Urteil des AG Wuppertal vom 12.06.2002

AG Wuppertal: aufnahme einer erwerbstätigkeit, schwangerschaft, unterhalt, trennung, bedürftigkeit, arbeitsstelle, meinung, vollstreckung, wiederaufnahme, ausschluss

Amtsgericht Wuppertal, 67 F 268/01
Datum:
12.06.2002
Gericht:
Amtsgericht Wuppertal
Spruchkörper:
Abt. 67 des Amtsgerichts
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
67 F 268/01
Sachgebiet:
Bürgerliches Recht
Rechtskraft:
rechtskräftig seit dem 27.02.2002
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig
vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicher-
heitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstrecken-
den Betrages abwenden, wenn der Beklagte vor der
Vollstreckung nicht in gleicher Höhe Sicherheit
leistet.
T a t b e s t a n d :
1
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung von Trennungsunterhalt in Anspruch.
Der 26-jährige Beklagte und die 21-jährige Klägerin haben am 5. Mai 2000 miteinander
die Ehe geschlossen, aus der keine Kinder hervorgegangen sind. Sie haben bis Mitte
2001 miteinander gelebt. Nach der Trennung wurde die Klägerin von einem anderen
Mann schwanger; die Schwangerschaft endete mit einer Fehlgeburt.
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Etwa Anfang Dezember 2001 wurde die Klägerin erneut von einem anderen Mann
schwanger. Aufgrund der Schwangerschaft befand sie sich vom 22. Januar bis 29.
Januar 2002 in stationärer Behandlung.
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Die Klägerin hat keine Berufsausbildung; sie ist sowohl vor der Ehe als auch während
des ehelichen Zusammenlebens Gelegenheitsarbeiten auf 630 DM - Basis
nachgegangen.
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Die Klägerin behauptet, aufgrund ihrer Schwangerschaft keine Erwerbstätigkeit mehr
ausüben zu können; überdies finde sich aufgrund der fortgeschrittenen
Schwangerschaft keine Arbeitsstelle mehr. Sie ist weiter der Meinung, zur Aufnahme
einer Erwerbstätigkeit nicht verpflichtet zu sein und beantragt,
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1. für die Zeit ab 1. Dezember 2001
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788,92 € monatlichen Unterhaltsbetrag
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an die Klägerin zu zahlen, die rückständigen
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Beträge sofort und die zukünftig fällig werdenden Beträge monatlich im
Voraus, spätestens bis zum
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5. Werktag eines jeden Monats,
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2. rückständigen Unterhalt in Höhe von 3155,69 €
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an die Klägerin zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er ist der Meinung, dass ihm die Unterhaltszahlung nicht zuzu-
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muten ist.
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Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
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Ein Trennungsunterhaltsanspruch der Klägerin gemäß § 1361 Abs. 1 BGB besteht nicht,
denn dem Beklagten ist die Zahlung von Unterhalt nicht zumutbar (§§ 1361 Abs. 3, 1579
Nr. 7 BGB).
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Der Klägerin ist der Trennungsunterhalt zu versagen, weil die
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Inanspruchnahme des Beklagten grob unbillig wäre.
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Dem Beklagten kann nicht zugemutet werden, für die Bedürftigkeit der Klägerin
unterhaltsrechtlich einzustehen, weil die Bedürftigkeit der Klägerin durch die von einem
anderen Mann herbeigeführte Schangerschaft verursacht wurde.
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Die Klägerin ist nach ihrem Vortrag, dem der Beklagte nicht substantiiert
entgegengetreten ist, aufgrund ihrer Schwangerschaft nicht in der Lage, einer
Erwerbstätigkeit nachzugehen oder eine Arbeitsstelle zu finden. Wenn die Klägerin
nicht schwanger wäre, könnte sie darauf verwiesen werden, ihren Unterhalt durch die
Aufnahme einer Erwerbstätigkeit sicherzustellen.
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Ob eine Erwerbsobliegenheit besteht, richtet sich gem. § 1361 Abs. 2 BGB nach den
Umständen des Einzelfalles. Vorliegend war die Ehe nur von kurzer Dauer und hat die
Klägerin in ihrem beruflichen Fortkommen in keinster Weise beeinträchtigt.
Grundsätzlich wäre die Klägerin deshalb verpflichtet, ihren Bedarf durch Einkünfte aus
eigener Arbeit zu decken. Erst durch die Schwangerschaft wird der Klägerin die Suche
nach einem Arbeitsplatz und die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zumindest erheblich
erschwert. Dies kann jedoch nicht dazu führen, dass der Beklagte auf Unterhalt in
Anspruch genommen werden kann.
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Der Umstand, dass die Schwangerschaft von einem anderen Mann herbeigeführt wurde,
rechtfertigt zwar allein nicht die Versagung des Unterhaltsanspruchs, weil die Klägerin
die ehewidrige Beziehung zu einem oder mehreren anderen Männern erst nach der
Trennung der Parteien aufgenommen hat. Ein hinreichend schweres Fehlverhalten
i.S.d. § 1361 Abs. 3 i.V.m. § 1579 Nr. 6 BGB kann deshalb nicht festgestellt werden.
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Die Gesamtumstände machen in ihrer Summe jedoch eine Unterhaltszahlung für den
Beklagten unzumutbar und führen zum Ausschluss des Unterhaltsanspruchs nach §
1579 Nr. 7 BGB.
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Die Kürze des ehelichen Zusammenlebens und das Verhalten der Klägerin nach der
Trennung zeigt, dass mit einer Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft
nicht zu rechnen ist.
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Wenn die Klägerin in dieser Situation – wie dargelegt - ihre Bedürftigkeit durch
ehewidriges Verhalten herbeiführt, fehlt einem Unterhaltanspruch gegen den Beklagten,
der letztlich Ausfluß der ehelichen Solidarität ist, die innere Rechtfertigung. Die
Verpflichtung zur finanziellen Unterstützung der von einem anderen Mann schwangeren
(noch) – Ehefrau wäre zudem geeignet, den Beklagten zu demütigen und ist deshalb im
Ergebnis als grob unbillig anzusehen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt
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aus §§ 709 Ziffer 13, 711 ZPO.
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Streitwert: 12 x 788,92 € + 3155,69 € = 12.622,73 €
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