Urteil des AG Wetter vom 11.01.2007

AG Wetter: verwalter, gemeinschaftliches eigentum, miteigentümer, wohngebäude, verwaltung, garage, wetter, abstimmung, treppenhaus, ausnahme

Amtsgericht Wetter, 30 II 3/06 WEG
Datum:
11.01.2007
Gericht:
Amtsgericht Wetter
Spruchkörper:
Zivilabteilung
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
30 II 3/06 WEG
Schlagworte:
Steckengebliebener Bau, Beteiligung der Eigentümer an den
Herstellungskosten
Normen:
WEG § 16 Abs. 2, 22 Abs. 2
Leitsätze:
1. Die Wohnungseigentümer sind nach Maßgabe des in der
Teilungserklärung bzw. des in § 16 Abs. 2 WEG festgelegen Schlüssels
an den Fertigstellungskosten allein des gemeinschaftlichen Eigentums
zu beteiligen.
2. Eine Beteiligung der Miteigentümer an den Fertigstellungskosten mit
noch nicht an den Verkäufer gezahlten Kaufpreisresten kann nicht durch
Mehrheitsbeschluss bestimmt werden
Tenor:
1. Die Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom
15.12.2005 zu den Tagesordnungspunkten 2.4, 2.5, 3.2 und 3.8 werden
für ungültig erklärt, der Verwalter wird verpflichtet, es zu unterlassen,
wegen der Nichtzahlung der unter den genannten
Tagesordnungspunkten beschlossenen Umlage gegen die Antragsteller
zu 1. und 2. außergerichtlich oder gerichtlich vorzugehen; im Übrigen
wird der Antrag der Beteiligten zu 1. und 2. abgewiesen.
2. Die Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom
01.03.2006 zu den Tagesordnungspunkten 2.2.4/2.2.4, 2.2.5/2.2.6,
2.3.2/2.3.3, , 2.4/2.4.1 und 2.5/2.5.1 werden für ungültig erklärt.
Der Antrag der Beteiligten zu 3. bis 6. wird abgewiesen.
Die gerichtlichen Kosten werden der Eigentümergemeinschaft auferlegt;
außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Streitwert wird auf 75.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
1
A.
2
I.
3
Die Beteiligten sind die Miteigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft X in
####1 I.
4
Die Wohnanlage, nach der Planung bestehend aus einem Wohngebäude und mehreren
davon getrennt stehenden Garagen, wurde durch die teilende Eigentümerin, die Firma C
GmbH errichtet; über deren Vermögen ist noch vor Vollendung des
Gesamtbauvorhabens im Jahre 2006 das Insolvenzverfahren eröffnet worden.
5
Infolge der wirtschaftlichen Verhältnisse des Bauträgers ist bislang nur das
Wohngebäude im Wesentlichen erstellt worden und die Anlage der
Sondernutzungsflächen in Form von Stellplätzen nebst Carports sowie der Garagen
unterblieben.
6
Nach II. der Teilungserklärung vom 17.12.2003 (Bl. 20 bis 35 d. A.) sind den insgesamt
7 Wohnungen jeweils Sondernutzungsrechte an den im Einzelnen bezeichneten
Stellplätzen und teilweise das Sondereigentum an bestimmten Garagen zugeordnet,
jeweils verbunden mit dem Miteigentumsanteil und Sondereigentumsanteil an den
Wohnungen.
7
Gem. III. § 2 1. der Teilungserklärung sind die Sondernutzungsberechtigten befugt, die
entsprechenden Teile des gemeinschaftlichen Eigentums unter Ausschluss der übrigen
Wohnungseigentümer zu nutzen und ist den Sondernutzungsberechtigten von
Stellplätzen gestattet, falls diese auf den Stellplatzfläche Garagen oder Carports stellen
wollen, dies auf eigene Kosten im Rahmen der baubehördlichen Bestimmungen zu tun
(vgl. Bl. 24 d. A.).
8
Gem. III. § 4 2. hat der Wohnungseigentümer, dem Sondernutzungsrechte zustehen, die
diesem unterliegenden Grundstücksteile, Einrichtungen und Anlagen ebenso
Instandzuhalten und Instandzusetzen, wie wenn sie Sondereigentum wären (vgl. Bl. 26
d. A.).
9
Gem. III. § 8 4. tragen die an den Garagen Sondernutzungsberechtigten die Kosten der
Unterhaltung und Instandhaltung der Garagenanlagen zu gleichen Teilen und wird für
die Garagen eine eigene Instandhaltungsrücklage gebildet.
10
Auf Einladung des Verwalters fand am 15.12.2005 eine Eigentümerversammlung statt.
11
In dieser wurden durch einen Architekten Lehmann die noch auszuführenden Arbeiten
am Wohngebäude, namentlich im Treppenhausbereich und im Bereich der
Balkongeländer, am Grundstück sowie den Garagen dargelegt, deren Kosten auf ca.
90.000,-- EUR zuzüglich 4 % Architektenhonorar und zuzüglich Mehrwertsteuer
geschätzt wurden.
12
(Wegen der Versammlungsniederschrift wird auf Bl. 15 – 19 d. A. Bezug genommen.)
13
Unter TOP 2.4 wurde mehrheitlich (5 : 2) beschlossen, einen Betrag von 30.000,-- EUR
bis zum 31.12.2005 an den Verwalter zu zahlen, wobei dieser Betrag vorrangig für
Arbeiten im Haus verwendet werden sollte und die letzte Entscheidung über den
Einsatz der Bauausschuss treffen sollte. Die weiteren Mittel (ca. 64.000,-- EUR) sollten
in den ersten Monaten des Jahres 2006, 14 Tage nach Aufforderung durch den
Verwalter gezahlt werden und auch diese Beträge nach der Angabe des
Bauausschusses eingesetzt werden.
14
Unter TOP 2.5 wurde sodann mehrheitlich (6 : 1) beschlossen, den Verwalter zu
ermächtigen und zu beauftragen im Rahmen und für Rechnung der
Wohnungseigentümergemeinschaft Aufträge an Handwerker, Architekten und Behörden
im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft zu erteilen, wobei der Verwalter
keine Haftung für die ausgeführten Arbeiten übernehmen sollte und die Auswahl der
Handwerker durch den Bauausschuss getroffen werden sollte.
15
Unter TOP 3.2 wurde mehrheitlich (4 : 3) beschlossen, die anfallenden Kosten für alle
Arbeiten am Gemeinschaftseigentum, auch an den Garagen, Stellplätzen und Carports
für alle noch nicht fertiggestellten Gewerke nach dem Schlüssel der Miteigentumsanteile
auf die Wohnungseigentümer umzulegen.
16
Unter TOP 3.7 erfolgte eine Abstimmung nicht.
17
Unter TOP 3.8 wurde mehrheitlich beschlossen (4 : 3) den Verwalter zu ermächtigen
und zu beauftragen, nach einmaliger Mahnung gerichtlich gegen säumige Zahler
vorzugehen.
18
Gegen die vorgenannten Beschlussfassungen wenden sich die Beteiligten zu 1) und 2)
unter Berufung darauf, dass sich aus den Beschlüssen nicht mit der notwendigen
Bestimmtheit ergebe ob 30.000,-- EUR oder 94.000,-- EUR zu zahlen seien. Auch fehle
eine Entscheidung der Miteigentümer, den Bau fertig zu stellen.
19
Darüber hinaus sind sie der Auffassung, dass die Übertragung der
Entscheidungsbefugnis darüber, welche Arbeiten ausgeführt und welche Unternehmen
beauftragt werden sollten, einer ordnungsgemäßen Verwaltung widerspreche wie auch
die Beschlussfassung über die Erstellung der zum Sondereigentum gehörenden Garage
und der dem Sondernutzungsrecht unterliegenden Stellplätze.
20
Die Beteiligten zu 1) und 2) beantragen,
21
die Beschlüsse der Eigenversammlung vom 15.12.2005 zu den Tagesordnungspunkten
22
2.4, 2.5, 3.2, 3.7 und 3.8 für ungültig zu erklären und den Verwalter zu verpflichten, es zu
23
unterlassen, gegen sie gerichtlich oder außergerichtlich wegen der Nichtzahlung der
24
beschlossenen Sonderumlagen zu TOP 3.4 und 3.2 vorzugehen.
25
Die Beteiligten zu 8) bis 11) beantragen,
26
den Antrag zurückzuweisen.
27
Insoweit machen die Beteiligten zu 8) bis 11) geltend dass die angefochtenen
Beschlussfassungen einer ordnungsgemäßen Verwaltung entsprächen und auch dem
Willen der Mehrheit der Beteiligten.
28
II.
29
Auf weitere Einladung des Verwalters fand am 11.01.2006 eine weitere
Eigentümerversammlung statt.
30
(Wegen der Versammlungsniederschrift wird auf Bl. 53 bis 56 d. A. Bezug genommen.)
31
Unter TOP 3.6 wurde der Antrag gestellt, einen ersten Teil der Fertigstellungskosten auf
die Wohnungseigentümer umzulegen, die noch Zahlungen an den Bauträger offen
haben, wobei sich die Höhe der einzelnen Beträge aus der Differenz des notariellen
Kaufpreises und der an den Bauträger gezahlten Summen ergeben sollten und der
Geldbetrag, der diese erste Teilzahlung übersteige, im Verhältnis des
Kostenverteilungsschlüssels auf alle Wohnungseigentümer umgelegt werden sollte.
32
Der Verwalter wies die Wohnungseigentümer darauf hin, dass ein Beschluss im Sinne
des WEG in dieser Form nicht zustande kommen könne, sondern lediglich auf der Basis
einer freiwilligen Vereinbarung, die nur dann Bestand habe, wenn alle
Wohnungseigentümer dieser zustimmten, die Beteiligten zu 5) und 6) aber nicht
anwesend seien und der Bevollmächtigte einer Vereinbarung nicht zustimmen könne.
33
Gleichwohl baten die Wohnungseigentümer über folgenden Antrag abzustimmen:
34
"Aus der Kauf-Phase der Wohnungen sind noch unterschiedlich hohe Beträge offen,
35
die nicht mehr an den Bauträger gezahlt wurden. Diese Summen betragen bei ... .
36
Sollte ein Wohnungseigentümer die vereinbarte Summe nicht zahlen, behalten sich
37
alle Wohnungseigentümer vor, eine Neuverteilung der gesamten Summe nach
38
geltender Rechtsprechung zu fordern ... der die Summe von 71.795,70 EUR über-
39
steigende Betrag bis zu einer Obergrenze von insgesamt 90.000,-- EUR soll nach
40
Miteigentumsanteilen aufgeteilt werden ..."
41
Nachfolgend stimmten 5 Wohnungseigentümer für und 2 gegen den Antrag. Hinsichtlich
der weiteren Erklärungen der Beteiligten zu dem Antrag wird auf die
Versammlungsniederschrift unter 3.6.1 und 3.8 (Bl. 54/55 d. A.) Bezug genommen.
42
Gegen diese Beschlussfassung wenden sich die Beteiligten zu 3) bis 6) mit ihrem am
26.02.2006 bei Gericht eingegangenem Antrag vom 17.02.2006 unter Berufung darauf,
dass an den Wohnungen im Bereich des Sondereigentums Mängel vorhanden seien, so
dass die noch ausstehenden Geldbeträge keinen Ansatzpunkt für die Beteiligung an
den Fertigstellungskosten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie des
43
Sondereigentums sein könnten.
III.
44
Auf Einladung des Verwalters fand am 01.03.2006 eine erneute
Eigentümerversammlung statt.
45
(Wegen der Versammlungsniederschrift wird auf Bl. 79 – 83 d. A. Bezug genommen.)
46
Unter TOP 2.1.1 und 2.1.2 wurde einstimmig beschlossen, "die
Wohnungseigentumsanlage fachgerecht und mängelfrei vollständig fertig zu stellen".
47
Unter TOP 2.2 wurde mehrheitlich (5 : 3) beschlossen, dass zur Fertigstellung der
Wohnungseigentumsanlage zunächst die Kaufpreisbeträge verwandt werden sollten,
die an den Bauträger, die Fa. C, nach den mit ihr vereinbarten Ratenzahlungsplänen
noch nicht erbracht wurden, wobei etwaig mit der Fa. C vereinbarte Mehr- oder
Minderleistungen unberücksichtigt bleiben sollten.
48
Unter TOP 2.2.3/2.2.4 wurde mehrheitlich (4 : 3) beschlossen, dass, soweit die
Restkaufpreise zur Finanzierung der Fertigstellung nicht ausreichen, die fehlenden
Beträge von allen Wohnungseigentümern entsprechend ihren Miteigentumsanteilen
aufzubringen seien.
49
Unter 2.2.5/2.2.6 wurde ein Antrag dahingehend abgelehnt, die Fertigstellung der
Garagen in gleicher Weise wie das übrige Bauvorhaben zu finanzieren. Bei erneuter
Abstimmung jedoch mehrheitlich (5 : 2) angenommen.
50
Dem vorausgegangen war, dass unter TOP 2.3 eine Beschlussfassung dahingehend
mehrheitlich (6 : 1) zustande gekommen war, wonach im Einzelnen aufgeführte
Restkaufpreise "durch die beteiligten Wohnungseigentümer" an die
Eigentümergemeinschaft gezahlt werden sollten.
51
Unter TOP 2.3.2/2.3.3 wurde mehrheitlich (6 : 1) beschlossen, dass die unter 2.3
aufgeführten und beschlossenen Zahlungen bis spätestens zum 31.03.2006 auf das
hierfür eingerichtete Konto der Eigentümergemeinschaft zu erfolgen hätten und der
Verwalter ermächtigt wurde, ab 01.04.2006 eine Rechtsanwaltskanzlei mit der
klageweisen Geltendmachung zu beauftragen.
52
Unter TOP 2.4/2.4.1 wurde mehrheitlich (4 : 2) beschlossen, dass der Verwalter
bevollmächtigt wird, namens und in Vollmacht der Eigentümergemeinschaft einen
Bankkredit aufzunehmen, sollten einzelne Wohnungseigentümer ihrer
Zahlungsverpflichtung gemäß der Beschlussfassung zu 2.3 nicht nachkommen und
darüber hinaus die säumigen Wohnungseigentümer mit den Kreditzinsen zu belasten.
53
Unter TOP 2.5/2.5.1 wurde mehrheitlich (5 : 1) beschlossen, Arbeiten zur Fertigstellung
der Wohnungseigentumsanlage, die bereits in Auftrag gegeben wurden, zu
genehmigen.
54
Gegen die zuvor angeführten Beschlussfassungen wendet sich die Beteiligte zu 7) im
wesentlichen unter Berufung darauf, dass nicht bekannt sei, welche Eigentümer welche
Zahlungen geleistet hätten, so dass auch der Umfang der jeweiligen
55
Zahlungsverpflichtung ungeklärt sei. Ferner sei unklar, welche Aufträge der Verwalter
bisher erteilt hätte.
Die Beteiligte zu 7) beantragt,
56
die Beschlüsse der Eigentümersammlung vom 01.03.2006 zu den
Tagesordnungspunkten
57
2.3.3/4, 2.2.5/6, 2.3/2.3.1, 2.3.2/3, 2.4/2.4.1 und 2.5/2.5.1 für ungültig zu erklären.
58
Die Beteiligten zu 8) bis 11) beantragen,
59
den Antrag zurückzuweisen.
60
Die übrigen Beteiligten verteidigen die angefochtenen Beschlussfassungen unter
Berufung darauf, dass ihrer Ansicht nach die entsprechenden Beschlussfassungen nicht
zu beanstanden seien, insbesondere da auch die Garagen zu dem gemeinschaftlichen
Eigentum hinsichtlich ihrer konstitutiven Bestandteile gehörten.
61
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den
vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften
vom 11.04. und 23.05.2006 Bezug genommen.
62
B.
63
Die Anträge der Beteiligten zu 1) und 2) sowie der Beteiligten zu 7) sind im zuerkannten
Umfange begründet, der Antrag der Beteiligten zu 5) bis 8) ist hingegen unzulässig.
64
I.
65
Auf den fristgerecht gestellten Antrag der Beteiligten zu 1) und 2) waren die Beschlüsse
der Eigentümerversammlung vom 15.12.2005 zu den Tagesordnungspunkten 2.4, 2.5,
3.2 und 3.8 für ungültig zu erklären.
66
1.
67
Soweit – wie hier – ein Bauwerk nach Begründung des Wohnungseigentums und
Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft von dem Bauträger aufgrund
wirtschaftlicher Schwierigkeiten nicht vollendet worden ist, besteht in Literatur und
Rechtsprechung Einigkeit darüber, dass eine Pflicht zur Erstherstellung des Gebäudes
besteht (vgl. Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, § 22 Rn. 271 m.w.N. zu Literatur
und Rechtsprechung).
68
Dabei kann dahinstehen, ob sich dies auf eine Analogie zu § 22 Abs. 2 WEG gründet,
der die Aufbaupflicht bei Zerstörung eines Gebäudes regelt, oder aber sich aus dem
Inhalt des Wohnungseigentums und einer damit einhergehenden Herstellungspflicht
ergibt (so OLG Hamm Rechtspfleger 1978, 182), da jedenfalls über Wesentlichkeiten
auch insoweit Einvernehmen besteht.
69
Danach bezieht sich die Pflicht zur Erstherstellung nur auf das gemeinschaftliche
Eigentum und erfasst nicht das Sondereigentum, das jeder Wohnungseigentümer allein
70
verwaltet. Über die Fertigstellung des Miteigentums haben sodann die
Wohnungseigentümer gem. § 21 Abs. 3 WEG zu beschließen, wobei dieses so
aufzubauen ist, wie es im Aufteilungsplan vorgesehen ist.
Die Kosten der Erstherstellung des gemeinschaftlichen Eigentums haben die
Miteigentümer gem. § 16 Abs. 2 nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu
tragen, während die Kosten des Aufbaus des Sondereigentums von dem jeweiligen
Wohnungseigentümer selbst zu tragen sind (Bärmann, a.a.O., Rn. 182).
71
Hieraus ergibt sich, dass hier die Wohnungseigentümer befugt sind, über die
Fertigstellung des Wohngebäudes, das einen einheitlichen Baukörper darstellt, zu
beschließen, da sowohl die Balkongeländer als auch die Bereiche des Treppenhauses
gem. § 5 WEG zwingend zum gemeinschaftlichen Eigentum gehören.
72
Zweifelhaft ist hingegen, ob an den vom Wohngebäude getrennt
aufgestellten/aufzustellenden Garagen Sondereigentum oder aber gemeinschaftliches
Eigentum besteht.
73
Unzweifelhaft ist jedenfalls der umbaute Raum der Garagen Gegenstand des Sonder-
eigentums. Streitig ist aber, ob bei derartigen selbständigen Gebäuden Sondereigentum
auch an den konstitutiven Teilen möglich ist, d. h. an den Wänden und Decken (gegen
die Begründung von Sondereigentum BGH NJW 1968, 1230; a. A. Bärmann, WEG § 3
Rn. 23 m. w. N.).
74
Eine Entscheidung dieser Rechtsfrage kann vorliegend jedoch offen bleiben, da der
Streit der Parteien sich im Wesentlichen über die Kostentragung für die Ersterstellung
der Garagen und Stellplätze/Carports verhält.
75
Diese Kosten sind aber von den Sondernutzungsberechtigten der Stellplätze sowie den
Eigentümern der Garagen allein zu tragen.
76
a.
77
Dies ergibt sich bezüglich der Stellplätze bereits ohne weiteres aus der ausdrücklichen
Regelung in III. § 2 1. der Teilungserklärung, wonach dann, wenn
Sondernutzungsberechtigte von Stellplatzflächen auf diesen Garagen oder Carports
stellen wollen, ihnen dies auf
eigene
78
Aus dieser Formulierung ergibt sich der eindeutige Wille des teilenden Eigentümers,
dass die Errichtung der Garagen und Carports auf Sondernutzungsflächen keine
Angelegenheit der Eigentümergemeinschaft, sondern allein des jeweiligen
Sondernutzungsberechtigten ist.
79
Diese Regelung geht der gesetzlichen Regelung in § 16 Abs. 2 WEG gem. § 10 Abs. 1
S. 2 WEG vor.
80
b.
81
Auch für die Kosten der Errichtung der Garagen ergibt sich eine Sonderregelung
innerhalb der Teilungserklärung dahingehend, dass diese von den jeweiligen
Sondereigentümern zu tragen sind.
82
Gem. III § 8 4. sind die Kosten der Unterhaltung und Instandhaltung der
Garagenanlagen von den an den Garagensondernutzungsberechtigten zu gleichen
Teilen zu tragen und für diese eine (eigene) Instandhaltungsrücklage zu bilden.
83
Sondernutzungsberechtigte in diesem Sinne sind die Sondereigentümer der jeweiligen
Garagen, die in der Teilungserklärung unter II. angeführt sind.
84
Zwar handelt es sich bei diesen Garagen nicht um solche, die einem
Sondernutzungsberechtigten zugeordnet sind, sondern im technischen Sinne um
Sondereigentum, jedoch ergibt die Auslegung der Teilungserklärung, dass mit den
Garagen in III. I 8 Nr. 4 die im Sondereigentum stehenden Garagen gemeint sind.
85
So sind die Garagen, die aufgrund von Sondernutzungsrechten gem. III § 2 1. errichtet
worden sind, bereits in der genannten Bestimmung und hinsichtlich der Instandhaltung
und Instandsetzung in III § 4 Nr. 2 geregelt, nämlich dahingehend, dass diese Anlagen
von den jeweiligen Sondernutzungsberechtigten instand zu halten und instand zu
setzen sind, "so als wenn diese Sondereigentum wären". Damit besteht aber keine
Veranlassung/Grund, an anderer Stelle inhaltlich gleiche Regelungen hinsichtlich
dieser evtl. errichteten Garagen zu treffen.
86
Hinzukommt, dass III § 8 der Teilungserklärung allgemein die Kosten und Lasten der
Gemeinschaft regelt, mithin auch nur gemeinschaftliche Kosten erfasst, von denen
gerade aber die infolge von Sondernutzungsrechten errichteten Anlagen in den
vorangegangenen Bestimmungen ausgenommen worden sind.
87
Aus der Regelung in III § 8 4. ergibt sich mithin der Wille des teilenden Eigentümers,
dass die Eigentümergemeinschaft mit den wirtschaftlichen Risiken der Garagenanlagen
nicht befasst sein soll.
88
Dies gilt im Ergebnis auch für die Frage der Kosten ihrer Errichtung, da diese wie oben
dargetan, grundsätzlich den Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung gem. § 16
Abs.2 WEG folgen
89
Ferner ist zu berücksichtigen, dass der teilende Eigentümer wie auch der Erwerber
davon ausgegangen sind und ausgehen konnten, dass die Wohnungseigentumsanlage
durch den Bauträger/teilenden Eigentümer fertig gestellt würde, stellte sich für den
teilenden Eigentümer und die Erwerber als objektive Betrachter der Teilungserklärung
die Frage der Kosten der Errichtung der Garagen nicht.
90
Diese konnten vielmehr aufgrund der Formulierung in III § 8 Ziff. 4 der Teilungserklärung
davon ausgehen, mit der Garagenanlage und deren Kosten nur insoweit befasst zu sein,
als diese Gegenstand ihres Kaufvertrages war, nicht aber auch in den Fällen, in denen
eine Garage gar nicht erworben wurde, da hierfür von dem jeweiligen Erwerber der
Kaufpreis zu entrichten war.
91
Dem gemäß sind die Kosten für die Errichtung der Garagen von den jeweiligen
Sondereigentümern zu tragen, und zwar zu gleichen Teilen.
92
c.
93
Hinsichtlich der zwischen den Parteien des weiteren umstrittenen Frage der
Berücksichtigung gezahlter Kaufpreise bei der Heranziehung zu den Kosten der
Ersterstellung ist schon allgemein umstritten, ob von § 16 Abs. 2 WEG, der eine
Kostentragung nach Miteigentumsanteilen vorsieht, eine Ausnahme zu machen ist,
wenn von den Erwerbern der Eigentumswohnungen – wie hier – die Kaufpreise in
unterschiedlicher Höhe gezahlt worden sind (dafür OLG Karlsruhe NJW 1981, 466; OLG
Hamm NJW 1984, 2708; Bärmann WEG § 22 Rn. 282 m. w. N., a. A. OLG Frankfurt
WuM 1994, 36; Ott NZM 2003, 134/137 m. w. N.).
94
Insoweit teilt das erkennende Gericht die letztgenannte Auffassung.
95
Zwar würde eine Anrechnung nichterbrachter Kaufpreiszahlungen der jeweiligen
Erwerber/Miteigentümer an den Bauträger u.U. zu einer gewissen Kostengerechtigkeit
führen, indessen werden in dem Falle unterschiedliche Rechtsverhältnisse unzulässig
miteinander verbunden.
96
So hat das Ausstehen von Kaufpreiszahlungen seinen Grund jeweils in dem
Kaufvertrag der Erwerber mit dem Bauträger, der rechtlich losgelöst und gänzlich
unabhängig von dem Verhältnis der Miteigentümer untereinander nach Begründung der
Eigentümergemeinschaft ist.
97
Hinzu kommt, dass allein die Höhe der ausstehenden Kaufpreiszahlungen keinerlei
Anhaltspunkt dafür bietet, in welchem Umfange sich Miteigentümer hieraus an den
Kosten der Erstherstellung beteiligen müssten, da die einbehaltenen Beträge auf den
unterschiedlichsten Gründen beruhen können, so insbesondere auf Mängeln im
Sondereigentum, so dass die dafür angefallenen Kosten im Einzelfall zu
berücksichtigen wären, um überhaupt festzustellen, welche Zahlungen der einzelnen
Erwerber in das Bauvorhaben Eingang gefunden haben und welche noch
ausstehenden Zahlungen auf die Beseitigung von Mängel im Sondereigentum entfallen
(vergleiche dazu im Einzelnen Ott, NZM 2003 a. a. O.).
98
Zu berücksichtigen ist darüber hinaus, dass gem. III § 8 der Teilungserklärung die
Kosten und Lasten der Gemeinschaft von den Eigentümern im Verhältnis ihrer
Miteigentumsanteile mit Ausnahme bestimmter Kosten zu tragen sind, so dass eine
Beschlussfassung, mit der darüber hinausgehend Eigentümer zu Zahlungen mit
ausstehenden Restkaufpreisen herangezogen werden, von dieser Regelung der
Teilungsvereinbarung abgeweicht.
99
Die Änderung eines vereinbarten Kostenverteilungsschlüssels ist aber der Regelung
durch Mehrheitsbeschluss entzogen, da insoweit der Eigentümergemeinschaft die
Beschlusskompetenz fehlt (vgl. hierzu BGH NJW 2000, 3500 ff.) und zwar mit der Folge,
dass Beschlussfassungen hierzu nicht nur anfechtbar sondern nichtig sind (BGH a. a.
O.).
100
2.
101
Ausgehend von dieser Rechtsauffassung der Gerichts ergibt sich hinsichtlich der
angegriffenen Beschlüsse aus der Eigentümerversammlung vom 15.12.2005
Nachfolgendes:
102
TOP 3.2/3.2.1:
103
Die Kostenverteilung für die Arbeiten auch an den Garagen, Stellplätzen und Carports
nach dem Schlüssel der Miteigentumsanteile auf alle Wohnungseigentümer ist
unzulässig und der Beschluss daher für ungültig zu erklären.
104
TOP 2.4/2.4.1:
105
Die Erhebung von insgesamt 94.000,-- EUR zur Finanzierung der Baumaßnahmen
betrifft neben den Mängeln am gemeinschaftlichen Eigentum (Treppenhaus und
Balkone) ersichtlich auch die in der Folge angesprochenen Kosten für die Herstellung
der Garagen, Stellplätze und Carports. Da diese Kosten von sämtlichen Eigentümern zu
zahlen sein sollen, entspricht die Beschlussfassung nicht der Rechtslage, wie oben
dargestellt, und ist daher unzulässig, so dass auch dieser Beschluss für ungültig zu
erklären ist.
106
TOP 2.5/2.5.1:
107
Da die Beschlussfassung, den Verwalter zu ermächtigen im Namen und für Rechnung
der Wohnungseigentümergemeinschaft Aufträge an Handwerker, Architekten und
Behörden zu erteilen, ersichtlich auf die vorangegangene Entscheidung über die
Erhebung der Sonderumlage zugeht und von dieser auch im Bestand abhängig ist, da
ansonsten wirtschaftliche Mittel nicht zur Verfügung stehen, erstreckt sich der Mangel
der Beschlussfassung unter TOP 2.4/2.4.1 auch auf die Ermächtigung des Verwalters,
so dass mangels einer Grundlage hierfür die Beschlussfassung einer
ordnungsgemäßen Verwaltung nicht entspricht, so dass auch dieser Beschluss für
ungültig zu erklären ist.
108
TOP 3.8/3.8.1:
109
In gleicher Weise ist der Bestand der Beschlussfassung über die Ermächtigung des
Verwalters, gegen säumige Zahler gerichtlich vorzugehen im Bestand abhängig von der
Gültigkeit der Beschlussfassung zu TOP 2.4 und daher in dessen Folge ebenfalls für
ungültig zu erklären.
110
TOP 3.7/3.7.1:
111
Insoweit ist der Antrag der Antragsteller zurückzuweisen, da eine Beschlussfassung
nicht erfolgt ist.
112
Da mithin insgesamt eine Grundlage für den Verwalter, Ansprüche gegen die
Antragsteller geltend zu machen, im Hinblick auf die Ungültigkeit der oben angeführten
Beschlüsse nicht besteht, ist dieser verpflichtet, solche gegenüber diesen künftig nicht
geltend zu machen, da § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG gültige Beschlüsse voraussetzt.
113
II.
114
Der Antrag der Antragsteller hinsichtlich der Beschlussfassung der
Eigentümerversammlung vom 11.01.2006 zu TOP 3.6 ist unzulässig, da er nicht
innerhalb der Monatsfrist gem. § 23 Abs. 4 S. 2 BGB bei Gericht eingegangen ist,
nämlich erst am 20.02.2006.
115
Indessen führt die Bestandskraft des Beschlusses auch nicht dazu, dass dieser auf das
Rechtsverhältnis der Parteien Einfluss hätte, da es sich um einen
vereinbarungsersetzenden Mehrheitsbeschluss handelt, der nach den
Eingangsausführungen nicht nur anfechtbar sondern nichtig ist.
116
III.
117
Auf den fristgerecht gestellten Antrag der Beteiligten zu 7. bezüglich der
Beschlussfassungen der Eigentümerversammlung vom 01.03.2006 waren die
beanstandeten Beschlüsse für ungültig zu erklären.
118
Insoweit ergibt sich ausgehend von der unter B. I. 1. dargelegten Rechtsauffassung der
Gerichts Nachfolgendes:
119
TOP 2.2.3/2.2.4:
120
Die Beschlussfassung über die Finanzierung der durch die Restkaufpreise nicht
gedeckten Kostenbeiträge aller Wohnungseigentümer entsprechend den
Miteigentumsanteilen erfasst wie sich im Rückschluss aus der Beschlussfassung unter
2.1 (vollständige Fertigstellung der Wohnungseigentumsanlage) und der gesonderten
Abstimmung über die Kostenregelung für die Fertigstellung der 5 Garagen unter TOP
2.2.5/6 ergibt, auch die Arbeiten an den Carports, an denen aber die
Wohnungseigentümer in ihrer Gesamtheit nicht zu beteiligen sind, so dass die
Beschlussfassung rechtswidrig und daher für ungültig zu erklären ist.
121
Im übrigen ist Grundlage der Beschlussfassung, dass die Kaufpreisbeträge verwendet
werden sollen, die an den Bauträger noch nicht erbracht worden sind, wie dies unter
TOP 2.2.1/2 mehrheitlich beschlossen worden ist. Diese Beschlussfassung ist jedoch im
Hinblick darauf, dass es sich um einen vereinbarungsersetzenden Beschluss handelt (s.
o.) nichtig, so dass es bereits an der Basis für die weitergehende Beschlussfassung
unter TOP 2.2.3/4 fehlt.
122
TOP 2.2.5/6:
123
Da an der Fertigstellung der Garagen die übrigen Miteigentümer, die nicht Eigentümer
einer Garage sind, nicht zu beteiligen sind, ist der Beschluss rechtswidrig und daher für
ungültig zu erklären.
124
TOP 2.3.2/3 und 2.4/2.4.1:
125
Da die Beschlussfassungen auf die unter TOP 2.3/2.3.1 beschlossenen
Zahlungsverpflichtungen zurückgehen und deren Durchsetzung dienen, diese
Beschlussfassung, die lediglich mehrheitlich erfolgt ist, aber eine
vereinbarungsersetzende Beschlussfassung darstellt, die nichtig ist (s. o.) fehlt es an
einer ausreichenden Grundlage für die zur Ausführung gefassten Beschlüsse, so dass
diese für sich allein rechtswidrig und damit für ungültig zu erklären sind.
126
TOP 2.5/2.5.1:
127
Da die Beschlussfassung über die nachträgliche Genehmigung von Arbeiten zur
Fertigstellung der Wohnungseigentumsanlage nicht nur die Arbeiten am
128
gemeinschaftlichen Eigentum (Balkone und Treppenhaus) umfasst, sondern im Hinblick
auf die pauschale Abfassung des Beschlusses auch Arbeiten zur Fertigstellung der
Stellplätze, Carports und Garagen, an denen die Eigentümer in ihrer Gesamtheit nicht
zu beteiligen sind, verstößt auch diese Beschlussfassung gegen die Grundsätze einer
ordnungsgemäßen Verwaltung und ist entsprechend für ungültig zu erklären.
C.
129
Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG.
130
Da der Rechtsstreit der Klärung zahlreicher innerhalb der Eigentümergemeinschaft
strittiger Fragen dient, entspricht es billigem Ermessen, insgesamt die gerichtlichen
Kosten der Eigentümergemeinschaft aufzuerlegen. Entsprechend dem Grundgedanken
des § 47 S. 2 WEG hat das Gericht von der Erstattung außergerichtlicher Kosten
abgesehen.
131
D.
132
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 WEG, wonach der Geschäftswert nach
dem Interesse der Beteiligten festzusetzen ist, und zwar dann niedriger, wenn die
Kosten des Verfahrens zu dem Interesse eines Beteiligten nicht in einem
angemessenen Verhältnis stehen.
133
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das Gericht die Streitwerte wie folgt
geschätzt:
134
1. Antrag der Beteiligten zu 1) und 2) 30.000,-- EUR
135
2. Antrag der Beteiligten zu 3) bis 6) 15.000,-- EUR
136
3. Antrag der Beteiligten z u 7) 30.000,-- EUR.
137