Urteil des AG Tiergarten vom 15.03.2017

AG Tiergarten: staatsangehörigkeit, falschbeurkundung, vollstreckung, familie, bewährung, quelle, sammlung, link, polizei, interpol

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Gericht:
AG Tiergarten
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
(242 Ds) 68 Js 543/04
(558/04)
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 271 StGB, § 271 Abs 1 StGB
AuslG
Mittelbare Falschbeurkundung bei Beantragung der
Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis; falsche Angaben
Tenor
Die Angeklagte wird wegen mittelbarer Falschbeurkundung in Tateinheit mit einem
Verstoß gegen das Ausländergesetz in zwei Fällen zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von 4 (vier) Monaten
verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird.
Die Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens und ihre notwendigen Auslagen.
§§ 271 Abs. 1, 52, 53 StGB, 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG
Gründe
Der Verurteilung liegt der folgende Sachverhalt zugrunde:
1. Am 23.11.2000 sprach die Angeklagte beim Landeseinwohneramt Berlin, Abt.
Ausländerangelegenheiten, unter Verwendung der Aliaspersonalien „“, geboren im Jahr
im und staatenlos, vor zwecks Verlängerung ihrer Aufenthaltsbefugnis. Hierbei wusste
die Angeklagte zu diesem Zeitpunkt, dass sie zumindest auch die türkische
Staatsangehörigkeit besaß und sie bei Angabe ihrer wirklichen Personalien eine
Verlängerung ihrer Aufenthaltsbefugnis nicht erhalten hätte. Die Aufenthaltsbefugnis
hatte sie zuvor bereits durch Angabe der soeben genannten Personalien unter Vorlage
libanesischer Ausweispapiere, die in Beirut am 03.06.1981 ausgestellt wurden, erhalten.
Der Sachbearbeiter des Landeseinwohneramtes Berlin, Abt. Ausländerangelegenheiten,
der Zeuge, ging von der Richtigkeit der vorgelegten Personalien aus und erteilte aus
diesem Grund der Angeklagten für zwei weitere Jahre eine Aufenthaltsbefugnis.
2. Am 17.12.2002 beantragte die Angeklagte erneut unter Verwendung der soeben
genannten Aliaspersonalien wiederum die Verlängerung ihrer Aufenthaltsbefugnis. Unter
denselben Voraussetzungen wie unter Ziff. 1. beschrieben hätte sie auf ihre zumindest
auch bestehende türkische Staatsangehörigkeit hinweisen müssen, was sie trotz ihrer
Kenntnis des Umstandes nicht tat.
Die Sachverhaltsfeststellungen folgen hinsichtlich der objektiven Feststellungen aus der
insoweit geständigen Einlassung der Angeklagten, die übereinstimmt mit den Angaben
des Zeugen. Die Tatsache der bei der Angeklagten zumindest auch bestehenden
türkischen Staatsangehörigkeit ergibt sich aus den unbeeidigten Angaben der Zeugin für
die damit im Zusammenhang verlesenen Auszügen aus dem Personenstandsregister
der Familie und deren Übersetzung in der Hauptverhandlung wie auch der unbeeidigten
Vernehmung der Zeugin von der Polizei. Die Zeuginnen gaben an, dass die Angeklagte
wie aus dem Personenstandsregister in ersichtlich, als Mitglied der Familie registriert ist.
Die Zeugin gab an, dass im Ergebnis eines Personenfeststellungsverfahrens, das in
Verbindung mit Interpol Ankara betrieben wurde, aufgrund von Fotos die Angeklagte von
Nachbarn wiedererkannt wurde. Des weiteren gab die Schwester der Angeklagten, die, in
dem gegen sie geführten Verfahren an, dass sie die Schwester der hier Angeklagten sei
und sie selbst wie eben auch ihre Schwester im Personenstandsregister der Türkei
erfasst sei. Zudem gab die Angeklagte im Rahmen einer Beschuldigtenvernehmung
Anfang der 80er Jahre gegenüber dem sie vernehmenden Polizeibeamten an, dass über
ihren Vater ein Bezug zur Türkei bestünde. Dies wurde belegt durch die Verlesung des
Mantelbogens der Beschuldigtenvernehmung der Angeklagten aus jener Zeit. Hierbei
war jedoch nicht ersichtlich, ob sich dieser Bezug zur Türkei auf den Sterbeort oder den
Geburtsort des Vaters bezog. Insbesondere wegen der Angaben der Schwester, zu der
die Angeklagte ihren eigenen Angaben zufolge Kontakt hat, kam das Gericht zu dem
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die Angeklagte ihren eigenen Angaben zufolge Kontakt hat, kam das Gericht zu dem
Schluss, dass die Angeklagte nicht nur objektiv auch die türkische Staatsangehörigkeit
besaß, sondern dies ihr auch seit geraumer Zeit, jedenfalls zu den Tatzeitpunkten,
bewusst war. Der Einlassung der Angeklagten, sie habe dies erst nach den in diesem
Verfahren genannten Tatzeitpunkten erfahren, vermochte sich das Gericht daher nicht
anschließen zu können.
Es liegt daher in rechtlicher Hinsicht wegen beider Fälle jeweils ein Fall der mittelbaren
Falschbeurkundung gemäß § 271 Abs. 1 StGB in Tateinheit (§ 52 StGB) mit einem
Verstoß gegen das Ausländergesetz gemäß § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG wegen der
unrichtigen Angaben zum Zwecke der Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung vor.
Diese beiden Taten stehen zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit gemäß § 53 StGB.
Zugunsten der Angeklagten wirkte deren strafrechtliche Unbelastetheit. Zugunsten der
Angeklagten wirkte deren strafrechtliche Unbelastetheit. Ferner musste sich zu ihren
Gunsten auswirken, dass die Taten bereits längere Zeit, nämlich mehr als fünf Jahre bzw.
mehr als drei Jahre, zurückliegen. Aus generalpräventiven Erwägungen heraus jedoch
und um der Wichtigkeit der nicht nur korrekten, sondern auch vollständigen Angaben
auch in Bezug auf die Staatsangehörigkeit in solchen Fällen Rechnung zu tragen, hat das
Gericht nach Abwägung der für und gegen die Angeklagte sprechenden Gesichtspunkte
gegen diese in beiden Fällen kurzzeitige Freiheitsstrafen ausgesprochen, § 47 StGB. Das
Gericht sprach daher wegen beider Taten Einzelstrafen in Höhe von jeweils 3 Monaten
aus. Gemäß §§ 53, 54 StGB bildete das Gericht hieraus nach erneuter Abwägung aller
für und gegen die Angeklagte sprechenden Gesichtspunkte eine schuld- und
tatangemessene Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Monaten. Mit Blick auf die Dauer dieses
Strafverfahrens und die Tatsache der erstmaligen Verurteilung der Angeklagten sieht
das Gericht bei diesem Strafmaß die Gewähr, dass die Angeklagte, die nun zweifelsfrei
über die für sie nun auch vorhandene türkische Staatsangehörigkeit informiert ist, dass
die Angeklagte zukünftig bei entsprechenden Fragen zutreffende Angaben machen wird.
Das Gericht hat der Angeklagten daher gemäß § 56 StGB diese gegen sie verhängte
Gesamtfreiheitsstrafe in der Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.
Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf den §§ 464, 465 StPO.
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