Urteil des ArbG Arnsberg vom 18.05.2000

ArbG Arnsberg: berufliche tätigkeit, arbeitsunfähigkeit, schwangerschaft, gefährdung, gesundheit, fortdauer, könig, arbeitsgericht, urlaub, geruch

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Schlagworte:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Normen:
Arbeitsgericht Arnsberg, 2 (3) Ca 1265/99
18.05.2000
Arbeitsgericht Arnsberg
2. Kammer
Urteil
2 (3) Ca 1265/99
Arbeitsunfähigkeit, Beschäftigungsverbot, Mutterschutzlohn
§§ 11 Abs. 1, 3 Abs. 1 MuSchG
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 9.652,00 brutto abzüglich
am 30.11.1999 gezahlter DM 1.400,00 netto zu zahlen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
Der Streitwert wird auf DM 8.252,00 festgesetzt.
Tatbestand:
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten die Zahlung von DM 9.652,00 brutto
abzüglich gezahlter 1.400,00 DM netto als Mutterschutzlohn für die Monate November und
Dezember 1999 gem. § 11 Abs. 1 Satz Mutterschutzgesetz (MuSchG).
Die am 22.06.1959 geborene verheiratete Klägerin ist seit dem 01.09.1989 als
kaufmännische Angestellte zu einem Bruttoentgelt von monatlich 4.826,00 DM bei der
Beklagten tätig.
Die Klägerin war arbeitsunfähig vom 07.06. bis 25.06.1999, arbeitete am 28.06.1999, war
vom 29.06. bis 02.07.1999 erkrankt, hatte vom 05.07. bis 23.07.1999 Urlaub, arbeitete am
26.07.1999, war erkrankt vom 27.07. bis 31.08.1999, arbeitete vom 01.09. bis 03.09.1999,
war erkrankt vom 06.09. bis 17.09.1999, arbeitete am 20.09. in einem anderen Büroraum
und verließ gegen 11.00 Uhr das Firmengelände.
Mit Datum vom 21.09.1999 stellte der Zeuge Dr. med. K2xxxxxx der Klägerin folgendes
ärztliches Attest aus:
Betr.: Frau B1xxxx, M1xxx, geb. am 22.06.1959, xxxxx A1xxxxx, R1xxxxx. xx.
Diagnosen:
- Gravidität in der 13. SSW
- gesundheitliche Arbeitsplatzbelastung
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- rezidivierende Hyperemesis gravidarum
Bei der o. g. Patientin besteht eine Gravidität in der 13. SSW. Die Pat. arbeitet als
kaufmännische Angestellte bei der Firma I1xxxxxx in A1xxxxx-B2xxxxxxx. Sie ist in ihrem
Büro ständig dem Geruch von Lacken und Farben (organischer Herkunft) ausgesetzt, die
die Übelkeit hervorrufen und zu ständigem Erbrechen führt. Trotz Umsetzung an einen
anderen Arbeitsplatz war eine Veränderung der gesundheitlichen Gefährdung durch
Ausdünstungen nicht zu erreichen.
Aus diesen Gründen muß unter Beachtung des Mutterschutzgesetzes und der
Sozialgesetzgebung ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen werden.
Zeitraum.: 21.09.1999- Beginn Mutterschutz (17.02.2000)
Mit freundlichen Grüßen
Am 27.09.1999 führte der Werksarzt Dr. F2xxxx eine Arbeitsplatzbesichtigung durch und
nahm unter dem 28.09.1999 Stellung. Insofern wird auf Bl. 29 d. A. verwiesen. Mit Datum
vom 30.09.1999 widersprach die Beklagte dem Attest vom 21.09.1999. Wegen des Inhalts
des Schreibens vom 30.09.1999 wird auf Bl. 25 ff. d. A. verwiesen.
Unter dem 04.10.1999 sandte der Zeuge Dr. med. K2xxxxxx folgendes Schreiben an die
Beklagte:
Sehr geehrter Herr M2xxx,
ich nehme Bezug auf Ihr o. g. Schreiben und möchte mein ausgestelltes ärztliches
Attest vom 21.09.1999 widerrufen. Zwischenzeitlich müsste Ihnen ein neu ausgestelltes
Attest für die o. g. Patientin vorliegen.
Ich bedauere, dass in dem ärztlichen Attest falsche Gründe für das Vorliegen des
Beschäftigungsverbotes angeführt wurden. Diese Angaben beruhten auf einer Schilderung
des Arbeitsplatzes, die mir von Frau B1xxxx gegeben wurden. Der Patientin wurde das
Attest vorgelesen und erfragt, ob die Angaben so richtig sind und ich die
Arbeitsplatzbeurteilung so korrekt abgegeben habe.
Leider kann ich nicht genau die berufliche Tätigkeit und gesundheitliche
Gefährdung unserer Patienten, insbesondere in der Schwangerschaft, beurteilen. Somit bin
ich auf die Schilderung der Patientinnen angewiesen. Ich werde mich bemühen, in Zukunft
dies genauer zu hinterfragen, um derartigen Missverständnissen vorzubeugen.
Sicher ist, dass seit Eintritt der Schwangerschaft ausgesprägte Beschwerden
während der beruflichen Tätigkeit bei Frau B1xxxx aufgetreten sind, die bei unveränderter
Gestaltung des Arbeitsplatzes vorher nicht bestanden haben. Die Patientin fühlt sich bei
der beruflichen Tätigkeit so schlecht, dass sowohl die Gesundheit von ihr selbst als auch
das Wohlergehen des noch ungeborenen Kindes gefährdet ist. Der mehrmalige Versuch
einer Wiederaufnahme der Tätigkeit führte zu einer Verschlechterung des
Allgemeinzustandes. Aus diesen Gründen wurde ein Beschäftigungsverbot
ausgesprochen.
An den Ergebnissen der Luftmessungen bin ich dennoch interessiert und wäre
Ihnen dankbar, wenn sie mir diese zur Verfügung stellen könnten.
Ich möchte Ihr Angebot zu einer Arbeitsplatzbegehung in Ihrem Hause gern
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annehmen, um selbst ein Bild über die Arbeitsverhältnisse in den einzelnen Bereichen zu
erhalten. Gleichzeitig würde mich der Standort B2xxxxxxx mit seiner Produktpalette
persönlich interessieren. Dazu würde ich mich nach meinem Urlaub mit Ihnen gern in
Verbindung setzen.
Eine am 25.10.1999 durchgeführte Raumluftmessung ergab keine mögliche
Schadstoffbelastung.
Die Klägerin trägt vor, sie sei in ihrem Büro ständig dem Geruch von Farben und Lacken
ausgesetzt. Dies rufe bei der Klägerin Übelkeit hervor und führe zu ständigem Erbrechen.
Trotz Umsetzung an einen anderen Arbeitsplatz sei eine Beendigung der gesundheitlichen
Gefährdung durch die Ausdünstungen nicht zu erreichen. Aus diesen Gründen habe der
Zeuge Dr. med. K2xxxxxx ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin DM 9.652,00 brutto abzüglich am
30.11.1999 gezahlter DM 1.400,00 netto zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, die Voraussetzungen des mutterschutzrechtlichen
Beschäftigungsverbotes lägen nicht vor, sondern die Klägerin sei arbeitsunfähig erkrankt.
Bereits seit dem 03.06.1999 habe die Klägerin wegen Arbeitsunfähigkeit oder Urlaub keine
Arbeitsleistung erbracht. Sowohl das Attest vom 21.09.1999, das der Zeuge Dr. med.
K2xxxxxx mit Schreiben vom 04.10.1999 ausdrücklich widerrufen habe, als auch das Attest
vom 28.09.1999 beruhten auf falschen Annahmen. Der gesamte Schwangerschaftsverlauf
sowie die bereits vor ihrem Eintritt eingetretene und den Eintritt der Schwangerschaft
überlagernde Arbeitsunfähigkeit seien ein eindeutiger Beleg dafür, dass die
Schwangerschaft der Klägerin einen "anomalen Verlauf" genommen habe, der als
Krankheit im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetz angesehen werden müsse.
Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf den
vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
Das Gericht hat die Verfahrensakte 2 Ca 1161/99 beigezogen. Auf die dort eingeholten
ärztlichen Auskünfte wird verwiesen (vgl. dazu Bl. 75 ff., 91, 71 ff. der Verfahrensakte
2 Ca 1161/99). Ferner wurde Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Dr. med.
K2xxxxxx. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Protokoll der Sitzung
vom 18.05.2000 (Bl. 58 d. A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Zahlungsklage ist begründet.
Die Klägerin hat für den Monate November und Dezember 1999 einen Anspruch auf
Mutterschutzlohn gem. §§ 11 Abs. 1, 3 Abs. 1 Mutterschutzgesetz (MuSchG) in Höhe von
9.652,00 DM brutto abzüglich gezahlter 1.400,00 DM netto.
Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 MuSchG hat der Arbeitgeber einer schwangeren Frau das
Arbeitsentgelt weiterzuzahlen, wenn die Frau wegen eines ärztlichen
Beschäftigungsverbotes nach § 3 Abs. 1 MuSchG ganz oder teilweise mit der Arbeit
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Beschäftigungsverbotes nach § 3 Abs. 1 MuSchG ganz oder teilweise mit der Arbeit
aussetzt.
Nach § 3 Abs. 1 Mutterschutzgesetz dürfen werdende Mütter nicht beschäftigt werden,
soweit nach ärztlichem Zeugnis Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer
der Beschäftigung gefährdet ist. Es muss gerade die Fortdauer der Beschäftigung sein, die
Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind gefährdet. Die Gefährdung muss von der
Fortsetzung der Arbeit ausgehen. Es ist nicht erforderlich, dass der konkrete Arbeitsplatz
oder die konkret auszuführende Arbeit als solche gesundheitsgefährdend sind (vgl. BAG
Urteil v. 01.10.1997, 5 AZR 685/96 in NZA 1998, 195; BAG Urteil v. 12.03.1997, 5 AZR
766/95 in DB 1997/1570). Das Beschäftigungsverbot kann auch dann ausgesprochen
werden, wenn die Beschäftigung nichtschwangerer Frauen keinerlei Gefährdung mit sich
bringt, aber aufgrund der individuellen Verhältnisse gerade der schwangeren Frau die
Gesundheit von Mutter oder Kind gefährden würde.
Der die Klägerin behandelnde Zeuge Dr. med. K2xxxxxx hat mit Attesten vom 21.09.1999
sowie 28.09.1999 ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen, aufgrund dessen die Klägerin
mit der Arbeit ausgesetzt hat.
Die Kammer ist davon ausgegangen, dass dieses Beschäftigungsverbot zu Recht
ausgesprochen worden ist.
Ob ein Beschäftigungsverbot auszusprechen ist oder statt dessen krankheitbedingte
Arbeitsunfähigkeit zu bescheinigen ist, hat der behandelnde Arzt in eigener Verantwortung
zu entscheiden (BAG Urteil v. 31.07.1996, 5 AZR 474/95 in NZA 97, 29). Dabei steht ihm
ein erheblicher Beurteilungsspielraum zu. Er hat abzuwägen und verantwortlich darüber zu
entscheiden, ob es sich um eine Erkrankung handelt, die mit der Schwangerschaft nur
zeitlich zusammenfällt, ob die nicht normal verlaufende Schwangerschaft Krankheitswert
mit der Folge hierauf beruhender Arbeitsunfähigkeit hat oder ob die Schwangere mit der
Arbeit aussetzen muss und deshalb die Erteilung eines ärztlichen Beschäftigungsverbotes
angezeigt ist (Ärztliches Beschäftigungsverbot und krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit
der werdenden Mutter, Schliemann/König in NZA 1998/1030, 1034). Die Abgrenzung in der
Praxis ist schwierig insbesondere in den Fällen, in denen eine sog. Risikoschwangerschaft
vorliegt und wenn ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen wurde, nachdem die Frau
zuvor wegen schwangerschaftsbedingter Krankheiten arbeitsunfähig gewesen war (BAG
Urteil v. 12.03.1997, 5 AZR 766/95 in DB 1997/1570, 1571).
Das Gericht wird das nachvollziehbare Urteil des Arztes weitgehend zu respektieren haben
und kann seine eigenen Fachkenntnisse nicht zum Anlaß nehmen, über die ärztliche
Prognose hinwegzugehen (BAG Urteil v. 31.07.1996 a.a.O.).
Einem ordnungsgemäßen ausgestellten ärztlichen Beschäftigungsverbot kommt ein hoher
Beweiswert zu. Der Arbeitgeber trägt die Risiko, das Gericht von der Unrichtigkeit des
ärztlichen Beschäftigungsverbotes überzeugen zu müssen. Damit liegt die Beweislast
dafür, dass die Voraussetzungen für den Ausspruch eines Beschäftigungsverbotes in
Wahrheit nicht vorgelegen haben beim Arbeitgeber, so dass die ärztliche Bescheinigung
nach § 3 Abs. 1 MuSchG einen höheren Beweiswert als eine
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nach § 5 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz hat (BAG
Urteil v. 12.03.1997 a.a.O.). Der Arbeitgeber, der die Bescheinigung nicht gegen sich gelten
lassen will, hat im Rechtsstreit Umstände darzulegen und zu beweisen, die zu ernsthaften
Zweifeln am Vorliegen der Voraussetzung des § 3 Abs. 1 MuSchG Anlass geben (BAG
Urteil v. 12.07.1997 a.a.O.). Dabei muss es sich immer um Tatsachen und nicht um bloße
Vermutungen handeln. Weder der Arbeitgeber noch das überprüfende Gericht dürfen seine
Kenntnisse zum Anlass nehmen, sich über die ärztliche Prognose, die somit immer Vorrang
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hat, hinwegzusetzen (Heinz, Anmerkung zu BAG AP Nr. 8 zu § 3 Mutterschutzgesetz
1968).
Solche Umstände hat die Beklagte jedoch nicht darzulegen vermocht.
Zwar ist der Arbeitgeber durch das Mutterschutzgesetz zum einen nicht gehindert, die
Umstände darzulegen, die ungeachtet der medizinischen Wertung den Schluss zulassen,
dass ein Beschäftigungsverbot auf unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen beruht,
insbesondere auf von der Schwangeren unrichtig dargestellten tatsächlichen
Arbeitsbedingungen. Zum anderen kann der Arbeitgeber Tatsachen darlegen, die ergeben,
dass die Angaben der Schwangeren oder die von ihr geäußerten Beschwerden nicht
verifizierbar sind.
Allein die Tatsache, dass die Klägerin zunächst arbeitsunfähig war und mit 21.09.1999 ein
Beschäftigungsverbot ausgesprochen wurde, lässt keinen Schluss auf die Fehlerhaftigkeit
des Beschäftigungsverbotes zu. Insbesondere die zunächst erfolgten
Arbeitsunfähigkeitszeiten für kurze Zeiträume mit Unterbrechung zur Durchführung von
Arbeitsversuchen zeigen, dass man nicht ungeprüft und ohne verantwortliche Abwägung
seitens des behandelnden Arztes die erforderlichen Feststellungen getroffen hat.
Auch das zunächst erfolgte Beschäftigungsverbot vom 21.09.1999 unter Hinweis auf die
die Übelkeit hervorrufenden Ausdünstungen mit dem widerufendem Schreiben vom
04.10.1999 lassen keine erheblichen Umstände erkennen, die Zweifel an dem
Beschäftigungsverbot annehmen ließen. Der beurteilende Arzt muss sich ein
hinreichendes Bild über die Beschäftigung der Schwangeren und die dabei herrschenden
Umstände machen. Insoweit wird er vor allem auf eine hinreichend exakte Schilderung der
Arbeitsumstände durch die Schwangere angewiesen seien. Er darf sich grundsätzlich auf
die glaubwürdige Informationen durch die Schwangere verlassen (Schliemann/König
a.a.O.). Auf die Äußerung der Klägerin, dass sie in ihrem Büro dem Geruch von Lacken und
Farben ausgesetzt sei, konnte sich der Zeuge ohne Zweifel an die Richtigkeit der Mitteilung
verlassen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die subjektive Empfindsamkeit
der Schwangeren hinsichtlich Geruchsbelästigungen und damit zusammenhängende
Übelkeit eine andere sein kann als diejenige einer nicht schwangeren Arbeitnehmerin.
Dieses am 21.09.1999 ausgesprochene Beschäftigungsverbot wird auch nicht insofern
fehlerhaft als das am 28.09.1999 ausgesprochene Beschäftigungsverbot hauptsächlich auf
die Risikoschwangerschaft gestützt wurde. Zwar ist die pauschale Annahme, schon das
Bestehen einer Risikoschwangerschaft führe nur zum individuellen ärztlichen
Beschäftigungsverbot nicht zulässig. Vielmehr ist zu unterscheiden, worauf das Risiko
beruht. Beruht das Risiko auf medizinischen Befunden, ohne dass es sich um
Erkrankungen handelt, spricht dies für ein ärztliches Beschäftigungsverbot
(Schliemann/König a.a.O. Seite 1035). Ausgehend von den vom Zeugen Dr. med.
K2xxxxxx in seinem Schreiben vom 16.02.2000 beschriebenen Indikationen ergeben sich
jedenfalls keine durch Tatsachen begründete Zweifel an der Richtigkeit der Feststellung
des Beschäftigungsverbotes.
Ein Anspruch auf Mutterschutzlohn nach § 11 Abs. 1 Satz 1 MuSchG besteht nur dann,
wenn allein das mutterschutzrechtliche Beschäftigungsverbot dazu führt, dass die
Schwangere mit der Arbeit aussetzt. Das Beschäftigungsverbot muss die nicht
wegzudenkende Ursache für das Nichtleisten der Arbeit und den damit verbundenen
Verdienstausfall sein (BAG 5 AZR 685/96 in NZA 98, 194, 195). Es muss die alleinige und
nicht wegzudenkende Ursache für das Nichtleisten der Arbeit sein (BAG Urteil v.
05.07.1995, 5 AZR 135/94 NZA 96/137). Der für die Zahlung des Mutterschutzlohns
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erforderliche Ursachenzusammenhang ist unterbrochen, wenn andere Gründe allein oder
neben dem Beschäftigungsverbot dazu führen, dass die schwangere Arbeitnehmerin mit
der Arbeit aussetzt (BAG Urteil v. 22.03.1995, 5 AZR 874/93 NZA 1995/837, 838).
Dass neben dem Beschäftigungsverbot Arbeitsunfähigkeit der Klägerin vorlag, hat die
Beklagte nicht beweisen können. Nach der Aussage des Zeugen Dr. med. K2xxxxxx lag
neben dem Beschäftigungsverbot keine Krankheit vor. Selbst wenn die Symptome vor
Beschäftigungsverbot und nach Ausspruch des Beschäftigungsverbot die gleichen waren,
führt dies nicht zu der Annahme, dass damit zwangsläufig Arbeitsunfähigkeit hätte
festgestellt werden müssen. Insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sich
die Beschwerden der Klägerin bei Aussetzen mit der Arbeit jeweils besserten, führt zu der
Annahme, dass nicht regelwidrige gesundheitliche Beschwerden im Sinne einer Krankheit
vorlagen, sondern die Fortdauer der Beschäftigung im Einzelfall aufgrund der individuellen
Verhältnisse der Schwangeren eine konkrete Gefährdung mit sich brachten.
Demzufolge war der Klage stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Der Streitwert wurde gem. § 61 Abs. 1 ArbGG, 3 ff. ZPO festgesetzt.
gez. Nixdorf-Hengsbach