Urteil des ArbG Frankfurt an der Oder vom 17.09.2008

ArbG Frankfurt: ordentliche kündigung, fristlose kündigung, abmahnung, wichtiger grund, betriebsrat, weisung, beleidigung, zeiterfassung, personalakte, interessenabwägung

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Gericht:
ArbG Frankfurt 7.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
7 Ca 9327/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 626 Abs 1 BGB, § 1 Abs 2 S
1 KSchG
Ordentliche Kündigung ohne vorherige Abmahnung wegen
Bezeichnung des Vorgesetzten als "faulen Sack"
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose
Kündigung vom 23.11.2007 aufgelöst ist.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Parteien je zur Hälfte.
4. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf € 6.580,00 festgesetzt.
5. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen und einer
hilfsweise ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung sowie über die Entfernung
einer Abmahnung aus der Personalakte des Klägers.
Zwischen den Parteien war bereits unter dem Aktenzeichen 7 Ca 7817/05 ein
Rechtsstreit anhängig, bei dem es zu einem Berufungsverfahren beim Hess. LAG
gekommen war.
Die Beklagte ist ein Gastronomieunternehmen, das an Flughäfen, u.a. in F, ihre
Dienstleistungen anbietet. Bei ihr sind regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer
beschäftigt. Es besteht ein Betriebsrat.
Der am ... 19... geborene, kinderlose Kläger ist nach Angaben der Beklagten
verheiratet. Er ist seit dem 01.12.1999 bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt als
Servicekraft, die eine mobile ...-...-Bar bedient. Sein durchschnittliches
Bruttomonatsgehalt beträgt € 1.645,00 brutto.
Am 23.10.2007 hatte der Kläger Spätdienst an der mobilen ...-...-Bar. Die Schicht
dauerte von 14:00 bis 22:15 Uhr. Die Mitarbeiter der Beklagten sind verpflichtet,
ihren "Bruch", d.h. die nicht verkaufte Waren, vom Vorgesetzten kontrollieren und
sich abzeichnen zu lassen. Der Vorgesetzte und damit Teamleiter des Klägers –
auch "Manager of Duty" (MOD) genannt –, Herr ..., forderte deswegen den Kläger
am 23.10.2007 um 22:00 Uhr auf, den "Bruch" aus der Schicht zur Kontrolle in das
Büro von Herrn ... zu bringen. Dies tat der Kläger, wobei zwischen den Parteien
streitig ist, ob der Kläger dort um oder nach 22:15 Uhr eintraf. Jedenfalls waren
dort auch andere Kollegen des Klägers mit ihrem jeweiligen "Bruch". Herr ... gab
dem Kläger sodann die Weisung, dessen "Bruch" (d.h. Sandwiches etc.) in eine
Kiste zu tun, damit er diesen kontrollieren könne. Dem kam der Kläger unstreitig
nicht nach. Er begründete dies damit, dass bereits Feierabend sei. Ausweislich der
arbeitgeberseitigen Zeiterfassung hat der Kläger um 22:46 Uhr "ausgestempelt".
Die Beklagte erteilte dem Kläger mit Schreiben vom 29.10.2007 (Bl. 6, 15, 23 d.A.)
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Die Beklagte erteilte dem Kläger mit Schreiben vom 29.10.2007 (Bl. 6, 15, 23 d.A.)
eine Abmahnung im Hinblick auf der vorgenannte Verhalten des Klägers am
23.10.2007.
Der Kläger hatte am 07.11.2007 wieder Schicht an der mobilen ...-...-Bar. Herr ...
ging zusammen mit dem Zeugen, Herrn ..., gegen 16:00 Uhr zum Kläger, um
diesem die Abmahnung vom 29.10.2007 zu übergeben. Was anschließend
passierte, insbesondere welche Äußerungen der Kläger getätigt haben soll, ist
zwischen den Parteien umstritten.
Am 08.11.2007 wurde der Kläger zum Vorfall vom 07.11.2007 durch die Beklagte
angehört. Später am Tag telefonierte der Kläger mit dem Zeugen .... Der Inhalt
dieses Gesprächs ist zwischen den Parteien umstritten.
Mit Schreiben vom 21.11.2007 (Bl. 12-14, 20-22 d.A.) hörte die Beklagte den
Betriebsrat zur beabsichtigen fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung des
Klägers an. Dieses Schreiben erhielt der Betriebsrat am 22.11.2007. Nach einer
Sitzung widersprach der Betriebsrat am 23.11.2007 der außerordentlichen
Kündigung, stimmte jedoch der ordentlichen Kündigung zu (Bl. 16, 24 d.A.).
Mit Schreiben vom 23.11.2007, das der Kläger am selben Tag erhielt, kündigte die
Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos (Bl. 4 d.A.).
Mit weiterem Schreiben vom 27.11.2007, das der Kläger am selben Tag erhielt,
kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos (Bl. 5 d.A.).
Der Kläger ist der Ansicht, dass er die Weisung von Herrn ... vom 23.10.2007 nicht
mehr befolgen musste, da diese nach 22:15 Uhr und damit nach Schichtende
ergangen sei. Er behauptet, die Arbeitszeit nach 22:15 Uhr sei ihm nicht vergütet
worden und er habe hierfür keinen Freizeitausgleich erhalten. Außerdem
behauptet er, die Weisung sei schikanös. Hinsichtlich des Gesprächs mit Herrn ...
behauptet der Kläger, dass er "lediglich" gesagt habe, dass Herr ... faul sei, da er
seine Arbeit nicht machen würde, denn er sei niemals erreichbar, wenn der Kläger
etwas wolle. Im Vorfeld dieser Äußerung sei er mehrfach von Herrn ... bedrängt
worden. Ferner behauptet er, dass er Herrn ... am 08.11.2007 in dem
Telefongespräch lediglich um dessen Hilfe gebeten habe, da es nun von Seiten der
Beklagten heißen würde, er habe zu Herrn ... "Du fauler Sack" gesagt.
Der Kläger beantragt,
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder
durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 23.11.2007 noch durch die
hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 27.11.2007 aufgelöst ist;
2. die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 29.10.2007 aus der
Personalakte des Klägers zu entfernen;
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass es beim Fehlverhalten am 23.10.207 nicht
darauf ankomme, ob das Schichtende bereits überschritten sei. Sie behauptet,
der Kläger habe am 07.11.2007 seinen Vorgesetzten in Gegenwart des Zeugen ...
und in Anwesenheit von Kunden mit "Du fauler Sack" beschimpft und habe die
Beschimpfung auf Nachfrage von Herrn ... wiederholt. Ferner behauptet sie, der
Kläger habe den Zeugen ... telefonisch gebeten, gegenüber der Beklagten zu
verschweigen, dass er "fauler Sack" zum Herrn ... gesagt habe. Schließlich
behauptet sie, dass die Arbeitszeit des Klägers am 23.10.2007 bis 22:36 Uhr voll
bei der Zeiterfassung, d.h. als Plus-Stunden, berücksichtigt worden sei.
Die Klage ging beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main am 30.11.2007 ein und
wurde der Beklagten am 05.12.2007 (Bl. 8 d.A.) zugestellt. Das Gericht hat im
Kammertermin vom 17.09.2008 Beweis durch Vernehmung des Zeugen ...
erhoben. Ferner wurde der Kläger informatorisch angehört. Hinsichtlich des
Gegenstandes und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das
Terminprotokoll verwiesen. Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf
die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze, ihre Beweisantritte und die
von ihnen eingereichten Unterlagen und damit auf die Gerichtsakte Bezug
genommen (§ 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO).
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Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist teilweise begründet, im Übrigen ist sie unbegründet und
daher insofern abzuweisen.
I. Die Klage ist zulässig. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist
gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. b.) ArbGG für die Kündigungsschutzklage und gemäß
§ 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. a.) ArbGG für den weiteren Antrag gegeben. Der
gewöhnliche Arbeitsort des Klägers (§ 48 Abs. 1a ArbGG) in Frankfurt gehört
zum örtlichen Zuständigkeitsbereich des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main.
Das gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i.V.n. §§ 495 Abs. 1, 256 ZPO
erforderliche Feststellungsinteresse für den Kündigungsschutzantrag liegt vor,
da es dem Kläger unabhängig von den Bestimmungen der §§ 1 Abs. 1, 23 Abs.
1 KSchG gemäß §§ 13 Abs. 3, 4, 7 KSchG obliegt, die Unwirksamkeit einer
außerordentlichen Kündigung binnen der Präklusionsfrist von drei Wochen ab
Zugang der Kündigung gerichtlich geltend zu machen.
II. Die Kündigungsschutzklage bzgl. der fristlosen Kündigung ist begründet, da die
außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 23.11.2007 unwirksam ist, da
kein wichtiger Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB vorliegt. Unterstellt man in diesem
Zusammenhang, der Kläger hat tatsächlich seinen Vorgesetzten zweimal als
"faulen Sack" bezeichnet, ergibt sich das Fehlen eines wichtigen Grundes
aufgrund folgender Erwägungen: Zunächst ist einerseits zulasten des Klägers
keine Provokation seitens des Herrn ... oder des Zeugen ... zu erkennen,
geschweige denn schlüssig dargelegt. Soweit ein etwaiges Drängen hinsichtlich
der überreichten Abmahnung vom 29.10.2007 vorliegen sollte, reichte dies für
eine Provokation nicht aus, denn die Beklagte hat damit nur ihre
arbeitsvertraglichen Rechte ausgeübt. Andererseits ist aber auch nicht zu
erkennen, dass die Gäste bzw. Kunden – unterstellt, diese wären anwesend
gewesen, was aber zwischen den Parteien umstritten ist – diese Beleidigungen
seitens des Klägers gehört hätten. Die Bezeichnung als "fauler Sack" ist nach
Ansicht der Kammer im Ergebnis aber nicht als grobe Beleidigung zu werten,
da mangels näherer Angaben der insofern darlegungs- und beweisbelasteten
Beklagten nicht davon auszugehen ist, dass sich Herr ... gekränkt gefühlt hätte
und dass beim Kläger gehässige oder sonst wie verachtungswürdige Motive
vorliegen würden (vgl.
). Als "einfache" Beleidigung erfüllt die Äußerung des Klägers
aber nicht die Voraussetzungen für einen wichtigen Grund iSv § 626 Abs. 1
BGB.
III. Die Kündigungsschutzklage bzgl. der hilfsweisen ordentlichen Kündigung der
Beklagten vom 27.11.2007 ist allerdings unbegründet, da diese Kündigung das
Arbeitsverhältnis zum nächst möglichen Zeitpunkt, d.h. zum 31.01.2008,
aufgelöst hat.
1. Die Kündigungserklärung der Beklagten vom 27.11.2007 wahrt zunächst das
Schriftformerfordernis des § 623 BGB.
2. Der Kläger hat auch die Drei-Wochen-Frist des §§ 4 Satz 1, 13 Abs. 3 KSchG
gewahrt, da er im Hinblick auf die streitgegenständliche Kündigung fristgerecht
Kündigungsschutzklage erhoben hat, die bei Gericht am 30.11.2007
eingegangen ist und der Beklagten demnächst (§ 167 ZPO) zugestellt wurde.
3. Vorliegend ist auch ein Kündigungsgrund gegeben, so dass die Kündigung
sozial gerechtfertigt (§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG) ist.
a) Zunächst findet das KSchG gemäß §§ 1 Abs. 1, 23 KSchG auf die Parteien
Anwendung, da der Kläger die Wartezeit erfüllt hat und die Beklagte mehr als
zehn Arbeitnehmer regelmäßig beschäftigt.
b) Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist eine Kündigung u.a. dann wirksam, wenn sie
auf Gründen, die im Verhalten des Arbeitnehmers liegen, beruht. Die
Rechtmäßigkeit einer verhaltensbedingten Kündigung ist gemäß § 1 Abs. 2
Satz 1 KSchG in drei Stufen zu prüfen (siehe
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Satz 1 KSchG in drei Stufen zu prüfen (siehe
).
In der ersten Stufe müsste ein vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers
vorliegen (siehe
). Hierfür ist ein steuer- und zurechenbares sowie vorwerfbares (=
schuldhaftes) Verhalten des Arbeitnehmers erforderlich, mit dem dieser seine ihm
obliegenden Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis verletzt. Ein derartiges
vertragswidriges Verhalten kann sowohl den Leistungs- als auch den
Vertrauensbereich betreffen. Nach dem das Kündigungsschutzrecht
beherrschenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist der Arbeitnehmer bei
einem pflichtwidrigen Verhalten sowohl im Leistungs- als auch im
Vertrauensbereich zuvor abzumahnen, es sei denn die Abmahnung ist nicht
erfolgversprechend oder es geht um besonders schwere Pflichtverletzungen,
deren Rechtswidrigkeit für den Arbeitnehmer ohne Weiteres erkennbar und bei
denen eine Hinnahme des Verhaltens durch den Arbeitgeber ausgeschlossen war.
In einer zweiten Stufe ist zu prüfen, ob es durch das Verhalten des Klägers zu einer
(erheblichen) Störung des Arbeitsverhältnisses gekommen ist. In einer dritten
Stufe ist sodann eine Interessenabwägung vorzunehmen.
a) Gemessen an diesen Vorgaben liegt zunächst eine arbeitsvertragliche
Pflichtverletzung des Klägers vor, denn er hat seinen Vorgesetzten ... am
07.11.2007 zweimal als "faulen Sack" bezeichnet. Dies steht zur Überzeugung
der Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest (§ 286 ZPO). Der
Zeuge ... hat glaubwürdig und glaubhaft diesen Sachverhalt bestätigt. Den
gegenteiligen Ausführungen des Klägers in seiner informatorischen Befragung
schenkt die Kammer hingegen keinen Glauben. Die Aussage des Zeugen ... ist
in sich schlüssig, auch wenn er sich an einzelne Details nicht mehr genau
erinnern kann. Den Kern des Vorwurfes hat er aber ohne Wenn und Aber
bestätigt. Ebenso ist eine Belastungstendenz zugunsten des Klägers nicht zu
erkennen, zumal der Zeuge den Kläger schon seit längerem kennt. Der Kläger
hingegen hat für seine Variante, in der er den Herrn ... lediglich als "faul"
bezeichnet haben will, keine schlüssige Darstellung geliefert, aus welchen
Gründen diese – im Übrigen wenigstens abmahnungswürdige – Bezeichnung
gegenüber Herrn ... angemessen sein sollte.
b) Durch das Verhalten des Klägers ist es ferner zu einer (erheblichen) Störung
des Arbeitsverhältnisses gekommen, denn der Kläger hat mit seinen beiden
Beleidigungen den Betriebsfrieden gestört und die Autorität seines
Vorgesetzten, zumindest in Gegenwart des Zeugen ... in Frage gestellt. Trotz
entsprechender Aussage des Zeugen ..., dass Kunden an der mobilen ...-...-
Bar anwesend waren, ist für die Kammer nicht zu erkennen, dass diese die
zweifache Beleidigung mitbekommen sollen, zumal am Flughafen bzw. auf den
Flugsteigen gerichtsbekannt ein nicht unerheblicher Geräuschpegel herrscht.
c) Auch bei einer Interessenabwägung stellt sich das Verhalten des Klägers als
kündigungsgeeignet dar. (Einfache) Beleidigungen von Vorgesetzten muss
kein Arbeitgeber hinnehmen, hier ist vielmehr von den Arbeitnehmern zu
verlangen, dass sie ihre Gefühlsregungen unter Kontrolle halten. Ergänzend
kommt hinzu, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung
der Kammer feststeht, dass der Kläger den Zeugen ... am 08.11.2007
"gebeten" hat, gegenüber der Beklagten nicht zu bestätigen, dass er Herrn ...
zweimal als "faulen Sack" bezeichnet hat, damit er keine Schwierigkeiten
erhält. Diese versuchte Vertuschung und Verharmlosung der Angelegenheit
lässt das Vertrauen der Beklagten in die Zuverlässigkeit des Klägers zu Recht
entfallen.
4. Vorliegend ist auch die relevante Kündigungsfrist zum 31.01.2008 von der
Beklagten eingehalten.
5. Der zuständige Betriebsrat ist gemäß § 102 BetrVG ordnungsgemäß angehört
worden, und dieser hat der hilfsweise ordentlichen Kündigung sogar
zugestimmt.
IV. Die Abmahnung vom 29.10.2007 ist nicht gemäß §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1
BGB analog aus der Personalakte zu entfernen, da der Kläger die dargelegte
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BGB analog aus der Personalakte zu entfernen, da der Kläger die dargelegte
arbeitsvertragliche Pflichtverletzung begangen hat, indem er der Weisung von
Herrn ... am 23.10.2007, die Bruchware in eine Kiste zu legen, unstreitig nicht
nachgekommen ist. Für das Vorliegen einer Pflichtverletzung ist es vorliegend
unerheblich, ob bereits das Schichtende um 22:15 Uhr überschritten wurde,
wie der Kläger behauptet. Es ist eine selbstverständliche arbeitsvertragliche
Pflicht, dass etwaig erforderliche Abschluss- oder Übergabearbeiten, die bis
zum regulären Arbeitsende nicht vorgenommen werden können, unmittelbar
im Anschluss zu erledigen sind, da Arbeitnehmer wie der Kläger nicht um
Punkt 22:15 Uhr "den Griffel" fallen lassen können. Dies gilt umso mehr als
ausweislich der Zeiterfassung der Beklagten ein "Vortrag" sowie ein
"Übertrag" der monatlichen Arbeitszeit monatsweise erfolgt, so dass die
Arbeitszeit des Klägers am 23.10.2007 bis 22:46 Uhr auch voll auf dem
Arbeitszeitkonto erfasst wurde. Dass die Weisung von Herrn ... schikanös
gewesen sei, hat der insofern darlegungs- und beweisbelastet Kläger mangels
geeigneten Sachvortrages nicht schlüssig dargelegt. Die Abmahnung ist
somit rechtmäßig und ist damit nicht zu entfernen.
V. Die Kosten des Rechtsstreites tragen die Parteien je zur Hälfte, da sie jeweils
teilunterlegen sind, § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 92 Abs. 1 ZPO. Ausgehend von
einem Streitgegenstandswert i.H.v. € 6.580,00 (siehe unten), unterliegt der
Kläger hinsichtlich der hilfsweisen ordentlichen Kündigung und dem Antrag auf
Entfernung der Abmahnung, was mit zwei Bruttomonatsgehältern á €
1.645,00 zu bewerten ist, während die Beklagte im Übrigen unterliegt, so dass
die Kostenlast entsprechend zwischen den Parteien zu verteilen ist.
VI. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes im Urteil beruht auf § 61
Abs. 1 ArbGG. Der Wert des Streitgegenstandes ist auf € 6.580,00
festzusetzen. Der Kündigungsschutzantrag ist mit drei
Bruttomonatsgehältern á jeweils € 1.645,00 zu bewerten, da es sich bei der
Kündigung vom 27.11.2007 um eine "Folgekündigung" handelt. Der Antrag auf
Entfernung der Abmahnung ist mit einem weiteren Bruttomonatsgehalt zu
bewerten.
VII. Gründe, die Berufung gemäß § 64 Abs. 3 ArbGG gesondert zuzulassen, liegen
nicht vor, insbesondere kommt der Rechtssache keine grundsätzliche
Bedeutung gemäß §§ 64 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 2 lit. a.) ArbGG zu. Die ohnehin
gegebene Zulässigkeit der Berufung gemäß § 64 Abs. 2 lit. b.) und lit. c.)
ArbGG bleibt hiervon unberührt. Die Entscheidung über die Zulassung der
Berufung ist gemäß § 64 Abs. 3a Satz 1 ArbGG in den Urteilstenor
aufzunehmen.
VIII. Eine Rechtsmittelbelehrung findet sich auf der nächsten Seite.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.