Urteil des ArbG Düsseldorf vom 26.05.2008

ArbG Düsseldorf: treu und glauben, anspruch auf beschäftigung, einkauf, manager, juristische person, unmöglichkeit, ungarn, beschäftigungspflicht, abrede, arbeitsgericht

Arbeitsgericht Düsseldorf, 2 Ca 181/08
Datum:
26.05.2008
Gericht:
Arbeitsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
2. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 Ca 181/08
Schlagworte:
Beschäftigungsanspruch, Unmöglichkeit
Normen:
§ 611 BGB
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
"Der Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers setzt voraus, dass die
Beschäftigung möglich ist. Entfällt der Arbeitsplatz ersatzlos, ist die
Erfüllung des Beschäftigungsanspruchs unmöglich. Dies gilt auch dann,
wenn der bisherige Arbeitsbereich aufgeteilt worden ist. Ein Anspruch
auf Rückgängigmachung der Aufgliederung besteht grundsätzlich nicht.
Etwas anderes kommt nur in Missbrauchsfällen in Betracht. "
Tenor:
1.Die Klage wird abgewiesen.
2.Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3.Der Streitwert beträgt 10.237,50 €
T a t b e s t a n d:
1
Die Parteien streiten über die tatsächliche Beschäftigung des Klägers während des
bestehenden Arbeitsverhältnisses.
2
Die Beklagte, die ständig ca. 230 Arbeitnehmer beschäftigt, ist im Wesentlichen auf dem
Gebiet des Mobilfunks tätig. Es besteht ein Betriebsrat.
3
Der am 6.6.1960 geb. und verheiratete Kläger ist bei der Beklagten seit dem 1.7.1998
als Einkäufer beschäftigt. Er ist seit dem Jahre 2007 Ersatzmitglied des Betriebsrates.
Die Einzelheiten der Beschäftigung regelt der Arbeitsvertrag vom 17.8.1998. Wörtlich
heißt es zum Tätigkeitsbereich:
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" Ihnen obliegt die Tätigkeit als Einkäufer bei der O.. Sie berichten an die N..
Unabhängig davon sind wir berechtigt, Ihnen im Bedarfsfall eine andere, Ihrer
Vorbildung und Ihren Fähigkeiten entsprechende Tätigkeit innerhalb der O. zu
übertragen."
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Im Rahmen der Tätigkeiten als Einkäufer war der Kläger in der Vergangenheit als sog. "
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Buyer" im Bereich " Indirect Sourcing" (INS-Buyer) tätig. Dieser Bereich befasste sich
mit dem Einkauf von Arbeitsmitteln, die im Betrieb benötigt werden. Dabei existierten
unterschiedliche Produktgruppen, zB die Bereiche " Facilities" , " External Resources"
oder " IT" . Dabei ist die Arbeitsweise in den unterschiedlichen Produktgruppen ähnlich.
Stellen die Mitarbeiter einen Bedarf fest, schreiben sie eine Bedarfsmeldung, den sog. "
Request" . Dazu nutzen sie ein Computerprogramm (Ariba), und stellen die
Bedarfsmeldung ein. Die INS-Buyer erfassen die Bedarfsmeldungen und wandeln sie in
Bestellungen beim Lieferanten um. Dazu sind in vielen Fällen im System
Rahmenverträge mit Lieferanten hinterlegt. Fehlt ein solcher Rahmenvertrag muss
eigenständig ein Angebot eingeholt werden. Sodann wird die Lieferung abgewickelt und
der Rechnungsprozess begleitet. Daneben erbrachten die Mitarbeiter jedenfalls
Hilfsarbeiten für den Bereich " Sourcing" (Beschaffung), der u.a. Rahmenlieferverträge
verhandelt.
Der Kläger war im Jahre 2005 für die Produktgruppe " Facilities" zuständig. Dieser
Bereich betrifft die Ausstattung der Betriebe und deren Einrichtung. Konkret bearbeitete
der Kläger die Betriebe Bochum, Ulm und Düsseldorf. Daneben arbeiteten neun weitere
INS-Buyer in anderen Produktgruppen. In der Folgezeit wurden die dem Kläger
obliegenden Aufgaben im Bereich " Facilities" von der Beklagten umverteilt. Zunächst
schloss die Beklagte im Jahre 2005 einen Dienstleistungsvertrag mit der Firma I., einem
Gebäudedienstleister. Zudem verlagerte sie die Arbeiten des Klägers auf die im
jeweiligen Betrieb beschäftigten " Facility Manager" . Diese sammeln nun die
eingehenden Bedarfsmeldungen und schalten den jeweiligen Dienstleister ein. Zudem
überwachen sie die Durchführung der Arbeiten.
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Zu Beginn des Jahres 2006 war der Kläger infolge des Wegfalls der Aufgaben im
Bereich Facilities zunächst zwei Wochen in der Produktgruppe " External Resources"
tätig.
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Auf seinen Wunsch hin entband man ihn von den Arbeiten in diesem Bereich und
übertrug ihm ab ca. April 2006 die Produktgruppe " IT-Equipment" , also dem internen
Einkauf von IT-Ausstattung. Das monatliche Bruttogehalt des Klägers betrug
einschließlich Zulagen und freiwilligen Bonuszahlungen zuletzt 5.118,75 €.
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Im Zuge weiterer Veränderungen durch die Ausgliederung des Bereiches " Network" auf
die " O." wechselten u.a. vier INS-Buyer zum 1.1.2007 zur O. GmbH. Zwei weitere INS-
Buyer, die Mitarbeiter L. und L. übernahmen zum 1.4.2007 die Tätigkeit als Business
Relationship Manager. Diese entwickeln länderübergreifende Strategien für den Einkauf
und verhandeln zB Rahmenverträge.
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Die Tätigkeiten der INS-Buyer für die unterschiedlichen Produktgruppen sind zum
1.1.2008 nach Ungarn verlagert worden. Die von den Mitarbeitern der Beklagten
verfassten Bedarfsmeldungen werden per Computer zum Service Center nach Ungarn
gesendet und von Mitarbeitern in Ungarn weiter bearbeitet. Seit diesem Zeitpunkt
beschäftigt die Beklagte keinen Mitarbeiter mit der Bezeichnung INS-Buyer mehr.
11
Mit Schreiben vom 21.12.2007 stellt die Beklagte den Kläger von der Erbringung der
Arbeitsleistung frei. Wörtlich heißt es auszugsweise:
12
" Sehr geehrter Herr E.,
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ab dem 1. Januar 2008 gilt für Sie folgende Regelung:
14
1.Freistellung
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Ihre Beschäftigungsmöglichkeit als Buyer im Bereich Indirect Sourcing (INS) entfällt
nach dem 31. Dezember 2007 aufgrund der endgültigen Verlagerung der Tätigkeiten
der INS-Buyer zum 1. Januar 2008 ins Ausland.
16
O. stellt Sie daher in dem Zeitraum vom 1.Januar 2008 bis zum
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8.Februar 2008 frei. Die Freistellung erfolgt unwiderruflich unter
18
Fortzahlung der vertragsgemäßen Bezüge. Die Freistellung erfolgt unter
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Anrechnung auf noch bestehende Urlaubs- und sonstige
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Freizeitausgleichsansprüche für die Jahre 2007 und 2008.
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Ab dem 9.Februar 2008 stellt O. Sie - ebenfalls unter Fortzahlung der
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vertragsgemäßen Bezüge - widerruflich von der Verpflichtung zur
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Arbeitsleistung frei.
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Sollten Sie innerhalb der Zeit der Freistellung gemäß Ziffer 1.2, 1.3
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anderweitig erwerbstätig werden, müssen Sie sich diesen anderweitigen
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Verdienst gem. § 615 Satz 2 BGB vollständig auf Ihre Bezüge anrechnen
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lassen."
28
Mit Schreiben vom 27.12.2007 bot der Kläger der Beklagten seine Arbeitsleistung an.
Mit einem am 7.1.2008 bei Gericht eingereichten Antrag im Verfahren 2 Ga 2/08
begehrte der Kläger zunächst im Wege der einstweiligen Verfügung seine tatsächliche
Beschäftigung als Einkäufer. Diesen Antrag hat das Arbeitsgericht Düsseldorf durch
Urteil vom 28.1.2008 abgewiesen. Mit seiner am 9.1.2008 beim Arbeitsgericht
Düsseldorf eingereichten Klage verfolgt der Kläger seinen Beschäftigungsanspruch
weiter.
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Der Kläger ist der Auffassung, er könne von der Beklagten die tatsächliche
Beschäftigung als Einkäufer verlangen. Der Beschäftigungsanspruch ergäbe sich aus
dem bestehenden Arbeitsverhältnis. Seine Tätigkeiten im Einkauf seien tatsächlich nicht
entfallen. Dabei hat er seinen Sachvortrag im Laufe des Verfahrens präzisiert.
Behauptete er zunächst, die Arbeiten seien nicht nach Ungarn verlagert worden hat er
im weiteren Verlauf des Verfahrens eingeräumt, dass die Bedarfsmeldungen in Ungarn
eingehen und dort bearbeitet werden und geltend gemacht, die Verlagerung sei
unzweckmäßig und führe zu Ablaufstörungen. Er hat seinen Beschäftigungsanspruch
zuletzt auf die Tätigkeit im Bereich Facilities fokussiert. Die von ihm wahrgenommenen
Aufgaben seien zwar auf die jeweiligen Facility Manager vor Ort übertragen worden. Da
diese Aufgaben aber nach wie vor von Mitarbeitern der Beklagten wahrgenommen
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würden, habe er einen Anspruch auf Aufhebung der Umverteilung und einen Anspruch
auf tatsächliche Beschäftigung mit den noch im Bereich Facilites anfallenden Aufgaben.
Darüber hinaus könne er auch die Aufgaben der Mitarbeiter L. und L. in deren Funktion
als Business Relationship Manager übernehmen.
Der Kläger beantragte zuletzt,
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1.die Beklagte zu verurteilen, ihn gemäß dem Arbeitsvertrag vom 17.08.1998 als
Einkäufer, insbesondere mit folgenden
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-Einholen und Bearbeiten von Bedarfsmeldungen (so genannter Requests) im Bereich "
Facility"
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-Unterstützung von lokalen Kunden bei der Produkt- und Lieferantenauswahl
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-Einholung von Angeboten für nicht in den Einkaufsdatenbanken vorhandenen
Produkten wie Mobiliar, technische Dienstleistungen, Serviceleistungen, Umbau,
Reparaturen
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-Klärung von Zahlungs- und Lieferbedingungen
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weiter zu beschäftigten,
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2.für jeden Fall der Zuwiderhandlung aus Ziffer 1) der Beklagten aufzugeben, ein
angemessenes Ordnungsgeld bezogen auf jeden Tag der Zuwiderhandlung zu zahlen,
ersatzweise Zwangshaft gegen die Geschäftsführer S., U., L., F. und L..
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte ist der Auffassung, der Beschäftigungsanspruch des Klägers sei entfallen.
Denn seine Beschäftigung sei unmöglich geworden. Die Tätigkeiten als Einkäufer der
unterschiedlichen Produktgruppen seien entfallen. Die Arbeiten im Bereich Facilities
seien schon vor längerem im Zuge der vereinbarten Dienstleistungsverträge mit der
Firma I. auf die Facility Manager verlagert worden. Die Arbeiten in den übrigen
Produktgruppen seien zum 1.1.2008 nach Ungarn verlagert worden. In diesem
Zusammenhang seien alle vorhandenen Arbeitsplätze der INS-Buyer entfallen. Es
würden lediglich die beiden Business-Relationchip-Manager weiterbeschäftigt. Deren
Tätigkeiten seien mit denen des Klägers aber schon nicht vergleichbar, denn es gehe
nicht um Sachbearbeitung sondern um Verhandlungen mit Kunden über globale
Lieferverträge. Auch sei der Kläger für derartige Arbeiten ungeeignet. Er habe lediglich,
als es noch keine Business Relationship Manager gab, dem Bereich " Sourcing"
zugearbeitet.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen
den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Ergebnis der
mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
43
I.
44
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger kann von der Beklagten nicht
verlangen, ihn als Einkäufer mit den im Antrag genannten Arbeiten weiter zu
beschäftigen. Denn die vertraglich vereinbarte Tätigkeit als Einkäufer ist bei der
Beklagten nicht mehr vorhanden, so dass die Leistung unmöglich geworden ist. Ein
Anspruch darauf, die Umorganisation rückgängig zu machen, steht dem Kläger nicht zu.
45
Im Einzelnen:
46
A.Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist der vom Kläger gestellte Antrag hinreichend
bestimmt. Gem. § 253 Abs. 2 Nr.2 ZPO erfordert die Klage einen bestimmten
Klageantrag. Denn der eindeutige Antrag bestimmt Art und Umfang des
Rechtsschutzbegehrens. Der Antrag ist dabei nur dann hinreichend bestimmt, wenn er
den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, den Rahmen der gerichtlichen
Entscheidung erkennbar abgrenzt und den Inhalt und Umfang der materiellen
Rechtskraft erkennen lässt und er die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine
Fortsetzung des Streites im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt, (Zöller/Greger, 23.
Aufl. § 253 ZPO Rdnr.13). Zwar ist der Begriff " Einkäufer" als solches nicht trennscharf,
der Kläger hat die Tätigkeitsmerkmale jedoch zutreffend konkretisiert und angegeben,
mit welchen konkreten Tätigkeiten er die Beschäftigung als " Einkäufer" verbunden
sieht. Damit ist der Antrag hinreichend bestimmt.
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B.Die Klage ist aber unbegründet. Der Kläger kann von der Beklagten nicht verlangen,
ihn als Einkäufer mit den im Antrag genannten Arbeiten weiter zu beschäftigen.
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1.Aus dem bestehenden Arbeitsvertrag hat der Kläger grundsätzlich einen Anspruch auf
tatsächliche Beschäftigung.
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Ein Arbeitnehmer hat nach zutreffender und ständiger Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts einen Anspruch darauf, entsprechend seinem Arbeitsvertrag
auch wirklich beschäftigt zu werden, (BAG, Großer Senat, Beschluss vom 27.2.1985 - 1
GS/84, AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht, zu C I 3 der Gründe; BAG, Urt. v.
13.6.1990 - 5 AZR 350/89, EzA § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 44). Der
Arbeitgeber ist nicht nur Schuldner der vereinbarten Vergütung, sondern er hat den
Arbeitnehmer grundsätzlich auch vertragsgemäß zu beschäftigen. Dieser Anspruch
ergibt sich aus § 242 BGB unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen
Wertentscheidung der Art.1 und 2 GG.
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2.Der Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung erfasst auch die mit dem Klageantrag
geltend gemachten Tätigkeiten. Denn der vom Kläger konkret geltend gemachte
Anspruch auf Beschäftigung als Einkäufer mit den im Antrag genannten Arbeiten ist vom
vertraglich vereinbarten Beschäftigungsbild des Einkäufers erfasst.
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a)Der Inhalt des Beschäftigungsanspruchs richtet sich nach den zwischen den Parteien
getroffenen Abreden. Insofern richtet sich der Beschäftigungsanspruch grundsätzlich auf
den vertraglich vereinbarten Arbeitsplatz, (BAG, Großer Senat, Beschluss vom
27.2.1985 - 1 GS /84, AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht, zu C I 3 der
Gründe).
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Die vertragliche Leistungspflicht wird allerdings durch Anweisung des Arbeitgebers in
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Ausübung seines Direktions- oder Weisungsrechtes konkretisiert. Dabei findet das
Weisungsrecht des Arbeitgebers seine Rechtsgrundlage in § 106 GewO. Danach kann
der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher
bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag,
Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder
gesetzlicher Vorschriften festgelegt sind.
Der Umfang des Direktionsrechtes lässt sich also nicht generell festlegen. Er ist
abhängig von der zwischen den Parteien getroffenen einzelvertraglichen Regelung,
aber auch von Betriebsvereinbarungen und tariflichen Bestimmungen und kann daher
mehr oder weniger weit sein, (ErfK/Preis, § 611 BGB Rdnr.277; LAG Köln v. 26.10.1984,
NZA 1985, 258). Dabei ist der Arbeitgeber bei der Ausübung des Direktionsrechtes nicht
frei. Soweit das Direktionsrecht nicht ohnehin durch Gesetz, Tarifvertrag,
Betriebsvereinbarung oder auch durch einzelvertragliche Abrede beschränkt ist, darf es
gemäß § 106 GewO, § 315 BGB auch im Übrigen nur nach billigem Ermessen ausgeübt
werden, (BAG vom 27.03.1980, EZA § 611 Direktionsrecht Nr. 2; BAG vom 12.12.1984,
EZA Nr. 29 zu § 315 BGB).
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In inhaltlicher Hinsicht ermöglicht es das Direktionsrecht also, die Arbeitspflicht durch
einseitige Weisungen näher auszugestalten, (BAG v. 7.12.2000, 6 AZR 444/99, NZA
2001, 780). Insbesondere ist der Arbeitgeber berechtigt, dem Arbeitnehmer die zum
jeweiligen Berufsbild gehörenden Tätigkeiten einseitig zuzuweisen, sofern das
Direktionsrecht nicht in der beschriebenen Weise durch den Arbeitsvertrag,
Betriebsvereinbarungen, Tarifverträge oder das Gesetz eingeschränkt ist.
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b)Im Arbeitsvertrag haben die Parteien die Tätigkeit als " Einkäufer" vereinbart. Diese
Abrede ist indes nicht trennscharf, da es den Arbeitsplatz " Einkäufer" bei der Beklagten
nicht gibt. Es gibt demgegenüber mehrere Arbeitsplätze, die sich mit dem Einkauf
befassen. Die Abrede bedarf deshalb der Auslegung.
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aa)Die Auslegung von Verträgen richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen der §§
157, 133 BGB, (BAG, Urt. v. 13.12.2006 - 10 AZR 787/05, NZA 2007, 408). Gemäß
§ 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die
Verkehrssitte es erfordern. Dabei ist nach § 133 BGB der wirkliche Wille des
Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften.
Bei der Auslegung sind alle tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu
berücksichtigen, die für die Frage von Bedeutung sein können, welchen Willen der
Erklärende bei seiner Erklärung gehabt hat und wie die Erklärung von ihrem Empfänger
zu verstehen war, (BAG, Urt. v. 13.12.2006 - 10 AZR 787/05, NZA 2007, 408; BAG, Urt.
v. 3.5.2006 - 10 AZR 310/05, DB 2006, 1499;BAG, Urt. v. 26.9.2002 - 6 AZR 434/00, AP
BBiG § 10 Nr. 10). Dabei ist Voraussetzung der Auslegung, dass die Abrede
auslegungsbedürftig ist. Hat die Abrede einen eindeutigen Inhalt, ist für die Auslegung
kein Raum. Die Auslegung hat trotz des in § 133 BGB enthaltenen Verbotes der
Buchstabeninterpretation vom Wortlaut auszugehen. Maßgebend ist im Zweifel der
allgemeine Sprachgebrauch. Nach der Ermittlung des Wortsinns sind in einem zweiten
Schritt die Begleitumstände heranzuziehen, insbesondere die Entstehungsgeschichte
sowie die Äußerungen der Parteien sowie Interessenlage und Zweck. Geboten ist eine
nach beiden Seiten interessengerechte Auslegung, (Vgl. nur Palandt-Heinrichs, § 133
BGB Rdnr.14 ff).
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bb)Wie die Parteien den Begriff " Einkäufer" verstanden haben, zeigt vor allem der
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tatsächliche Einsatz des Klägers. Hier war er in der Funktion des " INS-Buyer" tätig.
Kennzeichnendes Element dieser Form des Einkaufs ist der Einkauf von Produkten
aufgrund von Einkaufsanfragen der Mitarbeiter der Beklagten aufgrund von
vorgegebenen Softwareverfahren. Diese werden in konkrete Bestellungen
umgewandelt. Dieser Bereich betrifft damit letztlich den " einfachen" Einkauf. Es geht
nicht darum, global als Einkäufer Produkte für die Beklagte über Rahmenverträge
einzukaufen, sondern einzelne Anfragen von Mitarbeitern der Beklagten abzuarbeiten.
Es handelt sich bei der Form des Einkaufs damit um eine reine Sachbearbeitung, wobei
unterschiedliche Produktgruppen bestehen.
Mit dem Klageantrag nun macht der Kläger seine Beschäftigung im Rahmen der
Sachbearbeitung als INS-Buyer für die Produktgruppe " Facilities" geltend. Denn er
bezeichnet mit dem Antrag konkrete Tätigkeiten, die der Produktgruppe Facilities
zuzuordnen sind und von der Wertigkeit her dem vereinbarten Berufsbild entsprechen.
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3.Die vertraglich vereinbarte Beschäftigung als Einkäufer mit dem im Antrag genannten
Arbeiten ist der Beklagten unmöglich geworden.
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a)Nach § 275 BGB ist der Anspruch auf Leistung ausgeschlossen, wenn sie für den
Schuldner oder Jedermann unmöglich ist. Unmöglich ist eine Leistung, die tatsächlich
nicht mehr erbracht werden kann. Unmöglichkeit liegt insbesondere vor, wenn der
Leistungserfolg weder von dem Schuldner noch von einem Dritten herbeigeführt werden
kann. Setzt die Leistung eine bestimmte Grundlage voraus, im Arbeitsrecht also den
Arbeitsplatz im Betrieb des Arbeitgebers, kann mit dessen Wegfall die ursprünglich
geschuldete Leistung nicht mehr erbracht werden; sie ist objektiv unmöglich geworden.
Entfällt der Arbeitsplatz ersatzlos, ist die Erfüllung des Beschäftigungsanspruchs
unmöglich, (BAG Urt. v. 18.3.1999, 8 AZR 344/98, ZTR 1999, 516; BAG v. 13.6.1990, 5
AZR 350/98, EzA § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 44).
61
Diese Voraussetzungen sind erfüllt, weil der Arbeitsplatz des Klägers als Einkäufer im
Bereich " Facilities" ersatzlos weggefallen ist. Der Arbeitsplatz " INS-Buyer Facilities"
existiert bei der Beklagten als solcher unstreitig nicht mehr.
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b)Der Arbeitsplatz besteht nach zutreffender Rechtsprechung des BAG auch nicht
deshalb fort, weil die dem Arbeitsplatz zugrunde liegenden Tätigkeiten, die - dazu noch
vor Jahren - irgendwann einmal vom Kläger ausgeführt worden sind, auf andere
Bereiche verteilt worden sind.
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Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte bereits vor längerem den
Bereich " Facilities" aus dem Einkauf herausgelöst hat. Sie hat die Bearbeitung der
eingehenden Bedarfsmeldungen auf die " Facility Manager" übertragen. Diese steuern
das weitere Vorgehen. Handelt es sich um den Einkauf von Sachen, werden die
Anfragen nach Ungarn weitergeleitet. Handelt es sich um technische Dienstleistungen,
Serviceleistungen oder Umbauten, vergibt der Facility Manager im Rahmen
bestehender Dienstleistungsverträge einen Auftrag an den Gebäudedienstleister.
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Dass Teile der ehemals vom Kläger am Arbeitsplatz " INS-Buyer" für den Bereich
Facilities durchgeführten Arbeiten als solche noch vorhanden sind, ist irrelevant und
lässt den Tatbestand " Unmöglichkeit" nicht entfallen. Denn entscheidend für den Begriff
der Unmöglichkeit gem. § 275 BGB ist, dass der Leistungserfolg nicht mehr
herbeigeführt werden kann. Dies aber ist auch hier der Fall, weil der konkrete
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Arbeitsplatz im Betrieb nicht mehr vorhanden ist, mögen auch die Arbeiten als solche an
der ein oder anderen Stelle von anderen Mitarbeitern wahrgenommen werden. Denn
den Arbeitsplatz " Einkäufer INS Buyer Facilities" gibt es nicht mehr, (vgl. dazu auch
BAG, Urt. v. 13.6.1990 - 5 AZR 350/98, EzA § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 44.
c)Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die
Aufgabenverlagerung rückgängig macht und aus allen möglichen Facility-Bereichen
Tätigkeiten herauslöst und dem Kläger überträgt. Denn ein derartiger Anspruch besteht
nicht. Rechtsfolge der Unmöglichkeit nach § 275 BGB ist, dass der Schuldner von der
Leistungspflicht frei wird. Es entstehen lediglich Sekundäransprüche auf
Schadensersatz, zB nach § 280 BGB.
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Soweit das Landesarbeitsgericht Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 8.10.1998 - 7
Ta 313/98 darauf hingewiesen hat, dass eine Umorganisation nicht zur Unmöglichkeit
führe, weil diese wieder rückgängig gemacht werden könne, wird der schon Begriff der
Unmöglichkeit verkannt. Denn entscheidend ist nicht die Möglichkeit zur
Umorganisation, sondern ob der Arbeitsplatz tatsächlich vorhanden ist. Dies zeigt schon
eine einfache Parallele. Stellt ein Produzent ein Produkt ein, wird die Leistung
unmöglich. Eine Pflicht, die Produktion wieder auf das bisherige Produkt umzustellen
gibt es nach allgemeiner Auffassung nicht. Der Käufer ist auf Sekundäransprüche
beschränkt. Nur dies entspricht für den Fall der Aufgabenverlagerung auch der
zutreffenden Rechtsprechung des BAG, (BAG, Urt. v. 13.6.1990 - 5 AZR 350/98, EzA §
611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 44) und anderer Landesarbeitsgerichte, (LAG Köln,
Beschl. v. 24.10.1995, 13 (5) Ta 245/95).
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Dafür spricht letztlich auch § 275 Abs. 2 BGB. Diese Norm regelt einen besonderen
Schuldbefreiungsgrund. Danach kann der Schuldner die Leistung verweigern, soweit
diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung der Grundsätze von Treu und
Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers
steht. Es würde für den Arbeitgeber einen völlig außer Verhältnis stehenden Aufwand
bedeuten, wenn ein generell auf alle Betriebe anwendbares Verfahren zur
Einkaufsabwicklung im Bereich Facilities, dass schon seit einiger Zeit betrieben wird,
nur für den Kläger geändert werden müsste. Denn es darf nicht übersehen werden und
davon geht ja auch der Kläger aus, dass ein Arbeitsplatz im vertraglich vorgesehenen
Beschäftigungsumfang nur dann vorhanden wäre, wenn Facility Manager aus allen
Standorten einen Teil ihrer Arbeit an den Kläger abtreten.
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4.Eine andere Beschäftigung im Einkauf ist vom Kläger nicht beantragt worden.
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Dabei wäre ein Antrag gerichtet auf eine Tätigkeit als INS-Buyer im Bereich IT-
Equipment von vornherein allerdings ebenso aussichtslos, weil auch dieser Arbeitsplatz
unstreitig nicht mehr existiert. Es gibt überhaupt keine INS-Buyer mehr.
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Soweit bei der Beklagten noch Arbeitsplätze als " Business Relationship Manager"
bestehen, hat der Kläger eine derartige tatsächliche Beschäftigung gleichfalls nicht
beantragt. Denn bei diesen Arbeitsplätzen handelt es sich nicht um einen Arbeitsplatz
im Einkauf mit den im Antrag genannten Tätigkeitsmerkmalen.
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Darüber hinaus dürfte der Arbeitsplatz des Business Relationship Mangers auch nicht
von der arbeitsvertragliche vereinbarten Tätigkeit eines " Einkäufers" erfasst sein. Die
Auslegung des Arbeitsvertrages hat ergeben, dass es sich bei dieser Tätigkeit um eine
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sachbearbeitende Position handelt. Die Position des Business Relationship Managers
dürfte demgegenüber von der Wertigkeit ein " Mehr" darstellen.
II.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 As. 2 Satz 1 ArbGG i.V. m. § 91 ZPO. Da der
Kläger unterliegt, hat er die gesamten Kosten des Verfahrens zu tragen.
74
III.
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Die Streitwertfestsetzung erfolgte gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 3 ZPO in
Höhe von zwei Bruttomonatsgehältern des Klägers.
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Rechtsmittelbelehrung
77
Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei
78
B e r u f u n g
79
eingelegt werden.
80
Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
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Die Berufung muss
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innerhalb einer N o t f r i s t* von einem Monat
83
beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Ludwig-Erhard-Allee 21, 40227 Düsseldorf, Fax:
(0211) 7770 - 2199 eingegangen sein.
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Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils,
spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung
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Die Berufungsschrift muss von einem Rechtsanwalt eingereicht werden; an seine Stelle
können Vertreter einer Gewerkschaft oder einer Vereinigung von Arbeitgebern oder von
Zusammenschlüssen solcher Verbände treten, wenn sie kraft Satzung oder Vollmacht
zur Vertretung befugt sind und der Zusammenschluss, der Verband oder deren
Mitglieder Partei sind. Die gleiche Befugnis haben Angestellte juristischer Personen,
deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der zuvor genannten
Organisationen stehen, solange die juristische Person ausschließlich die
Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder der Organisation entsprechend
deren Satzung durchführt.
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* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
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