Urteil des AG Wuppertal vom 19.11.2008

AG Wuppertal: steuerberater, strafbarkeit, rechtsbeistand, berechtigung, öffentlich, amt, innenverhältnis, umwelt, strafrecht, geschäftsverkehr

Amtsgericht Wuppertal, 21 Ds-90 Js 1688/07-176/08
Datum:
19.11.2008
Gericht:
Amtsgericht Wuppertal
Spruchkörper:
Abteilung 21 des Amtsgerichts
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
21 Ds-90 Js 1688/07-176/08
Sachgebiet:
Strafrecht
Tenor:
Die Eröffnung des Hauptverfahrens wird aus Rechtsgründen abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen
des Angeschuldigten trägt die Staatskasse.
Gründe
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Das dem Angeschuldigten in der Anklage der Staatsanwaltschaft X vom 27.08.2008
zur Last gelegte Tatgeschehen erfüllt keinen Straftatbestand. Entgegen der dortigen
Sachverhaltsschilderung hat der Angeschuldigte sich nicht als "Steuerberater"
ausgegeben und unbefugt einen solchen Titel geführt.
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Soweit ihm vorgeworfen wird, im Geschäftsverkehr mit verschiedenen Mandanten unter
dem Briefkopf "Y Z, Steuerberater - Rechtsbeistand" ohne deren Einverständnis "i.A.
(S)" unterzeichnet zu haben, liegt hierin kein Titelmissbrauch i.S.d. § 132a Abs.1 Nr.2
StGB. Eine solche Tathandlung setzt das Führen der Bezeichnung "Steuerberater"
voraus also die sich gegenüber der Umwelt äußernde aktive Inanspruchnahme des
Titels für sich im sozialen Leben in einer Weise, durch die Interessen der Allgemeinheit
tangiert werden (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 54. Aufl., § 132a Rn. 21 m.w.N.). Der
Angeschuldigte selbst hat sich auf den Mandantenschreiben (Bl. 5-11 d.A.) jedoch nicht
als Steuerberater ausgegeben, sondern diese lediglich für die Anzeigenerstatterin, die
tatsächlich als Steuerberaterin tätig und zur Titelführung berechtigt ist, im Auftrag
unterzeichnet. In diesem Zusammenhang geht aus dem Briefkopf dieser Schreiben
hervor, dass er als Assessor jur. für die Erledigung der "Büroleitung in Sachen
Rechtsangelegenheiten" zuständig gewesen sein soll, während alleine die
Anzeigenerstatterin als "Steuerberater" ausgewiesen ist.
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Daran ändert auch das Ermittlungsergebnis der Staatsanwaltschaft nichts, wonach
aufgrund der Angaben der Anzeigenerstatterin feststehen soll, dass der Angeschuldigte
den Briefkopf "Y Z, Steuerberater - Rechtsbeistand" ohne deren Wissen und Kenntnis
in den Rechtsverkehr gebracht hat. Zwar mag der Angeschuldigte durch die
Formulierung "i.A." gegenüber den Mandanten den (falschen) Eindruck vermittelt
haben, von der Anzeigenerstatterin beauftragt zu worden sein, entsprechende
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Erklärungen in deren Namen abzugeben. Ein solches Verhalten begründet allerdings
nicht den Vorwurf, den Titel "Steuerberater" i.S.d. § 132a Abs.1 StGB unbefugt geführt
zu haben, nur weil die Adressaten und damit der Rechtsverkehr möglicherweise darauf
vertraut haben, Informationen von einem Steuerberater – der
Anzeigenerstatterin erhalten zu haben. Eine solche Auslegung ginge über den Wortlaut
und den Schutzzweck der genannten Strafvorschrift hinaus, da es nicht darauf
ankommt, ob der Angeschuldigte im Verhältnis zur Anzeigenerstatterin unbefugt
unterzeichnet hat. Entscheidend ist alleine, ob der Angeschuldigte mangels
Amtsübertragung durch die zuständige Behörde im Außenverhältnis keine Befugnis zur
Vornahme von Handlungen eines Steuerberaters hatte. Wie zuvor dargelegt, ist der
Angeschuldigte jedoch gerade nicht unter der Berufsbezeichnung "Steuerberater"
aufgetreten, sondern hat allenfalls im Innenverhältnis zur Anzeigenerstatterin deren
Briefkopf unbefugt verwendet.
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Tatbestandsmäßig ist ein Verhalten nur dann, wenn die Führung einer
Amtsbezeichnung unter Umständen erfolgt, die geeignet sind, einen falschen Eindruck
zu erwecken. Dies ergibt sich aus dem Merkmal "unbefugt", dem im Rahmen des § 132a
StGB die Funktion zukommt, den Tatbestand zu begrenzen, wobei als Kriterium der
Schutzzweck der Norm heranzuziehen ist, den Gebrauch bestimmter Titel und
Berufsbezeichnungen im Interesse der Allgemeinheit zu schützen (vgl. OLG Dresden,
Urteil vom 19.04.2000, 1 Ss 592/99, NJW 2000, 2519, 2520). Aus diesem Grund
beurteilt sich die Strafbarkeit eines Täters nicht danach, ob er entgegen den Interessen
der zur Titelführung befugten Person gehandelt hat und im Außenverhältnis für diese
aufgetreten ist. Denn ansonsten hinge die Strafbarkeit nicht alleine von der fehlenden
Amtsübertragung ab, sondern auch vom Willen des Titelträgers, dessen Interessen nicht
vom Schutzzweck des § 132a Abs.1 StGB erfasst sind (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 54.
Aufl., § 132a Rn. 2). Übertragen auf das Ermittlungsergebnis der Staatsanwaltschaft
würde dies anderenfalls bedeuten, dass die Strafbarkeit des Angeschuldigten davon
abhinge, ob und inwieweit die Anzeigenerstatterin als Steuerberaterin ihren Mitarbeitern
und damit auch dem Angeschuldigten erlaubt hat, für sie "im Auftrag" zu unterzeichnen.
Unbefugt handelt aber nur derjenige, der mangels Berechtigung nach den jeweils
einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften kein Recht zum Führen der
geschützten Bezeichnung hat (vgl. Hohmann in Münchener Kommentar zum StGB, 1.
Aufl., § 132a Rn.28). Der Tatbestand des Titelmissbrauchs gemäß § 132a Abs.1 StGB
hinge ansonsten auch davon ab, ob der Titelträger sein Amt auf dritte
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Personen übertragen hat, wozu er jedoch überhaupt nicht berechtigt ist.
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Die Kosten und Auslagenentscheidung beruht auf § 467 Abs.1 StPO.
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