Urteil des AG Wetzlar vom 02.12.2008
AG Wetzlar: vermieter, mietsache, wirtschaftliches interesse, verjährungsfrist, tapete, kostenmiete, öffentlich, hessen, mietwohnung, wasser
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Gericht:
AG Wetzlar
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
38 C 1882/07 (38),
38 C 1882/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 8 WoBindG, § 10 WoBindG, §
28 BVO 2, § 195 BGB, § 535
BGB
Wohnraummiete: Mieterhöhung einer öffentlich
geförderten Wohnung um die erhöhten
Instandhaltungskosten bei Unwirksamkeit der
Renovierungsklausel; Verjährung des als
Mängelbeseitigungsanspruch zu qualifizierenden
Renovierungsanspruchs
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110
% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte
zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin ist auf der Grundlage eines vom 1.08.1995 datierenden schriftlichen
Vertrages seit 13 Jahren Mieterin einer Wohnung der Beklagten in W . Zumindest
zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses war die Wohnung preisgebunden und wurde
mit Mitteln des Landes Hessen öffentlich gefördert (§ 3 d Mietvertrages). Unter
Ziffer 4 der zum Vertragsbestandteil gewordenen allgemeinen
Vertragsbestimmungen der Beklagten heißt es zu den Schönheitsreparaturen
wörtlich:
Auf den weiteren Inhalt des Vertrages (Bl. 4 -7 d. A.) wird Bezug genommen.
Unstreitig wurden in der Wohnung seit Vertragsbeginn weder von Kläger- noch von
Beklagtenseite Schönheitsreparaturen durchgeführt. Ebenfalls unstreitig besteht
inzwischen erheblicher Renovierungsbedarf. Wände und Decken sind dunkel
verfärbt, an den Türen sowie den Heizkörpern finden sich erhebliche Abnutzungs-
und Gebrauchsspuren. Durch einen Wasserschaden in einer oberhalb der
Mietsache gelegenen Wohnung trat Wasser in die Decken und Wände des Flurs
und der Küche ein und verursachte dort sichtbare Schäden.
Mit Datum 24.08.2007 übersandte die Beklagte an die Klägerin ein
mit "Mietneufestsetzung" betiteltes Schreiben, in dem es der Sache nach um eine
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mit "Mietneufestsetzung" betiteltes Schreiben, in dem es der Sache nach um eine
Mieterhöhungserklärung nach § 10 WoBindG geht. Unter ausdrücklicher Berufung
auf den Umstand, dass aufgrund der Unwirksamkeit der mietvertraglichen
Renovierungsklausel die Kosten der Schönheitsreparaturen nunmehr von der
Vermieterin zu tragen seien, erhöhte die Beklagte die Miete um 8,50 Euro/m²/Jahr,
d. h. um 46,88 Euro pro Monat. Auf den weiteren Inhalt des Schreibens (Bl. 8, 9 d.
A.) wird verwiesen.
Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Schäden in der Wohnung auf normalem
oder auf vertragswidrigem Mietgebrauch beruhen. Die Klägerin jedenfalls beziffert
die für die Renovierung erforderlichen Kosten einschließlich notwendiger
Vorarbeiten mit 2.839,77 Euro, ohne Berücksichtigung der Kosten der Renovierung
von Türzargen und Heizkörpern.
Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagte zu verpflichten, in der Mietwohnung im 1. OG rechts im
Anwesen ... in W. , bestehend aus 2 ½ Zimmern, 1 Küche, 1 Bad, 1 Diele sämtliche
Wände und Decken zu tapezieren und neu anzustreichen, die Türen, sowie die
Außentür von innen, sowie die Heizkörper einschl. der Heizrohre zu streichen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte keinen Anspruch auf erhöhte
Miete von 46,88 Euro monatlich, ab dem 1.10.2007 hat.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, dass die Wohnung nach wie vor der Mietpreisbindung im
Sinne des Wohnungsbindungsgesetzes unterliege. Daher sei die Beklagte
verpflichtet, nach den §§ 8 ff. WoBindG eine Kostenmiete zu erheben und müsse
wegen des Übergangs der Renovierungspflicht von der Mieterin auf die Beklagte
die Miete entsprechend anheben.
Ferner behauptet die Beklagte, dass die Klägerin die Mietsache in erheblichem
Maße beschädigt habe und zumindest ein Teil der vorhandenen Mängel nicht
durch einfache Nutzung zu erklären sei.
Ferner erhebt die Beklagte gegenüber dem Anspruch auf Durchführung von
Schönheitsreparaturen die Einrede der Verjährung sowie der Verwirkung. Sie trägt
dazu vor, dass Schönheitsreparaturen erstmals 5 Jahre nach Mietbeginn, d. h. im
Jahre 2000 fällig geworden wären, die Durchführung der Schönheitsreparaturen
von der Klägerin jedoch erstmals im Jahre 2007 verlangt worden sei.
Die Klägerin vertritt hierzu die Auffassung, dass die Verjährung sich nach § 548 II
BGB richte, die Verjährungsfrist also frühestens mit dem Ende der Vertragslaufzeit
beginne. Im Übrigen sei auch noch nach Ablauf von 5 Jahren eine
Verschlechterung des Zustandes der Mietsache erfolgt, so dass danach
unverjährte Ansprüche auf Durchführung der Schönheitsreparaturen neu
entstanden seien.
Zu dem weiteren Sachvortrag der Parteien wird auf den Inhalt ihrer jeweiligen
prozessualen Schriftsätze Bezug genommen.
Gemäß den Beschlüssen vom 5.3.2008 und 5.6.2008 wurde Beweis erhoben durch
richterlichen Augenschein sowie die Vernehmung der Zeugin I. . Zum Ergebnis der
Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf den Inhalt der Protokolle vom
21.4.2008 (Bl. 51-56 d. A.), vom 5.6.2008 (Bl. 62-65 d. A.) und vom 28.10.2008 (Bl.
103-105 d. A.).
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte weder den geltend gemachten
Renovierungsanspruch, noch ist der Feststellungsantrag sachlich gerechtfertigt.
:
Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Durchführung von
Schönheitsreparaturen in der von ihr angemieteten Wohnung ergibt sich dem
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Schönheitsreparaturen in der von ihr angemieteten Wohnung ergibt sich dem
Grunde nach aus § 535 I 2 BGB. Danach hat der Vermieter die Mietsache während
der Mietzeit in einen zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu
erhalten. Soweit die Parteien unter Nr. 4 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen
zum Mietvertrages vom 1.08.1995 vereinbart hatten, dass die Klägerin
Schönheitsreparaturen durchzuführen habe, ist diese Regelung unwirksam. Diese -
formularmäßig vorgesehene - Schönheitsreparaturklausel enthält einen starren
Fristenplan und entfaltet daher wegen einer unangemessenen Benachteiligung
des Mieters nach § 9 Abs. 1 AGBG bzw. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB im Verhältnis
zwischen den Parteien keine Wirksamkeit (vgl. BGH, NJW 2004, 2586 und NJW 2006,
1728 ff.; jeweils zitiert nach juris). Aus der Sicht eines verständigen Mieters macht
es insbesondere keinen Unterschied, ob der Fristenplan eine bestimmte Frist
ohne jeden Zusatz enthält oder ob die Verbindlichkeit der genannten Frist – wie
hier – durch das Wort "spätestens" verstärkt wird (BGH NJW 2006, a. a. O.). Dies
entspricht im Übrigen auch der einhelligen Rechtsauffassung beider Parteien.
Schönheitsreparaturen sind auch erforderlich. Wie die Beweisaufnahme durch
Augenschein am 21.4.2008 zur Überzeugung des Gerichts ergeben hat, befindet
sich die Wohnung sogar in einem stark renovierungsbedürftigen Zustand. Die
Tapeten des Flurs sind großflächig herabgerissen worden und auf den verbliebenen
Resten bis zu einer Höhe von ca. 1,60 m durchgängig bemalt. Im Bereich der
Decke des Flures und des Bades sind auf einer Fläche von mehreren
Quadratmetern Feuchtigkeitsspuren erkennbar. Im Bad ist das durch die Decke
eingedrungene Wasser auch die Wände heruntergelaufen und hat dort deutliche
Spuren hinterlassen. Das Kinderzimmer macht im Wesentlichen zwar einen
ordentlichen, wenn auch leicht verwohnten Eindruck. Allerdings hat der Sohn der
Klägerin in Vorbereitung des gerichtlichen Ortstermins vom 21.04.2008 unstreitig
die Tapeten mit Schmiererein verunstaltet, um die Vermieterin zur Anbringung
eines neuen Wandschmucks zu veranlassen. An der Türzarge des Kinderzimmers
ist der Lack zudem großflächig abgekratzt.
Die Tapete in der Küche ist auffällig vergilbt. Sie ist großflächig braun bis
dunkelbraun und auch hier großflächig abgerissen. Im Schlafzimmer der Klägerin
sind die Tapeten zu großem Teilen abgerissen und bis zu einer Höhe von 1,80 m
mit Malereien verunstaltet. Im Schlafzimmer befinden sich mehrere größere
Löcher von mehreren Zentimetern Durchmesser in der Wand. In dem –
verwohnten - Wohnzimmer befinden sich Malereien an den Tapeten.
Es ist allerdings davon auszugehen, dass es sich bei einem nicht unwesentlichen
Teil der Schäden im Flur und im Schlafzimmer der Wohnung, hier insbesondere bei
den Löchern, sowie bei den bemalten Tapeten im Kinderzimmer nicht mehr um
übliche Abnutzungserscheinungen im Rahmen einer ordnungsgemäßen Nutzung
der Mietsache handelt. Vielmehr geht es hier um eine nicht mehr durch normalen
Mietgebrauch hervorgerufene Substanzschädigungen, die grundsätzlich von dem
Verursacher, also der Mieterin, selber zu beseitigen sind.
Letztlich ist eine Differenzierung der Schäden nach der Art ihrer Verursachung
aber nicht erforderlich, da die Renovierungsansprüche der Klägerin - zumindest in
der Form, wie sie mit dem Klageantrag zu 1 geltend gemacht werden - verjährt
sind. Auch die Ansprüche des Mieters gegen den Vermieter auf
Gebrauchserhaltung der Mietsache können verjähren. Dies ergibt sich unmittelbar
aus § 194 BGB, wonach jeder Anspruch der Verjährung unterliegt, wenn gesetzlich
nicht ausnahmsweise die Unverjährbarkeit angeordnet ist.
Damit unterliegt auch der als Mängelbeseitigungsanspruch zu qualifizierende
Renovierungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte der dreijährigen
Regelverjährung des § 195 BGB. In diesem Zusammenhang ist zwar das Argument
der Klägerin von einigem Gewicht, dass der Mängelbeseitigungsanspruch im
laufenden Mietverhältnis ständig neu entsteht, die Beseitigung der in unverjährter
Zeit entstandenen Mängel also einer Verjährung insgesamt entgegenstehen
könnte.
Es ist aber auch zu berücksichtigen, dass die Pflicht des Vermieters zur
Gebrauchsgewährung und die Pflicht des Mieters zur Mietzahlung einander im
Synallagma gegenüberstehen. Die zeitliche Aufgliederung der
Gebrauchsgewährungspflicht folgt der ebenfalls – nach Monaten - aufgegliederten
Mietzahlungspflicht. Wenn aber die Gebrauchsgewährungspflicht des Vermieters in
einzelne Zeiträume aufgespalten werden kann, gilt das Gleiche für die aus der
Gebrauchsgewährungspflicht resultierenden Mängelbeseitigungsansprüche des
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Gebrauchsgewährungspflicht resultierenden Mängelbeseitigungsansprüche des
Mieters. Die konkreten Beseitigungsansprüche verjähren daher nach den §§ 195,
199 BGB in 3 Jahren (vgl. zum Ganzen
, in
NJW 2008, S. 1196 ff.; zit. n. beck-online).
Es entspricht auch dem Zweck der §§ 194 ff. BGB, Ansprüche auf
Gebrauchserhaltung als verjährbar zu qualifizieren. Denn die Verjährung dient zum
einen dem Schutz des Vermieters vor einer Inanspruchnahme aus unerwarteten
Forderungen, gegen die er sich wegen des Zeitablaufs und des daraus
resultierenden Beweismittelverlusts nicht mehr adäquat verteidigen kann. Zum
anderen soll die Verjährung Rechtsfrieden und –sicherheit herbeiführen (vgl.
, aaO). Im Übrigen führt die Perpetuierung von Mängeln gerade
im Mietwohnungsbereich zugleich zu deren Verfestigung und Verstärkung.
Wenn (a. a. O.) auch zwischen der Unverjährbarkeit des
Gebrauchserhaltungsanspruchs als Stammrecht und der Verjährbarkeit des
Anspruchs auf Beseitigung eines konkreten Mangels differenziert, steht dies
zumindest im vorliegenden Fall der Verjährung des Renovierungsanspruchs
gleichwohl nicht entgegen. Aus der Klagebegründung ergibt sich nämlich, dass die
Klägerin nicht lediglich die Renovierung der Wohnung wünscht, sondern die
Durchführung konkreter Renovierungsmaßnahmen (Tapezieren und Anstreichen).
Dabei stützt sie sich ausdrücklich auf den Umstand, dass an Wänden und Decken
sowie an den Türblättern und den Heizkörpern erhebliche Abnutzungs- und
Gebrauchsspuren aufgetreten sind, aus denen sich ein Renovierungsbedarf ergibt.
Sie beruft sich damit gerade nicht auf die Erfüllung des gesetzlichen
Gebrauchserhaltungsanspruchs, sondern auf ihren Anspruch gegen den Vermieter
auf die Beseitigung konkreter Mängel.
Im Übrigen wird demgegenüber in der Literatur aber auch die Auffassung
vertreten, dass der Anspruch des Mieters gegen den Vermieter auf Vornahme von
Schönheitsreparaturen unabhängig von der Existenz konkreter Mängel innerhalb
von 3 Kalenderjahren seit erstmaliger Verletzung der Leistungspflicht des
Vermieters und Kenntnis des Mieters davon verjährt (vgl.
in WuM 2008, 385 ff., zit. n.
juris). Danach wird der Anspruch bereits dann fällig, wenn aus der Sicht des
objektiven Betrachters Renovierungsbedarf besteht, d. h. ohne dass gravierende
Mängel vorliegen müssen.
Dabei kommt es lediglich auf die Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände
an, nicht auf die Frage, ob diese rechtlich zutreffend gewürdigt werden, § 199 Abs.
1 Zf. 2 BGB. Ob der Klägerin die Rechtsprechung des BGH zur Unwirksamkeit der
formularmäßigen Abwälzung der Pflicht zur Durchführung von
Schönheitsreparaturen auf den Mieter bekannt war, kann also dahinstehen (vgl.
, aaO).
Die Verjährungsfrist beginnt danach bereits mit dem Zeitpunkt, zu dem aus der
Sicht eines objektiven Betrachters Renovierungsbedarf eintritt. Auf eine weitere
fristauslösende Maßnahme des Mieters, wie z. B. die
Mängelbeseitigungsaufforderung an den Vermieter, kommt es nicht an.
Es erscheint im Übrigen aber auch nicht unbillig, die Renovierungspflicht des
Vermieters als der Regelverjährung unterworfen anzusehen. Es bleiben dem Mieter
nämlich bis zur Durchführung der Schönheitsreparaturen durch den Vermieter die
Rechte des § 536 BGB (vgl. , aaO).
Eine Entscheidung, ob der Auffassung Lehmann-Richters oder Feuerleins zum
Beginn der Verjährungsfrist gefolgt wird, ob der Fristablauf also erst bei Vorliegen
von Mängeln der Mietsache oder bereits bei objektiver Erkennbarkeit ihrer
Renovierungsbedürftigkeit beginnt, ist im vorliegenden Fall entbehrlich.
Denn nach beiden Auffassungen ist die Verjährungsfrist bereits abgelaufen. Erste
Mängel der Mietsache, die zugleich zu einem erkennbaren Renovierungsbedarf
geführt haben, sind spätestens um das Jahr 2000 aufgetreten. Zum einen folgt
dies daraus, dass die Klägerin ihrem eigenen Vortrag zufolge seit ihrem Einzug im
Jahre 1995 in der Mietwohnung keinerlei Schönheitsreparaturen durchgeführt hat
oder hat durchführen lassen. Sie hat die Wohnung jedoch intensiv genutzt. Die
Klägerin ist eine starke Raucherin mit einem sehr lebhaften Kind. Das Rauchen hat,
wie in der Küche festgestellt, zu einem starken Vergilben der Tapete geführt. Die
Tapete in der Küche hat sich an einigen Stellen dunkelbraun verfärbt.
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Zum anderen ist ein wesentlicher Teil der Wohnung bis zu einer Höhe von 1,60 m
bis 1,80 m mit kindlichen Malereien verunstaltet worden. Bis zu dieser Höhe ist die
Tapete auch großflächig abgerissen worden. Die Klägerin selber hat dazu
hinsichtlich ihres Schlafzimmers angegeben, dass ihr Sohn dort die Malereien
durchgeführt habe, als er noch jünger als 5 oder 6 Jahre gewesen sei. Jetzt sei er
14 Jahre alt und mache das nicht mehr. Rechnerisch ergibt sich daraus, dass
zumindest ein Teil der Schäden bereits vor gut 8 Jahren, also bereits vor dem Jahr
2000, eingetreten sein muss. Damit war für die Klägerin spätestens im Jahre 2000
der Renovierungsbedarf erkennbar gewesen ist.
Damit ist im Hinblick auf die 12.11.2007 erfolgte Klageeinreichung bei Gericht
zumindest davon auszugehen, dass sämtliche bis zum Ende des Jahres 2003
entstandenen Mängel sowie Renovierungspflichten der Beklagten verjährt sind.
Zwar ist der Klägerseite bei zu pflichten, wenn sie die Auffassung vertritt, dass
laufend eine weitere nutzungsabhängige Verschlechterung des Zustandes der
Mietsache eintritt und damit weitere Ansprüche auf Durchführung der
Schönheitsreparaturen neu entstehen können, die auch noch nicht verjährt sind.
Hinsichtlich der weiteren Schäden bzw. von der Beklagtenseite zu erfüllende
Renovierungspflichten besteht zwar ein Erfüllungsanspruch der Klägerin. Dem
Gericht ist es aufgrund des insoweit undifferenzierten Klageantrages zu 1) jedoch
verwehrt, hier eine Entscheidung zu ihren Gunsten zu treffen. Würde die Beklagte
zur Beseitigung sämtlicher erst nach Ablauf des Jahres 2003 entstandenen Mängel
zu verurteilen, hätte dieses Urteil keinen vollstreckbaren Inhalt. Es bedarf keiner
weiteren Ausführungen dazu, dass es rein tatsächlich nicht möglich ist, sämtliche
Wände und Decken einer Wohnung in einer Weise neu zu tapezieren, dass damit
lediglich die unverjährten Schäden bzw. Abnutzungserscheinungen beseitigt
würden. Dies ist jedoch - für das Gericht bindend - beantragt worden.
Allenfalls wäre hier eine anteilige Bezifferung der auf den unverjährten Zeitraum
entfallenden Renovierungskosten möglich gewesen. Auch eine grundsätzlich
denkbare Zug-um-Zug-Verurteilung der Beklagten kann vorliegend nicht erfolgen,
weil nicht abgrenzbar ist, welcher konkrete Teil der Renovierungsarbeiten auf die
Kläger- und welche auf die Beklagtenseite entfällt. Hierzu fehlt es bereits am
erforderlichen Sachvortrag der Klägerseite. Eines gerichtlichen Hinweises bedurfte
es zu dieser Frage nicht, da die Klägerin das Problem mit Schriftsatz vom
4.11.2008 selber angesprochen hat.
Auch mit dem zweiten Antrag hat die Frage keinen Erfolg. Zwar ist die
Feststellungsklage vorliegend nach § 256 ZPO zulässig, da die Klägerin ein
nachvollziehbares wirtschaftliches Interesse an der Feststellung hat, dass das
Mieterhöhungsverlangen der Beklagten vom 24.08.2007 unwirksam ist.
Der Antrag ist jedoch unbegründet. Die Beklagte ist infolge der Unwirksamkeit der
Schönheitsreparaturklausel des Mietvertrages der Parteien berechtigt, einen
Zuschlag zur ortsüblichen Vergleichsmiete zu erheben. Das Gericht folgt dabei der
Auffassung des OLG Frankfurt, dass der Umfang und die Durchführung von
Schönheitsreparaturen durch den Vermieter unter der Geltung der frühren
obergerichtlichen Rechtsprechung bei der Kalkulation des Mietpreises als
mieterhöhender Faktor nicht berücksichtigt wurden, weil die Beklagte durch den
entsprechende Klausel ja gerade von ihrer Erhaltungspflicht befreit wurde (vgl.
WuM 2008, 82 ff.; zit. n. juris). Damit ist der Vermieter berechtigt, die Miethöhe
dem Umstand anzupassen, dass er selber die Kosten der anfallenden
Gebrauchserhaltungsmaßnahmen zu tragen hat.
Dem steht entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht die Entscheidung des 8.
Zivilsenats des BGH vom 9.07.2008 (WuM 2008, 487 ff.; zit. n. juris) entgegen.
Danach soll dem Vermieter auf der Grundlage des § 558 BGB lediglich ermöglicht
werden, im Rahmen eines Vergleichsmietensystems eine angemessene und am
örtlichen Markt orientierte Miete zu erzielen. Allein die Marktverhältnisse bilden
danach den Maßstab für die Berechtigung einer Mieterhöhung.
Im vorliegenden Fall orientiert sich die Miete jedoch gerade nicht den Verhältnissen
des örtlichen Marktes. Aufgrund der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des
Gerichts vielmehr fest, dass die von der Klägerin gemietete Wohnung nach wie vor
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Gerichts vielmehr fest, dass die von der Klägerin gemietete Wohnung nach wie vor
der Mietpreisbindung nach dem WoBindG unterliegt. Die Zeugin I. hat bei ihrer
Vernehmung im Verhandlungstermin vom 28.10.2008 glaubhaft bekundet, dass
mit Bescheid vom 7.12.1982 die öffentliche Förderung der Wohnung durch das
Land Hessen bewilligt wurde. Dies ist zwischen den Parteien im Übrigen auch
unstreitig.
Darüber hinaus hat die Zeugin auf die bereits schriftlich vorgelegte Bestätigung
der L -Bank vom 27.06.2008 (Bl. 72 d. A.) Bezug genommen, aus der sich ergibt,
dass diese Bank der Beklagten zur Mitfinanzierung des Hauses, in dem sich die
Wohnung der Klägerin befindet, als öffentliche Förderung ein
Wohnungsbaudarlehen in Höhe von 791.479,83 Euro gewährt hat, das per
30.03.2008 noch mit 565.308,42 Euro valutiert hat. Nach den Berechnungen der
Zeugin ist die Rückzahlung des Darlehens bis zum Jahre 2015 erfolgt, so dass die
Preisbindung frühestens in diesem Jahr ausläuft.
Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussage, die in sich schlüssig und
nachvollziehbar war, bestehen ebenso wenig, wie an der Glaubwürdigkeit der
Zeugin selber. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass es sich bei der Zeugin um
eine Angestellte der Beklagten handelt, so dass sie zumindest ein mittelbares
Interesse an deren Obsiegen in dem vorliegenden Rechtsstreit haben dürfte. Die
Zeugin hat jedoch ohne erkennbare Tendenz zu Gunsten der Beklagten oder zu
Lasten der Klägerin ausgesagt und konnte sich im Übrigen auch auf objektive
äußere Umstände wie das erwähnte Schreiben der L berufen.
Da es sich um eine preisgebundene Wohnung handelt, ist die Beklagte nach den
§§ 8 ff. WoBindG gehalten, eine Kostenmiete zu erheben. Gem. § 28 der II.
Berechnungsverordnung gehören die Instandhaltungskosten im preisgebundenen
Wohnraum zu den laufend umzulegenden Aufwendungen der Beklagten. Wenn
nunmehr aufgrund der Unwirksamkeit der Renovierungsklausel des Mietvertrages
der Parteien die Instandhaltungskosten von der Beklagten zu tragen sind, dies von
ihr aufgrund einer zwischenzeitlich geänderten rechtlichen Wertung der Klausel
anfänglich aber nicht bei der Berechnung des Mietzinses berücksichtigt werden
konnte, dann ist die begehrte Mietererhöhung zulässig (so auch
, in juris-PR MietR 21/2008
Anmerkung 3; zit. n. juris).
Die Differenzierung zwischen dem Vermieter einer preisgebundenen Wohnung und
einem Vermieter am freien Wohnungsmarkt erscheint auch nicht unangemessen
(aA , aaO), da der Vermieter der preisgebundenen Wohnung gesetzlich
gehalten ist, eine Kostenmiete zu erheben und daher auch nicht in gleicher Weise
wie der private Vermieter von einer positiven Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt
profitieren würde.
Das Mieterhöhungsverlangen selber begegnet keinen inhaltlichen Bedenken. Es ist
als Mieterhöhungserklärung nach § 10 WoBindG bezeichnet worden und enthält die
erforderliche Wirtschaftlichkeitsberechnung. Inhaltlich ist die Erklärung von
Klägerseite im Übrigen auch nicht angegriffen worden.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch über die
vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 11 und 713 ZPO.
Der Streitwert wird festgesetzt auf 5.562,56 Euro, § 3 ZPO. Dabei wird der Wert des
Klageantrages zu 2 entsprechend den aufzuwendenden Renovierungskosten mit
der Klägerin auf 5.000,- Euro geschätzt. Der Wert des Feststellungsantrags beläuft
sich auf 562,56 Euro (begehrte Mieterhöhung der Beklagten x 12), ein
Feststellungsabschlag war nicht vorzunehmen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.