenen
Arbeitnehmers aufgrund der zwangsläufigen Abwesenheit vom Arbeitsplatz in seinem fortbestehenden Arbeitsverhältnis in der Zeit nach
dem Wehrdienst zu vermeiden. Die während des Wehrdienstes für den Wehrpflichtigen entstandenen Nachteile, die insbesondere im
Wegfall des Lohnanspruches bestehen, werden durch das Arbeitsplatzschutzgesetz nicht behoben oder nur in ihren Auswirkungen
gemildert.
54
§ 6 Abs. 1 Arbeitsplatzschutzgesetz schützt den wehrpflichtigen Arbeitnehmer also nur vor den Nachteilen, die infolge der Abwesenheit des
Arbeitnehmers nach dessen Rückkehr auf den Arbeitsplatz eintreten.
55
Einen solchen Nachteil hat der Kläger nicht erlitten. Nach seinem Sachvortrag, der insgesamt plausibel erscheint, insbesondere im Hinblick
auf das Schreiben der Beklagten vom 22.03.2000, hat er einen Nachteil durch den bevorstehenden Wehrdienst noch im Jahre 1993 erlitten,
weil er zu diesem Zeitpunkt nicht bereits in den Wagenuntersuchungsdienst als Werkmeister übernommen worden ist. Derartige Nachteile,
die wegen der bevorstehende Ableistung des Wehrdienstes dem Arbeitnehmer entstehen, erfasst § 6 Abs. 1 Arbeitsplatzschutzgesetz jedoch
nicht.
56 Entgegen der Auffassung des Klägers gibt es keinen allgemeinen Grundsatz, wonach der Arbeitnehmer so zu behandeln sei, als hätte er den
Grundwehrdienst nicht abgeleistet. Eine solche Formulierung findet sich zwar in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 28.06.1994 (3
AZR 988/93 AP Nr. 6 zu § 6 Arbeitsplatzschutzgesetz unter I. 2.a Der Gründe). Im Kontext der Entscheidung des BAG lässt sich aus dieser
Aussage jedoch nicht die vom Kläger gewünschte Folge ableiten, das jeder Nachteil, der ihm durch den Grundwehrdienst entsteht,
auszugleichen ist. In der genannten Fundstelle hat das Bundesarbeitsgericht im nächsten Satz ausdrücklich klargestellt, das § 6 Abs. 1
Arbeitsplatzschutzgesetz nicht anordnet, das eine Zeit des Grundwehrdienstes als eine Zeit tatsächlicher Tätigkeit im Betrieb zu bewerten ist.
Dies steht auch im Einklang mit früheren Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts, in dem das Bundesarbeitsgericht darauf hingewiesen hat,
dass das Arbeitsplatzschutzgesetz so konzipiert ist, dass die Nachteile, die dem wehrpflichtigen Arbeitnehmer durch den Wehrdienst entstehen
grundsätzlich von diesem selbst zu tragen sind und das Arbeitsplatzschutzgesetz immer nur punktuell, wenn auch an entscheidenden Stellen
einen Ausgleich dieser Nachteile bzw. eine soziale Sicherung des Arbeitnehmers konstituiert (BAG Urteil vom 08.11.1962 5 AZR 112/62 AP Nr. 1
zu § 6 Arbeitsplatzschutzgesetz unter II. 2.a Der Gründe).
57 Wäre die Annahme des Klägers, der Arbeitnehmer müsse konsequent so behandelt werden, als hätte er den Grundwehrdienst nicht abgeleistet
zutreffend, so bedürfte es des Arbeitsplatzschutzgesetzes in seinen einzelnen Ausgestaltungen nicht. Insbesondere hätte der Kläger dann einen
Anspruch auf Vergütungsfortzahlung durch den Arbeitgeber für die Dauer des Wehrdienstes, denn hätte er den Wehrdienst nicht abgeleistet,
hätte er in dieser Zeit Vergütung erzielt. Auch bedürfte es der Regelungen des § 6 Abs. 2 S. 1 nicht. Gäbe es einen umfassendes
Benachteiligungsverbot, so wäre die Regelung, dass die Zeiten des Grundwehrdienstes oder einer Wehrübung auf die Berufs- und
Betriebszugehörigkeit angerechnet werden, völlig überflüssig, denn dies ergebe sich dann zwangsläufig aus dem allgemeinen
Benachteiligungsverbot. Gleiches gilt für § 6 Abs. 4 Arbeitsplatzschutzgesetz. Diese Vorschrift macht deutlich, dass grundsätzlich der
Arbeitnehmer die Nachteile des Wehrdienstes zu tragen hat, insbesondere wenn sich die Bewährungszeiten für die Einstufung in eine höhere
Lohngruppe durch den Wehrdienst verlängern. Auch hier hat das Gesetz wieder eine punktuelle Milderung der Nachteile vorgenommen, in dem
es dem Arbeitnehmer nach § 6 Abs. 4 S. 2 Arbeitsplatzschutzgesetz eine besondere Vergütungszulage zuspricht. Auch diese zuletzt genannte
Vorschrift wäre überflüssig, wenn es ein allgemeines umfassendes Benachteiligungsverbot des Arbeitnehmers im Hinblick auf die Ableistung des
Grundwehrdienstes gäbe.
58 § 6 Abs. 1 Arbeitsplatzschutzgesetz umfasst insbesondere nicht den Fall, dass dem Arbeitnehmer vor Ableistung des Grundwehrdienstes
aufgrund des bevorstehenden Grundwehrdienst, wie wohl auch dem Kläger, Nachteile stehen. Für § 6 Abs. 1 Arbeitsplatzschutzgesetz werden
nur die Nachteile erfasst, die unmittelbar aus der sich aus dem Grundwehrdienst ergebenden Abwesenheit nach Wiederaufnahme der Arbeit
folgen. Im Fall des Klägers fehlt es an dieser unmittelbaren Folge aus der Abwesenheit durch den Wehrdienst. Vielmehr ist der Kläger nur
mittelbar durch den Wehrdienst benachteiligt worden, weil nämlich im Vorfeld des Wehrdienstes eine sonst vermutlich eingetretene Übertragung
einer höherwertigen Tätigkeit ausgeblieben ist.
59 Insgesamt ergibt sich also, dass der Kläger keinen Anspruch auf die von ihm begehrte PZÜ in Höhe des Klagbetrages hat. Die Klage war daher
abzuweisen.
60 Nach § 91 Abs. 1 ZPO hat der Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, da er vollumfänglich unterlegen ist.
61 Der Streitwert ergab sich aus der zuletzt mit der Klage geltend gemachten Forderung.