Urteil des ArbG Essen vom 04.08.1999

ArbG Essen: anpassung, zukunft, aktiven, arbeitsgericht, form, berufungsschrift, akte, besoldung, rechtsmittelbelehrung, satzung

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Schlagworte:
Normen:
Sachgebiet:
Leitsätze:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Arbeitsgericht Essen, 5 Ca 1734/99
04.08.1999
Arbeitsgericht Essen
5. Kammer
Urteil
5 Ca 1734/99
ohne
ohne
Arbeitsrecht
kein Leitsatz vorhanden
1.Die Klage wird abgewiesen.
2.Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3.Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.070,-- DM festgesetzt.
T a t b e s t a n d :
Der 73-jährige Kläger bezieht seit Dezember 1990 Ruhegeld nach der bei der Beklagten
bestehenden betrieblichen Altersversorgungsregelung. Es handelt sich hierbei um die
„Grundsätze des Vorstandes des S.. über die betriebliche Alters- und Hinterbliebenen- und
Dienstunfähigkeitsversorgung“ vom 28.10.1966 sowie die Bestimmungen zur Abändung
und Ergänzung der vorgenannten Grundsätze vom 04.03.1981, wegen deren Einzelheiten
auf Blatt 5 bis 10 der Akte, Bezug genommen wird.
Über die Berechnungsgrundlage der Altersrente des Klägers gab es bereits einen
Rechtsstreit, in welchem durch Teil-Urteil des LAG Düsseldorf vom 29.01.1993 - 9 Sa
499/92 - sowie Schluß-Urteil vom 28.05.1993 festgestellt wurde, daß für die Errechnung
und Festsetzung der ruhegeldfähigen Bezüge des Klägers nicht die Besoldungsgruppe A
15 Altersstufe 15, sondern die Besoldungsgruppe A 16 der LBO NW Stufe 15 zugrunde zu
legen ist. Wegen der Einzelheiten dieses Rechtsstreits wird auf Tatbestand und
Entscheidungsgründe des in Kopie zur Akte gereichten Teil-Urteils vom 29.01.1993, Blatt
51 - 73 d. A. Bezug genommen.
Das Ruhegeld des Klägers wurde von 1991 bis 1997 jährlich entsprechend den
Besoldungserhöhungen der Beamten des Landes NRW angehoben. In dem hierzu
ergangenen Begleitschreiben der Beklagten teilt diese jeweils mit, die Anhebung der Rente
erfolge in Anlehnung an die Erhöhung der Grundgehälter und Ortszuschläge für die
Beamten des Landes NRW. Insoweit wird bespielhaft auf das Schreiben der Beklagten
vom 05.07.1995, Blatt 107 d. A., Bezug genommen. Die Löhne und Gehälter der Mitarbeiter
der Beklagten werden in Vergütungstarifverträgen festgelegt. In § 3 und § 4 des
Vergütungstarifvertrages wurde jeweils festgelegt, daß sich Grundvergütung und
Ortszuschlag im selben Prozentsatz und zum selben Zeitpunkt ändern, wie die
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entsprechenden Sätze der Bundesbesoldungsordnung. Erstmalig zum 01.04.1998 wurde
ein Vergütungstarifvertrag ohne einen entsprechenden Passus vereinbart. Die Löhne und
Gehälter der Mitarbeiter der Beklagten wurden abweichend von den
Besoldungserhöhungen der Beamten (1,5 %) nur um 1,3 % erhöht.
Die Rente des Klägers wurde zum gleichen Zeitpunkt um 1,3 % angepaßt. Mit der
vorliegenden Klage begehrt der Kläger eine Erhöhung seines Ruhegeldes entsprechend
den Besoldungserhöhungen der Landesbesoldungsordnung NRW sowie Nachzahlung der
Differenzen für die Zeit vom 01.01.1998 bis 30.04.1999.
Der Kläger vertritt die Ansicht, aufgrund der jährlichen Erhöhungen und den
entsprechenden Begleitschreiben habe die Beklagte einen Vertrauenstatbestand
geschaffen.
Der Kläger beantragt,
1.die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 475,57 DM brutto nebst
4 % Zinsen seit dem 25.05.1999 zu zahlen;
2.festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, für die Errechnung
und Festsetzung der laufenden ruhegeldfähigen Bezüge die jeweils
aktuelle Landesbesoldungsordnung NRW zugrunde zu legen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, die Anpassungen seien immer entsprechend den Erhöhungen der
Bezüge der aktiven Mitarbeiter erfolgt; bis einschließlich 1997 habe dies lediglich aufgrund
der Vergütungstarifverträge mit den Besoldungserhöhungen der Beamten übereingestimmt;
nur dies sei mit dem entsprechenden Hinweis in den jeweiligen Mitteilungen gemeint
gewesen, die Anpassung erfolge „in Anlehnung“ an die Besoldungserhöhungen.
Wegen des sonstigen Sach- und Streitstandes wird auf den gesamten zum Gegenstand der
mündlichen Verhandlung gemachten Akteninhalt Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
1. Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen keine Bedenken.
Insbesondere hat der Kläger das für den Antrag zu 2) erforderliche Feststellungsinteresse.
Dieses ergibt sich daraus, daß zwischen den Parteien die Frage, ob der Kläger einen
Anspruch auf Anpassung seines Ruhegeldes entsprechend den Besoldungserhöhungen
nach der Landesbesoldungsordnung NRW hat, streitig ist. Diese Frage ist auch noch nicht
durch das Verfahren beim LAG Düsseldorf mit dem Aktenzeichen 9 Sa 499/92 geklärt
worden. Wie sich Tatbestand und Entscheidungsgründen des Teil-Urteils vom 29.01.1993
entnehmen läßt, war Gegenstand des Verfahrens lediglich die erstmalige Festsetzung der
ruhegeldfähigen Bezüge des Klägers, nicht hingegen die Frage, inwieweit eine
regelmäßige Anpassung zu erfolgen hat.
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2. Die Klage ist aber insgesamt unbegründet, da dem Kläger kein Anspruch auf Anpassung
seines Ruhegeldes entsprechend den Besoldungserhöhungen der
Landesbesoldungsordnung NRW zusteht.
a) Ein solcher Anspruch des Klägers ergibt sich nicht aus der Versorgungszusage bzw. der
Versorgungsordnung der Beklagten. Die Anpassung der Renten ist dort nicht geregelt.
b) Aus § 16 BetrAVG läßt sich der Anspruch des Klägers ebenfalls nicht herleiten, denn
hieraus ergibt sich nur die Verpflichtung der Beklagten auf eine Anpassungsüberprüfung im
Zeitraum von 3 Jahren und eine Entscheidung nach billigem Ermessen. Seit der letzten
Anpassung im Jahr 1997 sind aber noch keine drei Jahre vergangen.
c) Die vom Kläger begehrte Ruhegelderhöhung auf der Grundlage der
Besoldungserhöhungen der Landesbeamten ergibt sich auf nicht aus den Grundsätzen der
betrieblichen Übung.
Allerdings kann sich nach Rechtsprechung der BAG aus einer bestimmten Handhabung
der Ruhegeldanpassung in der Vergangenheit aus den Grundsätzen der betrieblichen
Übung ein entsprechender Anspruch des Ruhegeldempfängers für die Zukunft ergeben
(BAG vom 03.02.1987 - 3 AZR 330/85 - , EZA § 16 BetrAVG Nr. 19; BAG vom 03.12.1985 -
3 AZR 577/83 -, EZA § 16 BetrAVG Nr. 18). Dabei sind regelmäßig zwei Fragen zu klären:
Zunächst ist festzustellen, ob ein Verhalten des Arbeitsgebers in der Vergangenheit durch
seine Regelhaftigkeit geeignet war, einen Vertrauenstatbestand oder den Eindruck einer
vertraglichen Bindung zu erwecken. Wenn dies der Fall ist, stellt sich die weitere Frage,
inwieweit die Übung inhaltlich reicht, welches Verhalten also die Begünstigten in Zukunft
vom Arbeitgeber erwarten dürfen (BAG vom 03.12.1997 a.a.O.).
Geht es um die betriebliche Übung, laufende Renten anzupassen, so muß unterschieden
werden zwischen der Übung einer bloßen Anpassungsprüfung im Rahmen der Billigkeit
und der sehr viel weiter gehenden Übung ganz bestimmter Rentenerhöhungen. Im
letztgenannten Fall entspricht die Übung einer sogenannten Spannenklausel, die für
Abwägungen keinen Raum läßt, sondern das Ergebnis unmittelbar vorschreibt (BAG vom
03.02.1987, a.a.O.).
Auf die zuletzt dargestellte Form der Betriebsübung beruft sich der Kläger im Streitfall. Ob
die Voraussetzungen einer betrieblichen Übung grundsätzlich vorliegen, kann jedoch
dahingestellt bleiben, da diese Übung jedenfalls nicht den vom Kläger gewollten Inhalt hat.
Allein aus der tatsächlichen Handhabung aus der Vergangenheit kann nicht der Schluß
gezogen werden, daß die Beklagte auch in Zukunft gezwungen ist, ihre Ruhegelder in
Anlehnung an die Erhöhungen der Beamtenbesoldungen anzuheben. Insoweit fehlt es
nämlich an der zur Schaffung eines Vertrauenstatbestandes notwendigen Eindeutigkeit.
Zwar wurden bis einschließlich 1997 die Ruhegelder zum selben Zeitpunkt und in selber
Höhe wie die Besoldungen der Beamten erhöht. Gleiches galt aber auch für die Gehälter
und Löhne der Mitarbeiter der Beklagten. Dementsprechend gab es keinen Anlaß für den
Kläger darauf zu vertrauen, daß eine Anlehnung an die Erhöhungen der
Beamtenbesoldungen auch dann erfolgen würde, wenn die Entgelte der aktiven Mitarbeiter
hiervon ausgeschlossen würden.
Etwas anderes läßt sich auch nicht aus den Begleitschreiben der Beklagten entnehmen,
die dem Kläger zur Ankündigung der jeweiligen Ruhegelderhöhungen übersandt wurden.
Zwar teilt die Beklagte dort ausdrücklich mit, daß die jeweilige Ruhegelderhöhung in
Anlehnung an die gesetzliche Regelung zur Besoldung der Beamten des Landes NRW
erfolge. Es gibt jedoch keinen Hinweis darauf, daß diese Anlehnung auch dann gelten
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solle, wenn die Bezüge der aktiven Mitarbeiter abweichend von der bisherigen
Handhabung nicht in gleicher Weise angehoben würden. Dementsprechend kann der von
der Beklagten geschaffene Vertrauenstatbestand auch nicht diesen erstmals im Jahr 1998
aufgetretenen Fall umfassen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs. 2 ArbGG i. V. m. 91 ZPO.
IV.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 61 Abs. 1, 12 Abs. 7 S. 2 ArbGG.
Da der Kläger mit dem Antrag zu 1) die Differenzen für insgesamt 16 Monate geltend
macht, wurde der für den Antrag zu 2) zugrunde zu legende 36-fache Differenzbetrag auf
DM 1.070,-- hochgerechnet. Gemäß § 12 Abs. 7 S. 2 letzter Halbsatz ArbGG wurde der
Antrag zu 1) nicht werterhöhend berücksichtigt.
RECHTSMITTELBELEHRUNG
Gegen dieses Urteil kann von dem Kläger Berufung eingelegt werden, soweit mit ihr eine
Beschwer von mehr als 800,-- DM verfolgt wird.
Für die Beklagte ist kein Rechtsmittel gegeben.
Die Berufungsschrift muß von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen
Rechtsanwalt unterzeichnet sein; an seine Stellen können Vertreter von Gewerkschaften
oder von Vereinigungen von Arbeitgebern oder von Zusammenschlüssen solcher
Verbände treten, wenn sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind und der
Zusammenschluß, der Verband oder deren Mitglieder Partei sind.
Die Berufungsschrift muß
binnen einer Notfrist * von einem Monat
nach Zustellung dieses Urteils bei dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Ludwig-Erhard-
Allee 21, 40227 Düsseldorf, eingegangen sein.
Die Berufung ist gleichzeitig oder innerhalb eines weiteren Monats nach Eingang der
Berufung beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf in gleicher Form schriftlich zu begründen.
* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
- Barth -