Urteil des AG Wetzlar vom 19.02.2009
AG Wetzlar: behörde, wohnraummiete, usg, exekutive, vermieter, erfüllung, öffentlich, verwaltungsverfahren, nebenpflicht, untersuchungsgrundsatz
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Gericht:
AG Wetzlar
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
38 C 1681/08 (38),
38 C 1681/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 241 BGB, § 242 BGB, § 535
BGB, § 1 USG, § 7a USG
Wohnraummiete: Pflicht des Vermieters zum Ausfüllen
eines Wohnbeschreibungsformulars zwecks Erlangung
einer Mietbeihilfe durch den Mieter
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Kläger haben unter keinem rechtlichen
Aspekt einen Anspruch auf die begehrte Ausfüllung des
Wohnbeschreibungsformulars der Unterhaltssicherungsbehörde.
Eine Pflicht der Beklagten als Vermieterin zur Mitwirkung bei der Ausfüllung von
sog. Wohnbeschreibungsformularen, Wohnungsbeschreibungen,
Vermieterbescheinigungen o.ä. besteht zumindest gegenüber dem Mieter nicht.
Ob sie eine öffentlich-rechtliche Pflicht gegenüber der
Unterhaltssicherungsbehörde trifft, sich über die Vertragsmodalitäten zu erklären,
kann dahinstehen. Selbst bei Bestehen einer solchen Pflicht im
Verwaltungsverfahren wäre hieraus nicht der Rückschluss zu ziehen, dass auch
innerhalb des Schuldverhältnisses zwischen Vermieter und Mieter eine
entsprechende Handlungspflicht begründet wäre. Öffentlich-rechtliche Pflichten
bestehen gegenüber der Exekutive, nicht gegenüber Dritten, die von der Erfüllung
dieser Pflicht allenfalls mittelbar profitieren.
Mitwirkungspflichten werden insbesondere auch nicht durch den Mietvertrag
begründet. Sie lassen sich auch nicht als vertragliche Nebenpflicht nach § 535 BGB
ansehen, denn im Rahmen eines Schuldverhältnisses ist es nicht Aufgabe des
einen Vertragspartners, die Leistungsfähigkeit des anderen Vertragspartners zu
gewährleisten und etwaige Ansprüche auf Gewährung von
Unterhaltssicherungsleistungen durchzusetzen. Eine solche dem öffentlichen
Recht zugewiesene Rechtsverfolgung kann nicht dem Kreis der Obliegenheiten im
Rahmen der mietvertraglichen Rechtsbeziehungen unterstellt werden. Insoweit
fehlt es an einer hinreichenden Konnexität der wechselseitigen Pflichten und
Interessen (vgl. LG Köln, WuM 1995, 104; zit. n. juris).
Auch aus den §§ 241 Abs. 2, 242 BGB ergibt sich ein solcher Anspruch nicht. Es
besteht nicht die Gefahr, dass die Behörde den Klägern Sozialleistungen versagt.
Allein die Weigerung eines Vermieters, bestimmte Erklärungen gegenüber einer
Behörde abzugeben, kann nicht bereits dazu führen, dass die Behörde sich
deshalb zur Untätigkeit veranlasst sehen dürfte. Die Behörde ist vielmehr an den
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deshalb zur Untätigkeit veranlasst sehen dürfte. Die Behörde ist vielmehr an den
Untersuchungsgrundsatz des § 24 VwVfG gebunden. Sie ermittelt den Sachverhalt
von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das
Vorbringen und an die Anträge der Beteiligten ist sie dabei nicht gebunden. Die
Behörde hat dabei alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten
günstigen Umstände zu berücksichtigen. Die Behörde darf die Entgegennahme
von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht
deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für
unzulässig oder unbegründet hält. Vor diesem Hintergrund ist bereits nicht
ersichtlich, dass eine Weigerung der Beklagten, das Formular auszufüllen,
zwingend negative Folgen für die Kläger nach sich ziehen würde (vgl. LG Köln, WuM
1997, 491; zit. n. juris).
Ob die Ausfüllung des Formulars für die Beklagte zumutbar wäre oder nicht, war an
dieser Stelle mangels Entscheidungsrelevanz nicht zu prüfen.
Aufgrund ihres Unterliegens waren den Klägern die Kosten des Rechtsstreits
aufzuerlegen, § 91 Abs. 1 ZPO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet seine Grundlage in den
§§ 708 Zf. 11, 711, 713 ZPO.
Die Berufung war nicht zuzulassen, da der Sache weder grundsätzliche Bedeutung
zukommt, noch eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des
Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung erforderlich ist, §
511 Abs. 4 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.