Urteil des AG Siegburg vom 05.02.2010

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Amtsgericht Siegburg, 118 C 508/09
Datum:
05.02.2010
Gericht:
Amtsgericht Siegburg
Spruchkörper:
118. Zivilabteilung
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
118 C 508/09
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von
275,- € abwenden, sofern nicht die Beklagte ihrerseits vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Zwischen den Parteien bestand ein Gas-Lieferungs-Vertrag (Sondervertrag) vom
22.10./6.11.1991. Anfang 2005 widersprach der Kläger einer seitens der Beklagten
vorgenommenen (weiteren) Preisanhebung.
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Mit Schreiben vom 29.6.2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie die
Vertragsform des mit dem Kläger bestehenden Sondervertrages ab dem 1.7.2009 nicht
mehr verwende und kündigte den Vertrag zum 30.9.2009. Ein ihm unterbreitetes
Angebot zum Abschluss eines neuen Sondervertrages mit anderen Konditionen lehnte
der Kläger ab.
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Ab dem 1.9.2009 wird der Kläger im Rahmen der Grundversorgung (zu höheren Preisen
als bislang) mit Gas beliefert. Der Kläger hat den Vertrag mit der Beklagten seinerseits
zum 31.12.2009 gekündigt und per 1.1.2010 einen neuen Sondervertrag mit einem
anderen Gaslieferanten abgeschlossen.
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Der Kläger hält die Kündigung der Beklagten für unwirksam. Er argumentiert in diesem
Zusammenhang, dass die Beklagte die beabsichtigte neue Vertragsform gegenüber
Neukunden verwenden möge. Ein Kündigungsbedürfnis ihm gegenüber ergebe sich
hieraus jedoch nicht. Darüber hinaus sei es nach herrschender Rechtsprechung so,
dass sich der Versorger im Rahmen einer ordentlichen Kündigung nur darauf berufen
könne, dass eine Preisänderungsklausel durch ein Gericht als unwirksam festgestellt
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worden sei, was auch im Kündigungsschreiben selber (hier vorliegend nicht erfolgt)
angeführt sein müsse.
Der Kläger beantragt,
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wie folgt zu erkennen:
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Es wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien bestehende
Erdgasbezugsvertrag zur Kundennummer xxxxxxx durch das
Kündigungsschreiben der Beklagten nicht zum 30.9.2009 beendet worden ist.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte hebt darauf ab, dass die in dem Vertrag mit dem Kläger geltende
Preisänderungsklausel nach neuer BGH-Rechtsprechung unwirksam sei. Dies sei der
Grund dafür, das betreffende Vertragswerk nicht mehr zu verwenden, was in Bezug auf
Altverträge deren Kündigung bedinge.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen
Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Der Klageantrag des Klägers wird dahingehend interpretiert, dass dieser die
Feststellung beantragt, der angeführte (ursprüngliche) Gaslieferungsvertrag mit der
Beklagten sei durch deren Kündigung vom 29.6.2009 nicht beendet worden, sondern
bestehe fort.
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Insoweit, als von diesem Feststellungsantrag solchermaßen auch eine Fortsetzung über
dem 1.1.2010 hinaus umfasst ist, ist die Klage in Ermangelung eines
Feststellungsinteresses des Klägers gemäß § 256 ZPO im Hinblick auf den klägerseits
zu diesem Termin erfolgten Abschluss eines neuen Gas-Sondervertrages mit einem
anderen Anbieter bereits unzulässig.
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Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
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Die Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 29.6.2009 ist wirksam und hat zu einer
Beendigung des ursprünglich zwischen den Parteien bestehenden Gas-Lieferungs-
Vertrages zum 30.9.2009 geführt.
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Die in dem Vertrag der Parteien insoweit vereinbarte 3-monatige Kündigungsfrist ist
gewahrt und die Kündigung der Beklagten insgesamt in formeller Hinsicht nicht zu
beanstanden. Sie ist auch materiell wirksam.
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Der betreffende Vertrag ist weder "unkündbar" – was auch klägerseits eingeräumt wird -,
noch ist eine derartige Kündigung aus energierechtlichen Gesichtspunkten mit
Wirksamkeitsvoraussetzungen behaftet, die die Beklagte vorliegend nicht gewahrt hätte.
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Die Beklagte hat die Kündigung nicht willkürlich und aus sachfremden Erwägungen
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ausgesprochen, sondern erklärtermaßen im Hinblick darauf, dass die in dem
Vertragsverhältnis geregelte Vertragsänderungsklausel nach neuer Rechtsprechung
des BGH zu Problemen führt und deshalb eine grundlegende Umformung und
Neustrukturierung des Regelwerks anzustreben ist mit der Konsequenz, dass keine
Neuabschlüsse zu den betreffenden Konditionen mehr erfolgen und der
Vertragsbestand durch Kündigung in die neuen Vertragsstrukturen überführt werden
solle.
In letzterer Hinsicht ist von Seiten der Beklagten dem Kläger ein Änderungsangebot
unterbreitet worden, was dieser indessen abgelehnt hat.
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Es stellt eine rechtlich anzuerkennende Wahrung der eigenen Rechtsposition der
Beklagten dar, wenn diese bestrebt ist, ihr Vertragswerk von angreifbaren
Preisanpassungsklauseln – die ihrerseits nicht isoliert gesehen werden können,
sondern Teil eines vertraglichen Gesamtkomplexes sind – zu befreien, was zwingend
mit dem Ausspruch von Kündigungen betreffend Altverträge verbunden ist.
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Zusätzliche Kriterien – wie klägerseits angeführt, jedoch nicht belegt – gelten insoweit
nicht, d. h. dass die Kündigung mit Schreiben vom 23.6.2009 nicht weiteren
Anforderungen zu genügen hatte, insbesondere keinen weiteren
Begründungsanforderungen unterlag und damit im Ergebnis als wirksam anzusehen ist.
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Im Hinblick hierauf ist dem Feststellungsantrag nicht zu entsprechen und unterliegt die
Klage mit den prozessualen Nebenentscheidungen aus §§ 91 I, 708 Nr. 11,711 Satz 1
ZPO der Abweisung.
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