Urteil des AG Wuppertal vom 22.02.2006

AG Wuppertal: gemeinschuldner, aktivmasse, gläubigerbenachteiligung, rückzahlung, rechtshängigkeit, auszahlung, pfändung, zustand, deckung, datum

Amtsgericht Wuppertal, 95 C 3/06
Datum:
22.02.2006
Gericht:
Amtsgericht Wuppertal
Spruchkörper:
Abteilung 95 des Amtsgerichts
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
95 C 3/06
Nachinstanz:
Landgericht Wuppertal, 9 S 162/06
Sachgebiet:
Bürgerliches Recht
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerseite kann die gegen sie gerichtete Vollstreckung
durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die
Beklagtenseite zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Sicherheit kann durch selbstschuldnerische Bürgschaft
einer deutschen Bank oder Sparkasse geleistet werden.
T a t b e s t a n d:
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Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des L-Heinz Thiemann, X. Auf
Eröffnungsantrag vom 09.11.2004 wurde die Insolvenz unter dem 23.06.2005 eröffnet.
Die Beklagte pfändete mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 24.08.2004
Beitragsforderungen in Höhe von 2086,27 € gegenüber der Verbandssparkasse X, bei
der der Gemeinschuldner ein Konto unterhielt. Die Verbandssparkasse X hatte dem
Gemeinschuldner für dieses Konto eine Kreditlinie von 10 000 DM eingeräumt. Das
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Konto war zu dem Zeitpunkt um 25 000 Euro überzogen. Der Gemeinschuldner war zu
diesem Zeitpunkt zahlungsunfähig.
Der Kläger ist der Auffassung, die seitens der Verbandsparkasse X vom Konto des
Gemeinschuldners bewirkte Zahlung sei gemäß §§ 129, 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO
anfechtbar, da eine Gläubigerbenachteiligung und eine inkongruente Deckung vorliege.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2086,27 € nebst
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Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten seit dem
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23.12.2005 sowie weitere Kapitalnutzungszinsen
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in Höhe von 221,25 € zu zahlen und
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weitere 221,25 € nebst Zinsen in Höhe von fünf
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Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte ist der Auffassung, eine Gläubigerbenachteiligung liege nicht vor, da der
Gemeinschuldner bei der Verbandskasse X nur eine Kreditlinie von 10 000 DM gehabt
habe. Im übrigen sei das Verfahren wegen Massearmut einzustellen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 313 Abs. 2
ZPO auf die vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die Klage ist nicht begründet.
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Die Beklagte ist zur Rückzahlung der innerhalb der gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO
bezeichneten Frist erfolgten Zahlung nicht verpflichtet.
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Gemäß § 129 InsO sind Rechtshandlungen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens
anfechtbar, wenn sie die Insolvenzgläubiger benachteiligen. Eine solche
Benachteiligung liegt vor, wenn durch die Maßnahme eine Verringerung der Aktiva oder
Vermehrung der Passiva eintritt. Insoweit liegt eine Benachteiligung auch in der
Zahlung von Schulden mittels Überweisung von einem debitorischen Konto, da dieses
die Insolvenzgläubiger benachteiligt (vgl. Braun, InsO, § 129, Rdnr. 31). Jedoch liegt
eine Gläubigerbenachteiligung nur dann vor, wenn eine Zahlung wirtschaftlich der
Aktivmasse des Gemeinschuldners zuzurechnen ist (vgl. LG Hamburg, ZIP 2001, 711).
Die erfolgte Zahlung durch die Verbandskasse X ist aber wirtschaftlich der Aktivmasse
des Gemeinschuldners nicht zuzurechnen, da insoweit eine Zurechnung nur erfolgen
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kann, als dem Gemeinschuldner ein Kreditrahmen zusteht, über den der Schuldner frei
verfügen kann.
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Ein Kreditrahmen war vorliegend aber nur gegeben, als dem Gemeinschuldner ein
Dispositionskredit in Höhe von 10 000 DM bewilligt war, der jedoch lange ausgeschöpft
war, da sich das Konto bereits mit 25 000 Euro im Soll befand. Mithin war die von der
Verbandskasse X vorgenommene Zahlung nicht als eine Zahlung aus der Aktivmasse
des Gemeinschuldners zu berücksichtigen, vgl. hierzu auch BGH, NJW 2202, 1574.
Auch im dortigen Fall hat der BGH eine Zahlung aus Darlehensmitteln nur aus dem
Grunde als Zahlung aus dem eigenen haftenden Vermögen des Gemeinschuldners
angenommen, da dem Schuldner insoweit ein Anspruch auf Auszahlung des
Darlehensbetrages noch zustand, welcher auch der Pfändung unterlag. So aber war es
in dem vorliegenden Fall hier - wie oben ausgeführt - gerade nicht.
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Streitwert: 2086,00 €.
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