Urteil des AG Warendorf vom 28.09.2006

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Amtsgericht Warendorf, 44 Cs-81 Js 2325/05-(283/06)
Datum:
28.09.2006
Gericht:
Amtsgericht Warendorf
Spruchkörper:
44. Abteilung für Strafsachen
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
44 Cs-81 Js 2325/05-(283/06)
Tenor:
Die Angeklagte wird freigesprochen.
Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der
Angeklagten fallen der Landeskasse zur Last.
Gründe:
1
(Abgekürzt gem. § 267 Abs. 4 StPO)
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Der Angeklagte ist in dem Strafbefehl, der auf Antrag der Staatsanwaltschaft N vom
Amtsgericht X am 11.07.2006 erlassen wurde, vorgeworfen worden in der Zeit vom
07.04.2004 bis zum 13.12.2004 in C und Z1 durch drei selbstständige Handlungen
bewirkt zu haben, dass Erklärungen, Verhandlungen oder Tatsachen, welche für Rechte
oder Rechtsverhältnisse von erheblicher Bedeutsamkeit sind, in öffentlichen Urkunden,
Büchern, Dateien oder Registern als abgegeben oder geschehen beurkundet oder
gespeichert werden, während sie überhaupt nicht oder in anderer Weise oder von einer
Person in einer ihr nicht zustehenden Eigenschaft oder von einer anderen Person
abgegeben oder geschehen sind.
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Der Angeklagten wurde zur Last gelegt, am 25.04.2004 als Asylbewerberin in die
Bundesrepublik Deutschland eingereist zu sein. Fortan habe sie in allen
verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten falsche Personalien angegeben, nämlich "T.
C., geb. am 10.01.1979",:
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1. Am 07.04.2004 habe sie in C eine Bescheinigung über die Meldung als
Asylsuchende mit falschem Namen unterzeichnet und unter zugrundeliegenden oben
genannten falschen Personalien.
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2. Am 08.04.2004 habe sie eine Niederschrift zu einem Asylantrag in C in der
vorbezeichneten Art und Weise unterzeichnet. Und am 08.04.2004 sei ihr daraufhin eine
Aufenthaltsgestattung zur Durchführung eines Asylverfahrens unter falschen
Personalien ausgestellt worden.
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3. Unter dem 13.12.2004 habe sie eine Urkunde zur Anerkennung der Vaterschaft mit
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Zustimmung der Mutter der Stadt Z1 und unter Verwendung ihrer falschen Personalien
unterzeichnet.
Dieser Vorwurf hat sich nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung nicht bestätigt.
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Hinsichtlich der beiden ersten Tatvorwürfe lässt sich festhalten, dass die Angabe
falscher Personalien im Rahmen des Asylverfahrens nicht den Tatbestand der
mittelbaren Falschbeurkundung erfüllt. Eine mittelbare Falschbeurkundung liegt nämlich
nur dann vor, wenn es sich bei den Falschangaben gerade um solche Tatsachen
handelt, die von der besonderen Beweiswirkung der Urkunde umfasst werden. Im
Asylverfahren ist es aber gerade nicht so, dass die Personalien in der
Aufenthaltsgestaltung diesen besonderen Beweiswert haben. Es wird lediglich
beurkundet, dass eine Person, die die angegebenen Personalien vorgibt zu haben,
einen Asylantrag gestellt hat. Insoweit liegt aber dann keine mittelbare
Falschbeurkundung vor. Im übrigen ist zu berücksichtigen, dass Asylsuchende nach
den Regeln der Genfer Flüchtlingskonvention einen besonderen Schutz genießen, der
sicherstellen soll, dass ihrer besonderen Situation ausreichend Rechnung getragen
wird. Dies führt unter anderem auch dazu, dass eine Strafbarkeit nach dem
Aufenthaltsgesetz in einem Fall wie dem vorliegenden nicht gegeben ist.
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Hinsichtlich des dritten Vorwurfs lässt sich feststellen, dass bei der Aufnahme dieser
Urkunde kein Dolmetscher zugegen war, so dass bereits Zweifel daran entstehen
können, ob der Angeklagten die dort gemachten Angaben überhaupt vorgeworfen
werden können. Schließlich ist aber auch deshalb keine Strafbarkeit nach § 271 StGB
gegeben, da die Angabe der Personalien der Mutter auch nicht unter die besondere
Beweiskraft der Urkunde zur Anerkennung der Vaterschaft fallen.
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Damit lässt sich feststellen, dass die gegen die Angeklagte erhobenen Vorwürfe nicht
zutreffend sind. Die Angeklagte ist aus rechtlichen Gründen mit der Kostenfolge des §
467 StPO freizusprechen.
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