Urteil des AG Wetter vom 09.01.2006

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Amtsgericht Wetter, 8 C 98/05
Datum:
09.01.2006
Gericht:
Amtsgericht Wetter
Spruchkörper:
Zivilabteilung
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
8 C 98/05
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von
120% des vom Beklagten nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages
abwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in
gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
1
Im September 2004 suchte der Kläger seinen Augenarzt, den Zeugen Dr. med. M Y, auf,
weil er nach einer Augenoperation eine neue Brille benötigte.
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Nach einer entsprechenden Untersuchung wurde ihm in der Praxis des Augenarztes
eine Brillen-/Gläser-Verordnung ausgehändigt, die vom Augenarzt nicht unterzeichnet
war. Wegen des Inhalts der Verordnung vom 06.09.2004 wird auf Blatt 36 der Akte
verwiesen.
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Unter Vorlage dieser Verordnung suchte der Kläger die Beklagte auf. Er wurde dort
durch die Zeugin X bedient. Nach Beratung beauftragte der Kläger die Beklagte mit der
Erstellung einer Gleitsichtbrille.
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Nach Erhalt der Brille bemerkte der Kläger, dass die bei der Fertigung
zugrundegelegten Werte der Verordnung vom 06.09.2004 falsch bzw. unvollständig
waren.
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Der Inhaber der Beklagten lehnte ein Nachbesserungs-bzw. Nachlieferungsbegehren
des Klägers ab.
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Der Kläger verlangt Rückzahlung des für die Erstellung der Brille gezahlten Werklohns
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und beantragt,
die Beklagte zur Zahlung von 747,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von
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5% Punkten über dem Basiszins seit dem 05.12.2004 zu
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verurteilen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie ist der Auffassung, sie habe die Werte der Verordnung nicht erneut überprüfen
dürfen.
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Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den Inhalt der von den Parteien
gewechselten Schriftsätze sowie die Sitzungsniederschriften vom 14.11.2005 und
09.01.2006 Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist unbegründet.
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Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rückzahlung des für die Brillenfertigung gezahlten
Werklohns, weil die von der Beklagten gefertigte Gleitsichtbrille nicht mangelhaft
gewesen ist (§§ 631, 634 BGB).
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Die Beklagte hat die Brille unstreitig nach den in der Verordnung des Zeugen Dr. Y vom
06.09.2004 benannten Werten gefertigt. Dass diese Verordnung mangelhaft war, da sie
nicht, wie die weitere Verordnung des Zeugen Dr. Y vom 12.10.2004, Prisma-Werte
benannte, kann der Beklagten nicht angelastet werden, die Beklagte durfte sich
vielmehr darauf verlassen, dass die Verordnung vom 06.09.2004 korrekte Werte enthielt.
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Zwar darf ein Augenoptiker die Sehschärfe eines Kunden bestimmen, weil diese
Tätigkeit keine Ausübung der Heilkunde im Sinne des Heilpraktikergesetzes darstellt
(vergleiche BGH NJW 1972, 1132 f). Es ist dem Optiker jedoch als wettbewerblich
unzulässig untersagt, dem Kunden ohne dessen Aufforderung eine Nachprüfung der
vom Augenarzt ermittelten Werte anzubieten (vergl. OLG P, NJW - RR, 1996, 365 f).
Zwar wäre es der Beklagten bzw. der Zeugin X erlaubt gewesen, einer entsprechenden
Aufforderung des Klägers, die Werte zu überprüfen, nachzukommen, der Kläger hat
seinen Sachvortrag jedoch in seiner informatorischen Anhörung im Termin vom
09.01.2006 dahingehend berichtigt, dass er der Zeugin gegenüber nicht gesagt habe,
dass die Werte nach der Verordnung noch einmal überprüft werden sollten. Danach hat
der Kläger auch nicht davon gesprochen, dass es sich bei dem Verordnungsblatt um
eine bloße Empfehlung oder einen bloßen "Zettel" des Augenarztes gehandelt hat.
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Die Beklagte war auch nicht gehalten, die Werte der Verordnung zu überprüfen bzw. mit
dem Zeugen Dr. Y Y zu nehmen, weil die Verordnung nicht unterzeichnet gewesen ist.
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Nach der Verordnung über die Verschreibungspflicht von Medizinprodukten
(MPVerschrV) muß eine Verschreibung zwar die eigenhändige Unterschrift der
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ärztlichen Person enthalten (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 MPVerschrV), dies gilt jedoch
ausschließlich für Arzneimittel und darüber hinaus für Medizinprodukte, die in der
Anlage zur Verordnung aufgeführt sind (§ 1 Abs. 1 MPVerschrV).
Eine Brille ist weder ein Arzneimittel im Sinne der Verordnung noch ist sie in der Anlage
zu § 1 Abs. 1 Nr. 1 MPVerschrV aufgeführt, so dass die eigenhändige Unterschrift des
Arztes für eine wirksame Verschreibung nicht notwendig ist.
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Dem Zeugen Dr. Y ist insoweit vorzuwerfen, dass er auch für noch zu überprüfende
"Empfehlungen" in seiner Praxis den Vordruck für eine Gläserverordnung verwandt hat
oder hat verwenden lassen und so den Eindruck erweckt hat, es handele sich um eine
tatsächliche Verordnung. Falls dem Kläger eine solche "Verordnung" nach einer
entsprechenden Augenmessung ohne weiteren Kommentar hinsichtlich der
Notwendigkeit einer Überprüfung (soll dann der Optiker im übrigen besser messen
können als der Arzt?) ausgehändigt worden ist, ist dem Zeugen nach Auffassung des
Gerichts das alleinige Verschulden an der Fertigung einer Brille mit falschen Werten
anzulasten.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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