Urteil des AG Saarbrücken vom 29.04.2002

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AG Saarbrücken Beschluß vom 29.4.2002, 1 II 173/01 WEG
Wohnungseigentum: Versicherung des gesamten Gebäudes gegen Wasserschäden;
Tragung des Selbstbehalts bei Schadenseintritt im Bereich des Sondereigentums
Tenor
1. Der Antrag vom 03.12.2001 wird zurückgewiesen.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Eine außergerichtliche
Kostenerstattung findet nicht statt.
3. Der Geschäftswert wird auf 7.443,33 EURO (= 14.556,88 DM) festgesetzt.
Gründe
I.
Im Jahr 1993 versicherte der frühere Verwalter das Gebäude der
Wohnungseigentümergemeinschaft, durch eine Gebäudeversicherung mit einer
Selbstbeteiligung von 1‰, d.h. zum damaligen Stand von 9.398,00 DM. Dies teilte er in
der Wohnungseigentümerversammlung vom 19.05.1994 mit. Niemand erhob
Widerspruch. Der Verwalter wurde entlastet.
In der Teilungserklärung vom 23.07.1974 ist unter § 6 Abs. 1 aufgenommen, dass jeder
Wohnungseigentümer sein Sondereigentum auf seine Kosten instandzuhalten und
instandzusetzen hat und diese Verpflichtung auch die Leitungen aller Art von der
Abzweigung an betrifft. In § 6 Abs. 3 der Teilungserklärung ist aufgenommen, dass der
Verwalter das gesamte Grundstück zum gleitenden Neuwert mit Zusatzversicherung in
Höhe der Wiederherstellungskosten gegen Feuer-, Wasser- und Frostschäden zu versichern
hat.
In den Jahren 1999/2000 traten im Bereich von Sondereigentum drei
Leitungswasserschäden auf. Wegen des vereinbarten Selbstbehaltes erstattete die
Gebäudeversicherung den Schaden nicht vollständig. Insgesamt 14.557,88 DM wurden
nicht übernommen.
Der Verwalter nahm diesen Betrag in die Nebenkostenabrechnung des Jahres 2000 auf und
legte diesen auf die Wohnungseigentümer nach dem Wohnungseigentumsanteil um. In der
Wohnungseigentümerversammlung
vom 07.11.2001 genehmigten die Wohnungseigentümer mehrheitlich diese Abrechnung
unter TOP 3.
Der Antragsteller beantragt
den in der Eigentümerversammlung am 07.11.2001 zu Punkt 3 der Tagesordnung
gefassten Beschluss, mit dem die Hausgeldabrechnung 2000 genehmigt wurde, für
ungültig zu erklären betreffend Konto 53 Versicherungsselbstbehalt aus
Leitungswasserschäden DM 14.557,88.
Die Antragsgegner beantragen,
den Antrag zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
Der Antrag war zurückzuweisen, weil die beschlossene Nebenkostenabrechnung 2000
auch hinsichtlich der Position "Versicherungsselbstbehalt" einer ordnungsgemäßen
Verwaltung entspricht gern. §§ 23 Abs. 4, 21 Abs. 5 WEG i.V.m. § 6 der Teilungserklärung.
Einschlägig ist vorliegend § 6 Abs. 3 der Teilungserklärung, nach dem der Verwalter das
gesamte Gebäude hinsichtlich der Wiederherstellungskosten gegen Wasserschäden zu
versichern hat. Nach § 6 Abs. 3 der Teilungserklärung ist das gesamte Grundstück
unabhängig von der wohnungseigentumsrechtlichen Zuordnung der Gebäudebestandteile
zu versichern. Diese Vereinbarung geht über die in § 21 Abs. 5 Nr. 3 WEG angeordnete
Versicherungspflicht hinaus, soweit sie auch Sondereigentum der allgemeinen
Versicherungspflicht unterstellt. Bereits daraus folgt ein Anspruch der Sondereigentümer
gegenüber der Eigentümergemeinschaft auf Erstattung von versicherten Schäden am
Sondereigentum. Die Belastung des Sondereigentümers mit dem Selbstbehalt würde
gegen den in der Teilungserklärung vereinbarten Anspruch auf Versicherung auch des
Sondereigentums und der damit zusammenhängenden Pflicht zur Freistellung von
entsprechender Kostenlast verstoßen.
Der Verpflichtung, das Haus gem. § 6 der Teilungserklärung zu versichern, ist der Verwalter
im Jahr 1993 nachgekommen, allerdings mit einem Selbstbehalt von beinahe 10.000,00
DM. Die Wohnungseigentümer waren hierüber informiert und haben dem nicht
widersprochen. Dadurch haben sie zum Ausdruck gebracht, dass sie mit der
abgeschlossenen Versicherung einverstanden sind, die bis zum Jahr 2000 abgeschlossen
war.
Dies bedeutet, dass alle Wohnungseigentümer zusammen mit dem Selbstbehalt im
Schadensfall zu belasten sind. Dies folgt im Umkehrschluss daraus, dass in gleichem
Umfang - im Verhältnis der Wohnungseigentumsanteile- alle Wohnungseigentümer durch
eine Reduzierung der Versicherungsprämie von dem Selbstbehalt Nutzen haben, solange
es nicht zu einem Schaden kommt. Die Wohnungseigentümer haben sich also im Jahr
1994 dazu entschieden, die Prämien für alle zu senken, mit dem gleichzeitigen Risiko der
Belastung mit dem Selbstbehalt.
Dass der Selbstbehalt im Schadensfalle alle Wohnungseigentümer anteilig treffen sollte,
folgt alleine daraus, dass sich vernünftigerweise keiner der Eigentümer darauf eingelassen
hätte, mit einem Selbstbehalt von 10.000,00 DM alleine belastet zu werden, obwohl alle
Eigentümer von der niedrigeren Prämie profitieren. Der zufällige Ort des Schadenseintrittes
hätte dann nämlich eine extrem ungleiche Kostenbelastung zur Folge, und dies obwohl ein
verschuldensunabhängiges und damit nicht beherrschbares Risiko durch die
Gebäudeversicherung abgesichert werden sollte.
Es kommt deshalb für Versicherungsfälle nicht darauf an, ob sie im Bereich des
Gemeinschaftseigentums oder im Bereich des Sondereigentums eintreten. Das Gebäude
war einheitlich versichert. Wenn durch die Schadensfälle nun ein so hoher Selbstbehalt
entstanden ist, der die Reduzierung der Versicherungsprämie von 1994 bis 2000 aufgrund
des Selbstbehaltes übersteigt, und sich damit die gewählte Versicherung als nachteilig
erweist, trifft dies alle Wohnungseigentümer anteilig, und nicht den zufällig durch ein
Schadensereignis Betroffenen.
§ 6 Abs. 1 der Teilungserklärung ist nicht einschlägig. Er regelt die Kostenverteilung für
Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten im Bereich des Sondereigentums, losgelöst
von Versicherungsfällen. Die Regelung hinsichtlich der versicherbaren Kosten enthält § 6
Abs. 3 der Teilungserklärung. Die Argumentation des Antragstellers zu § 6 Abs. 1 geht
deshalb fehl.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Eine Erstattung außergerichtliche Kosten
war nicht anzuordnen.
Der Geschäftswert war gem. § 48 WEG auf 7.443,33 EURO (= 14.557,88 DM)
festzusetzen.