Urteil des AG Tiergarten vom 02.04.2017

AG Tiergarten: anklageschrift, mittäter, körperverletzung, marke, polizei, bus, nötigung, bargeld, herausgabe, bahnhof

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Gericht:
LG Berlin 24. Große
Strafkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
(524) 47 Js 1256/06
KLs (27/07), 524 -
27/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 1 JGG, § 3 JGG, § 22 StGB, § 23
StGB, § 25 Abs 2 StGB
Jugendstrafe: Dauer der Jugendstrafe bei einem jugendlichen
Intensivtäter
Leitsatz
Jugendstrafe von mehr als 5 Jahren bei jugendlichen Intensivtätern
Tenor
Der Angeklagte wird
- wegen schweren Raubes in drei Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit
versuchter Nötigung,
- wegen schwerer räuberischer Erpressung,
- wegen Raubes in zehn Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit versuchter
Nötigung, in zwei Fällen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, in einem Fall in
Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und versuchter Nötigung und in einem Fall
in Tateinheit mit Nötigung,
- wegen versuchten Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung,
- wegen räuberischer Erpressung in fünf Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit
mit gefährlicher Körperverletzung, in zwei Fällen in Tateinheit mit versuchter Nötigung,
- wegen räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung,
- wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung und
- wegen Diebstahls
unter Einbeziehung des Urteils des Jugendschöffengerichts Tiergarten vom 7. Dezember
2006 – (430) 47 Js 546/06 (46/06) – und der dort verhängten Strafe zu einer einheitlichen
Jugendstrafe von
6 Jahren und 6 Monaten
verurteilt.
Es wird davon abgesehen, dem Angeklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Gründe
I.
I. H. wurde am 4. Januar 1992 im Libanon geboren. Noch in diesem Jahr flüchtete die
Mutter gemeinsam mit ihm und weiteren zwei Geschwistern in die Bundesrepublik
Deutschland, während der Vater erst zu einem späteren Zeitpunkt folgte, weil er zur
damaligen Zeit inhaftiert war. Die Familie verfügt seit 1993 über den Status der Duldung.
I. ist der Drittgeborene in einer elfköpfigen Geschwisterreihe, von denen alle zwischen
1988 und 2006 geboren sind. Die Familie bewohnt eine Fünfzimmerwohnung und lebt
von staatlichen Leistungen.
Der Angeklagte wurde mit sechs Jahren altersgemäß eingeschult. Bereits im
Grundschulalter fiel er durch dissoziales Verhalten auf, was Anfang 2004 zu einer
zwangsweisen Versetzung durch den zuständigen Schulrat an ein sonderpädagogischen
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zwangsweisen Versetzung durch den zuständigen Schulrat an ein sonderpädagogischen
Förderzentrum, die Schule „An der Windmühle“, führte.
Auch dort bedrohte, erpresste und bestahl I. H. Mitschüler. Infolge der insgesamt
äußerst negativen familiären Situation wurde 2004 vom Jugendamt Neukölln eine
Familienhilfe eingerichtet, die jedoch zunächst 2005 aufgrund der mangelnden
Kooperationsbereitschaft der Familie wieder beendet werden musste. Die Probleme in
der Familie sind die fehlende Erziehungskompetenz und die nicht vorhandene
Integrationsbereitschaft der Eltern, verbunden mit ungenügenden Sprachkenntnissen
und Sorglosigkeit gegenüber Schulen, Behörden, Wohnungsverwaltungen und anderen
staatlichen Institutionen. Die Familie schottet sich zuhause ab. Sozialkontakte nach
außen sind so gut wie nicht vorhanden.
Der Vater von I. ist freundlich und künstlerisch begabt, fühlt sich in Deutschland jedoch
aufgrund der Sprachdefizite und des Duldungsstatus, der ihm die Aufnahme einer Arbeit
untersagt, unterdrückt und ist gegenüber der ihm fremden Kultur misstrauisch. Die
Mutter richtet ihr Hauptaugenmerk auf die Bewältigung des Haushaltes und der
Alltagsprobleme der Großfamilie, wobei sie aber offenbar überfordert ist. Denn bei I. und
zum Teil auch bei seinen Geschwistern wurden mangelhafte schulische Leistungen,
fehlende Sozialraumorientierung und äußerliche Verwahrlosungstendenzen festgestellt.
Im November 2005 wechselte der Angeklagte dann auf Wunsch der Eltern auf die K.-
Oberschule. Dort bestand er das Probehalbjahr nicht, verblieb jedoch zunächst auf
dieser Schule, ehe er den Schulbesuch gänzlich einstellte.
Schon im strafunmündigen Alter trat der Angeklagte seit 1999 durch zahlreiche Delikte
wie mehrfachen Diebstahls, Sachbeschädigung, Leistungserschleichung etc.
strafrechtlich in Erscheinung. Seit 2002 kamen so genannte Rohheitsdelikte von der
gefährlichen Körperverletzung, der räuberischen Erpressung über schweren Raub bis hin
zu sexuellen Nötigungen vor. Ausweislich der Einschätzung der seinerzeit ermittelnden
Polizeibeamten beging der Angeklagte die Straftaten damals vor dem Hintergrund des
Wissens um fehlende Sanktionsmöglichkeiten durch die Justiz. Schon zu dieser Zeit war
seine persönliche Entwicklung als extrem gefährdet eingestuft worden.
Prägend für seine bisherige Sozialisation ist der eher archaisch anmutende
Lebensentwurf seiner Eltern und die Erfahrungen, die der Angeklagte auf der "Straße"
gemacht hat. Seine Anerkennung erwarb er nicht über schulische Leistungen und breite
Sozialkontakte, sondern über martialisches Männlichkeitsgebahren innerhalb
Gleichgesinnter. Seine Straftaten dienten für den Angeklagten dazu, sein
Selbstwertgefühl über das Rollenverhalten in der Gruppe zu erwerben. Er wollte er Macht
demonstrieren.
Der Angeklagte wurde am 22. Mai 2006 vorläufig festgenommen und befand sich seit
dem 23. Mai 2006 für das Verfahren 47 Js 546/06 in der JSA Berlin. In der Zeit vom 2.
November 2006 bis zum 5. April 2007 bestand aufgrund des Haftbefehls des
Amtsgerichts Tiergarten vom 2. November 2006 (350 Gs 3142/06) Überhaft. Nach der
Aufhebung dieses Haftbefehls vom 5. April 2007 verbüßt der Angeklagte seit dem 6.
April 2007 Strafhaft, die das in diesem Verfahren einbezogene Urteil betrifft.
Auch sein Verhalten während der Haftzeit gab Veranlassung zur Kritik. Vom 24. Mai 2006
bis zum 17. Juni 2007 befand er sich im Untersuchungshaftbereich K.grund. Er hatte
zunächst enorme Schwierigkeiten, sich den dortigen Gegebenheiten und Normen
anzupassen und wurde mehrfach auffällig. So warf er am 10. Juni 2006 brennende
Gegenstände aus seinem Haftraumfenster und setzte dieses Verhalten trotz
Verriegelung fort, indem er das vorab verriegelte Fenster zerschlagen und sich
offensichtlich selbst verletzt hatte. Trotz der folgenden Unterbringung in einem
besonders gesicherten Haftraum kam es am 14. Juni 2006 und am 2. Juli 2006 zu
körperlichen Auseinandersetzungen mit jeweils anderen Mitinhaftierten. In der Folgezeit
schloss er sich zunächst wesentlich älteren Mitgefangenen an, fasste dann aber auch
allmählich Vertrauen zu den Bediensteten des allgemeinen Vollzugsdienstes und
korrigierte sein Verhalten in positiver Weise. Es gelang ihm, sich innerhalb der
Wohngruppe gut zu integrieren. Dabei pflegte er lediglich zu einer ausgesuchten Gruppe
von Mitgefangenen, meist ebenfalls aus dem arabischen Kulturkreis stammend,
freundschaftliche Beziehungen. Während der Sommerferien 2006 nahm er an einem
Schulkurs und an einem sozialen Trainingskurs teil. Im November 2006 konnte ihm eine
durchaus nennenswerte positive Entwicklung im Haus K.grund bescheinigt werden. Dort
wurde jedoch festgestellt, dass er weiterhin engmaschiger Strukturen, Grenzsetzungen
und sofortiger Rückmeldungen auf sein positives wie auch negatives Verhalten bedürfe.
Diese gute Entwicklung wurde jedoch unterbrochen, als es am 14. November 2006
während des Schulunterrichts zu einer heftigen körperlichen Auseinandersetzung
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während des Schulunterrichts zu einer heftigen körperlichen Auseinandersetzung
zwischen dem Angeklagten und einem weiteren Mitinhaftierten im Klassenzimmer kam.
Auslöser soll der gegenseitige Austausch verbaler Beleidigungen in arabischer Sprache
gewesen sein. Es musste durch den zuständigen Lehrer Hausalarm ausgelöst werden,
um die Kontrahenten zu trennen.
Seit dem 18. Juni 2007 befindet sich der Angeklagte im Haus II der Wohngruppe 2 der
Jugendstrafanstalt B.. Auch dort hatte der Angeklagte massive Eingewöhnungsprobleme.
Es kam zu mehreren dienstlichen Meldungen und zur Verhängung von
Disziplinarmaßnahmen, da sich der Angeklagte nicht unterordnete. Daher konnte er erst
am 2. August 2007 eine Tätigkeit in der dortigen Berufsfindungswerkstatt beginnen. Zwei
Abmahnungen und eine starke körperliche Auseinandersetzung innerhalb der Werkstatt
führten schon am 29. August 2007 zur Ablösung vom Arbeitsplatz, gefolgt von
Disziplinarmaßnahmen. I. H. zeigte sich weiterhin sehr unkooperativ und verweigerte
strikt, sich den Gegebenheiten und Normen der Jugendstrafanstalt anzupassen; seinen
Haftraum hielt er nicht sauber und hielt auch nur unzureichend Ordnung darin. Darüber
hinaus hatte er keinerlei Bezug zu Werten und Gegenständen, die ihm leihweise
überlassen wurden. Insgesamt verursachte er im Untersuchungshaftbereich K.grund
eine Schadenssumme von 259,85 €, die sich in der Jugendstrafanstalt P. auf 433,30 €
summierte. Der Angeklagte sucht seine Leit- und Vorbilder bei Insassen, die sich
ebenfalls – wie er – in der Subkultur zurecht finden und einen sozial verwahrlosten
Eindruck hinterlassen. Er lässt sich oft negativ beeinflussen und will von seinem
Kulturkreis gelobt und gefeiert werden.
Der Angeklagte ist bislang einmal bestraft worden, und zwar vom Amtsgericht Tiergarten
– Jugendschöffengericht – (430) 47 Js 546/06 (46/06) am 7. Dezember 2006,
rechtskräftig seit dem 21. März 2007. Der Tenor lautet wie folgt:
In dem hier einbezogenen Urteil heißt es wie folgt:
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II.
Spätestens im Januar 2006 war der Angeklagte Anführer der Jugendbande „N.-K.-Boys“
(NKB). Er beschloss in dieser Zeit, sich durch Raub- und Erpressungstaten Geld für
seinen Lebensunterhalt zu beschaffen. Die Taten beging er dabei teilweise allein,
teilweise mit wechselnden Mittätern – bevorzugt in öffentlichen Verkehrsmitteln und
deren Nahbereich. Als Opfer wählten er und seine jeweiligen Mittäter regelmäßig Kinder
und andere Jugendliche aus, die sie teilweise mit Messern, Teleskopschlagstöcken sowie
verbal massiv bedrohten. Teilweise fragte er seine Opfer auch nach ihrer Herkunft und
verhielt sich insbesondere gegenüber türkischstämmigen Jugendlichen abwertend.
Erbeutet wurden regelmäßig Handys, die unmittelbar nach den Taten veräußert wurden,
wobei der Verkaufserlös in den Fällen der gemeinschaftlichen Tatbegehung
untereinander aufgeteilt wurde. Neben Handys waren auch MP3-Player und Bargeld
begehrte Beute. Um seine Macht gegenüber den Opfern zu demonstrieren, gab er
diesen häufig die SIM-Karten zurück, wobei er sie den zuvor Überfallenen vor die Füße
warf. In Einzelfällen händigte er ihnen auch abgezähltes Kleingeld aus, damit sie mit
öffentlichen Verkehrsmitteln nach Hause fahren konnten. In vielen Fällen drohte der
Angeklagte die Überfallenen, sie abzustechen, sie zusammenzuschlagen oder sie zu
töten, falls sie die Tat anzeigen würden.
Im Einzelnen beging der Angeklagte die folgenden Taten:
1. (Fall 1 der Anklageschrift)
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Am 14. März 2006 gegen 14.45 Uhr sprach der Angeklagte, der sich in Begleitung des
gesondert verfolgten Y. A. und eines unbekannten Mittäters befand, vor dem Eingang
des U-Bahnhofes P. Allee in ... B. K.G. und E.S. an, wobei er sinngemäß äußerte: „Zeigt
mal her, was ihr in den Taschen habt!“. Nachdem sich sodann K.G. erfolgreich gegen
eine Durchsuchung gewehrt hatte, veranlasste der Angeklagte E.S. unter wiederholter
Androhung von Schlägen, ihn zu einer abgelegenen Hausecke zu begleiten. Dort
durchsuchte er E.S. und nahm dessen Geldbörse an sich, der er Bargeld in Höhe in Höhe
von 5,-- Euro entnahm und dieses einsteckte. Den ebenfalls in der Kleidung des Opfers
aufgefundenen MP 3-Player händigte der Angeklagte ihm wieder aus, da er nicht
funktionierte. Anschließend beschimpfte der Angeklagte E.S. und dessen Begleiter mit
den Worten „Scheiß Türken!“ und „Scheiß Kanaken!“.
2. (Fall 2 der Anklageschrift)
Nur wenige Minuten später trat der Angeklagte auf der Treppe zum Bahnsteig des U-
Bahnhofes P. Allee K.G. in Verletzungsabsicht gegen dessen Rucksack. Der Tritt erfolgte
von überraschend hinten, so dass der Zeuge nur durch Mühe einen Sturz verhindern
konnte, bei dem er vier Stufen heruntergefallen wäre. Auf dem Bahnsteig griff er ihn
sodann erneut an, indem er ihm einen dicken Ast gegen das Bein schlug, wodurch der
Ast zerbrach. K.G. wurde hierdurch jedoch nicht verletzt. Anschließend warf der
Angeklagte, der inzwischen in die U Bahn eingestiegen war, das verbleibende Stück des
Astes in Verletzungsabsicht mit voller Wucht auf den noch auf dem Bahnsteig
befindlichen M. K., traf diesen jedoch nur seitlich am Körper, ohne ihn zu verletzen.
3. (Fall 3 der Anklageschrift)
Am 17. März 2006 gegen 10.15 Uhr begaben sich der Angeklagte und der gesondert
verfolgte A. auf der gemeinsamen Suche nach geeigneten Opfern zum Schulhof der E.-
L.-Oberschule, M.straße ... in ... B.. Dort sprach der Angeklagte den H.M. an und forderte
diesen unter Androhung von Schlägen zur Herausgabe des von ihm in der Hand
gehaltenen Handys auf. Obwohl der Zeuge sein Handy „Sony Ericsson K750i“
krampfhaft festhielt, gelang es dem Angeklagten, ihm dieses zu entreißen. Als H.M. die
Rückgabe des Handys forderte, drohte der Angeklagte ihm wiederholt den Einsatz eines
Messers an. Währenddessen stand der gesondert verfolgte A. einsatzbereit unmittelbar
neben dem Angeklagten und sicherte das Geschehen nach außen ab.
4. (Fall 6 der Anklageschrift)
Am 24. März 2006 gegen 08.40 Uhr begaben sich der Angeklagte, der gesondert
verfolgte A. und ein weiterer unbekannter Mittäter auf ihrer gezielten Suche nach
geeigneten Opfern zum Gelände der K. ...schule in ... B.. Dort sprachen sie die hinter
dem Schulhofzaun stehenden P.H. und P.J. an und forderten diese in aggressiver Weise
auf, zu ihnen zu kommen. Aus Angst vor dem ihnen als gewaltbereit bekannten
Angeklagten kamen beide der Aufforderung nach und kletterten nacheinander über den
Zaun, woraufhin der Angeklagte und seine Begleiter die beiden gemeinsam
durchsuchten und dabei P.J. Kleingeld in Höhe von etwa 50 Cent und P.H. ein schwarzes
Butterflymesser wegnahmen.
Anschließend äußerte der Angeklagte gegenüber P. H.: „Da du neu auf der Schule bist
und heute nichts dabei hast, musst du jeden Freitag 50,-- Euro Schutzgeld zahlen“ und
drohte ihm zugleich an, ihn „abzustechen“, sollte er sich an die Polizei wenden. Als sich
P.H. wieder in Richtung Schule bewegte, rief ihm der Angeklagte sodann nach: „Ich
steche dir in den Arsch!“. Dennoch stellte P.H. später Strafanzeige bei der Polizei. Zu
einer Übergabe des verlangten Geldes kam es nicht.
5. (Fall 7 der Anklageschrift)
Ebenfalls am 24. März 2006, gegen 13.00 Uhr, traten der Angeklagte und der gesondert
verfolgte A. in der S.straße in ... B. entsprechend ihrem gemeinsamen Tatentschluss an
K. Ü. heran und veranlassten diesen, sie in einen schlecht einsehbaren Hausflur zu
begleiten. Dort verlangte der Angeklagte mehrfach die Herausgabe des Handys des K.
Ü. Als dieser sein Handy „Nokia 6230“ hervorholte, sich jedoch weigerte, es den beiden
Tätern zu übergeben, hielt ihm der Angeklagte ein Butterflymesser ca. 10 cm vor den
Bauch und nahm ihm gleichzeitig das Handy aus der Hand. Aus Angst vor dem Messer
wehrte sich K. Ü. hiergegen nicht.
Bevor sich der Angeklagte und der gesondert verfolgte A. sodann mit dem Handy vom
Ort entfernten, drohte der Angeklagte K. Ü. an, er werde „schon sehen, was passiert“,
wenn er jemandem von dem Geschehen erzähle. Dennoch wandte sich K. Ü. an die
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wenn er jemandem von dem Geschehen erzähle. Dennoch wandte sich K. Ü. an die
Polizei.
6. (Fall 8 der Anklageschrift)
Am 27. März 2006 gegen 17.00 Uhr sprachen der Angeklagte und der gesondert
verfolgte A. aufgrund ihres gemeinsamen Tatentschlusses in der S.allee in ... B. J.S.und
M.P. an und forderten diese auf, sie zu begleiten. Alsdann zogen und schoben sie die
Beiden in einen nahe gelegenen Hausflur. Dort hielt der Angeklagte, der der Wortführer
war, ihnen ein Klappmesser vor, äußerte sinngemäß: „Ich kann euch ganz leicht mal in
den Bauch stechen!“ und forderte die Herausgabe von Handys und Bargeld. Daraufhin
durchsuchten die Täter die beiden Jugendlichen, wobei sie J.S. ein Handy „Samsung SGH
D 600“ und Bargeld in Höhe von 40,-- Euro und M.P. ein Handy „Nokia 6230“ sowie
Bargeld in Höhe von 10,-- Euro wegnahmen. Danach gab der Angeklagte den beiden
Opfern abgezähltes Fahrgeld für die Rückfahrt.
Schließlich warnte der Angeklagte die Geschädigten wiederholt, die Polizei zu rufen, da er
sie andernfalls „besuchen“ würde.
7. (Fall 10 der Anklageschrift)
Am 12. April 2006 gegen 15.00 Uhr begaben sich der Angeklagte, der gesondert
verfolgte A. und ein unbekannter Mittäter in einem Bus der Linie M29 in Richtung B.-K.
zwischen den Haltestellen S.allee und G. Bahnhof zu M. F. und J.K. und forderten von
diesen absprachegemäß die Herausgabe ihrer Handys. Aus Angst vor der zahlenmäßig
überlegenen Tätergruppe und deren aggressivem Auftreten gab M. F. sein Handy „Sony
Ericsson K700i“ heraus. Dem J. K., der der Forderung zunächst nicht nachkam, versetzte
der Angeklagte sodann im Einvernehmen mit dem gesondert verfolgten A. einen
schmerzhaften Schlag mit dem Ellbogen in die rechte Rippengegend und mit der flachen
Hand gegen den Nacken. Unter dem Eindruck der Tätlichkeiten händigte dann auch J.K.
den Tätern sein Handy „Motorola L6“ aus, welches einen Wert von ca. 100 Euro hatte.
8. (Fall 11 der Anklageschrift)
Einen Tag später, am 13. April 2006 gegen 13.40 Uhr, lief N. B. die P.straße in B.
entlang, als der gesondert verfolgte A. ihm unvermittelt von hinten auf den Rücken
sprang und ihn sodann gemeinsam mit dem Angeklagten in einen Hauseingang zerrte.
Dort holte der Angeklagte einen Teleskopschlagstock hervor, fuchtelte mit diesem vor
dem Gesicht des N. B. herum und forderte die Herausgabe von Wertsachen, während
der gesondert verfolgte A. N. B. von hinten an den Armen festhielt. Sodann zog der
Angeklagte dem jugendlichen Opfer dessen Lederjacke „Cordon“ im Wert von etwa 200
Euro aus und verlangte auch noch dessen silberfarbene Halskette, die einen Wert von
etwa 60 Euro hatte. Unter dem Eindruck der Drohungen zog N. B. die Kette aus und
übergab sie dem Angeklagten. Anschließend entfernten sich der Angeklagte und sein
Begleiter mit der Kette und der Jacke, in der sich das Handy „Sony Ericsson W55i“ im
Wert von gut 300 Euro des N. B. und Bargeld in Höhe von 5,-- Euro befanden.
9. (Fall 12 der Anklageschrift)
Am 17. April 2006 gegen 17.00 Uhr hielten sich der Angeklagte und der gesondert
verfolgte E. auf der Suche nach einem geeigneten Opfer in B.-K. auf, als sie an der
Bushaltestelle G. Straße/S. Straße in ... B. U. Ö. entdeckten. Absprachegemäß fragte der
Angeklagte U. Ö. nach einem Handy und tastete sogleich dessen Kleidung ab. Als das
Opfer daraufhin aus Angst sein Handy „Nokia 6230“ mit einem Wert von etwa 200 Euro
hervorholte, nahm ihm der Angeklagte dieses aus der Hand.
Anschließend stiegen beide Täter gemeinsam mit dem Zeugen in den Bus der Linie M29
in Richtung N., wo der Zeuge das Handy zwischenzeitlich zur Annahme eines Anrufs
zurückerhielt. Kurz darauf versetzte der Angeklagte dem Zeugen absprachegemäß eine
schmerzhafte so genannte „Kopfnuss“, wodurch U. Ö. eine Beule davon trug, und riss
ihm das Handy erneut aus der Hand, um es für sich und seinen Begleiter zu verwenden.
Während des gesamten Geschehens hielt sich der gesondert verfolgte E. einsatzbereit
unmittelbar neben dem Angeklagten auf und verstärkte hierdurch die Drohkulisse für U.
Ö.
10. (Fall 13 der Anklageschrift)
Am 19. April 2006 gegen 17.50 Uhr verließ A.A. eine Bäckerei auf Höhe der M.straße ...
in ... B., als ihn der Angeklagte und der gesondert verfolgte E. unter einem Vorwand
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in ... B., als ihn der Angeklagte und der gesondert verfolgte E. unter einem Vorwand
ansprachen und festhielten. Sodann forderten beide Täter A.A. auf, sie zu begleiten. Da
dieser sich zunächst weigerte, zeigte der Angeklagte ihm einen von ihm im Hosenbund
mitgeführten Teleskopschlagstock sowie ein Messer. Aus Angst vor dem Einsatz dieser
Waffen folgte A.A. nunmehr dem Angeklagten und seinem Begleiter. Etwa 20 Meter von
der Bäckerei entfernt veranlassten die Täter ihn, ihnen sein damals ca. drei Monate altes
Handy „Nokia 6230i“ mit einem Neuwert von 399 Euro und Kleingeld in Höhe von 2,30
Euro zu übergeben, woraufhin sie sich mit der Beute entfernten.
Als A.A. ihnen folgen wollte, versetzte ihm der Angeklagte im Einvernehmen mit dem
gesondert verfolgten E. einen heftigen und schmerzhaften Schlag mit der flachen Hand
ins Gesicht und wies ihn an, sich zu „verpissen“. Die SIM-Karte gab ihm der Angeklagte
zurück. Zudem durfte A.A. etwas Geld behalten.
11. (Fall 14 der Anklageschrift)
Am 23. April 2006 umringten der Angeklagte, die gesondert verfolgten E. und A. sowie
ein unbekannter Mittäter an der Bushaltestelle am S-Bahnhof N., S.straße in ... B., M.Z.,
woraufhin der Angeklagte ihn unter Androhung von Schlägen aufforderte, sein Bargeld
herauszugeben. Aus Angst vor der zahlenmäßig überlegenen Tätergruppe übergab M.Z.
dem Angeklagten daraufhin sein Bargeld in Höhe von 9,20 Euro, wovon dieser 5,-- Euro
einsteckte und ihm das übrige Geld zurückgab.
Anschließend verließen die Täter zunächst den Tatort und stiegen in den ankommenden
Bus in Richtung S.allee ein, den sie jedoch unmittelbar danach wieder verließen, um zu
M.Z. zurückzukehren, von dem sie nunmehr erfolgreich die Übergabe des restlichen
Bargeldes verlangten. Sodann flüchtete die Tätergruppe unter Mitnahme des Geldes
vom Tatort, wobei der Angeklagte M.Z. drohte, dass er „seine Mutter ficken“ würde, falls
er die Polizei riefe. Der so Angesprochene wandte sich dennoch an die Polizei.
12. (Fall 16 der Anklageschrift)
Am 26. April 2006 gegen 18.45 Uhr verfolgten der gesondert verfolgte M. und der
Angeklagte Z.F. und A.R. bis auf Höhe der P.straße Nr. ... in ... B.. Dort verlangten sie die
Herausgabe der Handys der Genannten, wobei der Angeklagte die Kleidung von A.R.
abtastete und aus dessen Hosentasche das Handy „Sony Ericsson T630“ an sich nahm.
Gleichzeitig griff der gesondert verfolgte M. dem Z.F. in die Hosentasche, um dessen
Handy zu erlangen. Als der Zeuge sich hiergegen wehrte, drohte ihm der gesondert
Verfolgte an, ihn „abzustechen“, wenn er sein Handy nicht herausgebe. Als Z.F. trotz
dieser Drohung der Forderung nicht nachkam, trat der Angeklagte an ihn heran und
schlug ihm dreimal heftig mit der flachen Hand ins Gesicht, wodurch der Geschlagene
eine blutende Platzwunde an der Lippe erlitt. Gleichzeitig gelang es nunmehr dem M.,
Z.F. dessen Handy „Sagem MYV 65“ im Wert von 149 Euro wegzunehmen.
Bevor die beiden Täter sich anschließend mit den erbeuteten Handys vom Ort
entfernten, drohten sie den Opfern an, sie im Falle der Anzeigenerstattung
„umzubringen“. Dennoch stellten die Zeugen Strafanzeige.
13. (Fall 17 der Anklageschrift)
Ebenfalls am 26. April 2006, gegen 22.30 Uhr, sprach der Angeklagte, der sich in
Begleitung von vier unbekannt gebliebenen männlichen Personen befand, auf Höhe der
K.-M.-Straße Nr. ... in ... B. S.S. und D.M. an. Sodann drängten der Angeklagte und seine
Mittäter die Beiden in einen Hauseingang, wo der Angeklagte sie sinngemäß fragte:
„Wisst ihr, wie sich ein Messerstich anfühlt? Wollt ihr einen haben?“, um dann unter dem
Eindruck seiner Drohungen die Handys der Zeugen herauszuverlangen. Als D.M. sich
zunächst weigerte, packte ihn der Angeklagte am Hals und würgte ihn schmerzhaft.
Derart eingeschüchtert übergab D.M. nunmehr sein Handy „Nokia 6230i“ und S.S.
seinen MP 3-Player „Trekstor ibeat“ dem Angeklagten, der die SIM-Karte entnahm und
sie zurückgab..
Währenddessen hielten sich die unbekannten Mittäter vor dem Hauseingang auf, um in
Absprache mit dem Angeklagten die Tat nach außen abzusichern.
14. (Fall 18 der Anklageschrift)
Einen Tag später, am 27. April 2006 gegen 21.00 Uhr, suchten der Angeklagte und die
gesondert verfolgten M. und A. erneut nach geeigneten Opfern für ihre Raubtaten, als
sie an der Straßenecke S.allee/T.straße in ... B. auf den Zeugen Z.M. trafen.
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sie an der Straßenecke S.allee/T.straße in ... B. auf den Zeugen Z.M. trafen.
Entsprechend ihrem gemeinsamen Tatentschluss hielt der Angeklagte Z.M. mit der
einen Hand an der Schulter fest, während er mit der anderen Hand sogleich dessen
Hosentaschen nach mitnehmenswerten Gegenständen abtastete. Als er ein Handy
fühlte, forderte er Z.M. auf, ihm dieses auszuhändigen, wobei er seine linke Hand zur
Faust ballte und diese schlagbereit in dessen Richtung hielt. Aus Angst vor den
angedrohten Schlägen und der übermächtigen Tätergruppe übergab Z.M. daraufhin
dem Angeklagten sein Handy „Sony Ericsson W800i“. Unter Hinterlassung der SIM-Karte
verließ die Tätergruppe anschließend mit dem Handy den Tatort.
15. (Fall 19 der Anklageschrift)
Am 2. Mai 2006 gegen 21.30 Uhr wurden der Angeklagte und die gesondert verfolgten
A., A. und M. in einer Kinovorstellung in den G. in ... B. auf die Gruppe der körperlich
behinderten K. L., St. U., S. R., D. R., Chr. Z. und D.R. sowie deren Betreuer B.H.
aufmerksam und beschlossen, diese zu berauben. Schon im Kino störten sie die
Vorstellung, rauchten Zigaretten und versuchten zu provozieren, wobei niemand auf die
Provokationen einging. In Ausführung ihres Entschlusses, mitnehmenswerte
Gegenstände an sich zu bringen, verfolgten sie die Gruppe nach dem Ende des
Kinofilms, wobei der Angeklagte dem D.R. bereits auf der Rolltreppe des
Einkaufszentrums mit der Faust ins Gesicht schlug. Den meisten körperlich Behinderten
aus der Gruppe war ihre Behinderung ohne weiteres anzumerken.
Im schlecht ausgeleuchteten I.weg hinter dem Einkaufszentrum umringten die Täter
sodann die Gruppe, wobei der Angeklagte sie durchzählte und sinngemäß äußerte: „Ah,
sieben Leute, das sind 700,-- Euro oder sieben Stiche!“. Daraufhin forderten er und
seine Mittäter die Zeugen unter Androhung des Einsatzes von Waffen zur Herausgabe
von Geld und Handys auf und tasteten sie gleichzeitig in arbeitsteiliger Weise ab.
Völlig verängstigt übergab nunmehr S. R. dem gesondert verfolgten A. seine beiden
Handys „Sony Ericsson T 630“ und „Siemens CF 65“, woraufhin der Angeklagte ihm
zusätzlich 3,50 Euro Kleingeld abnahm. Anschließend entnahm der Angeklagte der
Gürteltasche des B.H. dessen Handy „Sony Ericsson W 800“, wobei er ihm androhte, ihn
„abzustechen“. Als B.H. sein Handy zurückverlangte, versetzte der Angeklagte ihm
mehrere schmerzhafte Faustschläge ins Gesicht. Dem St. U. nahm der Angeklagte
Kleingeld in Höhe von 3,-- Euro ab.
Als D.R. sich gegen die Wegnahme seines Handys wehrte, schlug ihm der gesondert
verfolgte M. im Einvernehmen mit seinen Mittätern mit einer etwa 30 cm langen
Schlüsselkette, die er sich um die Hand gelegt hatte, mehrfach gegen das Gesicht und
den Rücken, wodurch der Getroffene starke Schmerzen erlitt. Dem D. R., den die
Tätergruppe erfolglos nach mitnehmenswerten Gegenständen durchsucht hatte,
versetzte einer der Täter einen schmerzhaften Schlag ins Gesicht.
Bevor sich die Täter anschließend unter Mitnahme der Beute vom Tatort entfernten,
äußerte der gesondert verfolgte A. im Einvernehmen mit seinen Mittätern gegenüber
dem S. R.: „Wenn du zur Polizei gehst und mich anzeigst, bist du dran!“. Dennoch
wandte sich B.H. später an die Polizei. Die SIM-Karten ihrer Handys durften die Opfer
behalten.
16. (Fall 25 der Anklageschrift)
Am 7. Mai 2006 gegen 1.00 Uhr traten der Angeklagte und zwei unbekannte Mittäter auf
Höhe der S.allee Nr. ... in ... B. an den A.S. heran, den der Angeklagte sogleich
„umarmte“ und aufforderte, ihn in eine Seitenstraße zu begleiten. A.S. konnte sich
jedoch aus dem Griff des Angeklagten befreien und – verfolgt von dem Angeklagten und
einem seiner Begleiter – zunächst wegrennen.
Nachdem der Angeklagte und sein Begleiter A.S. eingeholt hatten, rief der Angeklagte
sinngemäß: „Gib mir dein Handy, sonst wird etwas passieren!“ Sodann packte er A.S.
am Kragen, während der unbekannte Begleiter dem Zeugen mit voller Wucht mit dem
Knie in die Hüfte sprang, um dem Herausgabeverlangen weiteren Nachdruck zu
verleihen. Anschließend schlug der Angeklagte A.S. mit der Faust in die rechte
Gesichtshälfte, was zu einem Hämatom führte, und griff in dessen rechte Hosentasche.
Dem völlig verängstigten A. S., der noch etwa fünf Tage Schmerzen im Gesicht
verspürte, gelang jedoch die Flucht, bevor der Angeklagte an das Handy gelangte.
17. (Fall 27 der Anklageschrift)
Am 9. Mai 2006 gegen 14.15 Uhr wurde der Angeklagte auf Höhe des Spielplatzes
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Am 9. Mai 2006 gegen 14.15 Uhr wurde der Angeklagte auf Höhe des Spielplatzes
gegenüber der H.-H.-...schule, R.straße ...-... in ... B., auf K.M. aufmerksam, der sein
Handy „Samsung SGH E720“ und das Handy eines Freundes in den Händen hielt. In der
Absicht, dem Genannten die Handys – notfalls mit Gewalt – abzunehmen, rief er K.M. in
türkischer Sprache zu sich und veranlasste diesen sodann, ihn zu einem nahe
gelegenen Park zu begleiten. Dort ließ sich der Angeklagte die beiden Handys unter
einem Vorwand von ihm aushändigen.
Kurz darauf gab der Angeklagte dem Freund des K. M., der hinzugetreten war, dessen
Handy mit der Begründung zurück, dass er Kurde sei. Als nunmehr auch K.M. sein Handy
zurückverlangte, packte der Angeklagte ihn an beiden Handgelenken, zog ihn zu sich
heran und trat ihm schmerzhaft gegen das Schienbein. Anschließend äußerte er zu dem
Zeugen: „Verpiss´ dich jetzt nach Hause!“. Aus Angst vor weiteren Tätlichkeiten kam
K.M. der Forderung nach und verließ den Park ohne sein Handy, das einen Wert von etwa
200 Euro hatte.
18. (Fall 28 der Anklageschrift)
Am selben Tag, dem 9. Mai 2006 gegen 18.00 Uhr, stiegen der Angeklagte und der
gesondert verfolgte E. auf der Suche nach geeigneten Opfern an der Haltestelle P.straße
erneut in einen Bus der Linie M29 in Richtung K.. Nachdem sie sich im Oberdeck des
Busses gezielt neben S.B.und Chr. G. gesetzt hatten, verwickelten sie diese zum Schein
in ein Gespräch, in dessen Verlauf der Angeklagte die Herausgabe der Handys der
Beiden forderte. Als der durch das aggressive Auftreten des Angeklagten
eingeschüchterte S.B. der Aufforderung nachkam und sein Handy „Sony Ericsson K
700i“ vorzeigte, riss der Angeklagte ihm dieses aus der Hand.
Währenddessen hielt sich der gesondert verfolgte E. einsatzbereit unmittelbar neben
dem Angeklagten auf. Bevor beide Täter anschließend den Bus auf Höhe der O. Straße
in ... B. mit dem erbeuteten Handy verließen, drohten sie beiden Opfern Schläge für den
Fall an, dass diese um Hilfe riefen. Aus Angst vor den angedrohten Tätlichkeiten riefen
die Geschädigten nicht um Hilfe.
19. (Fall 29 der Anklageschrift)
Am 13. Mai 2006 gegen 23.00 Uhr sprachen der Angeklagte und der gesondert verfolgte
K. in einem U-Bahnwaggon der Linie 8 zwischen den U-Bahnhöfen H. und H. M.S. an.
Nachdem der Angeklagte ihn gefragt hatte, ob er Türke sei und er dies bejaht hatte,
schlug er M.S. mit der flachen Hand schmerzhaft ins Gesicht und äußerte: „Ich hasse
Türken!“. Alsdann griff er in die Hosentasche des Zeugen und nahm dessen Handy
„Nokia 6230“im Wert von 122 Euro und Bargeld in Höhe von 6,20 Euro an sich. Der
gesondert verfolgte K. bedrohte M.S. währenddessen mit den Worten „Wenn du was
falsch machst, stechen wir dich ab!“ und riss ihm dessen MP 3-Player, der einen Wert
von etwa 80 Euro hatte, vom Hals.
Schließlich forderte der Angeklagte M.S. unter Androhung weiterer Tätlichkeiten auf,
seine Strickjacke der Marke „Nike“ auszuziehen und ihm zu übergeben. Aus Angst kam
der Bedrohte der Aufforderung nach. Unter Hinterlassung der SIM-Karte des
Geschädigten verließen die beiden Täter anschließend die U-Bahn mit der Beute.
20. (Fall 30 der Anklageschrift)
Nur wenige Minuten später, am 13. Mai 2006 gegen 23.10 Uhr, entdeckten der
Angeklagte und sein Begleiter K. in der U-Bahn-Linie 7 Chr. W. und G.H. und
entschlossen sich, diese zu berauben. Entsprechend ihrem Tatentschluss verfolgten sie
die Beiden nach dem gemeinsamen Aussteigen am U-Bahnhof K.-M.-Straße und
sprachen sie unweit des U-Bahnhofes an. Alsdann tastete der Angeklagte die Kleidung
des G.H. ab, entnahm dessen Rucksack das Handy „Samsung SGH-D 600E“, entfernte
die SIM-Karte aus dem Handy und warf diese auf den Boden.
Währenddessen wandte sich der gesondert verfolgte K. Chr. W. zu, drohte diesem
Schläge an und holte aus dessen Jackentasche das Handy „Motorola V3“ hervor. Als
Chr. W. sein Handy zurückverlangte, bedrohte ihn der gesondert Verfolgte sinngemäß
mit den Worten: „Red` nicht so viel oder ich stech` dich ab!“ Aus Angst vor dem
angedrohten Einsatz eines Messers wehrte sich der Bedrohte nicht weiter. Anschließend
entfernten sich die beiden Täter unter Mitnahme der erbeuteten Handys vom Ort.
21. (Fall 31 der Anklageschrift)
Am 15. Mai 2006 gegen 19.30 Uhr trat der Angeklagte im Oberdeck eines Busses der
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Am 15. Mai 2006 gegen 19.30 Uhr trat der Angeklagte im Oberdeck eines Busses der
Linie M29 kurz nach der Haltestelle P.straße gezielt an C.T. heran, schubste ihn und
verlangte in aggressiver Weise die Herausgabe dessen Handys. Derart eingeschüchtert
übergab C.T. dem Angeklagten sein Handy „Samsung SGH-D 600“.
Bevor der Angeklagte anschließend mit dem Handy den Bus verließ, warnte er C.T.
davor, die Polizei zu rufen, da er ihn sonst „umbringen“ werde. Dennoch wandte sich der
Bedrohte später an die Polizei.
22. (Fall 34 der Anklageschrift)
Am 17. Mai 2006, gegen 17.50 Uhr, traten der Angeklagte und ein unbekannter Mittäter
auf Höhe der H. Straße ... in ... B. an den damals 12-jährigen N.G. heran, woraufhin der
Angeklagte ihm sogleich unter einem Vorwand dessen Handy „Sony Ericsson K750i“ aus
der Hand nahm. Anschließend übergab der Angeklagte das Handy seinem unbekannten
Begleiter, der mit dem Handy flüchtete. Dabei verhinderte der Angeklagte, dass N.G. die
Verfolgung aufnahm, indem er sich ihm in den Weg stellte.
23. (Fall 35 der Anklageschrift)
Am 18. Mai 2006 gegen 19.40 Uhr setzte sich die Angeklagte in einem Bus der Linie 41
kurz nach der Haltestelle S.allee/F.straße in ... B. gezielt neben C.K., um diesem sein
Handy abzunehmen. In Ausführung dieses Entschlusses legte der Angeklagte einen Arm
um die Schultern des C.K. und entnahm dessen Hosentasche das Handy „Sony Ericsson
K750i“im Wert von ca. 250 Euro. Als C.K. das Handy zurückverlangte, holte der
Angeklagte aus seiner Jackentasche einen Gegenstand hervor, hielt diesen gegen die
Jacke des C.K. und äußerte sinngemäß: „Sei leise, sonst steche ich dich ab!“. Derart
eingeschüchtert verließ C.K. anschließend den Bus ohne sein Handy.
III.
Der Angeklagte hat sich wie tenoriert strafbar gemacht.
Im Einzelnen hat er in den Fällen 5, 6 und 8 einen schweren Raub begangen, in den
Fällen 5 und 6 jeweils in Tateinheit (§ 52 StGB) mit versuchter Nötigung gemäß §§ 240,
22 StGB.
Im Fall 10 hat er eine schwere räuberische Erpressung gemäß §§ 253, 255, 250 StGB
begangen.
Vollendete Raubtaten liegen in den Fällen 1, 3, 4, 9, 12, 15, 18, 19, 20 und 23 vor, davon
im Fall 4 in Tateinheit mit versuchter Nötigung, in den Fällen 9 und 19 in Tateinheit mit
gefährlicher Körperverletzung (§ 224 StGB), im Fall 12 in Tateinheit mit gefährlicher
Körperverletzung sowie versuchter Nötigung und im Fall 18 in Tateinheit mit Nötigung.
Bei Fall 16 handelt es sich um einen versuchten Raub in Tateinheit mit gefährlicher
Körperverletzung, §§ 249, 22, 224 StGB.
In den Fällen 7, 11, 13, 14 und 21 hat sich der Angeklagte jeweils wegen einer
räuberischen Erpressung im Sinne der §§ 253, 255, 250 StGB strafbar gemacht, davon
in den Fällen 7 und 13 jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und in den
Fällen 11 und 21 jeweils in Tateinheit mit versuchter Nötigung.
Im Fall 17 hat er einen räuberischen Diebstahl in Tateinheit mit vorsätzlicher
Körperverletzung (§§ 252, 223, 52 StGB), im Fall 22 einen Diebstahl im Sinne des § 242
StGB begangen.
Schließlich liegt im Fall 2 eine versuchte gefährliche Körperverletzung gemäß §§ 224, 22
StGB vor.
Sämtliche Fälle stehen im Verhältnis der Tatmehrheit gemäß § 53 StGB zueinander. In
allen Fällen handelte er mittäterschaftlich im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB
Der Angeklagte handelte jeweils rechtswidrig und schuldhaft.
Die Fälle 4, 5, 9, 15, 20, 21, 22, 23, 24, 26, 32 und 33 der Anklageschrift hat die Kammer
zur gesonderten Verhandlung und Entscheidung abgetrennt.
IV.
Der Angeklagte war zu den Tatzeiten 14 Jahre alt und somit Jugendlicher im Sinne von §
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Der Angeklagte war zu den Tatzeiten 14 Jahre alt und somit Jugendlicher im Sinne von §
1 Abs. 2 JGG. Er besaß er die sittliche und geistige Reife nach § 3 JGG und ist daher für
seine Taten verantwortlich. Schon vor Erreichen der Strafmündigkeit wurde er häufig
straffällig, wobei er wusste, dass er wegen seines geringen Alters noch nicht bestraft
werden konnte. Damit war ihm klar, dass er nach seinem 14. Geburtstag für seine
Verfehlungen zur Verantwortung gezogen werden würde. Der Angeklagte wusste auch,
dass die von ihm begangenen Überfälle schwere Verstöße gegen das Gesetz darstellen.
Bei dem Angeklagten liegen schädliche Neigungen vor, die die Verhängung einer
Jugendstrafe erforderlich machten.
Aus der Vielzahl der Taten, die der Angeklagte in dem kurzen Zeitraum seit seiner
Strafmündigkeit bis zu seiner Inhaftierung begangen hat, ergeben sich schwerwiegende
Charakter- und Persönlichkeitsmängel. Die genannten Mängel haben sich im Laufe der
Zeit verfestigt und liegen weiterhin vor. Seine Eltern waren nicht imstande, seinem
normwidrigen Verhalten irgendwelche Grenzen zu setzen. So fiel er bereits während der
Schulzeit wiederholt wegen Gewalttaten gegenüber Mitschülern auf, wurde daher in
andere Schulen versetzt, in denen er gleichfalls durch Regelverstöße auffiel, bis er den
Schulbesuch gänzlich einstellte. Selbst in den engen Strukturen der Jugendstrafanstalt
war der Angeklagte nicht in der Lage, sich an die Regeln zu halten. Sowohl im Bereich K.
sowie in P. ist er bereits mehrfach negativ aufgefallen, so dass Disziplinarmaßnahmen
gegen ihn verhängt werden mussten. Insbesondere hatte er sogar seinen Schulbesuch
einzustellen, weil er handgreiflich gegen einen Mitschüler geworden war.
Zudem ist unter dem Gesichtspunkt der Schwere der Schuld die Verhängung einer
Jugendstrafe unerlässlich.
In einer Vielzahl von Fällen wurden die Opfer durch den Einsatz von Messern und
Teleskopschlagstöcken sowie verbal massiv eingeschüchtert. Der Angeklagte bedrohte
die Jugendlichen auch meist mit der Anwendung von Gewalt, falls diese die Polizei
aufsuchen würden. Dem Angeklagten ging es nicht nur darum, Geld und
Wertgegenstände zu erbeuten. Er wollte die von ihm Überfallenen auch demütigen und
ihnen zeigen, dass ausschließlich er die Macht im Umgang mit ihnen hat. Vor diesem
Hintergrund ist auch die Rückgabe der SIM-Karten oder die Aushändigung von
abgezähltem Fahrgeld als eine Macht-Demonstration zu sehen.
In den Taten und Äußerungen des Angeklagten zeigt sich ein gefährliches Maß an
sozialer Verwahrlosung. Ein Prozess des kritischen Nachdenkens über seine Taten
scheint noch nicht begonnen zu haben. Ansätze für ein Verständnis dessen, was er mit
seinen Überfällen angerichtet hat, sind derzeit nicht erkennbar. Nach der Einlieferung in
die Jugendstrafanstalt schien es erste positive Veränderungen zu geben. Derzeit hat sich
der Angeklagte aber wieder an der kriminellen Subkultur in der Anstalt orientiert und
scheint auf den Entwicklungsstand zum Zeitpunkt der Inhaftierung zurückgeworfen zu
sein. Der Angeklagte gab sich auch dem Gericht gegenüber weitgehend gleichgültig, was
seine Zukunft angeht. Während der Hauptverhandlung fiel er durch mehrfaches Lachen
und Grinsen während der Zeugenvernehmungen sowie während des Plädoyers der
Staatsanwältin auf. Hierauf angesprochen erwiderte er, dass dies den Vorsitzenden doch
"gar nichts angehe". Das könne man ihm nicht verbieten. Seine mangelnde Einsicht kam
auch in seinem letzten Wort zum Ausdruck, wo er äußerte, dass die Justiz ihn irgendwann
entlassen werden müsse. Er wisse jetzt noch nicht, ob er - wieder in Freiheit - dann mit
entsprechenden Straftaten weiter machen werde. Auch aus diesen Ausführungen wird
ersichtlich, dass in der bisher verbüßten Haftzeit keinesfalls ausreichend erzieherisch auf
den Angeklagten eingewirkt werden konnte.
Auf den Angeklagten kann nur durch eine lang andauernde, abseits der Familie
erfolgende stationäre Erziehung positiv eingewirkt werden. Denn die Eltern tragen eine
erhebliche Mitverantwortung für die soziale Verwahrlosung ihres Sohnes, da sie sich
selbst und ihre Kinder nahezu hermetisch von dem sie umgebenden sozialen Umfeld
und dessen Wert- und Moralvorstellungen abgekapselt haben. Sie sind nicht in der Lage,
die notwendigen Veränderungen in der Einstellung und im Verhalten ihres Sohnes
herbeizuführen.
Vor dem Hintergrund der mittlerweile schon länger bestehenden und gesammelten
Erfahrungen bei der Begehung von Gewalttaten muss auf längere Sicht erzieherisch auf
den Angeklagten eingewirkt werden. Bei der Bemessung der Jugendstrafe hat die
Kammer berücksichtigt, dass gegen I. E. bereits eine mehrjährige Jugendstrafe verhängt
wurde, die zur Zeit vollstreckt wird. Obwohl der Angeklagte noch sehr jung ist, ein
Teilgeständnis abgelegt hat und zum ersten Mal Freiheitsentzug erlebt, war es geboten,
unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts Tiergarten – Jugendschöffengericht –
sechs Jahren und sechs Monaten
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sechs Jahren und sechs Monaten
gegen den Angeklagten zu verhängen. Der Kammer war dabei bewusst, dass in der
Regel Jugendstrafen nur bis zu einer Dauer von fünf Jahren geeignet sind, auf einen
Verurteilten erzieherisch einzuwirken. Im vorliegenden Fall musste aber diese Grenze
überschritten werden, weil ein erzieherischer Prozess bei dem Angeklagten während der
bisher verbüßten Haftzeit noch nicht in Gang gesetzt werden konnte.
Zudem war eine fünf Jahre überschreitende Jugendstrafe auch unter dem Gesichtspunkt
des gerechten Schuldausgleichs geboten. Auch wenn der Angeklagte bei seinen Taten
keinen der Angegriffenen erheblich verletzt hat und auch die Tatbeute in der Regel aus
geringen Mengen von Bargeld und einem Mobiltelefon bestand, hat er innerhalb nur
weniger Monate über fünfzig Straftaten – insbesondere Körperverletzungen, Raub,
schwerer Raub, räuberische Erpressung, schwere räuberische Erpressung, räuberischer
Diebstahl - begangen. Diese Vielzahl von erheblichen Delikten gebietet es ebenfalls, eine
Jugendstrafe in der erkannten Höhe zu verhängen.
Es ist nicht auszuschließen, dass das aufbegehrende und trotzige Verhalten des
jugendlichen Angeklagten auch ein Ausdruck für eine beginnende Auseinandersetzung
mit der vor ihm liegenden längeren Haftzeit sein kann. Es ist ihm zu wünschen, dass er
diese Phase rasch überwindet und sich dann auf die Angebote der Jugendstrafanstalt
konstruktiv einlässt. Die Kammer hofft, dass der Angeklagte die Zeit nutzt, um einen
Schulabschluss zu erreichen. Die Intelligenz und Anlagen hierfür besitzt auf jeden Fall.
Wenn der Angeklagte es lernt, künftig Verantwortung für sein eigenes Handeln zu
übernehmen die Werte anzuerkennen, die im Zusammenleben miteinander erforderlich
sind, bestünde für ihn als Erstverbüßer die Möglichkeit, dass später ein noch offener
Strafrest zur Bewährung ausgesetzt wird.
V.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 74 JGG.
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