Urteil des ArbG Frankfurt an der Oder vom 22.04.2009

ArbG Frankfurt: gesellschaft mit beschränkter haftung, geschäftsführer, firma, aushändigung, verzug, kopie, handelsregisterauszug, chef, arbeitslohn, erlöschen

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Gericht:
ArbG Frankfurt 15.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
15 Ca 8587/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 611 Abs 1 BGB, § 2 NachwG,
§ 4 Abs 1 TVG, § 286 Abs 1
BGB, § 284 BGB
Vergütungsanspruch - keine Aushändigung eines
schriftlichen Arbeitsvertrags - tarifvertragliche
Ausschlussfrist - Schadensersatzanspruch
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 3.818,60 Euro festgesetzt.
4. Die Berufung wird nicht zugelassen. Die Statthaftigkeit der Berufung nach
dem Wert des Beschwerdegegenstandes bleibt davon unberührt.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung von Arbeitsvergütung.
Die Beklagte ist eine mit Gesellschaftsvertrag vom 16. Januar 2008 gegründete
und am 3. März 2008 ins Handelsregister eingetragene Gesellschaft mit
beschränkter Haftung (GmbH), deren Unternehmensgegenstand der Trockenbau
ist (vgl. Handelsregisterauszug, Bl, 155 d. A.). Der Kläger hatte zunächst die Firma
B. GmbH auf Zahlung von Arbeitsvergütung wegen von ihm im Zeitraum vom 1.
Oktober 2007 bis 16. November 2007 beim Ausbau des Kaufhauses G. in Frankfurt
am Main erbrachter Montagearbeiten verklagt, diese Klage jedoch
zurückgenommen, nachdem im Kammertermin am 17. September 2008
Rechnungen der Firma L. Trockenbau mit Sitz in T. vorgelegt worden waren, mit
denen diese als Subunternehmerin u. a. die Arbeitsleistungen des Klägers
gegenüber der Fa. B. GmbH abgerechnet hat. Bei der Firma L. Trockenbau
handelte es sich um ein vom Geschäftsführer der Beklagten betriebenes
Einzelunternehmen. Wegen der Erklärungen im Kammertermin vom 17.
September 2008 wird auf die mit der Klage in Kopie vorgelegte Abschrift des
Sitzungsprotokolls im Verfahren 15 Ca 1260/08 (Bl. 40 f. d. A.) und wegen der
Einzelheiten der vorgelegten Rechnungen und des daraus zu entnehmenden
zeitlichen Umfangs der Arbeitsleistungen des Klägers auf die weiteren Anlagen der
Klageschrift (Bl. 42 ff. d. A.) verwiesen.
Der Kläger macht mit seiner am 3. Dezember 2008 bei Gericht eingereichten
Klage seine Vergütungsansprüche nunmehr gegenüber der Beklagten geltend und
behauptet hierzu, er habe Ende August 2007 mit dem Vorarbeiter P, der sich als
Chef der Beklagten ausgegeben habe, zunächst ein Probearbeiten von zwei
Wochen und einen Stundenlohn von 10 € brutto nach Vorlage sämtlicher
Unterlagen vereinbart. Hiernach habe er, der Kläger, Herrn P die
versicherungsrechtlichen Unterlagen sowie seine Lohnsteuerkarte vorgelegt und in
der Zeit vom 1. Oktober 2007 bis 16. November 2007 insgesamt 361,86
Arbeitsstunden für die Beklagte geleistet. Die von geleisteten Stunden seien den
Fremdhandwerker-Nachweisen des Kaufhauses G. zu entnehmen (vgl. Kopien Bl. 7
ff. d. A.). Nachdem er trotz wiederholter Aufforderung weder einen schriftlichen
Arbeitsvertrag noch seinen Arbeitslohn für Oktober 2007 erhalten habe, habe er
seine Tätigkeit eingestellt.
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Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, 3.618,60 € brutto nebst 5 % Zinsen über
dem Basiszinssatz seit 3. Dezember 2007 an ihn zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Monate Oktober und
November 2007 ordnungsgemäß Lohnabrechnungen zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie vertritt unter Verweis auf ihre erst später erfolgte Gründung die Auffassung, sie
sei nicht passiv legitimiert. Die Beklagte behauptet, der Kläger habe nur ein paar
Tage für ihren Geschäftsführer gearbeitet. Er sei dann aber nicht weiterbeschäftigt
worden, weil er keine Arbeitspapiere, insbesondere keine Arbeitserlaubnis
vorgelegt habe.
Der Kläger hat dem Geschäftsführer der Beklagten den Streit verkündet, ohne
dass dieser beigetreten ist.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften
vom 9. Februar 2009 und vom 22. April 2009 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Die Vergütungsansprüche des Klägers sind verfallen, da sie nicht innerhalb der
Ausschlussfrist des allgemeinverbindlichen und nach seinem Geltungsbereich auch
auf das Arbeitsverhältnis des Klägers anwendbaren Bundesrahmentarifvertrages
für das Baugewerbe (BRTV) geltend gemacht wurden.
Dass der Kläger die von ihm dargelegte Arbeitsleistung für den Geschäftsführer
der Beklagten erbracht hat, ergibt sich aus den vorgelegten Fremdhandwerker-
Nachweisen des Kaufhauses G. und den Rechnungen, mit denen u. a. die Stunden
des Klägers gegen den Hauptauftragnehmer abgerechnet wurden. Die Einlassung
des Geschäftsführers der Beklagten, der Kläger habe nur ein paar Tage für ihn
gearbeitet und sei dann nicht weiterbeschäftigt worden, ist vor diesem Hintergrund
offensichtlich unwahr. Für die Verbindlichkeiten des Geschäftsführers hatte die
Beklagte aufgrund Firmenfortführung gemäß § 25 Abs. 1 HGB zu haften. Eine
Firmenfortführung bedeutet nicht zwingend deren wortgetreue Übernahme.
Entscheidend ist, ob die maßgeblichen Verkehrskreise trotz erkennbarer
Änderungen der Firma von deren Kontinuität ausgehen dürfen (vgl. BGH U. v. 15.
März 2004 – II ZR 324/01 – NJW-RR 2004, 1173). Dies ist vorliegend zu bejahen, da
sowohl der Name des Geschäftsführers "L." als auch der
Unternehmensgegenstand "Trockenbau" als prägende Teile der alten und der
neuen Firma anzusehen sind.
Die Vergütungsansprüche des Klägers sind jedoch gemäß § 15 BRTV verfallen.
Nach § 15 Abs. 1 Satz 1, 1. Hs. BRTV verfallen alle beiderseitigen Ansprüche aus
dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung
stehen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber
der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden. Hiernach wäre der Lohn für
Oktober 2007 spätestens am 15. Januar 2008 und der Lohn für November 2007
spätestens am 15. Februar 2008 schriftlich geltend zu machen gewesen. Eine
solche schriftliche Geltendmachung behauptet der Kläger nicht.
Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auch nicht als
Schadensersatzanspruch gemäß §§ 286 Abs. 1, 284 Abs. 2, 249 BGB wegen nicht
erfolgter Aushändigung eines schriftlichen Arbeitsvertrages gemäß § 2 NachwG zu.
Der Geschäftsführer der Beklagten befand sich zwar mit der Aushändigung der
Niederschrift in Verzug, so dass er dem Kläger nach § 286 Abs. 1 BGB zum Ersatz
des durch den eingetretenen Verzug adäquat verursachten Schadens verpflichtet
ist (vgl. hierzu BAG U. v. 17. April 2002 – 5 AZR 89/01 – AP Nr. 6 zu § 2 NachwG).
Der Schaden ist in dem Erlöschen der Vergütungsansprüche infolge der
Unkenntnis der tarifvertraglichen Ausschlussfrist zu sehen. Jedoch war dem Kläger
die fristgerechte Geltendmachung jedenfalls des Schadensersatzanspruches mit
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die fristgerechte Geltendmachung jedenfalls des Schadensersatzanspruches mit
der Beauftragung seines Prozessbevollmächtigten möglich, der die maßgeblichen
tarifvertraglichen Ausschlussfristen zu beachten hatte und dessen Kenntnis dem
Kläger nach §§ 254 Abs. 2 Satz 2, 278 BGB zuzurechnen ist. Spätestens nach
Vorlage der Rechnungen im Kammertermin vom 17. September 2008 hatten der
Kläger und sein Prozessbevollmächtigter Kenntnis über den richtigen
Anspruchsgegner. Der Eingang der vorliegenden Klage erst am 3. Dezember 2008
und die auch davor weiterhin unterbliebene schriftliche Geltendmachung beim
Anspruchsverpflichteten verdeutlichen, dass auch der Schadensersatzanspruch,
der ausgehend vom 17. September 2008 spätestens am 17. November 2008
geltend zu machen gewesen wäre, verfallen ist.
Der Kläger hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 91
Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 3 ZPO.
Die Berufung ist, soweit das Rechtsmittel nur beschränkt eingelegt und die
Berufungssumme somit nicht erreicht wird, nicht ausdrücklich zuzulassen, da die
Zulassungsvoraussetzungen des § 64 Abs. 3 ArbGG nicht vorliegen, die
Rechtssache insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung hat.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.