Urteil des AG Siegburg vom 22.10.2009

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Amtsgericht Siegburg, 113 C 163/09
Datum:
22.10.2009
Gericht:
Amtsgericht Siegburg
Spruchkörper:
113. Zivilabteilung
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
113 C 163/09
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Tenor:
Der Prozesskostenhilfeantrag des Beklagten vom xxxx (Widerklage)
wird zurückgewiesen.
Eine Erstattung von außergerichtlichen Kosten findet nicht statt (§ 118
Abs. 1 Satz 4 ZPO).
Der Beklagte begehrt mit der Widerklage Zahlung eines Schmerzensgeldes wegen
Verletzung seines Persönlichkeitsrechts.
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Die Parteien waren ursprünglich Vermieter und Mieter. Im Rahmen eines vom Kläger
angestrengten Räumungsrechtsstreits vor dem Amtsgericht T zum Aktenzeichen YY
schlossen die Parteien in der anberaumten mündlichen Verhandlung am xxxxx einen
Räumungsvergleich. Im Anschluss an die mündliche Verhandlung kam es im Laufe des
Tages zu einem Zusammentreffen der Parteien vor dem damals noch von dem
Beklagten bewohnten Wohnhaus. Im Rahmen dieses Zusammentreffens stritten sich die
Parteien bezüglich des Ausgangs der Gerichtsverhandlung. Es herrschte eine erregte
Situation. Der Kläger betitelte den Beklagten sodann als "Arschloch", "Wichser" und
"Hausbesetzer".
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Der Beklagte behauptet, der Kläger habe ihn auch noch an den Folgetagen im Rahmen
mehrerer Anrufe in gleicher Weise beschimpft.
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Der Beklagte beantragt,
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ihm Prozesskostenhilfe für folgenden Antrag zu bewilligen: Der Kläger wird
verurteilt, an ihn ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes, angemessenes
Schmerzensgeld, mindestens jedoch 800,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Der Kläger beantragt,
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den Prozesskostenhilfeantrag zurückzuweisen.
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Der Kläger behauptet, der Beklagte habe ihn ihm Rahmen des Zusammentreffens als
"hirnlosen Zeitgenossen" betitelt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
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II.
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Prozesskostenhilfe konnte nicht bewilligt werden, da die beabsichtigte
Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
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Dem Beklagten steht gegen den Kläger kein Anspruch auf Schmerzensgeld zu, weder
unter Zugrundelegung des unstreitigen Sachverhalts, noch unter Zugrundelegung des
streitigen Beklagtenvorbringens.
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Nach § 253 Abs. 1 BGB kann wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist,
Entschädigung nur in den durch das Gesetz geregelten Fällen gefordert werden. Dabei
kann Schmerzensgeld grundsätzlich auch wegen der Verletzung des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts gewährt werden. Voraussetzung dafür ist indes das Vorliegen
einer schweren Verletzung und dass die entstandenen Nachteile anders nicht
hinreichend ausgeglichen werden können. Dabei kommt es maßgeblich auf Bedeutung
und Tragweite des Eingriffs, Grad des Verschuldens und Anlass und Beweggrund des
Handelnden an. Hierbei ist auch die Dauer der Beeinträchtigung, die Art und Weise, das
Bekanntwerden und die Beziehungen der Parteien untereinander maßgeblich.
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Bei Berücksichtigung dieser Kriterien ergibt eine Gesamtabwägung, dass die
Verletzung durch den Kläger, selbst wenn der Beklagtenvortrag unstreitig gestellt wird,
nicht so schwerwiegend ist, dass sie eine Schmerzensgeldforderung rechtfertige.
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Richtig ist, dass Bezeichnungen gegenüber dem Beklagten gefallen sind, die
missbilligend und unflätig waren. Es handelte sich zwischen den Parteien indes nicht
um völlig fremde Personen. Vielmehr herrschte zwischen ihnen bereits ein länger
andauernden Streit, der seinen Höhepunkt in der gerichtlichen Auseinandersetzung
fand. Gerade im Zuge dieser erregten Situation nach Beendigung der gerichtlichen
Auseinandersetzung erfolgten die Äußerungen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass
die Parteien sich im Rahmen ihres Zusammentreffens gestritten haben. Bei alledem ist
von einem geringeren Verschuldensgrad auszugehen.
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Eine Nachhaltigkeit ist auch nicht zu erkennen. Selbst wenn weitere Beleidigungen am
Telefon erfolgten - die bisher nicht substantiiert vorgetragen sind - so, ist zu
berücksichtigten, dass diese Beleidigungen sodann nicht in der Öffentlichkeit
stattfanden und somit keine Herabwürdigung des Beklagten in der Öffentlichkeit
hervorgerufen haben. Insoweit kann nicht von einem erheblichen Eingriff ausgegangen
werden.
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Vorliegend ist auch ausschließlich die Privatsphäre, nicht auch die Intimsphäre oder
berufliche Reputation des Beklagten verletzt. Die Zubilligung eines Schmerzensgeldes
wäre auch aus diesem Grunde deutlich überzogen.
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