Urteil des ArbG Duisburg vom 19.02.2009

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Arbeitsgericht Duisburg, 1 Ca 3082/08
Datum:
19.02.2009
Gericht:
Arbeitsgericht Duisburg
Spruchkörper:
1. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 Ca 3082/08
Schlagworte:
Praktikum, Probezeit, Berufsausbildung
Normen:
§§ 20, 22 BBiG
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Ein Praktikum vor Beginn der Berufsausbildung verkürzt die Probezeit
nicht.
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Streitwert: 1.410,-- EURO
T a t b e s t a n d :
1
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Kündigung eines
Ausbildungsverhältnisses.
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Die Parteien schlossen am 18.05.2008 einen Ausbildungsvertrag ab, nach dem das
Ausbildungsverhältnis zum 01.08.2008 beginnen sollte und einen Zeitraum von 36
Monaten betragen sollte. Auf den Inhalt des Ausbildungsvertrages, Bl. 5 der
Gerichtsakte, wird Bezug genommen.
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In § 7 des Vertrages ist geregelt, dass während der Probezeit das Ausbildungsverhältnis
ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist und ohne Angabe von Gründen gekündigt
werden kann. Als Probezeit wurde vereinbart ein Zeitraum von 4 Monaten.
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Vor Abschluss des Ausbildungsvertrages absolvierte der Kläger ein Praktikum im
Zeitraum vom 22.04. - 31.05.2008 bei der Beklagten.
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Die Kündigung wurde ausgesprochen am 12.11.2008 zum 20.11.2008.
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Der Kläger ist der Auffassung, aufgrund des vorgelagerten Praktikums, das auf die
Probezeit anzurechnen sei, sei die Probezeit zum Zeitpunkt der Kündigung bereits
abgelaufen. Andernfalls würde die Ableistung des Praktikums zu einer unzulässigen
Umgehung des § 20 Berufsbildungsgesetz, das die Dauer der Probezeit regelt, führen.
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Zwischen dem Praktikum und der Probezeit bestünde ein enger sachlicher
Zusammenhang.
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Der Kläger beantragt,
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1. den Spruch des Schlichtungsausschusses der Niederrheinischen
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Industrie- und Handelskammer Duisburg Wesel Kleve zu Duisburg
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vom 18.12.2008 aufzuheben,
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2. festzustellen, dass das Ausbildungsverhältnis zwischen den Parteien
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nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 12.11.2008 zum
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20.11.2008 beendet ist, sondern über dieses Datum ungekündigt
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bis zum 31.07.2011 fortbesteht.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
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Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen keine Bedenken. Es handelt sich um eine
Kündigungsschutzklage eines Ausbildungsverhältnisses. Der zuständige
Schlichtungsausschuss ist vorab angehört worden (Bl. 8 der Gerichtsakte). Hiergegen
wurde innerhalb der Frist des § 111 Abs.2 ArbGG, nämlich am 22.12.2008, Klage
erhoben.
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Die Klage ist jedoch nicht begründet.
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Die Kündigung des Ausbildungsverhältnisses ist wirksam. Es handelt sich um eine
Probezeitkündigung, die nach § 22 Berufsbildungsgesetz jederzeit unter Einhaltung
einer Kündigungsfrist ausgesprochen werden kann.
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Nach den Vereinbarungen der Parteien betrug die Probezeit vier Monate. Das
Ausbildungsverhältnis begann am 01.08., so dass die am 12.11. ausgesprochene
Kündigung innerhalb der Probefrist der vier Monate lag.
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Das vorgelagerte Praktikum war auf die Probezeit nicht anzurechnen.
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Die Probezeit ermöglicht es den Vertragsparteien zu prüfen, ob der Auszubildende für
den betreffenden Beruf geeignet ist (Schlachta, Erf./Komm., 9. Aufl., § 20 BBiG, Rz. 1).
Soweit ein Praktikum unmittelbar vor Beginn der Ausbildungszeit stattgefunden hat, ist
streitig, ob dieses als Ausbildungszeit und damit auf die Probezeit, angerechnet wird
(zum Streitstand Erf./Komm., a.a.O., Rz. 2 mit Verweis auf Arbeitsgericht Wetzlar vom
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24.10.1989, DB 1990, S. 1280, andere Auffassung: LAG BE vom 12.10.1998, LAGE
BBiG, § 13 Nr. 2).
Ein vorgelagertes Arbeitsverhältnis schließt dagegen jedenfalls die Vereinbarung einer
Probezeit im Berufsausbildungsverhältnis nicht aus, was sich aus den unterschiedlichen
Pflichten während eines Arbeitsverhältnisses und eines Ausbildungsverhältnisses
ableitet (BAG vom 16.12.2004, 6 AZR 127/04, NJW 2005, S. 1678).
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Zur Überzeugung der Kammer kann vorliegend der Streit jedenfalls dahinstehen, da
sich die Probezeit nicht unmittelbar an das Praktikum angeschlossen hat. Vielmehr
bestand zwischen dem Praktikum und dem Beginn der Ausbildungszeit eine 2-monatige
Lücke. Aber auch bei einem unmittelbaren Anschluss des Praktikums an die Probezeit
bestünde nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes die
Möglichkeit, an das (Kurz-Praktikum) eine Probezeit anzuschließen. Auch zwischen
einem Praktikum und einer Ausbildungszeit bestehen hinsichtlich der beidseitigen
Verpflichtungen deutliche Unterschiede. In der Probezeit hat der Auszubildende und der
Ausbilder zu prüfen, ob der Auszubildende für den zu erlernenden Beruf geeignet ist
und sich sowohl in das betriebliche Geschehen als auch in seine Lernpflichten
einordnen kann (BAG, a.a.O.).
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Während eines vorgelagerten Praktikums besteht eine derartige enge Bindung
zwischen den Beteiligten noch nicht. Der Praktikant soll vielmehr erst den Beruf ohne
weitere Verpflichtungen, insbesondere ohne Lernverpflichtungen, kennenlernen. Der
Ausbilder kann erst nach dem Beginn der Ausbildungszeit feststellen, in welchem Maße
der Auszubildende sich in seine Lernverpflichtungen einfügt. Während der
vorgelagerten Probezeit kann er sich allenfalls ein Bild vom Menschen und vom
praktischen Geschick machen.
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Auch ist zu berücksichtigen, dass das Ausbildungsverhältnis bereits am 12.11. zum
20.11.2008 gekündigt wurde, mithin der ausbildende Betrieb die Probezeit von vier
Monaten gar nicht bis zum Ende ausgeschöpft hat und weiterhin, dass es sich bei dem
Praktikum nur um ein Kurzpraktikum gehandelt hat. Anders wäre der Sachverhalt unter
Umständen dann zu beurteilen, wenn ein langdauerndes Praktikum, das den Zeitraum
der Probezeit nach § 20 BBiG übersteigt, dem Ausbildungsverhältnis vorgelagert
worden wäre. Dies ist vorliegend jedoch nicht zu entscheiden.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Streitwertentscheidung auf § 61 Abs.
1 ArbGG unter Zugrundelegung der Ausbildungsvergütung von
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470,00 € monatlich.
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Rechtsmittelbelehrung
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Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei
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B e r u f u n g
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eingelegt werden.
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Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
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Die Berufung muss
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innerhalb einer N o t f r i s t* von einem Monat
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beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Ludwig-Erhard-Allee 21, 40227 Düsseldorf, Fax:
0211 7770 2199 eingegangen sein.
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Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils,
spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
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Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als
Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
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1.Rechtsanwälte,
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2.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse
solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder
Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
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3.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer
der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person
ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder dieser
Organisation oder eines anderen Verbandes oder Zusammenschlusses mit
vergleichbarer Ausrichtung entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die
Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
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Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
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* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
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- E. -
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