Urteil des ArbG Düsseldorf vom 22.08.2005

ArbG Düsseldorf: stock option plan, zusage, leistung des arbeitgebers, juristische person, sperrfrist, kurs, vergütung, deich, kündigung, arbeitsrecht

Arbeitsgericht Düsseldorf, 7 Ca 2689/05
Datum:
22.08.2005
Gericht:
Arbeitsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
7. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 Ca 2689/05
Schlagworte:
Stock Appreciation Rights, Verfallklauseln, Sperrfristen
Normen:
§ 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG, §§ 134, 138, 307 BGB
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Dreijährige an Sperrzeiten gekoppelte Verfallfristen bei Stock
Appreciation Rights sind wirksam. Es handelt sich nicht um
Entgeltzusagen im engeren Sinne. Aktienoptionen bieten lediglich eine
Vergütungschance. Stock Appreciation Rights können grundsätzlich nur
gegenüber dem vertragsschließenden Konzernunternehmen geltend
gemacht werden.
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Der Streitwert beträgt 131.100,00 €.
T a t b e s t a n d :
1
Der Kläger begehrt Zahlung von Aktienwertzuwachs aufgrund erteilter Optionsrechte.
2
Der Kläger war bei der Beklagten zu 1, einem Unternehmen der S.H. bzw. bei deren
Rechtsvorgängerin vom 01.03.1994 bis zum 31.12.2003 als Leiter des Bereichs
Entwicklung tätig. Sein Monatsgehalt lag zuletzt bei 11.202,00 € brutto. Das
Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer arbeitgeberseitigen, betriebsbedingten
Kündigung.
3
Die Beklagte zu 2 bzw. deren Rechtsvorgängerin richtete sich mit einem Schreiben vom
16.02.2001 (Bl. 6 ff d. A.) an den Kläger. Dieses Schreiben erhielt er von der Beklagten
zu 1 bzw. deren Rechtsvorgängerin ausgehändigt. Das Schreiben lautet auszugsweise:
4
T.
5
Sehr geehrter Herr E.,
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wie Sie wissen, finden seit einiger Zeit sogenannte Stock Option Plans oder
7
vergleichbare, an der langfristigen Wertsteigerung des Unternehmens orientierte
Anreizsysteme für Top-Führungskräfte auch in Deutschland zunehmend Verbreitung.
Wir dürften Ihnen mit diesem Schreiben die erfreuliche Mitteilung machen, dass der
Vorstand der S. beschlossen hat, eine solche zusätzliche Vergütungskomponente in
2000 zu gewähren, und zwar mit Wirkung vom 13. November 2000. Es handelt sich
dabei um einen sogenannten Stock Appreciation Rights Plan , dessen Funktionsweise
im weiteren Verlauf dieses Schreibens im einzelnen erläutert wird.
8
Teilnehmer an diesem Plan sind alle Mitglieder des RKS-Kreises, also alle Konzern-
und Unternehmensbereichsvorstände sowie die Zentralbereichsleiter der Holding. Des
weiteren sind für den SAR-Plan 2000 auch die Mitglieder des RFS-Kreises berechtigt.
9
Mit diesem Plan sollen die folgenden Ziele erreicht werden:
10
- stärkere Ausrichtung der Interessen der Planteilnehmer an den Interessen der
Anteilseigner (Shareholder Value);
11
- Anreiz für die Planteilnehmer, die Wertsteigerung des Unternehmens (im Sinne der
Steigerung des Aktienkurses) zu fördern, da die Teilnehmer von einer Kurssteigerung
direkt provitieren;
12
- Förderung der Integration von Konzernteilen in den Gesamtkonzern, da die Top-
Führungskräfte aller Konzerngesellschaften nach einem konzerneinheitlichen Kriterium
vergütet werden;
13
- Schaffung einer international wettbewerbsfähigen Vergütungskomponente
14
- Erhöhung des Anteils variabler Vergütungsbestandteile;
15
- zusätzlicher Leistungsanreiz für die Planteilnehmer;
16
- Stärkung der Bindung der Planteilnehmer an ihr Unternehmen und an die S.H..
17
Stichtag für den Planbeginn ist der 13. November 2000. Für diesen Tag wurde der Kurs
der S.Aktien ermittelt, der als Basiskurs für den Plan herangezogen wird. Der Kurs
wurde nach folgender Formel ermittelt:
18
Durchschnittskassakurs der Stammaktien Durchschnittskassakurs der Vorzugsaktien
19
2
20
Die Durchschnittskurse sind jeweils die arithmetischen Mittel aus den Kassa-Kursen der
letzten 10 Börsentage vor dem 13. November 2000 an der Frankfurter Börse.
21
Nach diesen Kriterien ergibt sich als Basiskurs ein Kurs von
22
9,24 €.
23
Jeder Planteilnehmer erhält bei Planbeginn eine bestimmte Anzahl von Optionsrechten,
die ihn berechtigen, unter bestimmten Voraussetzungen die Differenz zwischen
24
Basiskurs und jeweils aktuellem Kurs ( Ausübungskurs ) der Bezugsaktien in bar zu
beziehen.
Der Plan unterliegt nach Planbeginn einer Sperrfrist bis zum 31.12.2003, während der
die Optionsrechte nicht ausgeübt werden dürfen.
25
Nach Ablauf der Sperrfrist kann jeder Planteilnehmer innerhalb eines Zeitraums von vier
Jahren ( Ausübungszeitraum ) seine Optionsrechte ausüben, sofern der Kurs der
Bezugsaktien zum Ausübungszeitpunkt mindestens 25 % über dem Basiskurs liegt (
Ausübungshürde ).
26
Auch während des Ausübungszeitraums darf nur innerhalb festgelegter sogenannter
Ausübungsfenster ausgeübt werden, um eine Verletzung der Insiderregeln von
vornherein auszuschließen (Stichwort Compliance ).
27
Optionsrechte, die nach Ablauf des vierjährigen Ausübungszeitraums nicht ausgeübt
wurden oder wegen Nichtüberschreitung der Ausübungshürde nicht ausgeübt werden
konnten, verfallen.
28
Bei diesem Plan handelt es sich nicht um einen Stock Option Plan, da keine Aktien
ausgegeben werden, sondern der Wertzuwachs der Bezugsaktien in bar ausgezahlt
wird. Damit handelt es sich bei dem Plan um einen sog. Stock-Appreciation-Rights-Plan
( Aktienwertsteigerungsprogramm ).
29
Sehr geehrter Herr E.,
30
wir freuen uns Ihnen mitteilen zu können, dass Sie
31
2.500 Optionsrechte
32
erhalten.
33
Folgende Beispielrechnung soll die Funktionsweise des Plans für Sie nochmals
veranschaulichen: Wenn Sie Ihre Optionsrechte zu einem Zeitpunkt ausüben, an dem
der Kurz der S.-Aktien um 40 % über dem Basiskurs gestiegen ist ( Ausbildungskurs ),
dann ergäbe sich für Sie ein Ausschüttungsbetrag in Höhe von
34
Optionsrechte x (Ausübungskurs-Basiskurs),
35
also
36
2.500 Optionsrechte x (12,94-9,24 €) = Zielausschüttung 9.250,00 €
37
Für den Plan gelten folgende Bedingungen:
38
- Bis zum 31.12.2003 können die Optionsrechte nicht ausgeübt werden (Sperrfrist).
39
- In den Jahren 2004, 2005, 2006 und 2007 können die Optionsrechte in vier
sogenannten Ausübungsfenstern pro Jahr ausgeübt werden. Jedes Ausübungsfenster
beginnt am ersten Börsentag und endet am 20. Börsentag der Frankfurter Börse jeweils
nach den regelmäßigen Berichtsterminen (Quartalsberichte; Halbjahresbericht und
40
Jahresbericht).
- Die Ausübung der Optionsrechte kann allerdings nur dann erfolgen, wenn der
Ausübungskurs am Ausübungstag mindestens 25,00 % über dem o. g. Basiskurs liegt.
Der Ausübungskurs ist das arithmetische Mittel aus den Schlusskursen der S.Stämme
und -Vorzüge an der Frankfurter Börse am Ausübungstag.
41
- Sie können Ihre Optionsrechte auch teilweise (in Tranchen) ausüben.
42
Aus Gründen der administrativen Vereinfachung muss aber jede Tranche mindestens
1.000 Optionsrechte umfassen. Sie müssen Ihre Tranchen außerdem so gestalten, dass
bei nicht vollständiger Ausübung der Optionsrechte immer noch mindestens 1.000 nicht
ausgeübte Optionsrechte für die letzte Tranche verbleiben.
43
- Wenn Sie Ihre Optionsrechte ausüben wollen, teilen Sie dies bitte am Ausübungstag
dem Zentralbereich Personal der S. per Fax (Fax Nr. 02102/90-2286) mit. Es ist aus
rechtlichen Gründen erforderlich, dass Sie diese Mitteilung zusätzlich schriftlich per Brief
(nicht per Fax) an den Zentralbereich Personal bestätigen.
44
- Nach Eingang der schriftlichen Bestätigung wird der Zentralbereich Personal die
Auszahlung des Ausschüttungsbetrages, der sich unter Zugrundelegung des
Ausübungskurses am Ausübungstag ergibt, mit der nächsten Gehaltsabrechnung
veranlassen. Bei der Auszahlung werden die gesetzlichen Steuern und Abgaben
einbehalten. Die Auszahlung wird durch den Zentralbereich Personal der S. AG
veranlasst. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass alle Aus schüttungen, die Sie aus
dem Plan erhalten, von Ihnen als Einkommen zu versteuern sind.
45
- Wenn Sie aus den Diensten des Unternehmens in den Ruhestand eintreten, bleiben
Ihre Optionsrechte in vollem Umfang und für die gesamte Dauer des
Ausübungszeitraums erhalten. Dies gilt auch, wenn Sie während der Sperrfrist in den
Ruhestand gehen.
46
- Wenn Sie während der Sperrfrist aus anderen Gründen - gleich aus welchem Grund -
aus den Diensten der S.H. ausscheiden, verfallen Ihre Optionsrechte ersatzlos. Wenn
Sie während des Ausübungszeitraums durch Eigenkündigung, Aufhebungsvertrag oder
aufgrund einer fristlosen, verhaltensbedingten Kündigung ausscheiden, verfallen alle
Optionen, die Sie bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Kündigung ausgesprochen wird,
noch nicht ausgeübt haben. Wenn Sie die S.H. während des Ausübungszeitraums
aufgrund einer betriebsbedingten oder anderen fristgerechten Kündigung durch das
Unternehmen verlassen, können Sie Ihre Optionsrechte noch sechs Monate nach Ihrem
Ausscheiden aus den Diensten der S. H. innerhalb eines Ausübungsfensters ausüben,
sofern die Kurshürde von 25 % am Ausübungstag überschritten ist.
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- Optionsrechte, die Sie nach Ablauf des Ausübungszeitraums, also nach dem letzten
Ausübungsfenster im Jahre 2007, noch nicht ausgeübt haben oder wegen
Nichtüberschreitung der Ausübungshürde nicht ausüben konnten, verfallen ersatzlos.
48
Dieses Schreiben ist eine rechtsverbindliche Zusage der S. AG an Sie. Wir müssen
allerdings darauf hinweisen, dass diese Leistung freiwillig erfolgt und daraus keine
Ansprüche auf weitere derartige Pläne in den Folgejahren ableitbar sind.
49
Wir danken Ihnen für Ihre bisherige Arbeit und für Ihren Beitrag für unsere
Unternehmensgruppe und hoffen, dass dieser Plan auch ein Ansporn ist, weiterhin mit
aller Kraft für die Wertsteigerung der S.H. zu arbeiten.
50
Ein nahezu gleichlautendes Schreiben vom 04.02.2002 (Bl. 11 ff d. A.) erhielt der Kläger
im Februar 2002. In diesem Schreiben sind allein Daten geändert, unter anderem heißt
es in diesem Schreiben, dass es sich um eine zusätzliche Vergütungskomponente in
2001 handele, Stichtag der 13.11.2001 sei, der Basiskurs 60,50 € betrage und die
Sperrfrist bis zum 31.12.2004 laufe.
51
Mit Schreiben vom 24.05.2004 (Bl. 16 d. A.) an die Beklagte zu 1 übte der Kläger die
Optionsrechte aus. Das Schreiben lautet auszugsweise wie folgt:
52
... ich nehme Bezug auf die o.g. Schreiben und teile Ihnen mit, dass ich meine 5.000
Optionsrechte aus diesen Schreiben zum ersten Ausübungstag im ersten
Ausübungsfenster des Jahres 2005 ausüben möchte. Diese Festlegung erfolgt bereits
jetzt, weil ich mich in Kürze für längere Zeit ins Ausland begeben werde und deshalb
der Aktienentwicklung nicht in notwendigem Maße folgen kann. Da mir die
Zuständigkeiten in der S.H. nicht mehr geläufig sind, bitte ich um evtl. Weiterleitung an
die bearbeitende Stelle.
53
Die Beklagte zu 1 wies die Ansprüche mit Schreiben vom 22.06.2004 (Bl. 17 d. A.)
sowie vom 18.09.2004 (Bl. 18 d. A.) zurück.
54
Der Kläger behauptet, am 03.01.2005 hätten die Optionsrechte aus dem Jahre 2001
einen Tageswert in Höhe von 74.625,00 € und aus dem Jahre 2002 einen Tageswert in
Höhe von 56.475,00 € ausgewiesen. Seine Ausübung sei zumindest zum
nächstmöglichen Zeitpunkt umzudeuten. Der Kurs sei gestiegen, so dass die
Klageforderung lediglich einen Mindestbetrag darstelle. Der Kläger ist der Auffassung,
Ansprüche gegenüber der Beklagten zu 1 ergäben sich daraus, dass die Optionsrechte
als weiterer Vergütungsbestandteil gewährt worden seien. Er sei außerdem nicht
innerhalb der Sperrzeit ausgeschieden. Aufgrund der gewählten Formulierung sei die
Sperrzeit nur bis einschließlich 30.12.2003 gelaufen. Er meint, da es sich um
Vergütungsbestandteile handele, könne die Ausübung nicht von Sperrfristen bzw.
Verfallklauseln abhängig gemacht werden. Eine derartige lange Bindung sei mit Blick
auf seine Grundrechte aus Art. 2, 12 GG unwirksam. Gleiches gelte bei Gratifikationen.
Sein Engagement über Jahre habe sich anderenfalls nicht ausgezahlt. Im übrigen
verstießen die Regelungen gegen den Gleichheitsgrundsatz, da Mitarbeiter, die in den
Ruhestand treten, keine derartigen Nachteile erleiden sollten. Dies zeige die Unbilligkeit
der Regelung.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 131.100
57
€ nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit
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Rechtshängigkeit zu zahlen.
59
Die Beklagten beantragen,
60
die Klage abzuweisen.
61
Die Beklagte zu 1 ist der Auffassung, dass ihr gegenüber keine Ansprüche bestehen
könnten. Sie habe die Zusage nicht erteilt. Die Beklagte zu 2 habe auch nicht in das
synallagmatische Verhältnis zwischen ihr und dem Kläger eingreifen können.
62
Im übrigen sind die Beklagten der Auffassung, dass die Optionsrechte aufgrund der
Sperrzeiten und den damit verbundenen Verfallklauseln verfallen seien. Der Kläger sei
bis zum 31.12.2003 aus dem Unternehmen der Beklagten zu 1 ausgeschieden. Diese
Art von Sperrzeit mit Verfallklausel sei zulässig. Dies ergebe sich auch aus dem Zweck
der Zusage, bei Führungskräften eine Unternehmensbindung zu erreichen sowie an
dem Unternehmenserfolg nachhaltig mitzuarbeiten. Der Kläger habe die Zusage als
zusätzliches Extra erhalten. Im übrigen ergebe sich die Zulässigkeit bereits aus § 193
Abs. 2 AktG. Ohne eine derartige Sperrzeit ergebe sich kein Anreiz zur Betriebstreue.
Optionen böten den Mitarbeitern ohnehin lediglich eine Chance. Ein Verstoß gegen den
Gleichbehandlungsgrundsatz liege nicht vor. Ruheständler hätten man ausnehmen
müssen, ansonsten wären sie von vorneherein ausgeschlossen gewesen, wenn sie
nicht über die Altersgrenze hinaus tätig werden wollten. Der Kläger sei auch innerhalb
der Sperrzeit ausgeschieden. Diese sei gemäß § 188 Abs. 1 BGB erst mit dem
31.12.2003 abgelaufen. Sie meint des weiteren, der 03.01.2005 liege nicht in einem
Ausübungsfenster und behauptet hierzu, das erste Ausübungsfenster habe im Zeitraum
18.03.2005 bis 16.04.2005 gelegen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den
vorgetragenen Inhalt der Parteienschriftsätze sowie den gesamten weiteren Akteninhalt
Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
65
Die Klage ist begründet.
66
I. Die Klage gegen die Beklagte zu 1 ist unbegründet. Die Beklagte zu 1 ist nicht
passivlegitimiert.
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1. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten zu 1 keine vertraglichen Ansprüche. Sie hat
ihm keine Optionszusage erteilt.
68
a) Das BAG hat in seinem Urteil v. 12.2.2003 (Az: 10 AZR 299/02; vgl. auch LAG
Hessen 19.11.2001 Az: 16 Sa 971/01; LAG Düsseldorf 3.3.1998 Az: 3 Sa 1452/97)
ausgeführt, dass Ansprüche aus einer Vereinbarung zwischen dem Arbeitnehmer über
die Gewährung von Aktienoptionen mit einem anderen Konzernunternehmen, also nicht
mit seinem Arbeitgeber, grundsätzlich nur gegenüber dem vertragsschließenden
Konzernunternehmen geltend gemacht werden können. Sie werden nicht Bestandteil
des Arbeitsverhältnisses mit einer Tochtergesellschaft. Der Vertrag über die Gewährung
von Aktienoptionen steht vielmehr rechtlich selbständig neben dem Arbeitsvertrag mit
der Tochtergesellschaft. Ansprüche aus Aktienoptionsgewährung stehen nicht immer in
demselben synallagmatischen Verhältnis zur Arbeitsleistung wie die vertraglich vom
Arbeitgeber geschuldete Vergütung. Das BAG hat in seiner Entscheidung des weiteren
ausgeführt, dass Fallkonstellationen denkbar sind, in denen Aktienoptionen
arbeitsvertraglich als Teil der geschuldeten Vergütung vereinbart werden, eine
rechtliche Verpflichtung oder eine tatsächliche Vermutung für eine solche
69
Vertragsgestaltung besteht aber nicht. Maßgeblich sind stets die konkreten vertraglichen
Vereinbarungen.
b) Vor diesem Hintergrund ist die Kammer der Auffassung, dass auch im vorliegenden
Fall die Optionszusagen nicht Vertragsbestandteil zwischen dem Kläger und der
Beklagten zu 1 geworden sind.
70
aa) Die Beklagte zu 2 hat in ihren Schreiben vom 16.2.2001 und 4.2.2002 zwar keine
klassischen Aktienoptionen, sondern sog. Stock Appreciation Rights zugesagt.
Während bei sog. Belegschaftsaktien Mitarbeitern der Erwerb von Aktien des eigenen
Unternehmens zu Sonderkonditionen angeboten werden, wird bei einem
Aktienoptionsplan ( Stock Option Plan ) einem Arbeitnehmer Bezugsrechte eingeräumt,
unternehmenseigene Aktien zu einem Ausübungs- oder Basispreis zu erwerben, wobei
ihm bis zum Ausübungszeitpunkt keine Kosten entstehen (dazu Deich in: Preis,
Innovative Arbeitsformen, S. 365, 368 f.). Hiervon sind sog. virtuelle Optionen zu
unterscheiden, bei denen den Mitarbeitern der bloße Wert der Optionen, der dem
Zuwachs des Wertes der Phantomaktien entspricht, ausgezahlt wird. Die hier in Rede
stehenden Stock Appreciation Rights (SAR) weisen nochmals die Besonderheit auf,
dass sich die Ermittlung des Kurses der ausgegebenen Phantomaktien am Kurs der
echten Aktien des Unternehmens orientieren (Deich a.a.O. S, 365, 370).
71
bb) Für die Frage, ob die Zusage von SAR durch ein anderes Konzernunternehmen
Bestandteil des Arbeitsvertrages mit dem Arbeitgeber wird, ergeben sich aus den
dargestellten Unterschieden zwischen den verschiedenen Beteiligungsformen keine
Besonderheiten. Entscheidend ist allein, dass es sich bei dem Arbeitgeber und dem
anderen Konzernunternehmen um unterschiedliche Rechtspersönlichkeiten handelt, so
dass ein Unternehmen ohne entsprechende Bevollmächtigung nicht in ein
Vertragsverhältnis des anderen eingreifen kann. Die Beklagte zu 1 hätte sich also
entweder an der Zusage unmittelbar beteiligen müssen oder aber die Beklagte zu 2
hätte in Vertretung und mit Vollmacht für die Beklagte zu 1 handeln müssen. Hierfür gibt
es aber keine Anhaltspunkte, auch nicht in den Schreiben der Beklagten zu 2. Zwar wird
in diesen Schreiben von Vergütungskomponenten und Vergütungsbestandteilen
gesprochen, daraus ergibt sich aber nicht zwingend, dass die Beklagte zu 2 für die
Beklagte zu 1 in das synallagmatische Verhältnis zwischen der Beklagten zu 1 und dem
Kläger eingreifen wollte und konnte. Teilnehmer sind nach Auskunft der Schreiben alle
Konzern- und Unternehmensbereichsvorstände sowie die Zentralbereichsleiter der
Holding. Die Schreiben richten sich somit nicht allein an Mitarbeiter der Beklagten zu 1.
Des weiteren heißt es ausdrücklich, dass der Vorstand der Beklagten zu 2 beschlossen
hat, eine zusätzliche Vergütungskomponente zu gewähren. Die Beklagte zu 1 war
insoweit offensichtlich nicht beteiligt. Es handelt sich auch nicht um Aktien der
Beklagten zu 1, sondern um die der Konzernmutter, der nunmehrigen Beklagten zu 2.
Schließlich heißt es auf der letzten Seite der jeweiligen Schreiben: Dieses Schreiben ist
eine rechtsverbindliche Zusage der S. AG an Sie. Gerade hieraus wird ersichtlich, dass
die Beklagte zu 2 nicht für Tochterunternehmen handelte, sondern allein eine
rechtsverbindliche Zusage im eigenen Namen erteilt hat.
72
2. Die Beklagte zu 1 muss auch nicht aus anderen Gesichtspunkten für die von der
Beklagten zu 2 erteilten Zusagen einstehen. Anhaltspunkte für einen Schuldbeitritt oder
eine Haftung aus den Grundsätzen der c.i.c. (§ 311 BGB) sind nicht ersichtlich. Das
Verhalten Dritter muss sich der Arbeitgeber grundsätzlich nicht zurechnen lassen. Dies
gilt auch bei Aktienoptionen (Annuß/Lembke BB 2003, 2230, 2231).
73
II. Der Kläger hat auch gegen die Beklagte zu 2 keinen Anspruch auf Zahlung von
131.100 €. Ein derartiger Anspruch ergibt sich nicht aus den Optionszusagen durch die
Schreiben vom 16.2.2001 und 4.2.2002. Zwar hat die Beklagte zu 2 mit ihren Schreiben
verbindliche Zusagen in Form von sog. Gesamtzusagen gemacht. Die Voraussetzungen
der Optionszusagen liegen aber nicht vor.
74
1. Der Kläger ist innerhalb der Sperrfristen aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden.
75
a) Entgegen der Auffassung des Klägers waren in den Zusagen vom 16.2.2001 und
4.2.2002 Sperrzeiten bis zum 31.12.2003 bzw. bis zum 31.12.2004 festgeschrieben.
Dies ergibt die Auslegung der Zusagen gemäß §§ 133, 157 BGB. Bereits der Wortlaut
spricht unter Anwendung des § 188 BGB für dieses Auslegungsergebnis. Eine Frist, die
bis zum 31.12. eines Jahres läuft, endet mit Ablauf des Jahres, also mit Ablauf des
31.12. (vgl. LAG Düsseldorf 25.3.1997 Az: 16 Sa 1724/96). Sonstige Anhaltspunkte
dafür, dass die Beklagte zu 2 den erkennbaren Willen hatte, den 31.12. auszunehmen,
sind nicht ersichtlich.
76
b) Das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten zu 1 endete zum 31.12.2003 und
somit auch innerhalb der Sperrfrist. Wird eine Kündigung zum 31.12.2003
ausgesprochen, so führt dies zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des
Tages und damit bis zum 31.12.2003 (vgl. BAG 9.6.1993 Az: 10 AZR 529/92; LAG
Düsseldorf 25.3.1997 Az: 16 Sa 1724/96).
77
2. Die Sperrfristen und Verfallklauseln in den Zusagen vom 16.2.2001 und 4.2.2002 sind
wirksam. Dabei ist genaugenommen zwischen der Wirksamkeit der Sperrzeiten und der
der Verfallklauseln (oder auch Bindungsklauseln) zu unterscheiden, auch wenn beide
Fristen vorliegend identische Laufzeiten haben.
78
a) Ob (an Sperrfristen gekoppelte) Verfallklauseln in Aktienoptionsplänen wirksam sind,
ist - soweit ersichtlich - bislang noch nicht in der Rechtsprechung entschieden worden.
Im Schrifttum werden solche Sperrfristen mit Verfallklauseln regelmäßig bis zu einem
Zeitraum von fünf Jahren für zulässig angesehen (vgl. Lemke BB 2001, 1469, 1473;
Mechlem/Melms DB 2000, 1614, 1615; Baeck/Diller DB 1998, 1405, 1408; Deich a.a.O.
S. 365, 395; Küttner/Röller Personalhandbuch 2005, Aktienoptionen Rn. 5; wohl auch
Moll, FS 50 Jahre BAG, S. 59, 62). Darüber hinausgehende Sperrzeiten seien wegen
unzulässiger Kündigungserschwerung für den Arbeitnehmer unzulässig. Für eine
Fünfjahresfrist werden insoweit die Regelungen des § 624 BGB und § 15 Abs. 4 S. 1
TzBfG herangezogen. Zudem wird auf die Regelung des § 193 Abs. 2 AktG
hingewiesen, der zumindest zwei- bzw. dreijährige Sperrzeiten ermöglicht.
Einschränkungen werden für solche Optionsrechte gemacht, bei denen der
Arbeitnehmer bereits finanzielle Aufwendungen erbracht hat (Deich a.a.O. S. 365, 395;
Schanz NZA 2000, 626, 634; Baeck/Diller DB 1998, 1405, 1408). In einem solchen Fall
müssten dem Mitarbeiter der investierte Betrag zurückerstattet werden (Baeck/Diller DB
1998, 1405, 1408; Küttner/Röller Personalhandbuch 2005, Aktienoptionen Rn. 5).
79
b) Ob eine fünfjährige (an eine entsprechende Sperrzeit gekoppelte) Verfallklausel bei
Aktienoptionen zulässig ist, muss im vorliegenden Fall nicht entschieden werden. Nach
Auffassung der Kammer sind jedenfalls an entsprechende Sperrzeiten gekoppelte
Verfallklauseln bis zu drei Jahren grundsätzlich zulässig. Die vorliegenden Klauseln
sind weder gemäß §§ 134, 138 BGB noch nach § 307 BGB wegen unangemessener
80
Benachteiligung unwirksam.
aa) Für eine Zulässigkeit von Sperrzeiten spricht bereits die gesetzliche Regelung des §
193 Abs. 2 Nr. 4 AktG (Küttner/Röller Personalhandbuch 2005, Aktienoptionen Rn. 5).
Den gesetzlichen Regelungen der §§ 192, 193 AktG kann zunächst die gesetzliche
Anerkennung von Stock Options als besondere Vergütungsform entnommen werden
(Hüffer, 6. Auflage 2004, § 192 AktG Rn. 16; Lemke BB 2001, 1469, 1471). Dies gilt
auch zugunsten von Arbeitnehmern verbundener Unternehmen (Hüffer, 6. Auflage 2004,
§ 192 AktG Rn. 20). § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG soll gewährleisten, dass
Aktienoptionsprogramme auf langfristige Anreizwirkung ausgelegt sind (Hüffer, 6.
Auflage 2004, § 193 AktG Rn.9). Es handelt sich um eine Mindestfrist. In der
Gesetzesbegründung wird auch eine dreijährige Frist für angemessen gehalten (BT-
DRs. 13/10038, 9, 26). Es sollte lediglich eine flexible Handhabung ermöglicht werden.
81
Diese Grundsätze gelten nach Auffassung der Kammer auch für SAR. Auch wenn es
sich insoweit lediglich um virtuelle Aktienoptionsprogramme handelt, sind die
Grundgedanken der gesetzlichen Bestimmungen heranzuziehen. Solche virtuellen
Aktienoptionsprogramme tun so, als ob den Mitarbeitern Aktienbezugsrechte gewährt
würden. Die Mitarbeitern erhalten keine Aktien und werden auch nicht Anteilsinhaber.
Solche Programme haben aber den Vorteil, dass die Mitarbeiter keine Aufwendungen
erbringen müssen und kein Risiko eines Kursverlustes eingehen. Virtuelle
Aktienoptionsprogramme dienen also nicht dazu, gesetzliche Bestimmungen zu
umgehen, um den Arbeitnehmern weitere Risiken aufzubürden. Auch aktienrechtlich
sollen Phantom Stocks und SAR als schuldrechtliche Nachbildungen echten
Aktienoptionen gleichgestellt sein (vgl. Habersack ZGR 2004, 721, 731). Aus Sicht der
Kammer sind vor diesem Hintergrund keine Gesichtspunkte erkennbar, die gegen die
Zulässigkeit dreijähriger Sperrfristen bei SAR sprechen.
82
bb) Hinsichtlich der Zulässigkeit von an Sperrzeiten gekoppelte Verfallklauseln ist zu
prüfen, ob solche Klauseln dem Arbeitnehmer die Ausübung seines Kündigungsrechts
unzulässig erschweren.
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(1) Dabei ist zunächst zu prüfen, ob es sich bei SAR um sog. Entgelt im weiteren Sinne
handelt, da bei dieser Entgeltform Verfallklauseln grundsätzlich zulässig sind (vgl. BAG
25.4.1991 Az: 6 AZR 183/90; BAG 19.11.1992 Az: 10 AZR 264/91; Lembke BB 2001,
1469, 1470; vgl. auch ErfK/Preis, 5. Auflage 2005, § 611 BGB Rn. 676). Lediglich bei
Sondervergütungen, die reinen Entgeltcharakter (Entgelt im engeren Sinne) haben, sind
solche Bindungsklauseln von vornherein unzulässig.
84
Vorliegend handelt es sich bei der Zusage der SAR nicht um Entgelt im engeren Sinne
handelt. Hiervon spricht das BAG (24.10.1990 Az: 6 AZR 156/89), wenn eine
Sonderzahlung in das im vertraglichen Synallagma stehende Vergütungsgefüge
eingebaut ist, ausschließlich die Entlohnung erbrachter Arbeitsleistung zum
Gegenstand hat und kein darüber hinausgehender Zweck verfolgt wird. Entgelt im
weiteren Sinne ist vereinbart, wenn es sich um eine von der eigentlichen Vergütung
unabhängige Zahlung handelt. Entscheidend für die Qualifikation einer Sonderzahlung
ist, aus welchem Motiv heraus sie gezahlt und welcher Zweck mit ihr verfolgt wird (BAG
24.10.1990 a.a.O.). Die Zweckbestimmung ergibt sich insbesondere aus den
Voraussetzungen, von deren Erfüllung diese Leistung in der Zusage abhängig gemacht
wird.
85
Soweit man bei Entgeltzahlungen und -chancen, die ein Dritter in Aussicht stellt,
überhaupt die Begrifflichkeiten bei sonstigen Sonderzahlungen übernehmen wollte,
müsste vorliegend von Entgelt im weiteren Sinne gesprochen werden (vgl. Deich a.a.O.
S. 365, 374). Die mit ihren Zusagen verfolgten Ziele hat die Beklagte zu 2 jeweils auf
den Seiten 1 und 2 ihrer Schreiben ausdrücklich aufgeführt und können wie folgt
zusammengefasst werden: Ausrichtung an den Interessen der Anteilseigner
(Shareholder Value), Anreiz zur Förderung des Aktienkurses, Förderung der Integration
von Konzernteilen in den Gesamtkonzern, Schaffung einer wettbewerbsfähigen
Vergütungskomponente, Erhöhung variabler Vergütungsbestandteile, zusätzlicher
Leistungsanreiz, stärkere Bindung an das Unternehmen. In den Zusagen sind
Voraussetzungen aufgeführt, insbesondere die Ausübung der Optionsrechte in
Ausübungsfenstern innerhalb des Ausübungszeitraums von vier Jahren und nur bei
Überschreitung der Ausübungshürde , also 25% Kurssteigerung. Letztlich ist eben eine
Sperrfrist vorgesehen, innerhalb derer das Optionsrecht nicht ausgeübt werden kann
und das Arbeitsverhältnis nicht beendet sein darf, ausgenommen im Falle des Eintritts in
den Ruhestand. Aus all dem ergibt sich ein Mischcharakter der Optionszusagen. Gerade
die Sperrzeit hat den bereits vom Gesetzgeber benannten Zweck, langfristige
Anreizwirkung zu entfalten. Damit verbunden ist zwingend auch eine erforderliche
Betriebstreue des Arbeitnehmers. Keinesfalls soll allein bereits erbrachte
Arbeitsleistung vergütet werden.
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Hinzu kommt, dass es sich nicht um Vergütung handelt, die im direkten
Austauschverhältnis zur Arbeitsleistung des Klägers steht. Die Zusage der Optionen ist
vielmehr durch die Beklagte zu 2 erfolgt, einer selbständigen Rechtspersönlichkeit, die
entsprechend der obigen Ausführungen auch nicht berechtigt war, in das
synallagmatische Vertragsverhältnis der anderen Parteien einzugreifen.
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Nach alldem handelt es sich bei den Zusagen der SAR allenfalls um Entgelt im weiteren
Sinne, bei denen aber Verfallklauseln grundsätzlich zulässig sind.
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(2) Die Verfallklausel erschwert auch nicht unter anderen Gesichtspunkten die
Ausübung des Kündigungsrechts unzulässig.
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Es ist zu beachten, dass die Zusage der SAR nicht zu Beginn des Arbeitsverhältnis
erfolgte. Vielmehr bestand dieses bereits seit sieben Jahren. Im Rahmen der Zusagen
sind auch keine sonstigen Vertragsänderungen zwischen dem Kläger und der
Beklagten zu 1 vorgenommen worden. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass sonstige
Ansprüche des Klägers im Rahmen des Arbeitsverhältnisses umgewandelt worden
sind. Die Zusage der Beklagten zu 2 erfolgte vielmehr als zusätzliche und freiwillige
Entgeltchance in dem Sinne, dass die Beklagte weder aus Vertrag, Gesetz oder
sonstigen Rechtsgrundlagen dazu verpflichtet gewesen wäre.
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Bei der Frage, inwieweit an Sperrzeiten gekoppelte Verfallklauseln bei Aktienoptionen
zulässig sind, ist weiterhin zu berücksichtigen, dass es sich bei Aktienoptionen
keineswegs um gesicherte Vergütung handelt. Aktienoptionen bieten lediglich eine
Vergütungschance. Sie weisen einen spekulativen Charakter auf (Lemke BB 2001,
1469, 1473; Kolvenbach/Glaser in: Moll MAH Arbeitsrecht § 18 Rn. 95). Aus diesem
Grund kann der Arbeitnehmer auch kein Vertrauen darauf bilden, dass er für seine
(zusätzlichen) Anstrengungen zusätzliches Entgelt erhält. Weder er noch der
Arbeitgeber haben einen unmittelbaren Einfluss auf den Aktienkurs. Dieser wird
vielmehr von Dritten an der Börse gebildet. Erfolg und Misserfolg bei Aktienoptionen
91
richten sich nach der Einschätzung des Unternehmererfolgs durch den Kapitalmarkt
(Küttner/Röller Personalhandbuch 2005, Aktienoptionen Rn. 8). Diese Art der
ergebnisorientierten Vergütung knüpft an eine von der Arbeitsverpflichtung unabhängige
Größe (Lemke BB 2001, 1469, 1471). Aus diesem Grund sind Aktienoptionen nicht mit
sonstigen erfolgsabhängigen Vergütungsbestandteile ohne weiteres vergleichbar. Hier
stehen dem Verdienstrisiko tatsächlich realisierbare Verdienstmöglichkeiten gegenüber
(Küttner/Röller Personalhandbuch 2005, Aktienoptionen Rn. 8).
Die Rechtsprechung zu Gratifikationen, deren Höhe regelmäßig bestimmt ist, kann somit
nicht ohne weiteres herangezogen werden (Lemke BB 2001, 1469, 1473;
Kolvenbach/Glaser in: Moll MAH Arbeitsrecht § 18 Rn. 95). Sowohl der spekulative
Charakter von Aktienoptionen als auch die gesetzlich gewollte lange Bindungsdauer
i.S.d. § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG sprechen dagegen. Gerade die Koppelung an die
gesetzliche vorgeschriebene Sperrzeit nach § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG spricht nach
Auffassung der Kammer für die Zulässigkeit der Klauseln.
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(3) Nach alldem sind zumindest dreijährige an Sperrzeiten gekoppelte Verfallklauseln
bei Aktienoptionen, insbesondere bei SAR nicht wegen unzulässiger
Kündigungserschwerung unzulässig.
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cc) Nach Auffassung der Kammer ist es weder treuwidrig noch unangemessen, die
Gewährung künftiger Vorteile vom Bestand des Arbeitsverhältnisses abhängig zu
machen (Küttner/Röller Personalhandbuch 2005, Aktienoptionen Rn. 5). Der Grund des
Ausscheidens ist dabei nicht relevant. Verfallklauseln sind auch bei betriebsbedingten
Kündigungen zulässig (Lemke BB 2001, 1469, 1474; Mechlem/Melms DB 2000, 1614,
1615; a.A. Busch BB 2000, 1294, 1296), da dem Arbeitgeber nicht ohne weiteres
rechtsmissbräuchliches Verhalten i.S.d. § 162 BGB unterstellt werden kann (Lemke BB
2001, 1469, 1474, vgl. auch BAG 19.11.1992 Az: 10 AZR 264/91; BAG 25.4.1991 Az: 6
AZR 183/90; Schiefer NZA-RR 2000, 561, 569
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c) Die Klauseln sind nicht gemäß § 138 BGB wegen Sittenwidrigkeit unwirksam. Es
mögen Fälle bei Arbeitsverhältnissen denkbar sein, in denen von vornherein die
Vergütung zu einem hohen Prozentsatz durch Aktienoptionen erfolgt und in denen die
Grenze der Sittenwidrigkeit überschritten wird (vgl. dazu Kolvenbach/Glaser in: Moll
MAH Arbeitsrecht § 18 Rn. 95; ). Gleiches kann womöglich gelten, wenn in einem
bestehenden Arbeitsverhältnis Vergütungsabreden entsprechend umgestaltet werden.
Vorliegend war das Synallagma im Arbeitsvertrag zwischen dem Kläger und der
Beklagten zu 1 bereits seit Jahren festgelegt. Wie bereits schon ausgeführt, hat die
Beklagte zu 2 lediglich eine zusätzliche Entgeltchance zugesagt, die auf das eigentliche
Austauschverhältnis und dessen Angemessenheit keinen Einfluss hat.
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Bei SAR werden Arbeitnehmer auch nicht in sittenwidriger Weise mit dem
Unternehmerrisiko belastet, da sie selbst keine Aufwendungen erbringen und kein
Verlustrisiko tragen müssen.
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d) Ein Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des
arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes. Dieser findet zwar auch bei
Aktienoptionsprogrammen Anwendung (Küttner/Röller Personalhandbuch 2005,
Aktienoptionen Rn. 10; Kolvenbach/Glaser in: Moll MAH Arbeitsrecht § 18 Rn. 91).
Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob es sich bei der Gesamtzusage der Beklagten zu
2 um eine Rechtshandlung handelt, die bei Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen
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Gleichbehandlungsgrundsatz unwirksam ist, oder ob sich lediglich ein Anspruch auf
Gleichbehandlung ergeben könnte, wenn die Beklagte zu 2 tatsächlich Ruheständlern
Zahlungen aus den SAR erbracht hätte, was bislang nicht vorgetragen wurde. Nach
Auffassung der Kammer besteht bereits keine unbillige Ungleichbehandlung.
aa) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber,
Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage
befinden, gleich zu behandeln. Der Arbeitgeber verletzt diesen Grundsatz, wenn sich für
die unterschiedliche Behandlung kein vernünftiger, aus der Natur der Sache sich
ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund finden lässt (vgl. zuletzt BAG
15.2.2005 Az: 9 AZR 116/04). Bei freiwilligen Leistungen des Arbeitgebers heißt das,
dass der Arbeitgeber die Leistungsvoraussetzungen so abzugrenzen hat, dass
Arbeitnehmer des Betriebes nicht aus sachfremden oder willkürlichen Gründen
ausgeschlossen werden. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich frei, den Personenkreis
abzugrenzen, dem er freiwillige Leistungen zukommen lassen will, also Gruppen zu
bilden, wenn diese Gruppenbildung nicht willkürlich, sondern sachlich gerechtfertigt und
rechtlich zulässig ist. Die sachliche Rechtfertigung dieser Gruppenbildung kann nur am
Zweck der freiwilligen Leistung des Arbeitgebers gemessen werden. Verstößt der
Arbeitgeber bei der Gewährung freiwilliger Leistungen gegen den
Gleichbehandlungsgrundsatz, hat der benachteiligte Arbeitnehmer Anspruch auf die
vorenthaltene Leistung (BAG 15.2.2005 a.a.O.). Dem Arbeitnehmer gegenüber
nachteilige Rechtshandlungen sind unwirksam (vgl. nur ErfK/Preis § 611 BGB Rn. 749).
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bb) Der sachlich einleuchtende Grund für die unterschiedliche Behandlung von
Ruheständlern liegt darin, dass solche Arbeitnehmer, die noch während der Sperrzeit
wegen Erreichens der Altersgrenze in den Ruhestand treten, andernfalls von vornherein
aus einem entsprechenden Aktienoptionsprogramm ausgeschlossen wären.
Betriebstreue könnte ab einem bestimmten Alter nicht mittels Aktienoptionsprogrammen
honoriert und Mitarbeiter in einem bestimmten Alter könnten nicht in dieser Weise
motiviert werden. Es kann dahinstehen, ob ein Arbeitgeber verpflichtet ist, Arbeitnehmer,
die in den Ruhestand treten, aus dem Geltungsbereich von Verfallklauseln
herauszunehmen. Jedenfalls ist eine solche Herausnahme sachlich gerechtfertigt.
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3. Letztlich bleibt darauf hinzuweisen, dass der Kläger einen möglichen Anspruch auch
nicht in der geltend gemachten Höhe hinreichend begründet hat.
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Die Beklagte zu 2 hat konkret vorgetragen, dass das erste Ausübungsfenster im
Zeitraum zwischen dem 18.3. und 16.4.2005 lag. Zwar spricht die Beklagtenseite in
ihren Schriftsätzen jeweils von Daten im Jahr 2004, aber sie verlegt auch den vom
Kläger geltend gemachten Zeitpunkt ins Jahr 2004. Zudem ist im Termin am 22.8.2005
über ein Ausübungsfenster im Jahr 2005 erörtert worden.
101
Der Kläger hätte für seine Behauptung, dieses wäre am 3.1.2005 geöffnet gewesen, die
entsprechenden Voraussetzungen vortragen müssen, die sich aus den Zusagen
ergeben, also die jeweiligen Berichtstermine. Es ist auch nicht ausreichend darauf
hinzuweisen, dass sich der Aktienkurs und der Wert der Optionen über der eingeklagten
Summe gesteigert hätten. Aufgrund dieser Angaben ist der Wert der Aktienoptionen für
das Gericht nicht nachvollziehbar und berechenbar. Ob die Erklärung des Klägers im
Termin, er würde für diesen Fall lediglich den erstrangigen Teil der Klageforderung
einklagen, eine unzulässige Teilklage ausschließt, kann vorliegend dahinstehen.
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III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, 46 Abs. 2 ArbGG.
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IV. Der Streitwertfestsetzung (zugleich Entscheidung nach § 63 GKG) liegt die
Klageforderung zugrunde.
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Rechtsmittelbelehrung
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Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei
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C. e r u f u n g
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eingelegt werden.
108
Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
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Die Berufung muss
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innerhalb einer N o t f r i s t* von einem Monat
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beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Ludwig-Erhard-Allee 21, 40227 Düsseldorf, Fax:
(0211) 7770 - 2199 eingegangen sein.
112
Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils,
spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung. § 9 Abs. 5 ArbGG
bleibt unberührt.
113
Die Berufungsschrift muss von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen
Rechtsanwalt eingereicht werden; an seine Stelle können Vertreter einer Gewerkschaft
oder einer Vereinigung von Arbeitgebern oder von Zusammenschlüssen solcher
Verbände treten, wenn sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind und
der Zusammenschluss, der Verband oder deren Mitglieder Partei sind. Die gleiche
Befugnis haben Angestellte juristischer Personen, deren Anteile sämtlich im
wirtschaftlichen Eigentum einer der zuvor genannten Organisationen stehen, solange
die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der
Mitglieder der Organisation entsprechend deren Satzung durchführt.
114
* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
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gez. E.
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