Urteil des AG Recklinghausen vom 15.11.2005

AG Recklinghausen: einstweilige verfügung, strafrechtliche verfolgung, parkplatz, abrede, anhörung, fahrzeug, provokation, restaurant, glaubhaftmachung, persönlichkeit

Amtsgericht Recklinghausen, 11 C 403/05
Datum:
15.11.2005
Gericht:
Amtsgericht Recklinghausen
Spruchkörper:
Zivilabteilung 11
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
11 C 403/05
Tenor:
1. Die einstweilige Verfügung des Amtsgerichts Recklinghausen vom
13.10.2005
bleibt aufrechterhalten.
2. Die weiteren Kosten des Rechtsstreits werden dem
Verfügungsbeklagten
auferlegt.
T a t b e s t a n d :
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Der Verfügungskläger verlangt von dem Verfügungsbeklagten Unterlassung der
Belästigung und der Kontaktaufnahme.
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Dazu macht der Verfügungskläger geltend, dass er mit mehreren weiteren Personen
ausgehend von dem Parkplatz am Restaurant l in der I Waldläufe unternehme. Der
Verfügungsbeklagte erscheine schon seit geraumer Zeit ebenfalls gegen 11.00 Uhr,
wenn der Lauf in der Regel beginne, am vorgenannten Parkplatz. Der
Verfügungsbeklagte stelle sich dann an die Laufstrecke und versuche auf diese Art und
Weise die Laufaktivitäten der Gruppe zu stören. Auch fahre der Verfügungsbeklagte
hinter dem Fahrzeug des ebenfalls nach Hause zurückkehrenden Verfügungsklägers
her, um zu provozieren. Dies werde dadurch deutlich, dass der Verfügungsbeklagte
unter deutlicher Missachtung des Sicherheitsabstandes auffahre.
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Am 09. Oktober 2005 - so macht der Verfügungskläger weiter geltend - sei es zu einer
Eskalation der Situation gekommen. Auf dem bereits mehrfach erwähnten Parkplatz am
Restaurant L habe sich die Ehefrau des Verfügungsklägers im Kugelstoßen geübt. Der
Verfügungsbeklagte sei auch wiederum auf den Parkplatz gekommen, um den
bevorstehenden Lauf der Gruppe zu stören. Er sei auf den Verfügungskläger mit dem
Fahrzeug zugefahren und habe abrupt abgebremst. In der Folgezeit habe er ihn laut als
Wichser beschimpft. Der Verfügungsbeklagte habe ihn, den Verfügungskläger, verfolgt,
umgerannt und anschließend ins Gesicht geschlagen.
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Auf Antrag des Verfügungsklägers hat das Amtsgericht Recklinghausen am 13.10.2005
nach den Bestimmungen des Gewaltschutzgesetzes eine einstweilige Verfügung
erlassen, in der dem Antragsgegner untersagt worden ist,
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1. a) den Antragsteller zu bedrohen, zu belästigen, zu verletzen oder sonst
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körperlich zu misshandeln;
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b) sich in einem Umkreis von 50 m der Wohnung des Antragstellers im
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Hause J in ####1 E zu nähern, § 1 Abs. 1 Ziffer 2 Gewaltschutzgesetz;
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c) ein Zusammentreffen mit dem Antragsteller herbeizuführen, § 1 Abs. 1
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Ziffer 5 Gewaltschutzgesetz.
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2. Der Antragsgegner hat im Falle eines zufälligen Zusammentreffens mit dem
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Antragsteller einen gebührenden Abstand herzustellen.
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3. Für den Fall der andauernden Zuwiderhandlung gegen die in Ziffer 1. und 2.
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ausgesprochenen Verbote/Gebote wird dem Antragsgegner angedroht, dass
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der Antragsteller auf Antrag einen Gerichtsvollzieher zur Durchsetzung
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hinzuziehen kann.
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Der Gerichtsvollzieher ist gemäß §§ 758 Abs. 3, 759 ZPO befugt, sich zur
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Durchsetzung der Polizei zu bedienen.
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4. Dem Antragsgegner wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die in
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Ziffer 1. und 2. ausgesprochenen Gebote/Verbote ein Ordnungsgeld bis zu
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5.000,-- € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann,
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Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.
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Gegen diesen Beschluss hat der Verfügungsbeklagte Widerspruch eingelegt.
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Der Verfügungsbeklagte räumt ein, dass er sich seit geraumer Zeit an die Laufstrecke
stellt. Eine Verfolgung des Verfügungsklägers stellt der Verfügungsbeklagte jedoch in
Abrede. Auch habe es keine massiven Nötigungen gegeben.
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Der Vorfall vom 09. Oktober 2005 sei von dem Verfügungskläger unrichtig dargestellt
worden. Vielmehr habe der Verfügungskläger den beigeführten Hund der Ehefrau des
Verfügungsbeklagten zweimal getreten, woraufhin er, der Verfügungsbeklagte,
gemeinsam mit seiner Ehefrau den Verfügungskläger verfolgt habe, um ihn zur Rede zu
stellen. Der Verfügungskläger sei dabei gestolpert und zu Boden gestürzt, ohne dass er,
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der Verfügungsbeklagte, dazu unmittelbaren Anlass gegeben habe.
Der Verfügungsbeklagte beantragt,
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die einstweilige Verfügung des Amtsgerichts Recklinghausen vom
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13.10.2005 aufzuheben und den Antrag auf derselben zurückzuweisen.
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Der Verfügungskläger beantragt,
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die einstweilige Verfügung des Amtsgerichts Recklinghausen vom
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13.10.2005 aufrecht zu erhalten.
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Das erkennende Gericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 15.11.2005 im Wege
der Glaubhaftmachung die Zeugen T1, T2 sowie die Zeugin C vernommen. Außerdem
hat das erkennende Gericht die Parteien des Verfahrens ausführlich angehört.
Hinsichtlich des Ergebnisses wird insofern auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom
15.11.2005 verwiesen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die einstweilige Verfügung des Amtsgerichts Recklinghausen vom 13.10.2005 nach
Maßgabe des Gewaltschutzgesetzes war aufrecht zu erhalten. Denn die mündliche
Verhandlung vom 15.11.2005 hat den Vortrag des Verfügungsklägers vollumfänglich
bestätigt.
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Dem Verfügungskläger steht demnach gegenüber dem Verfügungsbeklagten ein
Verfügungsanspruch gem. § 823 BGB zur Seite. Denn das Verhalten des
Verfügungsbeklagten stellt sich als eine erhebliche Beeinträchtigung des dem
Verfügungskläger zustehenden allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu, welches im
Rahmen der Deliktshaftung des § 823 Absatz 1 bzw. Absatz 2 BGB geschützt wird.
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Der Verfügungsbeklagte hat bei seiner ausführlichen Anhörung nicht in Abrede gestellt,
beim Treffen der Laufgruppe auf dem Parkplatz L sich bei den Laufenden und auch
beim Kläger aufzustellen und entsprechend zu lachen.
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Nach der Anhörung der Parteien in der mündlichen Verhandlung geht das Gericht mit
dem Verfügungskläger davon aus, dass diese Aktion vom Verfügungsbeklagten aus
objektiver Sicht her eine Provokation darstellt, welche der Verfügungskläger als solche -
zumindest unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Falles - nicht zu dulden
hat. Das Gericht ist sich allerdings trotz intensiver Befragung des Verfügungsbeklagten
nicht sicher, ob dem Verfügungsbeklagten die Auswirkung seines Verhaltens überhaupt
bekannt ist. Auch haben die angehörten Zeugen eindrucksvoll geschildert, welches
Verhalten der Verfügungsbeklagte ihnen gegenüber an den Tag gelegt hat. In diesem
Zusammenhang kann es im Einzelnen dahingestellt bleiben, ob der vom
Verfügungskläger geschilderte Vorfall vom 09. Oktober 2005 sich tatsächlich so ereignet
hat, wie er dies geltend gemacht hat. Das Gericht hat sich in der bereits mehrfach
erwähnten mündlichen Verhandlung vom 15.11.2005 ein umfassendes Bild der
Persönlichkeit auch des Beklagten machen können. Im Zusammenhang mit den in der
mündlichen Verhandlung angehörten Zeugen geht das Gericht daher davon aus, dass
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der entsprechende Verfügungsgrund neben dem bereits vorerwähnten
Verfügungsanspruch gegeben ist. Insbesondere ist als Verfügungsgrund gemäß § 1
Absatz 1 Satz 1 Gewaltschutzgesetz hier die Erforderlichkeit von Maßnahmen zur
Abwendung weiterer Verletzungen zu nennen. Das Gericht weist in diesem
Zusammenhang darauf hin, dass im einstweiligen Verfügungsverfahren kein Vollbeweis
der behaupteten Tatsachen zu erbringen ist, sondern eine Glaubhaftmachung ausreicht.
Der Verfügungskläger hat in diesem Zusammenhang nicht nur die bereits vorerwähnten
Zeugen gestellt, deren Vernehmung zu der Entscheidung des erkennenden Gerichts
beigetragen hat. Der Verfügungskläger hat darüber hinaus darauf hingewiesen, dass er
bereits mit Anwaltsschriftsatz vom 21.12.2004 den Verfügungsbeklagten aufgefordert
hat, die vom Verfügungskläger als Nötigung und Provokation empfundene
Handlungsweise zu unterlassen. Gleichwohl hat der Verfügungsbeklagte - wie er selbst
einräumt - sein geschildertes Verhalten fortgesetzt.
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Insgesamt vermag das Gericht dementsprechend keine rechtfertigenden Umstände
festzustellen, nach denen der Verfügungskläger das Verhalten des
Verfügungsbeklagten aus irgendeinem Grunde weiterhin dulden müsste.
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Das Gericht weist den Verfügungsbeklagten in diesem Zusammenhang ausdrücklich
darauf hin, dass ein Verstoß gegen die zivilrechtlichen Anordnungen nach dem
Gewaltschutzgesetz eine strafrechtliche Verfolgung nach sich ziehen, § 4
Gewaltschutzgesetz.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Absatz 1 Satz 1 ZPO. Eine Entscheidung über
die Vollstreckbarkeit dieser Entscheidung ist nicht veranlasst.
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