Urteil des AG Tiergarten vom 13.03.2017

AG Tiergarten: allgemeine geschäftsbedingungen, bonus, tarif, prämie, vertragsabschluss, auszahlung, link, quelle, sammlung, feststellungsklage

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Gericht:
AG Tiergarten
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 C 377/10
Dokumenttyp:
Anerkenntnisurteil
Quelle:
Normen:
§ 133 BGB, § 157 BGB, § 305
Abs 2 BGB
Anspruch auf Bonuszahlung durch einen Stromanbieter bei
unklarer Vertragsklausel
Leitsatz
Die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Stromversorgers enthaltene Klausel "Wenn
Sie als Neukunde einen Vertrag mit (dem Stromanbieter) schließen, bietet Ihnen (der
Stromanbieter) einen einmaligen Bonus. Dafür darf das Vertragsverhältnis nicht vor Ablauf
der ersten zwölf Versorgungsmonate von Ihnen selbst oder (dem Stromversorger) gekündigt
werden" gibt auch demjenigen Kunden, dessen Vertragsverhältnis bereits mit Wirkung zum
Ablauf der Mindestvertragslaufzeit gekündigt wird und damit nicht länger als zwölf
Versorgungsmonate andauert, einen Anspruch auf die Bonuszahlung.
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 125,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.09.2010 sowie 46,41 Euro
(außergerichtliche Rechtsanwaltskosten) zu zahlen.
2. Es wird – gemäß dem Anerkenntnis der Beklagten – festgestellt, dass zwischen den
Parteien kein wirksamer Vertragswechsel vom Stromtarif “Tarif 1710 – Winteraktion
3600er Young Familiy” auf einen “Tarif 1834 – Flex Strom 3600er Young Familiy Rabat”
vereinbart wurde.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagte 86 % und der Kläger 14 % zu
tragen.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Tatbestand entfällt gem. § 495 a ZPO.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe begründet. Dem Kläger
steht der mit der Klage geltend gemachte Anspruch auf Zahlung des von der Beklagten
bei Vertragsabschluss versprochenen Aktionsbonus’ in Höhe von 125,00 Euro zu.
In der Vertragsbestätigung der Beklagten vom 03.02.2009 heißt es u.a.:
Unstreitig wurde der Kläger von der Beklagten lediglich 12 Monate lang mit Strom
beliefert, nämlich vom 01.04.2009 bis 31.03.2010, da er den Stromlieferungsvertrag mit
Schreiben vom 22.12.2009 zum 1.04.2010 gekündigt hat. Unstreitig war der Kläger bei
Vertragsabschluss Neukunde.
Zu Unrecht verweigert die Beklagte die Auszahlung des versprochenen Aktionsbonus’
mit der Begründung, dass der als Prämie ausgestaltete Bonus dem Kläger nach ihren
Allgemeinen Geschäftsbedingungen in der Fassung von Januar 2009 – dort Ziffer 7.3. -
nicht zustehe, weil dieser die Kündigung bereits zum Ablauf der Mindestvertragslaufzeit
und damit während des ersten Belieferungsjahres ausgesprochen habe.
Die Klausel Ziffer 7.3. ist unwirksam. Die Zweifel bei der Auslegung gehen vorliegend
gem. § 305 Abs.2 BGB zu Lasten der Beklagten. Unstreitig wurden die Allgemeinen
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gem. § 305 Abs.2 BGB zu Lasten der Beklagten. Unstreitig wurden die Allgemeinen
Geschäftsbedingungen der Beklagten (in der Fassung von Februar 2009) in den
streitgegenständlichen Vertrag wirksam einbezogen. Unter Ziffer 7.3. heißt es:
Diese Regelung ist unklar. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind ausgehend von der
Verständnismöglichkeit eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden
einheitlich so auszulegen, wie sie von verständlichen und redlichen Vertragspartnern
unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden
(vgl. BGH NJW 01, 2165). Danach ist gem. §§ 133, 157 BGB davon auszugehen, dass der
Kunde die Klausel so versteht, dass er den Aktionsbonus (der nicht etwa “Treuebonus”
genannt wird) dann ausgezahlt bekommt, wenn der Vertrag 12 Monate ungekündigt
durchgeführt wird, wenn also frühestens zum Ablauf der Mindestlaufzeit gekündigt wird.
Der rechtlich nicht vorgebildete Durchschnittskunde unterscheidet nämlich nicht
zwischen Kündigungsausspruchszeitpunkt und Kündigungswirkungszeitpunkt. Dies tut
nur der rechtlich vorgebildete Kunde. Will die Beklagte ausschließlich die Vertragstreue
des Kunden belohnen, also Neukunden einen Treuebonus (eine Prämie) nur auszahlen,
wenn sie mehr als 1 Jahr in der Belieferung verbleiben, so muss sie dies in ihren
Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch so unmissverständlich ausdrücken.
Da sich die Beklagte aufgrund der anwaltlichen Mahnung des Klägers vom 19.08.2010
gem. §§ 286 Abs.1, 288 Abs.1 BGB in Zahlungsverzug befindet, war sie antragsgemäß
auf Auszahlung der 125,00 Euro zu verurteilen.
Da die zulässige Feststellungsklage von der Beklagten anerkannt wurde, war insoweit
durch Anerkenntnisteilurteil zu entscheiden.
Anspruch auf Zahlung außergerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten für das
anwaltliche Schreiben vom 19.08.2010 besteht gem. §§ 280 Abs.1, 286 Abs.1 BGB
lediglich in Höhe von 46,41 Euro. Der Sachverhalt ist einfach gelagert und auch nicht
besonders umfangreich, so dass eine 1,3 Geschäftsgebühr angemessen erscheint. Die
Kostennote vom 19.08.2010 ist daher überhöht.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs.1, 708 Nr.11, 713
ZPO.
Der Streitwert wird auf 242,00 Euro festgesetzt.
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