Urteil des AG Wuppertal vom 17.03.2006
AG Wuppertal: erwerb, abgabe, verwertung, verkehrswert, rechtskraft, datum
Amtsgericht Wuppertal, 403 K 143/04
Datum:
17.03.2006
Gericht:
Amtsgericht Wuppertal
Spruchkörper:
Abteilung 403 des Amtsgerichts
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
403 K 143/04
Nachinstanz:
Landgericht Wuppertal, 6 T 180/06
Sachgebiet:
Sonstiges
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
wird der Zuschlag auf das im Versteigerungstermin vom heutigen Tage
von
Herrn E, geboren am 29.09.1974, wohnhaft B, ####1 X
abgegebene Meistgebot in Höhe von 15.000,00 EUR gemäß § 85a Abs.
1 ZVG versagt, da das Gebot nicht 5/10 des Verkehrswertes erreicht.
Neuer Versteigerungstermin wird von Amts wegen bestimmt.
Gründe:
1
Das Verfahren wird betrieben von der W AG, B-Straße, ####2 N
2
wegen dinglicher und persönlicher Ansprüche aus der Grundschuld Abteilung III Nr. 2
auf 16 % Jahreszinsen aus 87.430,91 Euro vom 01.01.2001 bis 27.10.2003
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in Höhe von 39.518,77 Euro nebst Kosten. Mit Beschluss vom 23.06.2005 ist der
Verkehrswert des Versteigerungsobjekts auf 40.000,00 EUR festgesetzt und
Versteigerungstermin auf den 16.09.2005 bestimmt worden.
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In diesem Termin blieb Frau Y als Gläubigervertreterin mit dem im eigenen Namen
abgegebenen Gebot eines durch Zahlung zu berichtigenden Betrages von 15.000,00
EUR Meistbietende. Nach den maßgebenden Versteigerungsbedingungen blieben
keine Rechte bestehen. Mit inzwischen rechtskräftigem Beschluss vom 16.09.2005
wurde der Zuschlag auf dieses Meistgebot gemäß § 85a Abs. 1 ZVG versagt, da es
nicht 5/10 des Verkehrswertes erreicht hatte.
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Nach dem Beschluss des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 24.11.2005 (V ZB 98/05) ist
allerdings das Eigengebot eines Gläubigervertreters unwirksam und zurückzuweisen, "
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wenn er von vornherein nicht an dem Erwerb des Grundstücks interessiert ist, sondern
das Gebot nur abgibt, damit in einem weiteren Versteigerungstermin einem anderen der
Zuschlag auf ein Gebot unter 7/10 oder unter der Hälfte des Grundstückswertes erteilt
werden kann." ...
Hatte die Terminsvertreterin bei der Abgabe des Gebots im genannten Termin kein
Erwerbsinteresse, so war nach dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung das Gebot
unwirksam und wäre zurückzuweisen gewesen. In diesem Falle stünde auch der dann
zu Unrecht ergangene rechtskräftige Zuschlagsversagungsbeschluss einer erneuten
Zuschlagsversagung nach § 85a Abs. 1 ZVG nicht entgegen, denn das Gericht ist bei
der Entscheidung über den Zuschlag an eine Entscheidung, die es vorher getroffen hat,
gemäß § 79 ZVG nicht gebunden (vgl. Stöber, ZVG, 17. Aufl., Anm. 1, 4.5 zu § 79).
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Im vorliegenden Fall spricht vieles dafür, dass die damalige Terminsvertreterin der
Gläubigerin ein mangels Erwerbsinteresses unwirksames Gebot abgegeben hat.
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Bei Frau Y handelte es sich um eine Mitarbeiterin der Gläubigerin. Mitarbeiter von
Kreditinstituten geben in der Regel keine eigenen Gebote ab, die ernsthaft auf den
Erwerb des Grundstücks durch Zuschlag gerichtet sind, zumal die geringe Höhe des
Gebots dem wirtschaftlichen Interesse der Gläubigerin an der bestmöglichen
Verwertung des Objekts widersprach (vgl. BGH a. a. O.).
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Mit den Mitteln des Versteigerungsgerichts war nach höchstrichterlicher
Rechtsprechung im vorliegenden Falle aufzuklären, ob das Eigengebot der
Terminsvertreterin im Versteigerungstermin vom 16.09.2005 mangels
Erwerbsinteresses als unwirksam hätte zurückgewiesen werden müssen.
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Mit hiesigem Schreiben vom 09.02.2006 an die ehemalige Mitarbeiterin wurde Frau Y
um Darlegung gebeten, ob das Gebot im Termin vom 16.09.2005 tatsächlich auf den
Erwerb des verfahrensbetroffenen Objekts oder in Wahrheit – ohne Erwerbswillen – nur
darauf gerichtet war, die Rechtsfolgen des § 85a Abs. 1 und 2 ZVG herbeizuführen, um
einem anderen Interessenten den Erwerb des Objekts für weniger als die Hälfte des
Objektwertes zu ermöglichen.
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Frau Y hat hierzu keine Erklärung abgegeben. Sie ist offenbar für die Gläubigerin nicht
mehr tätig.
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Angesichts des vorstehenden Sachverhalts nebst der Tatsache, dass Frau Y zum
heutigen Termin nicht erschien um ein weiteres Gebot abzugeben muss das
Versteigerungsgericht mangels gegenteiliger Darlegung der damaligen
Terminsvertreterin der Gläubigerin davon ausgehen,
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dass ihr Eigengebot im Termin vom 16.09.2005 mangels Erwerbsinteresses unwirksam
war und hätte zurückgewiesen werden müssen.
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Für die nunmehr zu treffende Zuschlagsentscheidung ist das Gericht an die frühere
Zuschlagsversagung gemäß § 79 ZVG nicht gebunden. Damit steht auch § 85a Abs. 2
Satz 2 ZVG einer erneuten Zuschlagsversagung wegen Nichterreichens der 5/10-7/10-
Grenze nicht entgegen.
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Der Zuschlag war daher erneut nach § 85a Abs. 1 ZVG zu versagen.
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