Urteil des ArbG Bielefeld vom 03.03.2010

ArbG Bielefeld (kläger, örtliche zuständigkeit, ekd, kirche, arbeitnehmer, satzung, unterlassen, kommission, arbeitsbedingungen, mvg)

Arbeitsgericht Bielefeld, 3 Ca 2958/09
Datum:
03.03.2010
Gericht:
Arbeitsgericht Bielefeld
Spruchkörper:
3. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 Ca 2958/09
Nachinstanz:
Landesarbeitsgericht Hamm, 8 Sa 788/10
Leitsätze:
1. Selbständige kirchliche Einrichtungen, wie Krankenhäuser der
evangelischen Kirche, die Diakonie bzw. die diakonischen Werke und
die evangelische Landeskirche können als Streitgenossen auf
Unterlassung von Streikmaßnahmen klagen.
2. Gewerkschaften haben gegenüber Trägern kirchlicher Einrichtungen
und den verfassten Landeskirchen kein Streikrecht. Dies gilt in den
diakonischen Einrichtungen insoweit, als sie die
Arbeitsvertragsregelungen des sogenannten "3. Weges" aufgrund
eigener satzungsrechtlicher Bindung an die kirchenrechtlichen
Sonderregelungen anerkennen selbst anwenden.
Tenor:
1.a.)
Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen ihre Mitglieder und andere
Arbeitnehmer der Kläger zu 1. bis 3. zu Streiks, Warnstreiks und
sonstigen Arbeitsniederlegungen aufzurufen sowie Streiks, Warnstreiks
und sonstige Arbeitsniederlegungen in Einrichtungen der Kläger zu 1.
bis 3. zu organisieren und durchzuführen.
b.)
Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die
Unterlassungspflicht nach Ziffer 1. ein Ordnungsgeld in Höhe von
100.000,-- € angedroht.
2.a.)
Der Hauptantrag zu 3. a und der Hilfsantrag zu 3 b. werden abgewiesen.
b.)
Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen ihre Mitglieder und andere
Arbeitnehmer des Klägers zu 4. zu Streiks, Warnstreiks und sonstige
Arbeitsniederlegungen aufzurufen sowie Streiks, Warnstreiks und
sonstige Arbeitsniederlegungen in Einrichtungen des Klägers zu 4. zu
organisieren und durchzuführen, solange und soweit der Kläger zu 4. mit
seinen nicht den Dienststellenleitungen iSd geltenden MVG und nicht
der Gruppe der Chefärztinnen und Chefärzte angehörenden
Arbeitnehmern - vorbehaltlich anderslautender gesetzlicher
Verpflichtungen (bspw. aus § 613 a BGB) - regelhaft die Anwendung der
Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der EKD (AVR-DW-
EKD) in der jeweils geltenden Fassung oder die AVR-Konföderation in
der jeweils geltenden Fassung vereinbart hat.
c.)
Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die
Unterlassungspflicht nach Ziffer 2 b. ein Ordnungsgeld in Höhe von
100.000,-- € angedroht.
3. a.)
Die Hauptanträge zu Ziffer 5. und die Hilfsanträge zu 5 b. und 5 c.
werden abgewiesen.
b.)
Die Beklagte wird verpflichtet, es zu unterlassen, ihre Mitglieder und
andere Arbeitnehmer, die in solchen kirchlichen Einrichtungen im Sinne
des § 118 Abs. 2 BetrVG beschäftigt sind, deren Rechtsträger Mitglieder
der Klägerin zu 5. sind, zu Streiks, Warnstreiks und sonstige
Arbeitsniederlegungen aufzurufen sowie Streiks, Warnstreiks und
sonstige Arbeitsniederlegungen in Einrichtungen der Klägerin zu 5. zu
organisieren und durchzuführen, solange und soweit die jeweiligen
Einrichtungsträger mit ihren nicht den Dienststellenleitungen iSd
geltenden MVG und nicht der Gruppe der Chefärztinnen und Chefärzte
angehörenden Arbeitnehmern - vorbehaltlich anderslautender
gesetzlicher Verpflichtungen (bspw. aus § 613 a BGB) - regelhaft die
Anwendung der Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der
EKD (AVR-DW-EKD) in der jeweils geltenden Fassung oder des
Rheinisch-Westfälisch-Lippischen BAT-KF/MTArb-KF in der jeweils
gültigen Fassung vereinbart haben.
c.)
Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die
Unterlassungspflicht nach Ziffer 3 b.) ein Ordnungsgeld in Höhe von
100.000,-- € angedroht.
4.a.)
Die Hauptanträge zu Ziffer 7. und die Hilfsanträge zu Ziffer 7 b. und c.
werden abgewiesen.
b.)
Die Beklagte wird verpflichtet, es zu unterlassen, ihre Mitglieder und
andere Arbeitnehmer, die in solchen kirchlichen Einrichtungen im Sinne
des § 118 Abs. 2 BetrVG beschäftigt sind, deren Rechtsträger zugleich
Mitglieder eines Diakonischen Werkes sind, welche dem Kläger zu 7.
angehört, zu Streiks, Warnstreiks und sonstige Arbeitsniederlegungen
aufzurufen sowie Streiks, Warnstreiks und sonstige
Arbeitsniederlegungen in Einrichtungen des Klägers zu 7. zu
organisieren und durchzuführen, solange und soweit die jeweiligen
Einrichtungsträger mit ihren nicht den Dienststellenleitungen iSd
geltenden MVG und nicht der Gruppe der Chefärztinnen und Chefärzte
angehörenden Arbeitnehmern - vorbehaltlich anderslautender
gesetzlicher Verpflichtungen (bspw. aus § 613 a BGB) - regelhaft die
Anwendung der Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der
EKD (AVR-DW-EKD) in der jeweils geltenden Fassung oder des
Rheinisch-Westfälisch-Lippischen BAT-KF/MTArb-KF in der jeweils
gültigen Fassung vereinbart haben.
c.)
Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die
Unterlassungspflicht nach Ziffer 4 b.) ein Ordnungsgeld in Höhe von
100.000,-- € angedroht.
5. a.)
Der Hauptantrag zu Ziffer 9. und die Hilfsanträge zu Ziffer 9. b und c
werden abgewiesen.
b.)
Die Beklagte wird verpflichtet, es zu unterlassen, ihre Mitglieder und
andere Arbeitnehmer, die in solchen kirchlichen Einrichtungen im Sinne
des § 118 Abs. 2 BetrVG beschäftigt sind, deren Rechtsträger Mitglieder
des Klägers zu 8. sind, zu Streiks, Warnstreiks und sonstige
Arbeitsniederlegungen aufzurufen sowie Streiks, Warnstreiks und
sonstige Arbeitsniederlegungen in Einrichtungen des Klägers zu 8. zu
organisieren und durchzuführen, solange und soweit die jeweiligen
Einrichtungsträger mit ihren nicht den Dienststellenleitungen iSd
geltenden MVG und nicht der Gruppe der Chefärztinnen und Chefärzte
angehörenden Arbeitnehmern - vorbehaltlich anderslautender
gesetzlicher Verpflichtungen (bspw. aus § 613 a BGB) - regelhaft die
Anwendung der Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der
EKD (AVR-DW-EKD) in der jeweils geltenden Fassung oder die AVR-
Konföderation oder die Dienstvertragsordnung-Konföderation in der
jeweils gültigen Fassung vereinbart haben.
c.)
Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die
Unterlassungspflicht nach Ziffer 5 b. ein Ordnungsgeld in Höhe von
100.000,-- € angedroht.
6. Die Kosten tragen die Kläger zu 10 % als Gesamtschuldner, die
Beklagte zu 90 %.
7. Streitwert: 450.000,-- €.
Tatbestand:
1
Die Parteien streiten über einen Anspruch der Kläger auf Unterlassung von Streiks in
ihren jeweiligen Einrichtungen.
2
Die Klägerin zu 1. ist eine privatrechtlich organisierte diakonische Einrichtung. Sie
betreibt an zwei Standorten in B1 (B8 und S9) Krankenhauskomplexe mit 28
Fachabteilungen. Bei ihr sind ca. 4.200 Arbeitnehmer beschäftigt. Die Klägerin zu 1. ist
nach § 2 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages Evangelisches Krankenhaus B1 gGmbH ist
Mitglied im Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche von Westfalen, der Klägerin
zu 5. Dazu heißt es in § 2 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages wörtlich:
3
"Die Gesellschaft ist Mitglied im Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche von
Westfalen und ist damit dem Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche in
Deutschland als anerkanntem Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege
angeschlossen."
4
Zum kirchlichen Proprium heißt es ferner in § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages:
5
"Die Gesellschafter wissen sich dem Auftrag verpflichtet, das Evangelium von Jesus
Christus, die Liebe Gottes in Wort und Tat zu bezeugen. Sie verstehen ihren Auftrag als
Diakonie, die Wesens- und Lebensäußerung der Kirche ist. Sie nimmt sich besonders
der Menschen in leiblicher Not oder sonst benachteiligter Menschen an. Sie sucht auch
die Ursachen dieser Nöte zu beheben. Da die Entfernung von Gott die tiefste Not des
Menschen ist und sein Heil und Wohl untrennbar zusammengehören, vollzieht sich
Diakonie in Wort und Tat als ganzheitlicher Dienst an Menschen."
6
Die Verfolgung eines gemeinnützigen und mildtätigen kirchlichen Zweck ist in § 4 des
Gesellschaftsvertrages geregelt. § 5 regelt schließlich den kirchlichen und diakonischen
7
Auftrag der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wegen der Einzelheiten des
Gesellschaftsvertrages wird auf die Anlage K 2 zur Klageschrift (Bl. 187 ff. d. A.)
verwiesen.
Der Kläger zu 2. ist ein Zusammenschluss von Trägern Diakonischer Anstalten und
Einrichtungen zu einem "Anstaltsbund" mit Sitz in B1. Nach der Satzung des Vereins ist
der Kläger zu 2. dem Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche von Westfalen und
damit dem Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche Deutschlands angeschlossen.
§ 3 der Satzung regelt die Gemeinnützigkeit. § 4 der Satzung regelt schließlich zur
Mitgliedschaft, dass Mitglieder des Johanneswerks nur die Träger von Anstalten und
Einrichtungen und Maßnahmen der Diakonie werden können. Über die Regelung der
Berufung und Abberufung von Mitgliedern des Vorstandes (§ 8 Abs. 2 der Satzung) ist
der Kläger zu 2. mit dem Kläger zu 5. insofern verflochten als eine Berufung und
Abberufung von Vorstandsmitgliedern " nach Beratung mit der Vorsitzenden
Geschäftsführerin /dem Vorsitzenden Geschäftsführer des Diakonischen Werkes der
Evangelischen Kirche von Westfalen und im Benehmen mit der Leitung der
Evangelischen Kirche von Westfalen " erfolgt. Dem Verwaltungsrat des Klägers zu 2.
gehören Amtsträger des Klägers zu 6. der Evangelischen Kirche von Westfalen e. V. an.
Wegen weiterer Einzelheiten der Satzung wird auf die Anlage K 1 zur Klageschrift (Bl.
179 ff. d. A.) verwiesen.
8
Der Kläger zu 2. beschäftigt ca. 6000 Arbeitnehmer in mehr als 70 Eirichtungen und
Anstalten. Er ist auf Arbeitsfeldern tätig wie der Altenhilfe, der Behindertenarbeit, der
pädagogischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, ferner in der medizinischen
Versorgung in Krankenhäusern und Kliniken sowie im Gemeindedienst tätig.
9
Die Klägerin zu 3. ist eine bundesweite tätige Gesellschaft mit gemeinnütziger-
diakonischer Ausrichtung. Sie unterbreitet Angebote im Bereich der Evangelischen
Kinder- und Jugendhilfe. Bei ihr sind bundesweit 850 Mitarbeiter tätig. Der
Gesellschaftsversammlung der Klägerin zu 3. gehört unter anderem der Vorstand der
Diakonissenmutterhausstiftung "F3" an. Zu den Geschäftsführern werden gemäß § 9
Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages vom 08.12.2005 Personen bestellt, die dem Vorstand
der Diakonissenmutterhausstiftung "F3" angehören. Der Zweck der Gesellschaft und die
Ausrichtung im Sinne der Diakonie in christlich- kirchlicher Verantwortung wird in § 2
des Gesellschaftsvertrages festgeschrieben. Wegen der Einzelheiten des
Gesellschaftsvertrages der Klägerin zu 3. wird auf die Anlage K 3 zur Klageschrift (Bl.
200 ff. d. A.) verwiesen.
10
Die Kläger zu 1),2) und drei sind Mitglieder des Klägers zu 5).
11
Der Kläger zu 4. ist Mitglied des Klägers zu 8.,dem Diakonischen Werk der Ev.-Luth.
Landeskirche Hannover e.V..Er widmet sich der Förderung, Pflege und Betreuung von
geistig, körperlich, seelisch und mehrfach behinderten Kindern, Jugendlichen und
Erwachsenen sowie der Pflege älterer Menschen. Die Zuordnung des Klägers zu 4. und
die Mitgliedschaft im Diakonischen Werk der Ev. – luth. Landeskirche Hannovers e. V.
ist in § 3 der Satzung niedergelegt. § 6 der Satzung regelt die Mitgliedschaft
dahingehend, dass dem Verein sowohl die Evangelische Kirchengemeinde in Göttingen
als auch der Kirchenkreis Göttingen angehören sollen. Dem Aufsichtsrat soll unter
anderem ein Pastor bzw. eine Pastorin angehören (§ 8 Abs. 1, 3 Abs. der Satzung).
Wegen der Einzelheiten der Satzung des Klägers zu 4. wird auf die Anlage K 4 zur
Klageschrift (Bl. 205 ff. d. A.) verwiesen.
12
Der Kläger zu 5. ist der Evangelische Wohlfahrtsverband im Bereich der Evangelischen
Kirche von Westfalen. Er bildet den Zusammenschluss von ca. 1250 Trägern
diakonisch- missionarischer Dienste im Bereich der Evangelischen Kirche von
Westfalen. Die einzelnen Träger sind teilweise privatrechtlich oder öffentlich rechtlicher
Natur, zumeist privatrechtlich organisierte selbständige Einrichtungen. Grundlage der
Arbeit des Klägers zu 5. sind die Satzung vom 18.07.1977 in der Fassung vom 01. Juni
2007 sowie das Diakoniegesetz vom 13.11.2003. In den §§ 1 und 2 des
Diakoniegesetzes sind insofern der christliche und diakonische Auftrag festgeschrieben.
Wegen der Einzelheiten des Diakoniegesetzes wird diesbezüglich auf die Anlage K 6
zur Klageschrift (Bl. 223 ff. d. A.) verwiesen. Der Kläger zu 5. vertritt als Spitzenverband
in der freien Wohlfahrtspflege die Diakonische Arbeit. Eine wesentliche Aufgabe besteht
in der Interessenvertretung seiner Mitglieder. Eine Regelung dazu findet sich im § 2 der
Satzung des Klägers zu 5. Diesbezüglich wird auf die Anlage K 7 zur Klageschrift
13
(Bl. 231 ff. d. A.) verwiesen.
14
Die Klägerin zu 6. ist die als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisierte
westfälische Landeskirche. Gemäß Art. 164 der Kirchenordnung der Evangelischen
Kirche von Westfalen ist die Klägerin zu 6. berufen, die Verbindung der Klägerin zu 6.
mit der Klägerin zu 5. durch Kirchengesetz zu ordnen, was insbesondere durch das
Diakoniegesetz vom 13.11.2003 geschehen ist. Der Einfluss der Klägerin zu 6. auf den
Kläger zu 5. ist gemäß § 9 Nr. 1 b des Diakoniegesetzes dadurch abgesichert, dass die
S2 des Klägers zu 5. durch die Klägerin zu 6. zu genehmigen ist.
15
Der Klägerin zu 5., ebenso das Diakonische Werk der Evangelische Kirche im
Rheinland e. V., das Diakonische Werk der Lippischen Landeskirche e. V. sowie die
Evangelische Kirche im Rheinland, die Klägerin zu 6., die Lippischen Landeskirche und
der Verband der Verband evangelischer Krankenhäuser Rheinland Westfalen Lippe
e.V. sind schließlich Mitglieder des Klägers zu 7.
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Der Kläger zu 7. ist der größte regionale kirchliche Sozialverband der freien
Wohlfahrtspflege in Deutschland. Er hat rund 1300 juristische Personen des Privatrechts
als mittelbare Mitglieder (Mitglieder seiner Mitglieder, das heißt der drei Diakonischen
Werke) und mehr als 1000 Kirchengemeinden und mehr als 40 Kirchenkreise der
Landeskirchen als Mitglieder. In den Einrichtungen der Mitglieder des Klägers zu 7. sind
135000 Menschen hauptberuflich in den verschiedenen Zweigen der sozialen Arbeit,
der Pflege und des Gesundheitswesens beschäftigt. Zweck des Vereins ist die
Unterstützung seiner Mitglieder namentlich der drei Diakonischen Werke Rheinland,
Westfalen und Lippe sowie die Unterstützung von deren Mitgliedern. Die wesentliche
Aufgabe des Klägers zu 7. ist gemäß § 2 Abs. 2 der Satzung vom 10. Oktober 2007 in
der Fassung vom 21.04.2008, in übergreifenden Grundsatzfragen der diakonisch-
missionarischen Arbeit die Abstimmung der drei kirchlichen diakonischen Werke
untereinander zu gewährleisten. Wegen der Einzelheiten der Satzung wird
diesbezüglich auf die Anlage K 10 zur Klageschrift (Bl. 266 ff. d. A.) verwiesen.
17
Der Kläger zu 8. ist der Evangelische Wohlfahrtsverband im Bereich der Ev.- luth.
Landeskirche Hannover. Er unterstützt und koordiniert als Dachverband die ihm
angeschlossenen Einrichtungen und die Fachverbände, die auf Landesebene
organisiert sind. Er berät seine Mitglieder, die Einrichtungen, Kirchenkreise und
Kirchengemeinden in organisatorischen, konzeptionellen, juristischen und finanziellen
18
Fragen. Die einzelnen, zumeist privatrechtlich organisierten selbstständige
Einrichtungen sind Mitglieder des Klägers zu 8. Bei seiner Arbeit in ca. 3000
Einrichtungen kooperiert der Kläger zu 8 mit der Ev.- luth. Landeskirche Hannover, der
Klägerin zu 9. Im Bereich des Klägers zu 8. sind ca. 40000 Menschen beschäftigt.
Grundlage der Arbeit des Klägers zu 8. ist die Satzung, die unter anderem den
diakonischen Auftrag festschreibt. Wegen der Einzelheiten der Satzung wird auf die
Anlage K 11 zur Klageschrift (Bl. 275 ff. d. A.) verwiesen. Der Auftrag wird ferner durch
das Diakoniegesetz vom 18.7.1978, insbesondere in dessen § 1, beschrieben. Wegen
der Einzelheiten des Diakoniegesetzes wird auf die Anlage K 12 zur Klageschrift
(Bl. 285 ff. d. A.) verwiesen. Der Kläger zu 8. vertritt als Spitzenverband die diakonische
Arbeit im Bereich der Ev.- luth. Landeskirche Hannover bei staatlichen, kommunalen,
kirchlichen und anderen Stellen sowie anderen Verbänden der freien Wohlfahrtspflege.
Eine wesentliche Aufgabe des Klägers zu 8. ist die gebündelte Interessenvertretung
seiner Mitglieder.
19
Die Klägerin zu 9. ist schließlich die als Körperschaft des öffentlichen Rechts
organisierte Landeskirche Hannover. Das von der Synode der Klägerin zu 9. erlassene
Diakoniegesetz regelt diesbezüglich den diakonischen Auftrag und den Einfluss auf den
Kläger zu 8. Im § 13 des Diakoniegesetzes ist unter anderem geregelt, dass
Änderungen der Satzung des Klägers zu 8. des Einvernehmens mit dem Kirchensenat
bedürfen. Wegen der Einzelheiten des Diakoniegesetzes Hannover vom 19.07.1978
wird auf die Anlage K 13 zur Klageschrift (Bl. 290 ff. d. A.) verwiesen.
20
Die Kläger sind aufgrund kirchengesetzlicher und satzungsrechtlicher Bestimmungen
aber auch arbeitsvertraglich verpflichtet, die im Verfahren des dritten Weges zustande
gekommenen Arbeitsbedingungen anzuwenden.
21
Für die Kläger zu 1., 2. und 3. ergibt sich diese Verpflichtung aufgrund deren
Mitgliedschaft aus der Satzung des Klägers zu 5. vom 18.7. 1977 (i.d.F. vom 1.6.2007,
KABL.2007, S,169) . Nach § 4 Abs. 2 Nr. 7, der die Mitglieder verpflichtet "die Mitarbeiter
nach Arbeitsbedingungen zu beschäftigen, die in einem kirchengesetzlich anerkannten
Verfahren gesetzt werden, welches auf strukturellem Gleichgewicht der Dienstgeber und
Dienstnehmer beruht" Zudem enthält die Bestimmung die Verpflichtung, das
Kirchengesetz (Diakoniegesetz) anzuwenden. Die Kläger zu 1. bis 3. haben auch in den
jeweiligen geschlossenen Arbeitsverträgen zugrundegelegt, dass die AVR-DW- EKD in
der jeweils geltenden Fassung Bestandteil der Verträge sind. Entsprechend verfährt
auch die Klägerin zu 4.
22
Auch die Kläger zu 5. bis 9. wenden schließlich Regelunge an, die auf dem dritten Weg
zustande gekommen sind. Es handelt sich hierbei für den Bereich Rheinland-Westfalen-
Lippe überwiegend um den BAT- KF und den Manteltarifvertrag für Arbeiterinnen und
Arbeiter (MTArb-KF) sowie die AVR-DW-EKD. Im Zuständigkeitsbereich des Klägers zu
8. sind dies neben den AVR-DW-EKD die AVR-Konföderation und die
Dienstvertragsordnung-Konföderation.
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Rechtsgrundlagen des Bundeangestelltentarifvertrages in kirchlicher Fassung (BAT-KF)
und des Manteltarifvertrages für Arbeitnehmerinnen und Arbeiter in kirchlicher Fassung
(MTArb-KF) sind jeweils gleichlautende Regelungen der Evangelischen Kirche
Rheinland, der Evangelischen Kirche von Westfalen und der Lippischen Landeskirche.
Danach wird für die Ordnung der Arbeitsbedingungen der privatrechtlich angestellten
24
Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen eine arbeitsrechtliche Kommission gebildet. Gemäß § 3
Abs. 1 ARRG-Westfalen haben die von der arbeitsrechtlichen Kommission
beschlossenen Arbeitsrechtsregelungen eine verbindliche und normative Wirkung, die
über Bezugnahmeklauseln in den Arbeitsverträgen hergestellt wird. Nach § 3 Abs. 2
ARRG dürfen nur solche Arbeitsverträge geschlossen werden, die den von der
arbeitsrechtlichen Kommission und der arbeitsrechtlichen Schiedskommission
beschlossenen Arbeitsbedingungen entsprechen.
Der arbeitsrechtlichen Kommission gehören 18 Mitglieder an, wobei 9 Mitglieder als
Vertreter der Mitarbeiterseite entsandt werden und 9 Mitglieder als Vertreter der
Arbeitgeberseite. Nach § 9 Abs. 1 ARRG ist die arbeitsrechtliche Kommission
unabhängig. Arbeitsrechtsregelungen bedürfen der Mehrheit von 14 der anwesenden
Mitglieder bzw. stellvertretenden Mitgliedern der arbeitsrechtlichen Kommission. Kommt
innerhalb der arbeitsrechtlichen Kommission eine Einigung nicht zustande, kann das
Regelungsverfahren in ein Schiedsverfahren übergehen, wenn mindestens sechs
Mitglieder der Kommission dies beantragen. Die Schiedskommission ist gemäß
25
§ 16 ARRG paritätisch besetzt. Sie besteht aus einem Vorsitzenden und 10 Beisitzern,
wobei fünf Beisitzer von der Arbeitgeberseite und fünf Beisitzer von der
Arbeitnehmerseite entsandt werden. Der Vorsitzende wird durch übereinstimmende
Beschlüsse der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite bestimmt. Er muss die Befähigung
zum Richteramt haben und darf beruflich weder im kirchlichen Dienst stehen, noch dem
Leitungsorgan einer kirchlichen Körperschaft oder Einrichtung angehören (vgl.
26
§ 16 Abs. 4 ARRG). Die Beschlüsse der Schiedskommission sind mit der Mehrheit der
gesetzlichen Mitgliederzahl zu fassen. Sie sind verbindlich. Wegen diesbezüglichen
weiteren Einzelheiten des ARRG wird auf die Anlage 5 zur Klageschrift (Bl. 211 ff. d. A.)
verwiesen.
27
Entsprechendes gilt für das Zustandekommen der AVR-DW-EKD. Die Ordnung für die
arbeitsrechtliche Kommission des Diakonischen Werkes bestimmt inhaltsgleich mit dem
ARRG- Westfalen die Einrichtung einer arbeitsrechtlichen Kommission und einer
paritätisch besetzten Schlichtungskommission. Wegen der Einzelheiten der Ordnung für
die arbeitsrechtliche Kommission des Diakonischen Werkes der EKD wird auf die
Anlage K 14 zur Klageschrift (Bl. 295 d. A.) verwiesen. In Niedersachsen gelten
entsprechend und ähnliche Regelungen des Kirchengesetzes zur Konföderation
Evangelischer Kirchen in Niedersachsen und zur Regelung des Arbeitsrechts für
Einrichtungen der Diakonie (ARRG Diakonie). Diesbezüglich wird auf Anlage K 16 zur
Klageschrift (Bl. 107 ff. d. A.) verwiesen.
28
Die Kläger lehnen den Abschluss von Tarifverträgen für ihre Einrichtungen ab und
partizipieren ausschließlich an den kirchlichen Regelungen des Verfahrens des dritten
Weges. Die Klägerin zu 6. hat diese Position letztlich im Rahmen der Beschlussfassung
der Kirchenkonferenz der EKD am 02. Juli 2009 bekräftigt. In einer entsprechenden
Beschlussvorlage, der auch die Klägerin zu 3. zugestimmt hat heißt es wörtlich:"
29
1. Die in Ausübung des Selbstbestimmungsrechts definierten kirchengemäßen
Verfahren der Arbeitsrechtssetzung stehen nicht zur Disposition.
30
31
2. Für die kirchlichen und diakonischen Arbeitgeber, die rechtlich an den Dritten Weg
bzw. kirchengemäß modifizierte Tarifverträge gebunden sind, sowie für die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind die Arbeitskampfmaßnahmen Aussperrung
und Streik rechtlich ausgeschlossen und sachlich nicht notwendig, da verbindliche
Instrumente zur neutralen Konfliktlösung zur Verfügung stehen.
32
33
3. Aufrufe zu Warnstreiks oder Streiks sind daher weder rechtlich zulässig noch
sachlich angemessen. (…)".
34
35
Dieser Beschluss wurde auch der Beklagten in einem Schreiben vom 20. Juli 2009
mitgeteilt. Wegen der Einzelheiten dieses Schreibens wird auf die Anlage K 9 zur
Klageschrift (Bl. 263 d. A.) verwiesen.
36
Die Beklagte wirkt selbst nicht in der rheinisch-westfälischen- lippischen
arbeitsrechtlichen Kommission mit. Vertreten sind dort von Seiten der
Dienstnehmervertreter Mitglieder der Gewerkschaft Marburger Bund und Vertreter, die
dem Verband kirchlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Rheinland Westfalen Lippe
(VKM RWE) angehören. Die Beklagte beteiligt sich allerdings teilweise am
Arbeitsrechtsregelungsverfahren der AVR-DW-EKD, sie beteiligt sich darüberhinaus auf
der Grundlage des Mitarbeitergesetzes am Zustandekommen der
Arbeitsrechtsregelungen im Dritten Weg für die beteiligten Kirchen der Konföderation
Evangelischer Kirchen in Niedersachsen, die der Beklagten zu 9. angehören.
37
Die Beklagte forderte im August 2008 den Verband der Diakonischen Dienstgeber in
Deutschland (VdDD) zu Tarifverhandlungen auf, die der VdDD ablehnte. Wegen der
Einzelheiten des Ablehnungsschreibens wird auf die Anlage K 20 (Bl. 246 d. A.)
verwiesen. Daraufhin rief die Beklagte die Mitarbeiter in Diakonischen Einrichtungen in
NRW zu Aktionen und Warnstreiks auf. Im Mai 2009 fand eine Streik- und Aktionswoche
statt. In Einrichtungen der Kläger zu 1. bis 4. gab es in der Zeit vom 04. bis 06. Mai 2008
Streiks und Kundgebungen. Auch im Bereich des Klägers zu 8. gab es im Mai Aktionen
im Rahmen einer "Streik- und Aktionswoche". Diese Aktionen betrafen insbesondere
die Einrichtung der Alten- und Jungendpflege " Birkenhof", die Mitglied des Klägers zu
8. ist.
38
Mit gleichlautendem Schreiben vom 28. Juli 2009 forderte die Beklagte Einrichtungen
des Klägers zu 2. unter Fristsetzung zum 28.08.2009 auf, in Verhandlungen über den
Abschluss von Tarifverträgen einzutreten. Aufforderungen zu Verhandlungen über den
Abschluss von Haustarifverträgen unter Fristsetzung zum 28.08.2009 wurden auch
gegen die Klägerinnen zu 1., 3. und 4. gestellt unter Ankündigung von
39
Streikmaßnahmen. Wegen der Einzelheiten der entsprechenden Schreiben vom 28. und
31. Juli 2009 wird auf die Anlage K 21 zur Klageschrift (Bl. 347 ff. d. A.) verwiesen.
Mit der am 16.09.2009 eingegangenen Klage begehren die Kläger von der Beklagten
Unterlassung des Aufrufs zu Streiks, Warnstreiks und sonstigen Arbeitsniederlegungen.
40
Die Kläger sind der Ansicht, ihnen stünden aus §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB eigene
Rechte auf Abwehr rechtswidriger Arbeitskampfmaßnahmen zu. Insbesondere die
Kläger zu 5. und 8. sind der Ansicht, Streikmaßnahmen würden ihr eigenes kirchliches
Selbstbestimmungsrecht betreffen. Eine originäre Prozessführungsbefugnis ergebe sich
daraus, dass die Satzung der Klägerin zu 5. verletzt sei, wenn eine in der
Mitgliedseinrichtung vom Arbeitskampf bedroht sei. In einem Arbeitskampf würden sich
Maßnahmen einer Gewerkschaft gegen den einzelnen verbandsangehörigen
Arbeitgeber zwangsläufig auch gegen den dahinterstehenden Verband richten. Sie, die
Kläger zu 5,7und 8 würden als Spitzenverbände der Rechtsträger Diakonischer
Arbeitgeber vergleichbar einem Arbeitgeberverband auftreten. Jedenfalls hätten die
Diakonischen Einrichtungen über die Satzung die Kläger zu 5. und 8. im Wege einer
gewillkürten Prozessstandschaft ermächtigt, ihre Interessen im Namen der Kläger zu 5.
und 8. zu vertreten. Die Kläger zu 6. und 9. sind diesbezüglich der Ansicht, dass sie
aufgrund ihrer körperschaftlichen Verfassung originäre Inhaberinnen des kirchlichen
Selbstbestimmungsrechtes seien. Dieses Selbstbestimmungsrecht sei unmittelbar
berührt und beeinträchtigt, wenn in privatrechtlich verselbstständigten diakonischen
Einrichtungen gestreikt würde und diesbezüglich die Vorgaben aus
Arbeitsrechtsregelungen und Diakoniegesetzen nicht mehr eingehalten werden könnten
und würden.
41
Die Kläger sind der Ansicht, ein Unterlassungsanspruch als vorbeugender
Rechtsschutz sei angesichts bestehender Widerholungsgefahr bzw.
Erstbegehungsgefahr gegeben.
42
Angekündigte Streikmaßnahmen seien auch in der Sache rechtswidrig und zu
untersagen.
43
Streikmaßnahmen würden gegen die anzuerkennende übergeordnete Friedenspflicht
verstoßen. Bei den kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen handele es sich um eine
"Friedensordnung", die der durch Tarifverträge geschaffenen Ordnung entspreche und
ebenfalls eine Friedenspflicht begründe.
44
Mögliche Streikmaßnahmen würden auch das Gebot der Arbeitskampfparität verletzen.
Den diakonischen Arbeitgebern würden die "Abwehrfähigkeit" fehlen, da ihnen das
Arbeitskampfmittel der Aussperrung nicht zur Verfügung stehe. Das Kampfmittel der
Aussperrung sei kirchenrechtlich und satzungsrechtlich aber auch nach den
Grundsätzen der christlichen Glaubens- und Sittenlehre verboten und der Einsatz
dieses Arbeitskampfmittels unzumutbar.
45
Streiks in Diakonischen Einrichtungen würden das kirchliche Selbstbestimmungsrecht
aus Art. 137 Abs. 3 WRV verletzen und die gewährleistete Freiheit der Ausgestaltung
des kirchlichen kollektiven Arbeitsrechts unverhältnismäßig beeinträchtigen. Das
Selbstbestimmungsrecht der Kirche umfasse auch die diakonischen Aufgaben als
Religionsausübung. Ein Arbeitskampf würde nicht nur das partnerschaftliche Verfahren
des Dritten Weges unterlaufen, sondern wäre auch mit den Grundsätzen der christlichen
46
Dienstgemeinschaft nicht vereinbar. Der Schrankenvorbehalt des Art. 137 Abs. 3 S. 1
WRV, der die Selbstverwaltung innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze
gewährleiste, stehe dem Ausschluss des Streikrechts nicht entgegen. Bei rein
innerkirchlichen Angelegenheiten könne ein staatliches Gesetz keine Schranke des
Handelns für die Kirchen bilden. Eingriffe in das Selbstbestimmungsrecht der Kirche
seien auch nicht über Art. 9 Abs. 3 gerechtfertigt. Art. 9 Abs. 3 GG enthalte kein
Grundrecht auf Streik und auch keine generelle Verpflichtung zur Duldung von Streiks.
Jedenfalls sei das Streikrecht nur insoweit verfassungsrechtlich geschützt, als es dazu
diene,Tarifverträge zu erzwingen. Da sie, die Kläger zu 1. bis 4. und 5. bis 9. keine
Tarifverträge abschließen würden, sei daher auch ein Streikrecht auszuschließen. Da
die kollektiven Arbeitsbedingungen durch die paritätisch besetzte arbeitsrechtliche
Kommission festgelegt würden, komme durch das verbindliche Schlichtungsverfahren
eine Konfliktlösung durch Arbeitskampf nicht in Betracht.
Selbst wenn man – fälschlicher Weise – von einer Kollisionslage zwischen Art. 137 Abs.
3 WRV und Art. 9 Abs. 3 GG ausgehen würden, führe dies nicht zur Rechtmäigkeit von
Arbeitskämpfen in der Diakonie. Einem Streikverbot komme im Rahmen einer
Abwägung der Interessen höheres Gewicht zu als dem Interesse der Mitarbeiter und
Gewerkschaften an einer Durchsetzung ihrer Forderungen mittels eines Arbeitskampfes.
Die Koalitionsfreiheit finde ihre Grenzen im Selbstbestimmungsrecht der Kirchen aus
Art. 137 Abs. 3 WRV. Die geschützte Dienstgemeinschaft aller Mitarbeiter würde durch
einen Arbeitskampf massiv betroffen. Mit dem kollektiven Regelungsverfahren gemäß
ARRG-Westfalen bzw. der Ordnung für die arbeitsrechtliche Kommission des
Diakonischen Werkes der EKD würden gleichwertige Gegenstücke zum weltlichen
Tarifvertrags- und Arbeitskampfrecht zur Verfügung gestellt. Insbesondere die
verbindliche Schlichtung unter dem Vorsitz einer neutralen und unabhängigen Autorität
gewährleiste einerseits das Zustandekommen gerechter und angemessener
Arbeitsbedingungen und mache andererseits Arbeitskämpfe überflüssig. Durch eine
verbindliche Schlichtung sei gesichert, dass die Arbeitgeberseite weder die Lösung
eines Konflikts verhindern noch die zukünftigen Arbeitsbedingungen inhaltlich diktieren
könne. Auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts
würden den Regelungen des Dritten Weges im Bereich der Evangelischen Kirche eine
Richtigkeitsgewähr zukommen wie derjenigen weltlichen Tarifverträgen.
47
Die Kläger beantragen,
48
1.a. Die Beklagte wird verpflichtet, es zu unterlassen, ihre Mitglieder und
andere Arbeitnehmer der Kläger zu 1. bis 3. zu Streiks, Warnstreiks und
sonstigen Arbeitsniederlegungen aufzurufen sowie Streiks, Warnstreiks
und sonstige Arbeitsniederlegungen in Einrichtungen der Kläger zu 1.
bis 3. zu organisieren und durchzuführen.
49
Hilfsweise zu 1.a.:
50
1.b. Die Beklagte wird verpflichtet, es zu unterlassen, ihre Mitglieder und
andere Arbeitnehmer der Kläger zu 1. bis 3. zu Streiks, Warnstreiks und
sonstigen Arbeitsniederlegungen aufzurufen sowie Streiks, Warnstreiks
und sonstige Arbeitsniederlegungen in Einrichtungen der Klägers zu 1.
bis 3. zu organisieren und durchzuführen, solange und soweit die Kläger
zu 1. bis 3. mit ihren nicht den Dienststellenleitungen iSd geltenden MVG
51
und nicht der Gruppe der Chefärztinnen und Chefärzte angehörenden
Arbeitnehmern – vorbehaltlich anderslautender gesetzlicher
Verpflichtungen (bspw. aus § 613a BGB) – regelhaft die Anwendung
solcher Arbeitsbedingungen vereinbart haben, die in einem
kirchengesetzlich anerkannten Verfahren gesetzt werden, welches auf
strukturellem Gleichgewicht der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite
beruht und ein geregeltes Schlichtungsverfahren beinhaltet.
Hilfsweise zu 1.b.:
52
1.c. Die Beklagte wird verpflichtet, es zu unterlassen, ihre Mitglieder und
andere Arbeitnehmer der Kläger zu 1. bis 3. zu Streiks, Warnstreiks und
sonstigen Arbeitsniederlegungen aufzurufen sowie Streiks, Warnstreiks
und sonstige Arbeitsniederlegungen in Einrichtungen der Kläger zu 1.
bis 3. zu organisieren und durchzuführen, solange und soweit die Kläger
zu 1. bis 3. mit ihren nicht den Dienststellenleitungen iSd geltenden MVG
und nicht der Gruppe der Chefärztinnen und Chefärzte angehörenden
Arbeitnehmern – vorbehaltlich anderslautender gesetzlicher
Verpflichtungen (bspw. aus § 613a BGB) – regelhaft die Anwendung der
Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der EKD (AVR-DW-
EKD) in der jeweils geltenden Fassung oder des Rheinisch-Westfälisch-
Lippischen BAT-KF/MTArb-KF in der jeweils geltenden Fassung
vereinbart haben.
53
2. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die
Unterlassungspflicht nach Ziffer 1. ein Ordnungsgeld bis zu einer Höhe
von € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, zu vollziehen am
Vorsitzenden des Vorstands der Beklagten, angedroht.
54
3.a. Die Beklagte wird verpflichtet, es zu unterlassen, ihre Mitglieder und
andere Arbeitnehmer des Klägers zu 4. zu Streiks, Warnstreiks und
sonstigen Arbeitsniederlegungen aufzurufen sowie Streiks, Warnstreiks
und sonstige Arbeitsniederlegungen in Einrichtungen des Klägers zu 4.
zu organisieren und durchzuführen.
55
Hilfsweise zu 3.a:
56
3.b. Die Beklagte wird verpflichtet, es zu unterlassen, ihre Mitglieder und
andere Arbeitnehmer des Klägers zu 4. zu Streiks, Warnstreiks und
sonstigen Arbeitsniederlegungen aufzurufen sowie Streiks, Warnstreiks
und sonstige Arbeitsniederlegungen in Einrichtungen des Klägers zu 4.
zu organisieren und durchzuführen, solange und soweit der Kläger zu 4.
mit seinen nicht den Dienststellenleitungen iSd geltenden MVG und nicht
der Gruppe der Chefärztinnen und Chefärzte angehörenden
Arbeitnehmern – vorbehaltlich anderslautender gesetzlicher
Verpflichtungen (bspw. aus § 613a BGB) – regelhaft die Anwendung
solcher Arbeitsbedingungen vereinbart hat, die in einem
kirchengesetzlich anerkannten Verfahren gesetzt werden, welches auf
strukturellem Gleichgewicht der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite
57
beruht und ein geregeltes Schlichtungsverfahren beinhaltet.
Hilfsweise zu 3.b.:
58
3.c. Die Beklagte wird verpflichtet, es zu unterlassen, ihre Mitglieder und
andere Arbeitnehmer des Klägers zu 4. zu Streiks, Warnstreiks und
sonstigen Arbeitsniederlegungen aufzurufen sowie Streiks, Warnstreiks
und sonstige Arbeitsniederlegungen in Einrichtungen der Klägers zu 4.
zu organisieren und durchzuführen, solange und soweit der Kläger zu 4.
mit seinen nicht den Dienststellenleitungen iSd geltenden MVG und nicht
der Gruppe der Chefärztinnen und Chefärzte angehörenden
Arbeitnehmern – vorbehaltlich anderslautender gesetzlicher
Verpflichtungen (bspw. aus § 613a BGB) – regelhaft die Anwendung der
Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der EKD (AVR-DW-
EKD) in der jeweils geltenden Fassung oder die AVR-Konföderation in
der jeweils geltenden Fassung vereinbart hat.
59
4. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die
Unterlassungspflicht nach Ziffer 3. ein Ordnungsgeld bis zu einer Höhe
von € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, zu vollziehen am
Vorsitzenden des Vorstands der Beklagten, angedroht.
60
5.a. Die Beklagte wird verpflichtet, es zu unterlassen, ihre Mitglieder und
andere Arbeitnehmer, die in solchen Einrichtungen beschäftigt sind,
deren Rechtsträger Mitglieder des Klägers zu 5. sind, zu Streiks,
Warnstreiks und sonstigen Arbeitsniederlegungen aufzurufen sowie
Streiks, Warnstreiks und sonstige Arbeitsniederlegungen in
Einrichtungen, deren Rechtsträger zugleich Mitglieder des Klägers zu 5.
sind, zu organisieren und durchzuführen.
61
Hilfsweise zu 5.a.:
62
5.b. Die Beklagte wird verpflichtet, es zu unterlassen, ihre Mitglieder und
andere Arbeitnehmer, die in solchen Einrichtungen beschäftigt sind,
deren Rechtsträger Mitglieder des Klägers zu 5. sind, zu Streiks,
Warnstreiks und sonstigen Arbeitsniederlegungen aufzurufen sowie
Streiks, Warnstreiks und sonstige Arbeitsniederlegungen in
Einrichtungen, deren Rechtsträger zugleich Mitglieder des Klägers zu 5.
sind, zu organisieren und durchzuführen, solange und soweit die
jeweiligen Einrichtungsträger mit ihren nicht den Dienststellenleitungen
iSd geltenden MVG und nicht der Gruppe der Chefärztinnen und
Chefärzten angehörenden Arbeitnehmern – vorbehaltlich
anderslautender gesetzlicher Verpflichtungen (bspw. aus § 613a BGB) –
regelhaft die Anwendung von Arbeitsbedingungen vereinbart haben, die
in einem kirchengesetzlich anerkannten Verfahren gesetzt werden,
welches auf strukturellem Gleichgewicht der Arbeitgeber- und
Arbeitnehmerseite beruht und ein geregeltes Schlichtungsverfahren
beinhaltet.
63
Hilfsweise zu 5.b.:
64
5.c. Die Beklagte wird verpflichtet, es zu unterlassen, ihre Mitglieder und
andere Arbeitnehmer, die in solchen Einrichtungen beschäftigt sind,
deren Rechtsträger Mitglieder des Klägers zu 5. sind, zu Streiks,
Warnstreiks und sonstigen Arbeitsniederlegungen aufzurufen sowie
Streiks, Warnstreiks und sonstige Arbeitsniederlegungen in
Einrichtungen, deren Rechtsträger zugleich Mitglieder des Klägers zu 5.
sind, zu organisieren und durchzuführen, solange und soweit die
jeweiligen Einrichtungsträger mit ihren nicht den Dienststellenleitungen
iSd geltenden MVG und nicht der Gruppe der Chefärztinnen und
Chefärzte angehörenden Arbeitnehmern – vorbehaltlich anderslautender
gesetzlicher Verpflichtungen (bspw. aus § 613a BGB) – regelhaft die
Anwendung der Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der
EKD (AVR-DW-EKD) in der jeweils geltenden Fassung oder des
Rheinisch-Westfälisch-Lippischen BAT-KF/MTArb-KF in der jeweils
geltenden Fassung vereinbart haben.
65
Hilfsweise zu 5. c.:
66
5.d. Die Beklagte wird verpflichtet, es zu unterlassen, ihre Mitglieder und
andere Arbeitnehmer, die in solchen kirchlichen Einrichtungen iSv § 118
Abs. 2 BetrVG beschäftigt sind, deren Rechtsträger Mitglieder des
Klägers zu 5. sind, zu Streiks, Warnstreiks und sonstigen
Arbeitsniederlegungen aufzurufen sowie Streiks, Warnstreiks und
sonstige Arbeitsniederlegungen in kirchlichen Einrichtungen iSv § 118
Abs. 2 BetrVG, deren Rechtsträger zugleich Mitglieder des Klägers zu 5.
sind, zu organisieren und durchzuführen, solange und soweit die
jeweiligen Einrichtungsträger mit ihren nicht den Dienststellenleitungen
iSd geltenden MVG und nicht der Gruppe der Chefärztinnen und
Chefärzte angehörenden Arbeitnehmern – vorbehaltlich anderslautender
gesetzlicher Verpflichtungen (bspw. aus § 613a BGB) – regelhaft die
Anwendung der Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der
EKD (AVR-DW-EKD) in der jeweils geltenden Fassung oder des
Rheinisch-Westfälisch-Lippischen BAT-KF/MTArb-KF in der jeweils
geltenden Fassung vereinbart haben.
67
6. Dem Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die
Unterlassungspflicht nach Ziffer 5. ein Ordnungsgeld bis zu einer Höhe
von € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, zu vollziehen am
Vorsitzenden des Vorstands der Beklagten, angedroht.
68
7.a. Die Beklagte wird verpflichtet, es zu unterlassen, ihre Mitglieder und
andere Arbeitnehmer, die in solchen Einrichtungen beschäftigt sind,
deren Rechtsträger zugleich Mitglieder eines dem Kläger zu 7.
angehörenden Diakonischen Werkes sind, zu Streiks, Warnstreiks und
sonstigen Arbeitsniederlegungen aufzurufen sowie Streiks, Warnstreiks
und sonstige Arbeitsniederlegungen in Einrichtungen, deren
Rechtsträger zugleich Mitglieder eines dem Kläger zu 7. angehörenden
69
Rechtsträger zugleich Mitglieder eines dem Kläger zu 7. angehörenden
Diakonischen Werkes sind, zu organisieren und durchzuführen.
Hilfsweise zu 7.a.:
70
7.b. Die Beklagte wird verpflichtet, es zu unterlassen, ihre Mitglieder und
andere Arbeitnehmer, die in solchen Einrichtungen beschäftigt sind,
deren Rechtsträger zugleich Mitglieder eines dem Kläger zu 7.
angehörenden Diakonischen Werkes sind, zu Streiks, Warnstreiks und
sonstigen Arbeitsniederlegungen aufzurufen sowie Streiks, Warnstreiks
und sonstige Arbeitsniederlegungen in Einrichtungen, deren
Rechtsträger zugleich Mitglieder eines dem Kläger zu 7. angehörenden
Diakonischen Werkes sind, zu organisieren und durchzuführen, solange
und soweit die jeweiligen Einrichtungsträger mit ihren nicht den
Dienststellenleitungen iSd geltenden MVG und nicht der Gruppe der
Chefärztinnen und Chefärzte angehörenden Arbeitnehmern –
vorbehaltlich anderslautender gesetzlicher Verpflichtungen (bspw. aus §
613a BGB) – regelhaft die Anwendung von Arbeitsbedingungen
vereinbart haben, die in einem kirchengesetzlich anerkannten Verfahren
gesetzt werden, welches auf strukturellem Gleichgewicht der
Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite beruht und ein geregeltes
Schlichtungsverfahren beinhaltet.
71
Hilfsweise zu 7.b.:
72
7.c. Die Beklagte wird verpflichtet, es zu unterlassen, ihre Mitglieder und
andere Arbeitnehmer, die in solchen Einrichtungen beschäftigt sind,
deren Rechtsträger zugleich Mitglieder eines Diakonischen Werkes sind,
welches dem Kläger zu 7. angehört, zu Streiks, Warnstreiks und
sonstigen Arbeitsniederlegungen aufzurufen sowie Streiks, Warnstreiks
und sonstigen Arbeitsniederlegungen in Einrichtungen, deren
Rechtsträger zugleich Mitglieder eines Diakonischen Werkes sind, das
dem Kläger zu 7. angehört, zu organisieren und durchzuführen, solange
und soweit die jeweiligen Einrichtungsträger mit ihren nicht den
Dienststellenleitungen iSd geltenden MVG und nicht der Gruppe der
Chefärztinnen und Chefärzte angehörenden Arbeitnehmern –
vorbehaltlich anderslautender gesetzlicher Verpflichtungen (bspw. aus §
613a BGB) – regelhaft die Anwendung der Arbeitsvertragsrichtlinien des
Diakonischen Werkes der EKD (AVR-DW-EKD) in der jeweils geltenden
Fassung oder des Rheinisch-Westfälisch-Lippischen BAT-KF/MTArb-KF
in der jeweils geltenden Fassung vereinbart haben.
73
Hilfsweise zu 7. c.:
74
7.d. Die Beklagte wird verpflichtet, es zu unterlassen, ihre Mitglieder und
andere Arbeitnehmer, die in solchen kirchlichen Einrichtungen iSv § 118
Abs. 2 BetrVG beschäftigt sind, deren Rechtsträger zugleich Mitglieder
eines Diakonischen Werkes sind, welches dem Kläger zu 7. angehört, zu
Streiks, Warnstreiks und sonstigen Arbeitsniederlegungen aufzurufen
75
sowie Streiks, Warnstreiks und sonstigen Arbeitsniederlegungen in
kirchlichen Einrichtungen iSv § 118 Abs. 2 BetrVG, deren Rechtsträger
zugleich Mitglieder eines Diakonischen Werkes sind, das dem Kläger zu
7. angehört, zu organisieren und durchzuführen, solange und soweit die
jeweiligen Einrichtungsträger mit ihren nicht den Dienststellenleitungen
iSd geltenden MVG und nicht der Gruppe der Chefärztinnen und
Chefärzte angehörenden Arbeitnehmern – vorbehaltlich anderslautender
gesetzlicher Verpflichtungen (bspw. aus § 613a BGB) – regelhaft die
Anwendung der Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der
EKD (AVR-DW-EKD) in der jeweils geltenden Fassung oder des
Rheinisch-Westfälisch-Lippischen BAT-KF/MTArb-KF in der jeweils
geltenden Fassung vereinbart haben.
8. Dem Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die
Unterlassungspflicht nach Ziffer 5. ein Ordnungsgeld bis zu einer Höhe
von € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, zu vollziehen am
Vorsitzenden des Vorstands der Beklagten, angedroht.
76
9.a. Die Beklagte wird verpflichtet, es zu unterlassen, ihre Mitglieder und
andere Arbeitnehmer, die in solchen Einrichtungen beschäftigt sind,
deren Rechtsträger Mitglieder des Klägers zu 8. sind, zu Streiks,
Warnstreiks und sonstigen Arbeitsniederlegungen aufzurufen sowie
Streiks, Warnstreiks und sonstige Arbeitsniederlegungen in
Einrichtungen, deren Rechtsträger zugleich Mitglieder des Klägers zu 8.
sind, zu organisieren und durchzuführen.
77
Hilfsweise zu 9.a.:
78
9.b. Die Beklagte wird verpflichtet, es zu unterlassen, ihre Mitglieder und
andere Arbeitnehmer, die in solchen Einrichtungen beschäftigt sind,
deren Rechtsträger Mitglieder des Klägers zu 8. sind, zu Streiks,
Warnstreiks und sonstigen Arbeitsniederlegungen aufzurufen sowie
Streiks, Warnstreiks und sonstige Arbeitsniederlegungen in
Einrichtungen, deren Rechtsträger zugleich Mitglieder des Klägers zu 8.
sind, zu organisieren und durchzuführen, solange und soweit die
jeweiligen Einrichtungsträger mit ihren nicht den Dienststellenleitungen
iSd geltenden MVG und nicht der Gruppe der Chefärztinnen und
Chefärzte angehörenden Arbeitnehmern – vorbehaltlich anderslautender
gesetzlicher Verpflichtungen (bspw. aus § 613a BGB) – regelhaft die
Anwendung von Arbeitsbedingungen vereinbart haben, die in einem
kirchengesetzlich anerkannten Verfahren gesetzt werden, welches auf
strukturellem Gleichgewicht der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite
beruht und ein geregeltes Schlichtungsverfahren beinhaltet.
79
Hilfsweise zu 9.b.:
80
9.c. Die Beklagte wird verpflichtet, es zu unterlassen, ihre Mitglieder und
andere Arbeitnehmer, die in solchen Einrichtungen beschäftigt sind,
deren Rechtsträger Mitglieder des Klägers zu 8. sind, zu Streiks,
81
Warnstreiks und sonstigen Arbeitsniederlegungen aufzurufen sowie
Streiks, Warnstreiks und sonstige Arbeitsniederlegungen in
Einrichtungen, deren Rechtsträger zugleich Mitglieder des Klägers zu 8.
sind, zu organisieren und durchzuführen, solange und soweit die
jeweiligen Einrichtungsträger mit ihren nicht den Dienststellenleitungen
iSd geltenden MVG und nicht der Gruppe der Chefärztinnen und
Chefärzte angehörenden Arbeitnehmern – vorbehaltlich anderslautender
gesetzlicher Verpflichtungen (bspw. aus § 613a BGB) – regelhaft die
Anwendung der Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der
EKD (AVR-DW-EKD) in der jeweils geltenden Fassung oder die AVR-
Konföderation in der jeweils geltenden Fassung oder die
Dienstvertragsordnung-Konföderation in der jeweils geltenden Fassung
vereinbart haben.
Hilfsweise zu 9. c.:
82
9.d. Die Beklagte wird verpflichtet, es zu unterlassen, ihre Mitglieder und
andere Arbeitnehmer, die in solchen kirchlichen Einrichtungen iSv § 118
Abs. 2 BetrVG beschäftigt sind, deren Rechtsträger Mitglieder des
Klägers zu 8. sind, zu Streiks, Warnstreiks und sonstigen
Arbeitsniederlegungen aufzurufen sowie Streiks, Warnstreiks und
sonstige Arbeitsniederlegungen in kirchlichen Einrichtungen iSv § 118
Abs. 2 BetrVG, deren Rechtsträger zugleich Mitglieder des Klägers zu 8.
sind, zu organisieren und durchzuführen, solange und soweit die
jeweiligen Einrichtungsträger mit ihren nicht den Dienststellenleitungen
iSd geltenden MVG und nicht der Gruppe der Chefärztinnen und
Chefärzte angehörenden Arbeitnehmern – vorbehaltlich anderslautender
gesetzlicher Verpflichtungen (bspw. aus § 613a BGB) – regelhaft die
Anwendung der Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der
EKD (AVR-DW-EKD) in der jeweils geltenden Fassung oder die AVR-
Konföderation in der jeweils geltenden Fassung oder die
Dienstvertragsordnung-Konföderation in der jeweils geltenden Fassung
vereinbart haben.
83
10. Dem Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die
Unterlassungspflicht nach Ziffer 9. ein Ordnungsgeld bis zu einer Höhe
von € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, zu vollziehen am
Vorsitzenden des Vorstands der Beklagten, angedroht.
84
Die Beklagte beantragt,
85
die Klage abzuweisen.
86
Die Beklagte rügt hinsichtlich der Kläger zu 3., 4., 5., 7., 8. und 9. die örtliche
Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Bielefeld.
87
Hinsichtlich der Kläger zu 5. bis 9. ist die Beklagte der Ansicht, es fehle schon eine
Aktivlegitimation bzw. Prozessführungsbefugnis angesichts der Tatsache, dass die
Kläger von Streikaufrufen nicht betroffen gewesen seien. Eine Prozessführungsbefugnis
88
könne auch nicht aus einer Gleichstellung mit einem Arbeitgeberverband hergeleitet
werden. Bei den Klägern zu 5. bis 9. handle es sich gerade nicht um
Arbeitgeberverbände oder Organisationen, deren koalitionsspezifische Betätigung
durch die Koalitionsfreiheit geschützt werden könne oder müsse. Die theoretische
Annahme, dass möglicherweise eine Mitgliedseinrichtung der Kläger zu 5. und 8. von
einer Arbeitskampfmaßnahme bedroht sein könnte, gebe diesen Klägern nicht das
Recht eine generelle und pauschale Unterlassungsverpflichtung zu erstreiten. Nichts
anderes gelte auch für die Kläger zu 6. und 9. aufgrund ihrer lediglich mittelbaren
Betroffenheit.
Die Beklagte ist der Ansicht, den Klägern stehe aber auch der Sache nach ein
Unterlassungsanspruch nicht zu.
89
Die Verletzung einer übergeordneten Friedenspflicht komme nicht in Betracht, da diese
sich nur auf Gegenstände beziehen könne, die durch Tarifvertrag geregelt seien. Eine
Übertragung der Friedenspflicht auf den Diakonischen Arbeitgeber komme nicht in
Betracht, da insoweit Tarifvertragsabschlüsse gerade fehlen würden
90
.
91
Ein Verbot von Streikmaßnahmen könne auch nicht mit einer Verletzung der
Arbeitskampfparität begründet werden. Auf eine fehlende Abwehrfähigkeit aufgrund
satzungsrechtlicher Hindernisse könnten sich die Kläger nicht berufen, da die Kläger
sämtliche Instrumente des Arbeitsrechts ansonsten für sich beanspruchen würden. Im
Übrigen könnten selbst auferlegte satzungsrechtliche Verpflichtungen keine
Beschränkung der Grundrechte anderer bewirken und das aus der Koalitionsfreiheit des
Art. 9 GG resultierende Streikrecht nicht beseitigen.
92
Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 WRV führe
nicht zu Einschränkungen des Arbeitskampf – bzw. Streikrechts. Die Kläger würden sich
nicht nur des staatlichen Rechts bedienen, sondern hätten sich zudem auch sonst zu
überwiegend marktwirtschaftlich orientierten Unternehmen entwickelt. So seien z.B.
Ausgründungen und Leiharbeitsverhältnisse ebenso üblich wie bei nicht kirchlichen
Arbeitgebern. Die Kläger zu 1. bis 4. würden sich ebenso wie andere Anbieter
entsprechender Leistungen refinanzieren durch die Vergütung, die sie durch die
gesetzlichen Sozialversicherer, Sozialleistungsträger erhielten. Es gehe ebenfalls um
Wettbewerb mit anderen Anbietern.
93
Entscheidend für die Zubilligung eines Streitrechts spreche das bezüglich der
Diakonischen Einrichtungen der "Dritte Weg" gerade keine angemessenen
Arbeitsbedingungen sichere. So bestünden erhebliche Gehaltsunterschiede zwischen
den Löhnen nach den AVR Diakonisches Werk und dem TVöD (teilweise mehr als
20%). Auch in den Einrichtungen der Kläger zu 1. bis 4. komme nicht überwiegend BAT-
KF bzw. AVR Konföderation zur Anwendung, obwohl die arbeitsrechtliche Kommission
bzw. Schlichtungskommission Rheinland-Westfalen-Lippe den BAT-KF beschlossen
habe. Verschiedene Einrichtungen, die zur Diakonie Rheinland-Westfalen Lippe e.V.
gehören würden, würden die festgelegten Tarife als zu hoch empfinden. Daraufhin
hätten sich Arbeitgeber, die diesem Diakonischen Werken angehören würden,
entschlossen, statt des BAT-KF ganz oder teilweise einen anderen kirchlichen Tarif,
nämlich die Arbeitsvertragsrichtlienen des Diakonischen Werkes der EKD (AVR-DW-
EKD) anzuwenden. Das führe gerade bei der Klägerin zu 1. dazu, dass auf einen Teil
94
der Arbeitnehmer BAT-KF angewandt werde und auf einen anderen Teil AVR-DW-EKD,
was nicht nachvollziehbare Differenzierungen bei der Bezahlung bewirke.
Dass der "Dritte Weg" nicht gleichwertig sei mit tariflichen Regelungen, zeige sich auch
daran, dass sich die arbeitsrechtliche Kommission der DW-EKD, die für die Festlegung
der Löhne im Rahmen des Dritten Weges zuständig sei, seit 2004 nicht mehr auf einen
gemeinsamen Beschluss bezüglich Lohnsteigerungen habe einigen können. Es gebe in
der arbeitsrechtlichen Kommission keine gleich starke Verhandlungsposition von
Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite. Die Arbeitgeberseite könne sich darauf
beschränken, eine ihre genehme Gehaltssteigerung vorzuschlagen während der
Arbeitnehmerseite nur bleibe, dieser zuzustimmen. Angemessene Löhne könne die
Arbeitnehmerseite nicht erreichen, da sie nicht die für einen Beschluss die
erforderliche2/3 Mehrheit habe. Die Arbeitnehmerseite habe innerhalb des Dritten
Weges keine Möglichkeit, ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Dass
Tarifverträge der einzige Weg sei, angemessene Löhne zu erzielen, zeige auch der
Versuch des Verbandes der Diakonischen Dienstgeber VdDD , einseitig und unter
Missachtung des Dritten Weges Lohnpolitik zu betreiben. Erst nachdem sie, die
Beklagte, die Kläger zu Tarifverhandlungen aufgefordert habe und Streiks angedroht
habe, habe der Verband Diakonischer Dienstgeber ohne Verhandlungen mit der
Arbeitnehmerseite eine Lohnerhöhung von 4 % zugesagt und gezahlt. Dieser
Entscheidung habe kein Beschluss der arbeitsrechtlichen Kommissionen zugrunde
gelegen, was zwischen den Parteien unstreitig ist.
95
Soweit die Kläger sich satzungsrechtlich verpflichtet hätten, keine Tarifverträge
abzuschließen, könne diese selbst auferlegte Verpflichtung keine
Grundrechtsbeschränkung für sie, die Beklagte, begründen. Das kirchliche
Selbstbestimmungsrecht stehe der grundsätzlichen Entscheidung, Arbeitsbedingungen
mittels Tarifvertrag zu regeln, nicht entgegen. So bestünden beispielsweise zwischen
ihr, der Beklagten, und der Nordelbischen Landeskirche Tarifverträge ebenso wie mit
anderen diversen Diakonischen Einrichtungen.
96
Schließlich gebe es bei dem in Streit stehenden Streikrecht bezüglich der Kläger zu 1.
bis 4. nicht um einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem christlichen
Verkündungsauftrag der Evangelischen Kirche. Vielmehr gehe es ausschließlich um
Arbeitsbedingungen der dort arbeitenden Menschen. Ein vorzunehmender Vergleich mit
privaten Betreibern eines Krankenhauses bzw. einer Alten – oder
Behinderteneinrichtungen zeige, dass es nicht gerechtfertigt sei, dass Gewerkschaften
für Arbeitnehmer in privater oder öffentlicher Trägerschaft für ihre Mitarbeiter bessere
Arbeitsbedingungen auszuhandeln und notfalls erkämpfen könnten als dies in
Einrichtungen der Kläger möglich sei.
97
Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der zu den Akten
gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
98
Entscheidungsgründe:
99
Die Klage ist zulässig.
100
Hinsichtlich der Kläger zu 3., 4., 5., 7., 8. und 9. fehlt nicht die örtliche Zuständigkeit des
Arbeitsgerichts Bielefeld. Es bedurfte insofern trotz der Rüge der örtlichen Zuständigkeit
seitens der Beklagten keiner Vorabentscheidung des Gerichts über die örtliche
101
Zuständigkeit durch Beschluss (§ 48 ArbGG i. V. m. § 17 a Abs. 3 GVG). Die
Entbehrlichkeit einer Vorabentscheidung ergibt sich nach Ansicht des Gerichts daraus,
dass in der Sache nicht die örtliche Zuständigkeit in Streit ist. Hinsichtlich der Kläger zu
1., 2. und 6. die örtliche Zuständigkeit unzweifelhaft . Demgegenüber fehlt bei isolierter
Betrachtung unstreitig die örtliche Zuständigkeit hinsichtlich der Kläger zu 3 bis 9...
Insofern ergibt sich die örtliche Zuständigkeit zwangsläufig allein aus einer zulässigen
Streitgenossenschaft als alleinige Voraussetzung. Bei zulässiger Streitgenossenschaft
haben mehrere Kläger ein Wahlrecht unter mehreren zuständigen Arbeitsgerichten,
wenn nur hinsichtlich eines der Kläger der Gerichtsstand gegeben ist (hier nach § 32
ZPO, der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung) (vgl. Beschluss des BGH vom
11.07.1991, I AZR 447/91, zitiert nach Juris und NJW 1991, 2910; vgl. ebenso Zöller-
Vollkommer ZPO, 27. Auflage 2009, § 36 Rdnr. 14).
Wenn nach der Entscheidung des Bundesgerichtshof im Rahmen einer
Vollstreckungsabwehrklage mehrere Schuldner als Kläger die Wahl haben, an welchem
von verschiedenen allgemeinen Gerichtsständen sie als Streitgenossen klagen, muss
das im Fall zulässiger Streitgenossenschaft allgemein gelten weil ein Verzicht auf einen
den Kläger an sich begünstigenden Rechtssatz unbedenklich und zulässig ist (vgl. BGH
NJW 1978; 321). Die Interessenlage ist bei einem einheitlich geltend gemachten
Unterlassungsanspruch als Abwehrrecht vergleichbar mit einer einheitlich erhobenen
Vollstreckungsgegenklage.
102
Ist die örtliche Zuständigkeit allein und unmittelbar von der Zulässigkeit einer
Streitgenossenschaft abhängig, ist die Zulässigkeit der Streitgenossenschaft hier
gemäß § 60 ZPO zu bejahen. Danach können mehrere Personen als Streitgenossen
gemeinsam klagen, wenn gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen
tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkt beruhende Ansprüche Gegenstand des
Rechtsstreits bilden. Das ist hier der Fall. Hier wird ein auf einem im Wesentlichen
gleichartigen Rechtsgrund beruhender Unterlassungsanspruch geltend gemacht, der
nach gleichartigen Kriterien zu beurteilen ist. Aus prozessökonomischen Gründen sind
diesbezüglich an die einheitliche rechtliche Fallgestaltung und einen einheitlichen
rechtlichen Grund keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Das gilt hier jedenfalls
aufgrund der satzungsrechtlich engen Verflechtung und Verbindung der Kläger
untereinander, die eine einheitliche Beurteilung der Kernfrage gebietet. Besonderheiten
hinsichtlich einzelner Einrichtungen der Kläger ergeben sich allen im Hinblick auf die
jeweilige Intensität der Bindung an kirchliche Grundsätze und Vorschriften. Wenn dies
im Einzelfall eine eigenständige rechtliche Beurteilung erfordert und demzufolge auch
im Ergebnis zu Unterschieden führen kann, hindert dies nur die Annahme einer
notwendigen Streitgenossenschaft (§ 62 ZPO) nicht aber die Annahme der Zulässigkeit
einer gewillkürten Streitgenossenschaft im Sinne des § 61 ZPO.
103
Die Kläger sind sämtlich aktiv legitimiert bzw. prozessführungsbefugt. Das gilt auch für
die Kläger zu 5. bis 9., insbesondere auch für die Diakonischen Werke bzw. die
Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe e. V., die Kläger zu 5., 7. und 8. Sind die Kläger
kirchengesetzlich verpflichtet, ihre Mitglieder an das Verfahren des Dritten Weges zu
binden und folgt daraus zugleich die eigene Verpflichtung, keine Arbeitskämpfe
zuzulassen, zeigt sich daran, dass ein Streik in Mitgliedseinrichtungen zugleich auch
die eigene Satzung verletzt. Das wird insbesondere bei dem Kläger zu 5. deutlich. Ist in
der Satzung die Verpflichtung der Mitglieder verankert, anstelle von Tarifverträgen die
Regelungen des Dritten Weges anzuwenden, liegt zwangsläufig eine Verletzung der
Satzung auch bei einem Streik in der jeweiligen Einrichtung und damit eine eigene
104
Betroffenheit vor. Das wird auch darin deutlich, dass zwar die Mehrzahl aber nicht
sämtliche Einrichtungen der Diakonischen Werke eigene Rechtspersönlichkeiten im
Rechtsverkehr sind. Im Übrigen wäre die Möglichkeit gerichtlichen Rechtsschutz zu
erwirken bei Streikmaßnahmen auch übermäßig erschwert, wenn nur den jeweiligen
Einrichtungen und nicht den Trägen wie den Diakonischen Werken ein Abwehrrecht zu
erkannt werden würde. Durch eine dann zulässige und geschickte Auswahl der
jeweiligen Einrichtung könnte die Klärung der grundlegenden Frage eines Streikrechts
umgangen werden.
Insofern spricht für eine Aktivlegimitation der Diakonischen Werke auch ein Vergleich
mit der originären Prozessführungsbefugnis von Arbeitgeberverbänden im Fall der
Inanspruchnahme auf Unterlassung von Arbeitskampfmaßnahmen in den
Mitgliedsunternehmen. Diesen steht unzweifelhaft ein eigener Unterlassungsanspruch
zu (vgl. dazu BAG Urteil vom 24.04.2007, 1 AZR 252/06, NZA 2007, 987; BAG Urteil
vom 22.09.2009, AZR 972/08 in NZA 2009, Seite 1348 ff.). Ein Vergleich mit einem
Arbeitgeberverband ist deshalb zulässig und geboten, weil die Kläger zu 5. und 8.
satzungsmäßig als Spitzenverbände der Rechtsträger der Diakonischen Arbeitgeber
auftreten. Dem steht entgegen der Ansicht der Beklagten nicht entgegen, dass sich das
Recht der Arbeitgeberverbände aus dem Doppelgrundrecht der Koalitionsfreiheit nach
Art. 9 Abs. 3 GG ableitet und zur koalitionsspezifischen Betätigung gerade der
Abschluss von Tarifverträgen gehört. Wenn die Kläger zu 5. bis 9. den Abschluss von
Tarifverträgen und einen Streik gerade ablehnen, müssen sie diese Ablehnung
gleichermaßen gerichtlich überprüfen lassen können wie die Arbeitgeberverbände und
Gewerkschaften im Streitfall positiv den Schutz der Tarifautonomie . Insofern ist im
Hinblick auf die Aktivlegimitation und den Rechtsschutz die Bindung der einzelnen
Diakonischen Werke an die AVR der Diakonischen Werke vergleichbar mit der Bindung
von Unternehmen an Verbandstarifverträge.
105
Der Klage war letztlich hinsichtlich der Kläger zu 1. bis 3. mit dem Hauptantrag
stattzugeben. Hinsichtlich der Kläger zu 4. bis 9. nach dem jeweils dritten Hilfsantrag.
106
Der Hauptantrag der Kläger zu 1. bis 3. war nicht wegen fehlender hinreichender
Bestimmtheit abzuweisen Es ist hinreichend erkennbar, welche Einrichtungen im
Einzelnen von dem Antrag erfasst sind.
107
Bei der Klägerin zu 1. handelt es sich um zwei überschaubare Krankenhauskomplexe
mit 28 nicht selbstständigen Fachabteilungen. Es ist auch im Rahmen eines
Vollstreckungsverfahrens hinreichend bestimmbar, wen die Unterlassungsverpflichtung
insofern trifft und ob gegen sie verstoßen wird.
108
Nichts anderes gilt letztlich hinsichtlich der Klägerin zu 2. als einem Zusammenschluss
von 70 teilweise unselbstständigen Einrichtungen und Anstalten. Auch hinsichtlich der
Klägerin zu 3. ist der Hauptantrag hinreichend bestimmt, weil klar erkennbar ist, welche
Angebote in ihrer Trägerschaft erfasst sind und wer von einem Streikverbot betroffen ist.
109
Der Hauptantrag ist hinsichtlich der Kläger zu 1. bis 3. auch begründet.
110
Die Begründetheit des Klageantrags scheitert nicht daran, dass der Antrag zu weit
gefasst wäre. Das käme nur dann in Betracht, wenn einzelne Einrichtungen oder
Anstalten von der Unterlassungsverpflichtung betroffen wären, die selbst nach ihren
Gesellschaftsvertrag bzw. ihrer Satzung nicht durchgehend die Arbeitsbedingungen
111
anwenden würden, die in dem kirchengesetzlichen Verfahren gesetzt werden. Das ist
hinsichtlich der Kläger zu1. bis 3. nicht der Fall. Auch die Beklagte behauptet nicht, dass
bei der Klägerin zu 1. bzw. den Einrichtungen und Anstalten der Klägerin zu 2. der Dritte
Weg nicht durchgängig eingehalten wird, da die Arbeitsvertragsrichtlinien in allen
Arbeitsverhältnissen der betroffenen Mitarbeiter vereinbart werden. Jedenfalls
verpflichten sich die Kläger in einem Gesellschaftsvertrag bzw. in ihren Satzungen dem
christlichen und diakonischen Auftrag (vgl. § 2 der Satzung des evangelischen
Johanneswerkes und 3 4 des Gesellschaftsvertrages der Klägerin zu 1) Dass die
Einrichtungen sich tatsächlich von diesen Grundsätzen entfernt hätten oder die konkrete
Gefahr einer entsprechenden Entwicklung besteht, ist von der Beklagten nicht behauptet
worden.
Die Kläger zu 1. bis 3. haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung
rechtswidriger Streikmaßnahmen nach § 1004 i. V. m. § 823 BGB.
112
Ein vorbeugender Unterlassungsanspruch setzt zunächst voraus, dass hinsichtlich der
geltend gemachten Verletzungshandlung eine Widerholungsgefahr bzw. eine
Erstbegehungsgefahr besteht (vgl. BAG Urteil vom 12.09.1984, 1 AZR 342/83 in NZA
1984, 393; BAG Urteil vom 08.11.1988, 1 AZR 417/86 in NZA 1989, 475). Diese
Voraussetzung liegt hier vor, da die Kläger 1. bis 3. von bereits durchgeführten
Streikmaßnahmen betroffen waren.
113
Materiellrechtlich setzt ein Unterlassungsanspruch voraus, dass eine angekündigte bzw.
begonnenen Arbeitskampfmaßnahme im Einzelfall oder generell rechtswidrig ist (vgl.
BAG Urteil vom 26.04.1988, 1 AZR 399/86 in NZA 1988, S. 775).
114
Das ist hier der Fall.
115
Angekündigte Streikmaßnahmen der Beklagten gegen die Kläger 1. bis 3. aber auch
weitere Träger kirchlicher Einrichtungen sind rechtswidrig. Den Gewerkschaften steht
gegen die Kirche und Träger kirchlicher Einrichtungen kein Streikrecht zu.
116
Das folgt aus dem Selbstbestimmungsrecht der Kirche gem. Art. 140 GG i. V. m. § 137
Abs. 3 WRV. Dieses Recht gebietet, den Kirche und Träger kirchlicher Einrichtungen
bei der bei der Gestaltung der sozialen Ordnung einen Weg offen zu halten, der die
Wahrnehmung der Aufgaben in einer eigenständigen Organisation und nach eigenen
Verfahrensregelungen entsprechend ermöglicht. Die einzuräumende Freiheit gebietet
die Anerkennung und den Schutz des sogenannten "Dritten Weges", sofern dieser von
den kirchlichen Einrichtungen und dessen Trägern konsequent selbst verfolgt wird.
Insofern gebietet auch Art. 9 Abs. 3 GG, der grundsätzlich das Arbeitskampfrecht und
damit das Streikrecht schützt, trotz der unmittelbaren Drittwirkung des
Grundrechtsschutzes nicht, den Gewerkschaften einen insofern unbegrenzten
Handlungsspielraum einzuräumen. Wenn Art. 137 Abs. 3. S. 1 WRV das
Selbstbestimmungsrecht der Kirche nur in den Schranken der Gesetze gewährleistet, ist
jedenfalls für das hier in Streit stehende Streikrecht in kirchlichen Einrichtungen Art. 9
Abs. 3 GG selbst nicht als schrankenziehendes Gesetz anzusehen, zumal das
Streikrecht selbst gerade nicht gesetzlich geregelt ist. Jedenfalls ist der Umfang der
Handlungsfreiheit der Gewerkschaft im Lichte des verfassungsrechtlich geschützten
Selbstbestimmungsrechts der Kirche zu bestimmen. In der dabei letztlich gebotenen
Gesamtabwägung ist bei Wahrung bestimmter Voraussetzungen jedenfalls dem
Selbstbestimmungsrecht der Kirche zur Überzeugung des Gerichts aus folgenden
117
Erwägungen heraus der Vorrang einzuräumen.
Entscheidend gegen die Anerkennung eines Streikrechts in kirchlichen Einrichtungen
spricht das Gebot der Wahrung der Arbeitskampfparität. Der anerkannte Grundsatz
fordert, die Abwehrfähigkeit beider Seiten sicherzustellen.(vgl. BAG Urteil vom
24.04.2007, 1 AZR 252/06 in NZA 2007, S. 987; BAG Urteil vom 10.06.1980, NJW 1980
S. 1642). Schließen die Kläger satzungsrechtlich aber auch im Hinblick auf die
Grundsätze der christlichen Glaubens - und Sittenlehre das Kampfmittel der
Aussperrung als unzumutbar aus, wäre durch einen Streik eine Kampfparität nicht mehr
gewährleistet. Die Kläger hätten nur noch die Möglichkeit, im Fall eines Streiks
Gegenmaßnahmen nicht zu ergreifen oder letztlich ihre Grundsätze zu ändern und
Aussperrungen anzuerkennen. Letzteres würde aber das Selbstbestimmungsrecht der
Kirche grundlegend beeinträchtigen und zu einer Abkehr von christlichen
Grundprinzipien führen. Insofern kann die Beklagte auch nicht mit Erfolg einwenden,
dass eine satzungsrechtlich auferlegte eigene Verpflichtung und Selbstbindung Rechte
Dritter nicht beschneiden kann. Wenn dies zwar dem Grundsatz nach richtig ist, ist
jedoch hier die Sebstbindung anzuerkennen und zu schützen. Es handelt sich gerade
nicht um eine beliebige innerkirchliche Regelung, deren Änderung keine
weitreichenden Konsequenzen hätte. Vielmehr handelt es sich bei dem Verzicht auf
eine Aussperrung um eine Regelung, die elementare Grundsätze des kirchlichen
Selbstverständnisses betrifft.
118
Gegen die Zulässigkeit von Streikmaßnahmen spricht auch der Grundsatz der
christlichen Dienstgemeinschaft, der in den jeweiligen Satzungen festgeschrieben ist
und an den insbesondere auch die Kläger zu 1. bis 3. über die Mitgliedschaft in dem
Diakonischen Werk, der Klägerin zu 5., gebunden sind. Auch hierbei handelt es sich um
eine elementare innerkirchliche Angelegenheit, die dem Selbstbestimmungsrecht der
Kirchen und Träger kirchlicher Einrichtungenunterliegt. Die Kammer verkennt nicht,
dass in den Einrichtungen in kirchlicher Trägerschaft das Vorhandensein einer
christlichen Dienstgemeinschaft nicht in allen Einrichtungen täglich spürbar ist und ein
Unterschied zu Einrichtungen in staatlicher oder privater Trägerschaft teilweise nicht
mehr erkennbar ist. Den Trägern kirchlicher Einrichtungen muss jedoch gewährleistet
sein und gewährleistet bleiben, jederzeit eine Rückbesinnung auf Werte der christlichen
Dienstgemeinschaft und ein Handeln in christlicher Nächstenliebe wieder einzufordern
und auf eine Rückbesinnung auf diese Werte hinzuwirken.
119
Als wesentliches Element des Selbstbestimmungsrechts der Kirche gemäß Art. 137
Abs. 3 WRV ist auch die Entscheidung, keine Tarifverträge nach dem
Tarifvertragsgesetz abzuschließen, zu respektieren. Damit fehlt eine wesentliche
Grundlage für die Anerkennung eines Streikrechts der Gewerkschaften, da Streiks
letztlich der Durchsetzung eines Tarifvertrages dienen sollen. Auch die Kläger zu 1. bis
3. haben konsequent den Abschluss von Tarifverträgen abgelehnt und partizipieren an
dem Regelungsverfahren des Dritten Weges. Wenn die Beklagte zur Angemessenheit
einer Anwendung der Regelungen des TVöD darauf verweist, dass die Klägerin zu 1.
Arbeitnehmern eine Zulage zwischen dem Unterschiedsbetrag des Entgelts nach AVR
und TVöD zahlt, wird damit die grundsätzliche Anwendbarkeit der auf dem Dritten Weg
zustande gekommenen AVR nicht aufgehoben und nicht in Frage gestellt.
120
Gerade die Anwendung der AVR, die auf dem sogenannten Dritten Weg zustande
gekommen sind, spricht gegen die Anerkennung eines Streikrechts. Dieser
eigenständige Weg zur Regelung der Rechtsverhältnisse zwischen Arbeitgebern und
121
Arbeitnehmern ist zentraler Ausfluss des geschützten Selbstbestimmungsrechts der
Kirche gemäß § 137 Abs. 3 WRV. Dieses Regelungssystem ersetzt ein freies
Aushandeln von Tarifverträgen, was unter Berücksichtigung der Besonderheiten des
kirchlichen Dienstes anzuerkennen ist (vgl. auch Richardi in AUR 2002, S. 94 -100,
andere Ansicht Kühling, Richter am Bundesverfassungsgericht AD in AUR 7/2001). Als
Konsequenz der Rechtswahlfreiheit der Träger kirchlichen Einrichtungen ist
anzuerkennen und zu ermöglichen, dass Kollektivvereinbarungen geschaffen werden,
die geeignet sind, Interessenkonflikte in einer Form zu lösen, die Arbeitskämpfe
entbehrlich machen, wie es in dem AVR geschieht (vgl. Erfurter Kommentar zum
Arbeitsrecht Ditrich, 9. Auflage 2009, Art. 4 GG, Rdnr. 49 ff.). Dies ist jedenfalls dann und
insoweit zu respektieren, als mit den Regelungen des Dritten Weges unter
Berücksichtigung der Anwendung des staatlichen Arbeitsrechts ein hinreichend
gerechtes System arbeitsrechtlicher Regelungen zur Verfügung steht. Das ist bei den
auf dem Dritten Weg geschaffenen Regelungen der Fall, da eine paritätisch besetzte
Kommission Anträge jeder Seite prüft und aufnimmt und es im Fall fehlender Einigung
zu einem Schlichtungs- bzw. Schiedsverfahren mit gewährleisteter Neutralität des
Vorsitzenden und damit einer hinreichenden Richtigkeitsgewähr kommt. Der Beklagten
ist zuzugestehen, dass aufgrund des Fehlens des Streikrechts eine letzte
Durchsetzungsmöglichkeit von Forderungen im Einzelfall fehlen kann. Dennoch spricht
dies nicht gegen eine hinreichende Richtigkeitsgewähr und eine Angemessenheit des
Verfahrens des Dritten Weges. Die Beklagte kann auch nicht unter Hinweis auf die
neuere Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 25.03.2009, 7 AZR
710/07) darauf verweisen, dass der Dritte Weg gerade nicht mit
Tarifvertragsabschlüssen vergleichbar ist. Die Entscheidung weist zwar darauf hin, dass
Regelungen des dritten Weges ohne Zugeständnisse an die Arbeitnehmerseite und
ohne den mit dem Arbeitskampf verbundenen wirtschaftlichen Aufwand erreicht werden
können und lehnt deshalb eine völlige Gleichstellung und Gleichwertigkeit der
Regelungen mit Tarifverträgen ab. Dies sagt für eine Zubilligung eines Streikrechts
nichts. Die Entscheidung bezieht sich auf den begrenzten Regelungsbereich befristeter
Arbeitsverhältnisse und lehnt insofern ab, wie bei Tarifvertragen hinsichtlich der
Verlängerung und Höchstdauer von Befristungen eine Abweichung zu Lasten von
Arbeitnehmern auch in kirchlichen Arbeitsvertragsregelungen zuzulassen. Dass der
Dritte Weg unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten kein adäquater Weg zur
Schaffung sachgerechter Arbeitsvertragsregelungen ist, ist daraus nicht herzuleiten .Die
Entscheidung geht inzidenter sogar davon aus, dass ein Streikrecht letztlich nicht
besteht und gerade deshalb eine volle Gleichsetzung der Regelungen des Dritten
Weges mit Tarifverträgen nicht in Betracht kommt.
Auch weitere Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts zur Stellung der
arbeitsrechtlichen Kommission gehen davon aus, dass die paritätische Beteiligung der
Arbeitnehmer an den jeweiligen Entscheidungen gesichert ist und damit zumindest die
gleichwertige Durchsetzungschancen bestehen (BAG Urteil vom 10.12.2008, 4 AZR
801/07 im ZIP 2009, 375, 379).
122
Auch im Rahmen der Behandlung von Ansprüchen von Dienstnehmern nach der
Dienstvertragsordnung geht das Bundesarbeitsgericht davon aus, dass das Mittel des
Arbeitskampfes keiner Seite zur Verfügung steht (BAG Urteil vom 19.01.2009, 6 AZR
561/08).
123
Letztlich kommt es insofern zur Überzeugung der Kammer nicht darauf an, ob sich die
Tarifverträge des öffentlichen Dienstes einerseits und die Arbeitsvertragsrichtlinien
124
hinsichtlich der Bemessung der Vergütung der Mitarbeiter entsprechen. Die zwischen
den Parteien im Detail streitige Frage bedurfte keiner Entscheidung. Allenfalls eine
strukturell bedingte fehlende Gleichwertigkeit von Arbeitsbedingungen könnte gegen die
hinreichende Richtigkeitsgewähr der auf dem Dritten Weg zustande gekommenen
Regelungen sprechen. Das wäre aber nur dann der Fall, wenn im Vergleich der
Detailregelung Unterschiede zu erkennen wären, die auf dem unterschiedlichen Weg
des Zustandekommens der Regelungen beruhen würde. Das ist dem Vorbringen der
Beklagten nicht zu entnehmen.
Wenn die Beklagte diesbezüglich im Bereich der Diakonischen Dienstgeber davon
ausgeht, dass der Dritte Weg dazu genutzt werde, einseitige Lohnpolitik zu betreiben
und die Entscheidung vom 19.11.09 betreffend eine Lohnerhöhung konkret auf
Streikandrohungen basierte habe, belegt dies noch keine strukturelle erhebliche
Ungleichgewichtigkeit, die die Zubilligung des Streikrechts gebietet. Die Kläger haben
demgegenüber jedenfalls substantiiert und letztlich unbestritten vorgetragen, dass das
Zustandekommen einer entsprechenden Lohnerhöhung gerade auf einer
Sondersituation und einer Blockadesituation in der arbeitsrechtlichen Kommission
beruhte und dies allein Grund für die Entscheidung der Arbeitgebersite vom 19.11.09
war, einer linearen Lohnerhöhung um 4% zuzustimmen.
125
Schließlich spricht auch der in den Satzungen und Geschäftsordnungen niederlegte
Grundsatz, dass die kirchlichen Einrichtungen nicht nach wirtschaftlichen Kriterien
handeln sollen, sondern gemeinnützigen mildtätige Zwecke verfolgen (vgl. § 4 des
Gesellschaftsvertrages des Ev. Krankenhauses)für eine Sonderstellung und einen
Schutz der Kirchenim Bereich des Arbeitskampfrechts . Diese andere Zielsetzung als im
Bereich der reinen Wirtschaftsunternehmen rechtfertigt die Anerkennung eines
anderweitigen Zustandekommens von Arbeitsvertragsbedingungen auf einem eigenen
selbstbestimmten Weg. Dass die Krankenanstalten zur Refinanzierung auf Mittel der
Sozialversicherungsträger angewiesen sind und zur Verfolgung der originären
Zielsetzungen auch zu diesem Zwecke wirtschaftlich handeln müssen, bedingt noch
keine volle Gleichsetzung mit durch Wettbewerb gekennzeichneten wirtschaftlichen en
Betätigung von Privatunternehmen. Eine auf Wettbewerb ausgerichtete wirtschaftliche
Betätigung der Kläger hat die Beklagte nicht dargelegt, auch wenn die Kläger im
Interesse der eigenen Zielsetzung auch wirtschaftlich denken und eine vernünftige
Personalkostenplanung im Blick haben und im Blick haben müssen.
126
Eine Beschäftigung von Leiharbeitnehmern aus Gründen der wirtschaftlichen
Betätigung und Wettbewerbsfähigkeit ist dem Vorbringen der Beklagten nicht zu
entnehmen.
127
Schließlich spricht entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht aufgrund der
Tatsache, dass Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV die Kirchenautonomie unter
dem Vorbehalt der allgemein gültigen Gesetze stellt und sich dies auch auf die
Koalitionsfreiheit bezieht, ein Umkehrschluss aus § 118 Abs. 2 BetrVG bzw. § 112
Bundespersonalvertretungsgesetz für die Anerkennung eines Streikrechts. Zwar findet
die Herausnahme kirchlicher Arbeitnehmervertretungen, Religionsgesellschaften und
ihrer karikativen Einrichtungen aus dem Anwendungsbereich des
Betriebsverfassungsgesetzes im Tarifvertragsgesetz keine Entsprechung. Dies spricht
aber deshalb nicht für die Zubilligung des Streikrechts wegen fehlender gesetzlicher
Ausnahmeregelung im Arbeitskampfrecht, weil im Tarifvertragsgesetzt insgesamt das
Arbeitskampfrecht nicht geregelt ist. Die betriebsverfassungsrechtliche Sonderstellung
128
der Träger kirchlicher Einrichtungen ist insofern sogar eher ein Argument für deine
Sonderstellung auch im Bereich des Arbeitskampfrech und damit gegen die
Anerkennung eines Streikrechts.
Die Klage des Klägers zu 4. ist hinsichtlich des Hauptantrages zulässig aber
unbegründet, hinsichtlich des Hilfsantrages zu 3 d. unzulässig, aber hinsichtlich des
Hilfsantrages zu 3 c zulässig und begründet.
129
Der Hauptantrag des Klägers zu 4. ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt, da
von dem Antrag sämtliche Mitglieder und Mitgliedseinrichtungen erfasst sind.
130
Er ist allerdings unbegründet, da er in der Sache zu weit gefasst ist und möglicherweise
Einrichtungen erfasst, die nicht bzw. nicht mehr streng den Dritten Weg verfolgen und
die sich möglicherweise in ihrer Arbeitsvertragsgestaltung nicht mehr sämtlich an den
AVR-DW orientieren. Allein die Mitgliedschaft im Diakonischen Werk der Ev.-luth.
Landeskirche gemäß § 3 der Satzung reicht nicht für die Annahme, dass es sich auch
nach ihrer sachlichen Orientierung um Einrichtungen handelt, die allein kirchliche
Grundsätze verfolgen und der Evangelischen Kirche zuzuordnen sind (vgl. BAG Urteil
vom 05.12.2007, 7 ABR 42/06; LAG Düsseldorf, Beschluss vom 17.03.2009, 8 TaBV
76/08). Die Mitgliedschaft reicht deshalb nicht, weil Mitglieder des Vereins natürliche
und juristische Personen sind, die gewillt sind, den Zweck des Vereins zu fördern und
die kirchlichen Grundlagen in seiner Arbeit zu wahren (§ 5 der Satzung). Es ist nicht
erkennbar, dass und inwiefern diese Zielorientierung in jeder einzelnen Einrichtung
gewährleistet ist und von jedem Mitglied wirklich berücksichtigt wird. Allein die strenge
Verfolgung kirchlicher Grundsätze und des Dritten Weges rechtfertigt aber – wie
dargelegt – den Ausschluss eines Streikrechts.
131
Dem Hilfsantrag zu 3 a fehlt die hinreichende Bestimmtheit. Zwar sind hier von dem
Unterlassungsbegehren alle Einrichtungen erfasst die "regelhaft die Anwendung
solcher Arbeitsbedingungen vereinbart haben, die in einem kirchengesetzlich
anerkannten Verfahren gesetzt werden, welches auf strukturellem Gleichgewicht der
Arbeitgeber und Arbeitnehmerseite beruht und ein geregeltes Schlichtungsverfahren
beinhaltet".
132
Es ist aber mangels hinreichender Bezeichnung der konkreten Regelungen, die
verbindlich anerkannt werden müssen, in einem Vollstreckungsverfahren nicht mehr
erkennbar, ob die jeweilige betroffene Einrichtung Regelungen verfolgt, die den im
Antrag gennannten Anforderungen entsprechen. Wenn auch in einem Verfahren auf
Unterlassung bestimmter Maßnahmen – hier Streiks – keine zu strengen Anforderungen
an die Bestimmtheit zu stellen sind, erfordert dieser Antrag jedoch eine Wertung sowohl
im Hinblick auf die anzuwendende Regelungen als auch im Hinblick auf die
Anforderungen an ein Schlichtungsverfahren. Diese Wertung kann nicht mehr in ein
Vollstreckungsverfahren verlagert werden.
133
Insofern trägt allerdings der Hilfsantrag zu 3. c den Anforderungen an eine hinreichende
Bestimmtheit eines auf Unterlassung gerichteten Antrages Rechnung. Hier wird konkret
festgelegt, dass das Unterlassungsbegehren Eirichtungen betrifft, die regelhaft die
Anwendung der Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der EKD (AVR-
DW-EKD) in der jeweiligen geltenden Verfassung oder die AVR Konföderation in der
jeweils geltenden Fassung vereinbart haben. Dies ist in einem Vollstreckungsverfahren
noch hinreichend überprüfbar. Die genannten Arbeitsvertragsregelungen bieten
134
hinreichend Gewähr dafür, dass das Streikrecht nur in denjenigen Einrichtungen
ausgeschlossen ist, die konsequent den Dritten Weg verfolgen. Bei den genannten
Regelungen handelt es sich um Arbeitsvertragsregelungen, die allein in diesem Weg
zustande gekommen sind.
Der Hilfsantrag ist begründet, da – wie ausgeführt – das anzuerkennenden
Selbstbestimmungsrechts der Kirche gemäß § 137 Abs. 3 WRV und die gebotenen
Anerkennung des Dritten Weges den Ausschluss des Arbeitskampfes und damit des
Streikrechts rechtfertigt und bedingt.
135
Die Klage des Klägers zu 5. hinsichtlich des Hauptantrages ist zulässig, insbesondere
hinreichend bestimmt aufgrund des weitgefassten Bereichs der betroffenen
Einrichtungen. Der Hauptantrag war allerdings ebenfalls als unbegründet abzuweisen,
weil der Kreis der erfassten Diakonischen Einrichtungen nicht gewährleistet, dass nur
Einrichtungen betroffen sind, die Verfahren des Dritten Weges verfolgen. Das wird
besonders bei Einrichtungen der Diakonischen Werke deutlich. Nach dem Vorbringen
der Beklagten gibt es in Einrichtungen, die Mitglieder des Diakonischen Werkes sind,
Haustarife, insbesondere Entgelttarifverträge, wie z.B. den Haustarifvertrag zwischen
der gemeinnützigen Gesellschaft für integrative Behindertenarbeit Hannover und der
ÖTV vom 22.10.08 und Vergütungstarifvertrag zwischen der Beklagten und der Harz-
Weser-Werkstätten gGMBH.
136
Auch wenn der Kläger im Fall des K12-Krankenhauses (Beschluss des BAG vom
05.12.2007, 7 ABR 72/06) davon ausgeht, dass es sich um einen Sonderfall handelt,
weil hier von befugten Organe der kirchlich diakonische Auftrag nicht konsequent
verfolgt wird, zeigt dies, dass gerade eine zu weit gefasste Antragstellung und
demgemäß eine zu weit gefasste Verurteilung zu vermeiden ist. Es muss sichergestellt
sein, dass nicht allein die Mitgliedschaft im Diakonischen Werk vorliegt, sondern in
jedem Fall auch Verfolgung kirchlich diakonischer Tradition und die Einhaltung des
Verfahrens des Dritten Weges gewährleistet ist. Demnach trägt der Kläger zu 5. auch
konsequent durch Stellung der Hilfsanträge Rechnung.
137
Der Hilfsantrag zu 5. b war als unzulässig abzuweisen, da die Voraussetzung einer
regelhaften Anwendung von Arbeitsbedingungen, die in einem kirchengesetzlich
anerkannten Verfahren gesetzt werden, keinen hinreichenden Rückschluss darauf
zulässt, welche Vorschriften davon betroffen sind und welche Verfahrensgestaltung
ausreicht. Insofern ist eine Verlagerung der Beurteilung in ein Vollstreckungsverfahren
nicht zulässig.
138
Der Antrag zu 5. c war als unbegründet abzuweisen, weil der Antrag angesichts der
Vielzahl der betroffenen Einrichtungen und der unterschiedlichen Tätigkeitsfelder zu
weit gefasst ist. Er schließt nicht sicher aus, dass auch Einrichtungen erfasst sind, die
nicht hinreichend konsequent den Dritten Weg verfolgen. Es wird in dem Antrag insofern
gerade im Wesentlichen auf die Mitgliedschaft der Einrichtungen bei dem klagenden
Diakonischen Werk abgestellt. Zwar wird auch hier die regelhafte Anwendung der
Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes einschränkend mit in die
Antragstellung einbezogen. Das reicht hier deshalb nicht aus, weil auch nach eigenem
Vorbringen des Klägers die "regelhafte" Anwendung nur auf eine überwiegende
Anwendung der AVR-DW-EKD oder dem BAT-KF schließen lässt. In den Einrichtungen
liegt jedoch gerade unter Berücksichtigung der Vielzahl von Altverträgen auch nach
eigenem Vorbringen des Klägers eine 100%ige Anwendung der genannten
139
Regelungen nicht vor. Die Angabe des temporären Elements" solange regelhaft die
Anwendung der Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes vereinbart wird",
lässt nicht hinreichend erkennen, bei welcher Entwicklung und Intensität der Bindung an
die genannten Arbeitsvertragsrichtlinien noch von einer regelhaften Anwendung
auszugehen ist.
Dem trägt aber letztlich der Hilfsantrag zu 5 d. Rechnung, der ausdrücklich eine
Beschränkung auf kirchliche Einrichtungen im Sinne des § 118 Abs. 2 BetrVG enthält.
Dieser Antrag ist im Hinblick auf die gebotene Möglichkeit einer Grenzziehung und
Abgrenzung betroffener Einrichtungen auch hinreichend bestimmt. Auch wenn allein die
Bezugnahme auf die gesetzliche Bestimmung des § 118 Abs. 2 BetrVG im
Vollstreckungsverfahren keine sofortige und einfache Kenntlichmachung der erfassten
Einrichtung ermöglicht, wird auf einen Rechtsbegriff einer konfessionellen und
karitativen Bestimmung eines Unternehmens abgestellt. Dies reicht dies für eine
hinreichende Grenzziehung aus, da die Ausrichtung nach kirchlichen Grundsätzen
zumindest im Antrag festgeschrieben ist. Die Bestimmung einer kirchlichen Einrichtung
mit konfessioneller karitativer Ausrichtung ist auch unter Berücksichtigung der
Rechtsprechung hinreichend umschrieben. Strengere Anforderungen können jedenfalls
in einem Verfahren auf Unterlassung von Streikmaßnahmen nicht gestellt werden.
140
Der diesbezügliche Hilfsantrag zu 5. d ist auch begründet, da –wie dargelegt- ein
Streikrecht der Gewerkschaften in diesen kirchlichen Einrichtungen nicht anzuerkennen
ist und insofern dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen der Vorrang gebührt.
141
Für die Kläger zu 7. und 8. gilt letztlich das zuvor Gesagte betreffend die klagenden
Diakonischen Werke entsprechend. Die Hauptanträge sind aufgrund zu weiter Fassung
hinsichtlich der betroffenen Einrichtungen unbegründet. Die Hilfsanträge zu b. und c.
sind diesbezüglich mangels hinreichender Bestimmtheit unzulässig.
142
Stattzugeben war insofern den Hilfsanträgen zu 7. d und 9. d. Die Anträge sind ebenfalls
hinreichend bestimmt aufgrund ausreichender Kenntlichmachung der betroffenen
Einrichtungen. Sie sind angesichts des Ausschlusses eines Streikrechts auch
begründet.
143
Die Androhung eines nach dem Wert und der Bedeutung des Unterlassungsbegehrens
zu bemessenden Zwangsgeldes konnte gem. § 890 Abs.2 ZPO bereits im Urteil
erfolgen.
144
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Danach war die Hauptkostenlast der
Beklagten aufzuerlegen, da der Klage nur hinsichtlich eines Teils der Haupt- bzw.
Hilfsanträge begründet war und die Klage ansonsten im Wesentlichen statt zu geben
wurde.
145
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 66 Abs. 2 ArbGG i. V. m. § 3 ff. ZPO und 42 GKG.
146