Urteil des AG Spandau vom 18.11.1982

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Gericht:
AG Spandau
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 C 138/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 8 WoBindG, § 10 WoBindG, §
20 NMV 1970, § 29 NMV 1970, §
2 BetrKV
Miete im preisgebundenen Neubauwohnraum: Mieterpflicht zur
Einsichtnahme in Abrechnungsunterlagen bei Zweifeln an der
Richtigkeit der Betriebskostenabrechnung; Neuberechnung der
Kostenmiete nach einer Heizungsumstellung auf
Wärmecontracting; Heizkostenabrechnung nach Umstellung auf
Wärmecontracting ohne Mieterzustimmung
Tatbestand
(aus Wohnungswirtschaft und Mietrecht WuM)
Die Klägerin ist Eigentümerin und Vermieterin des Hausgrundstücks in Spandau. Die
Beklagten hatten am 18. November 1982 mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin einen
Mietvertrag über eine Wohnung im dortigen Hause abgeschlossen.
Der Mietzins betrug nach dem Vortrag der Klägerin ab dem 1. Februar 2002 monatlich
585,70 € und ab dem 1. April 2003 monatlich 600,41 €.
Mit der Klage verlangt die Klägerin rückständigen Mietzins sowie den Ausgleich von
Nebenkosten. Unter anderen für die Monate April 2003 bis April 2005 hätten die
Beklagten statt der 500,41 € jeweils nur 555,15 € bezahlt. Aus der
Heizkostenabrechnung für 2002 schuldeten die Beklagten einen Nachzahlungsbetrag in
Höhe von 485,04 €. Aus der Nebenkostenabrechnung für 2003 schuldeten sie einen
Nachzahlungsbetrag in Höhe von 153,59 €.
Die Beklagten stehen auf dem Standpunkt, dass die Erhöhung der Nettokaltmiete zum
1. Februar 2002 und 1. April 2003 jeweils aus rechtlichen Gründen unwirksam gewesen
sei.
Zur Nachzahlung auf die Heizkostenabrechnung für 2002 seien sie ihrer Meinung nach
aus folgenden Gründen nicht verpflichtet: Die Klägerin habe mit Vertrag vom
26.3.1999/12.7. 1999 die Beheizung von Ölzentralheizung auf sogenanntes Wärme-
Contracting umgestellt und damit die Wärmeversorgung an eine Betreibergesellschaft,
nämlich die GASAG Aktiengesellschaft, ausgegliedert. Dies sei nicht rechtens gewesen,
da eine mietvertragliche Grundlage fehle und sie, die Beklagten, nicht zugestimmt
hätten, wie dies nach der Rechtsprechung erforderlich gewesen wäre. Gleiches gelte
bezüglich der Heizkosten aus der Nebenkostenabrechnung für 2003. Die Abrechnung
der Betriebskosten für 2003 sei derzeit nicht fällig, da sie nicht hinreichend erläutert sei.
Dieser Erläuterungsbedarf bestehe hinsichtlich mehrerer Positionen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nur in Höhe von 153,59 € begründet und im übrigen unbegründet.
Zahlung des zugesprochenen Betrages kann die Klägerin von den Beklagten als Mietzins
nach §535 Abs.2 BGB in Verbindung mit § 20 Abs. 3 Satz 2 NMV verlangen. Bei den
153,59 € handelt es sich um den Nachzahlungsbetrag aus der
Betriebskostenabrechnung vom 15. November 2004 für den Umlagezeitraum 2003.
Die hiergegen von den Beklagten vorgebrachten Einwendungen sind nach Ansicht des
Gerichts rechtlich unerheblich. Die Beklagten sehen in Bezug auf die Abrechnung einen
Erläuterungsbedarf. Ihrer Meinung nach ergebe sich aus § 10 Abs. 1 WoBindG eine Pflicht
zur Erläuterung, sofern sonst die Änderungen der Kosten im Vergleich zu den Vorjahren
nicht nachvollziehbar sind. Das Gericht vermag dieser Ansicht nicht zu folgen. Zwar ist
der rechtliche Hinweis der Beklagten wohl zutreffend. Die Abrechnung aber ist durchaus
in sich nachvollziehbar, so dass es keiner weiteren Erläuterungen bedarf. Der Anstieg
von Kosten wie Strom, Versicherung und Steuern ist allgemein bekannt. Wenn die
Beklagten Zweifel an den angesetzten Beträgen haben sollten, hätten sie Einsicht in die
zugrundeliegenden Belege erbitten und nehmen müssen. Den Hinweis auf die fehlende
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zugrundeliegenden Belege erbitten und nehmen müssen. Den Hinweis auf die fehlende
Aufschlüsselung der auf die verschiedenen Häuser entfallenden Stromkosten vermag
das Gericht nicht nachzuvollziehen; ein konkretes Problem in dieser Hinsicht ist nicht zu
erkennen. Bei den Sperrmüllentsorgungskosten erscheint das Darlegen von Gründen,
wie die Beklagten es verlangen, nicht plausibel. Wenn Sperrmüll angefallen ist und
entsorgt werden muß, ergibt sich der Grund aus diesem Umstand selbst. Eine
weitergehende Darlegung dürfte weder möglich noch notwendig sein. Warum die
Beklagten erhöhte Telefonkosten beim Fahrstuhl in zwei bestimmten Monaten
beanstanden, ist nicht recht verständlich. Es liegt doch nahe, dass die erhöhten Kosten
auf eine erhöhte Nutzung des Telefons zurückzuführen sind. Der Vortrag der Beklagten,
einige nicht umlagefähige Kosten seien dennoch umgelegt worden, ist in dieser Form
unsubstantiiert, soweit diese Kosten nicht benannt sind. Dass die Elektronikversicherung
und die Betriebskosten für den Waschraum nicht umlagefähig sein sollten, ist so
sicherlich nicht richtig. Nach §2 Nr.2 und 5 sowie 13 BetrKV gehören beide Positionen zu
den Betriebskosten.
Restlicher Mietzins steht der Klägerin dagegen nicht zu. Die Erhöhung der
Nettokaltmiete über den Betrag von 326,55 € hinaus war unzulässig. Im öffentlich
geförderten Wohnraum darf die Wohnung gemäß §8 Abs.1 WoBindG nicht gegen ein
höheres Entgelt zum Gebrauch überlassen werden, als zur Deckung der laufenden
Aufwendungen erforderlich ist. Diese sogenannte und allein zulässige Kostenmiete muß
nach § 2 NMV nach Maßgabe der Neubaumietenverordnung ermittelt werden. Dabei hat
der Vermieter neben der Erhöhung der Kostenmiete auch die etwa gesetzlich gebotene
Senkung der Kostenmiete zu beachten. Das ist im vorliegenden Fall nicht geschehen.
Wenn eine zentrale Heizungs- oder Warmwasserversorgungsanlage eigenständig
gewerblich betrieben wird, verringern sich nach § 5 Abs. 3 NMV die Gesamtkosten,
Finanzierungsmittel und laufenden Aufwendungen in dem dort angegebenen Maße. Dies
bedeutet, dass sich die in die Wirtschaftlichkeitsberechnung einzustellenden
Instandhaltungskosten verringern müssten. Was als Instandhaltungskosten je
Quadratmeter Wohnfläche im Jahr angesetzt werden darf, ergibt sich aus § 28 Abs. 2
Satz 1 der II.BV. Diese Sätze verringern sich nach Absatz 2 Satz 2 dieser Verordnung bei
eigenständig gewerblicher Leistung von Wärme um 0,20 t. Eine Berechnung dieser
Verringerung um 0,20 € findet sich in den Ausführungen und Unterlagen der Klägerin
nicht, die ja ohnehin ihre Verpflichtung zu einer entsprechenden Verringerung bestreitet.
Da die Mietberechnung der Klägerin diese zwingende gesetzliche Regelung außer acht
gelassen hat, kann sie nicht richtig und damit nicht zulässig sein. Beide
Erhöhungserklärungen der Klägerin sind unwirksam. Die Folge ist, dass bei der
Feststellung der von den Beklagten geschuldeten Mieten von deren Vortrag auszugehen
ist, dass der monatliche Gesamtmietzins für die Zeit vom 1. Februar 2002 bis zum 31.
Januar 2003 monatlich 580,14 € und danach 555,15 € betragen hat. Dies bedeutet
gleichzeitig, dass in der Zeit von Januar 2002 bis April 2005 keinerlei Mietrückstände
bestehen, die ihren Grund in der Differenz der von der Klägerin beanspruchten Miete
einerseits und dem seitens der Beklagten angegebenen Betrag andererseits haben.
Soweit die Klägerin Mietrückstände beansprucht, die eine andere Ursache haben, gilt
folgendes: [wird ausgeführt]
Einen Anspruch auf die Erstattung des Nachzahlungsbetrages von 485,04 € aus der
Heizkostenabrechnung für 2002 hat die Klägerin nicht. Diese Abrechnung ist nicht fällig,
da sie in sich nicht nachvollziehbar ist. Dadurch, dass die Klägerseite ihre Verpflichtung
zur Beheizung der Räumlichkeiten in Form des Wärme-Contracting an die GASAG
weitergegeben hat, ist die Heizkostenabrechnung in nicht korrigierbarer Weise falsch
geworden. Es ist nicht mehr nachvollziehbar, ob und gegebenenfalls welche nicht
umlagefähigen Kosten die Abrechnung enthält.
Eigentlich eine komplette Übersicht über Rechtsprechung und Literatur zum Wärme-
Contracting enthält die erfreulich klare Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 6.
April 2005 (VIII ZR 54/04 = NJW 2005, 1776ff [= WuM 2005, 387]): „Will der Vermieter von
Wohnraum während eines laufenden Mietverhältnisses den Betrieb einer vorhandenen
Heizungsanlage auf einen Dritten übertragen („Wärmecontracting“), bedarf es einer
Zustimmung des Mieters, wenn eine ausdrückliche Regelung hierfür im Mietvertrag fehlt
und dem Mieter dadurch zusätzliche Kosten auferlegt werden sollen“. Eine Zustimmung
der Beklagten als Mieter liegt im zu entscheidenden Fall nicht vor. Also kommt es darauf
an, ob der Mietvertrag für die Klägerin als Vermieterin die Möglichkeit eröffnet, ohne
ausdrückliche Zustimmung des Mieters die Wärmeversorgung in der konkreten Weise
umzustellen. Das aber ist zweifellos nicht der Fall. Regelungen zur Heizung enthält der
Mietvertrag in den §§5 und 11. In beiden Fällen aber wird dem Vermieter nicht das Recht
eingeräumt, die Heizung durch Wärme-Contracting zu bewerkstelligen. In §5 des
Mietvertrages ist zur Umstellung der Heizung gar nichts gesagt. In §11 des
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Mietvertrages ist zur Umstellung der Heizung gar nichts gesagt. In §11 des
Mietvertrages wird im ersten Absatz von Notmaßnahmen gesprochen, zu denen das
Wärme-Contracting sicherlich nicht gehört. Im zweiten Absatz ist konkret die Umstellung
der Heizung angesprochen. Speziell die Umstellung auf andere Heizstoffe und der
Anschluß an die Fernheizung, aber auch das Auswechseln vorhandener Öfen oder Herde
gegen solche anderer Betriebsart sind geregelt. Alle diese Konstellationen haben aber
gar nichts mit dem Wärme-Contracting zu tun. Denn die Abgabe der gesamten
Beheizung an einen Dritten ist etwas ganz anderes. Die mietvertraglichen Regelungen in
den vorstehend genannten Paragraphen des Mietvertrages stecken den Spielraum ab,
den der Vermieter im Rahmen der Erfüllung seiner ihm persönlich obliegenden
Verpflichtung zum Heizen hat. Die Übertragung dieser Verpflichtung auf einen Dritten
und dies mit ihren wirtschaftlichen Folgen haben die Parteien bei der Abfassung der
diesbezüglichen Klauseln im Vertrag – wenn man überhaupt von einer Abfassung in
diesem Sinne sprechen kann – nicht im Auge gehabt und auch der Wortlaut der Klauseln
gibt überhaupt nichts dafür her. Die Klägerin war somit nicht berechtigt, die Heizung auf
Wärme-Contracting umzustellen.
Bereits an dieser Stelle steht fest, dass die Beklagten nicht zur Bezahlung der für das
Wärme-Contracting anfallenden Kosten und damit auch nicht zum Ausgleich der
Heizkostenabrechnung verpflichtet sind. Weiterer Ausführungen zur Unbegründetheit der
Klage in diesem Punkte bedarf es daher eigentlich nicht. Jedoch soll nicht unerwähnt
bleiben, dass auch die Herausnahme von 1876,00 € an nicht umlagefähigen Kosten für
Instandhaltung – wie tatsächlich erfolgt – nicht dazu führt, dass die restlichen
Contracting-Kosten umlagefähig sind. Die auf Instandhaltung entfallenden Kosten sind
nicht die einzigen nicht umlagefähigen Kosten eines Wärme-Contracting. Daneben
enthält ein solcher Vertrag sicherlich oder zumindest möglicherweise Investitionskosten,
Verwaltungskosten, Versicherungskosten, Zinsen, Gewinnmargen usw. Für den Mieter ist
nicht ersichtlich, wie hoch der Anteil der nicht umlagefähigen Kosten im konkreten Fall
ist. Die Klägerin trägt zwar vor, sie habe alles ihr Zumutbare unternommen, um die
Einbeziehung bestimmter Kalkulationsbestandteile zu Lasten der Mieter zu verhindern.
Welche Bemühungen sie allerdings unternommen hat, bleibt offen.
Wenn somit – auch aus dem vorliegenden Vertrag mit der GASAG – nicht ersichtlich ist,
welche Kostenbestandteile umlagefähig sind, dann verbliebe als alternative Abrechnung
nur, auf den Mieter die Brennstoffkosten in der Weise umzulegen, dass der
Wärmeverbrauch – etwa in Kilowattstunden – ermittelt und mit üblichen
Wärmeversorgungstarifen multipliziert wird. „Die Erstellung einer solchen Abrechnung ist
jedoch Sache des Vermieters und nicht des Gerichts“ (LG Berlin WuM 2004, 611).
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