Urteil des AG Wuppertal vom 13.03.2017

AG Wuppertal (kläger, verschmutzung, ehefrau, zpo, brenner, reinigung, heizung, umstand, vorverfahren, eigentum)

Amtsgericht Wuppertal, 39 C 352/79
Datum:
13.11.1979
Gericht:
Amtsgericht Wuppertal
Spruchkörper:
Abteilung 39 des Amtsgerichts
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
39 C 352/79
Sachgebiet:
Bürgerliches Recht
Tenor:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 33,36 DM (i.W.:
dreiunddreißig 36/100 Deutsche Mark nebst 4 % Zinsen seit dem 16.
Juni 1979 zu zahlen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d:
1
Der Beklagte ist Bezirksschornsteinfegermeister. Zu seinem Bezirk gehört das Haus X 2
in dem der Kläger wohnt. Am, 09.10.1979 benachrichtigte der Beklagte den
Hausmeister dieses Hauses von einer bevorstehenden Reinigung der Kamine. Am
Vormittag des 10. April 1979 lüftete die Ehefrau des Klägers das Schlafzimmer des
Klägers. Im Laufe des Vormittags reinigte der Beklagte den Schornstein des Hauses X
1.
2
Im Laufe des Vormittags stellte die Ehefrau des Klägers fest, dass die
Schlafzimmergardine durch Ruß verschmutzt worden war. Für die Reinigung der
Gardine wandte der Kläger 33,36 DM auf.
3
Unter Fristsetzung bis zum 15.06.1979 forderte der Kläger den Beklagten vergeblich auf,
ihm die Reinigungskosten zu erstatten.
4
Der Kläger behauptet, die Verschmutzung sei auf den bei der Kaminkehrung durch den
Beklagten angefallenen Ruß zurückzuführen.
5
Der Kläger beantragt,
6
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 33,36 DM nebst 4 % Zinsen seit
dem 16.06.1979 zu zahlen.
7
Der Beklagte beantragt,
8
die Klage abzuweisen.
9
Der Beklagte behauptet, beim Kehren des Kamins falle überhaupt kein Ruß an; der Ruß
komme von dem Brenner der Heizung des Hauses X 1: dieser sei bis zu seiner
Neueinstellung nicht richtig eingestellt gewesen.
10
Das Gericht hat darüber Beweis erhoben, ob die Verschmutzung der Gardine auf die
Kaminkehrung zurückzuführen ist durch Vernehmung der Ehefrau des Klägers und der
Frau H als Zeugen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das
Sitzungsprotokoll vom 13.11.1979 verwiesen.
11
Entscheidungsgründe:
12
Die Klage ist begründet.
13
Der Beklagte ist gemäß §§ 823 Abs. 1, 249 BGB verpflichtet, dem Kläger Schadenersatz
in der unstreitigen Höhe von 33,36 DM zu leisten.
14
Der Beklagte hat das Eigentum des Klägers verletzt. Die Verschmutzung der Gardine
stellt eine Eigentumsverletzung dar. Für eine Eigentumsverletzung ist entgegen der
Auffassung des Beklagten eine Substanzverletzung nicht unbedingt erforderlich. Die
Beeinträchtigung der Benutzung, die bei einer Verschmutzung der Gardine durch Ruß
eintritt, reicht bereits als Eigentumsverletzung im Sinne des § 823 BGB aus (Erman-
Drees, Kommentar zum BGB, 6. Aufl., Randnur. 21 zu § 823).
15
Die Verschmutzung der Gardine ist auf das Kehren des Kamins durch den Beklagten
zurückzuführen. Das Gericht stützt seine diesbezügliche Überzeugung auf die Aussage
der Zeugin H. Aus ihrer Bekundung ist zu entnehmen, dass die Schlafzimmergardine,
als sie das Schlafzimmerfenster öffnete, im sauberen Zustand sich befand und dass sie
deren Verschmutzung feststellte, nachdem der Beklagte das Haus X verlassen hatte.
16
Die Zeugin erscheint dem Gericht glaubwürdig. Auch wenn sie als Ehefrau des Klägers
ein zumindest mittelbares Interesse an einem dem Kläger günstigen Ausgang des
Rechtsstreits besitzt, so ist dieser Umstand in Anbetracht der Schwere, die der
Gesetzgeber an eine falsche auch uneidliche Aussage geknüpft hat, nicht ausreichend
für die Annahme, die Zeugin habe dem Gericht die Unwahrheit bekundet. Die von der
Zeugin gegebene Darstellung ist in sich geschlossen und widerspruchsfrei. Bezüglich
der von ihr bekundeten Beschmutzung der Gardine wird ihre Darstellung durch die
Zeugin H bestätigt.
17
Da sich unstreitig in der Nähe der Wohnung des Klägers keine Ruß erzeugenden
Einrichtungen bzw. Vorrichtungen befinden, sieht es das Gericht aufgrund des
Beweises des ersten Anscheins für erwiesen an, dass die Verschmutzung der Gardine
durch Ruß von dem Kehren des Kamins des Hauses X 1 herrührt.
18
Soweit der Beklagte unter Beweisantritt – Sachverständigengutachten – behauptet,
beim Kehren eines Kamines könne gar kein Ruß anfallen, ist er mit seinem Vorbringen
gemäß m§§ 296 Abs.- 1, 276 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Diese Behauptung mit einem
Beweisantritt ist verspätet. Der Beklagte hat sie nicht innerhalb der ihm im schriftlichen
Vorverfahren gesetzten Frist von 2 Wochen, gerechnet ab dem 23.08.1979, vorgetragen,
19
sondern erstmals im Termin vom 13.11.1979. Die Berücksichtigung dieses Vortrages
würde den Rechtsstreit verzögern. Würde das Gericht diesen Vortrag des Beklagten
noch zulassen, so müsste es hierüber Beweis durch Einholung eines
Sachverständigengutachtens erheben. Das Gericht hätte dann am 13.11.1979 keine
Entscheidung verkünden können. Hätte der Beklagte innerhalb der Zweiwochenfrist, die
ihm im schriftlichen Vorverfahren gesetzt worden war, unter Beweisantritt vorgetragen,
beim Kehren eines Kamines könne kein Ruß anfallen, dann hätte das Gericht bis zum
13.11.1979 ein schriftliches Gutachten eingeholt und hätte den Rechtsstreit dann am
13.11.1979 auch zu Ende führen können. Eine die Verzögerung ausreichend
entschuldigende Erklärung hat der Beklagte als Bezirksschornsteinfeger unabhängig
von noch einzuholenden Informationen seitens des Eigentümers des Hauses X 1
Kenntnis davon besitzt, ob beim Reinigen eines Kamines Ruß anfällt.
Soweit der Beklagte ferner vorträgt, die Verschmutzung der Schlafzimmergar-dine des
Klägers durch Ruß beruhe darauf, dass der Brenner der Heizung des Hauses X 1 nicht
richtig eingestellt gewesen sei, ist dies unerheblich. Unstreitig hat der Kläger bzw. seine
Ehefrau auch in dem Zeitraum vom April 1979 bis zur Neueinstellung der Brenner der
Heizungsanlage im Juli 1979 das Schlafzimmer gelüftet, ohne dass hierbei die
Schlafzimmergardinen verschmutzt worden sind. Wenn die diesbezügliche Vermutung
des Beklagten richtig wäre, so wären nach der Lebenserfahrung auch in dem Zeitraum
von April bis Juli 1979 erneut und zwar wiederholt Verschmutzungen von Gardinen
aufgetreten.
20
Die Eigentumsverletzung ist auch rechtswidrig. Zwar ist der Beklagte berechtigt, Kamine
zu reinigen, doch gibt ihm dieser Umstand nicht das Recht, hierbei das Eigentum
anderer zu verletzen.
21
Dem Beklagten ist auch ein Schuldvorwurf zu machen. Er hätte den Kamin so kehren
müssen, dass keine Gefahr bestand, dass Ruß aufgewirbelt wurde und in die
Wohnungen benachbarter Häuser eindrang. Wäre dies wegen Besonderheiten nicht zu
vermeiden gewesen, so hätte der Beklagte die Anwohner hiervon unterrichten müssen.
Einen diesbezüglichen Hinweis hat der Beklagte dem Kläger oder dessen Ehefrau
unstreitig nicht gegeben. Er durfte sich nicht darauf verlassen, dass der Hausmeister des
Hauses Nr. 2 die Mitbewohner auf die bevorstehende Reinigung hinweisen würde.
22
Ein Mitverschulden trifft den Kläger nicht. Er hat unstreitig nicht gewusst, dass der
Beklagte an diesem Tag kehren wollte und hat auch sonst nicht den Vorgang des
Kehrens bemerkt. Erst beim Verlassen des Hauses hat die Ehefrau des Klägers den
Beklagten gesehen. Zu diesem Zeitpunkt war die Verschmutzung aber bereits
eingetreten.
23
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1 Satz 1, 284 Abs. 1 BGB. Durch das
Schreiben vom 29. Mai ist der Beklagte mit Ablauf des 15. Juni 1979 in Verzug geraten.
24
Die Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 91 Abs. 1 ZPO,
bezüglich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
25