Urteil des AG Wuppertal vom 13.01.2009

AG Wuppertal: gebäude, dach, stadt, hauseigentümer, vollstreckung, schneefall, fahrzeug, gestaltung, vergütung, gefährdung

Amtsgericht Wuppertal, 33 C 420/08
Datum:
13.01.2009
Gericht:
Amtsgericht Wuppertal
Spruchkörper:
Abteilung 33 des Amtsgerichts
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
33 C 420/08
Sachgebiet:
Bürgerliches Recht
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen,
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht
die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Die Beklagte ist Eigentümerin des Gebäudes G-Straße 1-11 in Z1. Die Klägerin begehrt
von der Beklagten Schadensersatz, der sich aus netto-Reparaturkosten,
Gutachterkosten sowie einer Kostenpauschale zusammensetzt für einen Schadensfall,
der sich am 03.03.2006 ereignet haben soll.
2
Die Klägerin behauptet, sie habe am 03.03.2006 den ihrgehörenden Pkw vor dem
Gebäude des Beklagten geparkt. Bei ihrer Rückkehr von einem Banktermin in dem
Gebäude habe sie eine Beschädigung ihres Fahrzeuges durch eine Schneelawine vom
Dach der Immobilie festgestellt.
3
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe ihre Verkehrssicherungspflicht als
Hauseigentümers verletzt.
4
Da auf dem Haus der Beklagten keine Schneefanggitter vorhanden seien, hätte der
Beklagte anderweitige Maßnahmen treffen müssen, um zu verhindern, dass sich
Schneemassen vom Dach seines Hauses lösen und auf die Straße und dort etwa
befindliche Personen oder Gegenstände fallen. Dies hätte beispielsweise durch das
Absperren der Straßenfläche vor dem Haus oder durch das Abräumen des Daches
erfolgen können.
5
Die Klägerin beantragt,
6
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 4.105,20 EUR nebst Zinsen in Höhe
von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit
Rechtshängigkeit zu zahlen
7
Die Beklagte beantragt,
8
die Klage abzuweisen.
9
Sie ist der Ansicht, eine Verkehrssicherungspflicht der Beklagten habe nicht bestanden,
insbesondere bestehe in Z1 keine Pflicht zur Anbringung von Schneefanggittern.
10
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien zur
Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
11
Entscheidungsgründe
12
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
13
Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von
Schadensersatz.
14
Der klageweise geltend gemachte Schadensersatzanspruch ergibt sich nicht aus § 823
BGB. Die Beklagte hat keine ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht schuldhaft
verletzt. Grundsätzlich hat zwar jeder, der eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält,
Verkehrsteilnehmer vor den drohenden Gefahren zu schützen. Diese
Verkehrssicherungspflicht besteht jedoch nur, wenn für einen vorausschauend
Urteilenden die naheliegende Gefahr ersichtlich ist, dass Rechtsgüter Dritter geschädigt
werden können, und nur in dem Rahmen, die der normale und übliche Verkehr erfordert
und die zumutbar sind (BGH NJW 2004, 1449, 1450). Danach traf die Beklagten hier
keine Verkehrssicherungspflicht. Nach ständiger Rechtsprechung ist es grundsätzlich
Sache des Verkehrsteilnehmers, sich vor herabgehenden Dachlawinen zu schützen
(vgl. z.B. OLG Karlsruhe NJW-RR 1986, 1404; OLG Hamm NJW-RR 1987, 412; LG
Wuppertal, Urteil vom 10.08.2005, 10 S 30/05). Im Bereich der Stadt Z1 besteht überdies
keine allgemeine Pflicht zum Anbringen von Schneefanggittern, weil eine solche Pflicht
im Verhältnis zu der im Verlauf eines Jahres fallenden Schneemenge
unverhältnismäßig wäre (vgl. LG Wuppertal ZfSch 1980, 355).
15
Das Ergreifen besonderer Sicherheitsvorkehrungen, wie das Absperren der
Straßenfläche vor dem Haus, die Aufstellung von Hinweisschildern oder das Abräumen
des Daches, ist nur dann notwendig und zumutbar, wenn besondere Umstände
vorliegen. Der hier von der Klägerin vorgetragene Schneefall am 03.03.2006 begründet
keinen solchen Umstand. Denn eine besondere Wetterlage ist dem Verkehrsteilnehmer
in gleichem Maße bekannt wie jedem Hauseigentümer. Der Hauseigentümer darf im
Fall einer solchen Wetterlage davon ausgehen, dass die Verkehrsteilnehmer ihrerseits
der allgemein bestehenden Dachlawinengefahr aus dem Wege gehen und anderweitige
Standplätze für ihr Fahrzeug suchen. Auf eine allgemein ersichtliche Gefahrenlage
muss nicht gesondert hingewiesen werden. Besondere Umstände in Form einer
besonderen Gestaltung des Daches des Hauses der Beklagten, die ein Abgehen einer
Dachlawine in besonderem, für den Verkehrsteilnehmer nicht ersichtlichen Maße
begünstigen würden, wurden nicht dargetan.
16
Soweit sich die Klägerin ursprünglich darauf berufen hat, dass ein Teil der Parkplätze
vor dem Gebäude der Beklagten abgesperrt gewesen seien, hat sie im Termin
klargestellt, dass diese Absperrungen im Zusammenhang mit Bauarbeiten und
demnach nicht im Zusammenhang mit einer von der Beklagten erkannt besonderen
Gefährdung durch Dachlawinen.
17
Auch aus der Straßensatzung der Stadt Z1 ergibt sich keine Verpflichtung der Beklagten
zur Ergreifung besonderer Sicherungsmaßnahmen. Diese sieht nur eine Verpflichtung
zum Entfernen von gefährlichen Schneeüberhängen und Eiszapfen vor. Die Klägerin
hat jedoch nicht vorgetragen, dass am Unfalltag Schneeüberhänge oder Eiszapfen am
Gebäude der Beklagten vorhanden waren.
18
Nachdem ein Anspruch der Klägerin nicht besteht, hat diese auch keinen Anspruch
gegen die Beklagten auf Erstattung der vorgerichtlich angefallenen anwaltlichen
Vergütung sowie auf Zahlung von Zinsen.
19
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, 708 Nr.
11, 711 ZPO.
20
Streitwert: 4105,20 EUR
21