Urteil des AG Siegburg vom 28.08.2009

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Amtsgericht Siegburg, 150 C 168/08
Datum:
28.08.2009
Gericht:
Amtsgericht Siegburg
Spruchkörper:
150. Zivilabteilung
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
150 C 168/08
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Tenor:
Der Beschluß der Eigentümerversammlung vom 12. November 2008 zu
Tagesordnungspunkt 4 (Fensteraustausch im Penthouse-Bereich) wird
für ungültig erklärt.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Beklagten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand :
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Die Klägerin ist Mitglied der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft. Ihre
Sondereigentumseinheit liegt im Dachbereich des Gemeinschaftsobjektes (Penthouse).
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In der Wohnungseigentümerversammlung vom 12. November 2008 wurde über einen
Austausch der an der Sondereigentumseinheit vorhandenen, noch Norden
ausgerichteten Fenster diskutiert und letztlich durch Mehrheitsbeschluss abgelehnt.
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Hiergegen wendet sich die Klägerin und argumentiert, angesichts des desolaten
Zustandes der Fenster sei keine Reparatur, sondern nur noch deren Austausch
erfolgversprechend, um bestehende Undichtigkeiten und drohende, größere
Wassereinbrüche in ihre Sondereigentumseinheit zu vermeiden.
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Da die Fenster zum Gemeinschaftseigentum gehören, sei die
Wohnungseigentümergemeinschaft insgesamt verpflichtet, den Fensteraustausch zu
veranlassen und zu bezahlen.
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Die Klägerin beantragt,
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den Beschluss zu Tagesordnungspunkt 4 aus der
Wohnungseigentümerversammlung vom 12. November 2008 für unwirksam
zu erklären.
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Die Beklagten stellen in ihrer Gesamtheit keinen ausdrücklichen Antrag, während die
Miteigentümer A und B ausdrücklich beantragen,
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die Klage abzuweisen.
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Ebenso wenden sich die Miteigentümer Frau Q sowie T gegen einen Erfolg der Klage.
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Sie führen aus, dass eine Pflege der Außenfenster durch die Klägerin Schäden
verhindert hätte – auch seien Fenster, die nicht mehr reparabel seien, durch einige
Eigentümer auf eigene Kosten ausgetauscht worden.
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Angesichts der Vielzahl defekter Fenster übersteige deren Renovierung bzw.
Erneuerung in die finanziellen Möglichkeiten der Wohnungseigentümergemeinschaft.
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Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Einholung eines schriftlichen
Sachverständigengutachtens – insoweit wird auf das bei den Akten befindliche
Gutachten Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe :
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Der Klageantrag ist gerechtfertigt, denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht
zur Überzeugung des Gerichtes fest, dass ein Austausch der Nordfenster an der
Sondereigentumseinheit der Klägerin geboten und die einzig wirtschaftlich sinnvolle
Maßnahme ist, um diesen Teil des Gemeinschaftseigentums wieder in einen
ordnungsgemäße, gebrauchsfähigeren Zustand zu versetzen.
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Das Gericht hält das vom Sachverständigen erstattete Gutachten für verwertbar, auch
wenn – aus welchen Gründen auch immer – eine Teilnahme des Miteigentümers P am
Ortstermin nicht stattgefunden hat. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die
Feststellung des Sachverständigen, die diese anlässlich des Ortstermines getroffen hat,
in irgendeiner Weise durch die Teilnahme des Miteigentümers P hätte verändert werden
können. Der Sachverständige hat – wie sich auch aus den dem Gutachten beigefügten
Lichtbildern ergibt – den tatsächlichen Zustand der Fenster festgestellt und diesen
Zustand dokumentiert.
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Die Schlussfolgerungen, die der Sachverständige aus seinen vor Ort gezogenen
Feststellungen getroffen hat, sind unabhängig von eventuellen Meinungsäußerungen
der Parteien anlässlich des Ortstermines zu sehen.
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Das Gericht schließt sich auch aus eigener Überzeugung den Feststellungen des
Sachverständigen an, der – auch bei einer bestehenden Reparaturmöglichkeit an einem
Teil der untersuchten Fenster – zusammenfassend zu dem Ergebnis gekommen ist,
dass Reparaturen unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht mehr als
erfolgversprechend anzusehen sind. Die bestehende Mangelhaftigkeit der Fenster hat
der Sachverständige in vielen Punkten dokumentiert.
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Damit verstößt der von Klägerseite angegriffene Beschluss, der eine Ablehnung der
Fenstersanierung beinhaltet, gegen die Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung
des Gemeinschaftsobjektes, denn die Wohnungseigentümergemeinschaft ist
verpflichtet, die zum Gemeinschaftseigentum gehörenden Teile des Bauwerkes in
einem gebrauchsfähigen und ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten. Ist dies nur durch
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eine Erneuerung einzelner Bauteile – so wie der Sachverständige es festgestellt hat –
möglich, hat das einzelne Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft einen
Anspruch auf die Durchführung dieser Maßnahmen.
Dieses Recht ist unabhängig davon, inwieweit die Wohnungseigentümergemeinschaft
finanziell leistungungsfähig ist; gegebenenfalls muss über eine langfristige
Finanzierung auch durch Erhebung von Sonderumlagen durch die
Wohnungseigentümerversammlung befunden werden.
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Dem Recht der Klägerin auf Austausch der Fenster steht auch nicht entgegen, dass in
der Teilungserklärung – dort unter § 4 Ziffer 1. - festgehalten ist, dass die Instandhaltung
und Instandsetzung der Außenfenster, jedenfalls insoweit, als sie infolge
unsachgemäßer Behandlung durch die Wohnungseigentümer notwendig werden, den
einzelnen Wohnungseigentümern obliegen. Unter einer unsachgemäßen Behandlung
wird eine Beschädigung dieser Bauteile verstanden werden müssen; jedoch erscheint
es bereits zweifelhaft, ob ein Innenanstrich der Fenster für den einzelnen
Wohnungseigentümer verpflichtend ist. Der Text der Teilungserklärung besagt hierzu
ausdrücklich, dass der Innenanstrich der Außenfenster in das Ermessen der
Wohnungseigentümer gestellt ist. Von einer Verpflichtung zur (regelmäßigen)
Durchführung eines Innenanstriches ist in der Teilungserklärung gerade nicht die Rede.
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Demzufolge obliegt jedenfalls ein Außenanstrich der Fenster dem einzelnen
Wohnungseigentümer nicht, da dieser in § 4 der Teilungserklärung, die mit der
Überschrift "Instandhaltung und Instandsetzung" überschrieben ist, gar nicht erwähnt
wird.
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Es verbleibt deshalb bei der Frage des Außenanstriches der Fenster bei der
allgemeinen Verpflichtung der Wohnungseigentümergemeinschaft, für die
Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums Sorge zu tragen.
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Habe einzelne Sondereigentümer in Eigeninitiative diese Pflege der Fenster durch
Aufbringung eines Außenanstriches auf eigene Kosten veranlasst, dient dies der
Entlastung der Wohnungseigentümergemeinschaft – eine rechtliche Verpflichtung
hierzu gibt es aber nicht.
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In diesem Zusammenhang kann auch auf den Inhalt eines Beschlusses des
erkennenden Gerichtes aus dem Jahre 1988 verwiesen werden, in dem die Gültigkeit
eines Beschlusses über die Sanierung der Außenfenster auf Kosten der
Wohnungseigentümergemeinschaft bestätigt wurde (AZ 3 II 63/88 WEG).
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Die Klage war zuzusprechen mit der Kostenfolge des § 91 ZPO; die übrigen
Entscheidungen folgen aus den §§ 708 und 711 ZPO.
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Streitwert: 25.000,00 Euro
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