Urteil des AG Strausberg vom 18.12.2006

AG Strausberg: veröffentlichung, entschädigung, verfügung, zwangsversteigerung, amtsblatt, gebühr, bekanntgabe, beschlagnahme, abrechnung, grundbuch

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Gericht:
AG Strausberg
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 K 746/03
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 29 Nr 4 GKG, § 66 Abs 1 GKG,
§ 788 ZPO, § 91 ZPO
Kostenhaftung des Schuldners für die notwendigen Kosten der
Zwangsvollstreckung
Tenor
In der Zwangsversteigerungssache ... wird auf die Erinnerung des Schuldners vom
18.12.2006 der Kostenansatz des Kostenbeamten vom 07.11.2006 in Höhe von
2.348,45 € aufgehoben.
Der Kostenbeamte hat die Löschung des Kostensolls vorzunehmen.
Gründe
Die Erinnerung war nach § 66 Abs.1 GKG zulässig und begründet.
Die Berechnung der Gerichtskosten hat nach dem Gerichtskostengesetz in der seit dem
01.07.2004 geltenden Form zu erfolgen, da die Kosten mit der Aufhebung des
Verfahrens am 11.10.2006 (§ 7 und § 8 GKG) und damit nach der Änderung des
Gerichtskostengesetz fällig geworden sind.
Im einzelnen sind folgende Kosten (Gebühren und Auslagen) entstanden:
1. Gebühr nach KV 2211 GKG i.V.m. § 3 GKG in Höhe von 478,00 €
Die Gebühr wird für das Verfahren im allgemeinen erhoben und ist aus dem gemäß § 74
a Abs.5 ZVG festgesetzten Verkehrswert des Grundstücks in Höhe von 114.000,00 € zu
ermitteln.
2. Auslagen nach KV 9002 GKG i.V.m. § 3 GKG in Höhe von 0,00 €
Nach KV 9002 GKG sind die Auslagen für Zustellungen, soweit in dem Verfahren
Auslagen für mehr als 10 Zustellungen angefallen sind, in voller Höhe zu erheben. Dabei
sind die Zustellungen für die Zustellung des Anordnungsbeschlusses außer Betracht zu
lassen. Es sind neben den drei im Zusammenhang mit dem Anordnungsbeschluss
veranlassten Zustellungen weitere zehn Zustellungen durchgeführt worden, so dass
nach KV 9002 GKG keine Auslagen zu erheben sind.
3. Auslagen nach KV 9004 GKG i.V.m. § 3 GKG in Höhe von 95,31 €
Die Veröffentlichungsauslagen sind nach KV 9004 GKG in voller Höhe in den
Kostenansatz aufzunehmen. Mit der Bekanntgabe der Terminsbestimmung sind 38,00 €
für die Internetveröffentlichung und 57,31 € für die Veröffentlichung im Amtsblatt des
Landes Brandenburg entstanden. Die Höhe des Betrages für die Bekanntgabe im
Internet ergibt sich aus der vorliegenden Rechnung. Die Höhe der Auslagen für die
Veröffentlichung im Amtsblatt richtet sich nach der Allgemeinen Verfügung des Ministers
der Justiz des Landes Brandenburg vom 21.06.2000 (JMBl. S 86), geändert durch
Allgemeine Verfügung vom 02.12.2004 (JMBl. S 129). Demnach sind für jedes Zeichen
ein Betrag von 0,05 € und einmalig ein Betrag von 2,56 € zu erheben. Die
Veröffentlichung enthält 1.095 Zeichen, so dass ein Betrag von 57,31 € zu erheben ist.
4. Auslagen nach KV 9005 GKG i.V.m. § 3 GKG in Höhe von 1.717,94 €
Die Höhe der Auslagen für die Erstellung des Sachverständigengutachten richtet sich
nach dem bis zum 30.06.2004 geltenden Gesetz über die Entschädigung von Zeugen
und Sachverständigen, da nach der Übergangsvorschrift des § 24 JVEG die Vergütung
und Entschädigung des Sachverständigen nach bisherigem Recht zu berechnen ist,
wenn der Auftrag an den Sachverständigen vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung
am 01.07.2004 erteilt wurde. Der Auftrag war am 07.04.2004 erteilt worden. Die
vorliegende Abrechnung des Sachverständigen vom 18.08.2004 wurde durch den
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vorliegende Abrechnung des Sachverständigen vom 18.08.2004 wurde durch den
Rechnungsbeamten des Amtsgerichts Strausberg überprüft und in Höhe von 1.717,94 €
für richtig befunden. Eine Überprüfung dieser Abrechnung hat durch das Gericht nicht zu
erfolgen. Eine Festsetzung der Entschädigung des Sachverständigen erfolgt nur im
Rahmen des § 16 ZSEG auf Antrag des Sachverständigen oder der Staatskasse.
Insgesamt wären damit Gerichtskosten in Höhe von 2.291,25 € anzusetzen gewesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens schuldet nach § 26 Abs.1 GKG der Gläubiger, der
das Verfahren beantragt hat. Bei dem Gläubiger handelt es sich um das Land Berlin,
welches nach § 2 GKG von der Zahlung der Kosten befreit ist.
Weiterer Schuldner der Kosten ist nach § 29 Nr.4 GKG der Vollstreckungsschuldner für
die notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung. Ob die Kosten notwendig waren, ist
wie bei den §§ 788, 91 ZPO zu beurteilen, BGH BB 75, 1218. Somit bestimmt sich die Art
und der Umfang der gewählten Vollstreckungsmaßnahme nach den gegebenen
Erfordernissen. Der Gläubiger hat seine Maßnahmen dabei so einzurichten, dass die
Kosten möglichst niedrig gehalten werden. Maßgebend ist dabei, ob eine verständige
und wirtschaftlich vernünftige Partei die die Kosten auslösende Maßnahme im damaligen
Zeitpunkt als sachdienlich ansehen durfte, wobei sie nach dem Grundsatz der
sparsamen Prozessführung die Maßnahmen zur Wahrung ihrer Rechte so einzurichten
hat, dass die Kosten möglichst niedrig gehalten werden (FG Münster 5. Senat, Beschluß
vom 31.05.2006 - 5 Ko 699/06 KFB). Entscheidend für die Beurteilung der Notwendigkeit
ist der Standpunkt des Gläubigers zum Zeitpunkt ihrer Vornahme (BGH, Beschluß vom
18.07.2003 -IXa ZB 146/03).
Der Gläubiger hat das Zwangsversteigerungsverfahren am 10.11.2003 beantragt. Auf
seine Veranlassung war für den weit überwiegenden Teil der Forderung des Landes Berlin
im Grundbuch des betroffenen Grundstücks eine Zwangssicherungshypothek an erster
Rangstelle eingetragen worden. Am 15.10.2003 reichte der Schuldner bei dem
Finanzgericht Berlin Klage gegen die der Zwangsversteigerung zu Grunde liegende
Forderung ein. Die Klage war dem Gläubiger durch das Finanzgericht Berlin am
20.10.2003 zur Kenntnis gegeben worden. Der Gläubiger bewilligte mit Schreiben vom
07.09.2005 und 07.03.2006 die einstweilige Einstellung des
Zwangsversteigerungsverfahrens nach § 30 ZVG. Dabei bezog er sich auf das vor dem
Finanzgericht anhängige Klageverfahren und teilte folgendes mit: „Bevor das
Zwangsversteigerungsverfahren fortgesetzt wird, soll der Ausgang dieses
Klageverfahrens abgewartet werden“. Nach der zweiten einstweiligen Einstellung lies der
Gläubiger die Frist für die Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens verstreichen
ohne eine erneute Fortsetzung des Verfahrens zu beantragen. Darauf wurde das
Verfahren am 11.10.2006 aufgehoben.
Nach Ansicht des Gerichts hat sich der Gläubiger zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht
wie eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei verhalten. Der Gläubiger hatte
zu diesem Zeitpunkt Kenntnis von der eingereichten Klage, was für sich allein noch
keinen Grund darstellen würde, von einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme abzusehen.
Jedoch war rund 99 Prozent der Forderung des Gläubigers durch die an erster Rangstelle
eingetragene Zwangssicherungshypothek abgesichert. Durch die Beschlagnahme in
dem Zwangsversteigerungsverfahren konnte der Gläubiger keine bessere Rangstelle
mehr erreichen. Für die weitergehenden mit dem Antrag auf Zwangsversteigerung
aufgeführten Ansprüche, die rund ein Prozent der gesamten Forderung betragen haben,
hätte der Gläubiger gleichfalls die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek
beantragen können. Dadurch hätte er ebenfalls eine der Beschlagnahme im
Zwangsversteigerungsverfahren entsprechende Rangstelle erzielen können. Eine
verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei hätte bis zur Einleitung weiterer, Kosten
verursachender Vollstreckungsmaßnahmen, die Entscheidung in dem Klageverfahren
abgewartet. Insbesondere gilt dies für das mit erheblichen Kosten verbundene
Zwangsversteigerungsverfahren. Das Gericht konnte davon ausgehen, dass die mit den
Vollstreckungssachen betrauten Mitarbeiter des Gläubigers Kenntnis von der Höhe der
zu erwartenden Kosten eines Zwangsversteigerungsverfahrens haben oder verpflichtet
sind, sich diese Kenntnis zu verschaffen. Auf die Höhe der zu erwartenden Auslagen des
Sachverständigen ist der Gläubiger sogar, wenn auch sachlich nicht richtig, hingewiesen
worden.
Im Ergebnis ist festzustellen, dass die Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens
Kosten verursacht hat, die im Sinne von § 29 Nr.4 GKG nicht notwendig waren und damit
für den Schuldner des Verfahrens keine Kostenhaftung begründen. Der Kostenansatz
vom 07.11.2006 gegen den Schuldner war somit in voller Höhe aufzuheben.
Unbeachtlich konnte dabei die Höhe des Kostenansatzes bleiben.
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