Urteil des AG Potsdam vom 27.09.2005

AG Potsdam: vergütung, zahl, verwalter, steuersatz, rechtskraft, beendigung, zustellung, kreis, schlussbericht, link

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Gericht:
AG Potsdam
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
35 IN 1058/05
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 1 InsVV, § 2 Abs 2 InsVV, § 7
InsVV, § 8 Abs 3 InsVV
Insolvenzverwaltervergütung: Berechnung der Mindestvergütung
und der Auslagenpauschale
Tenor
In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des
Herrn I
werden die Vergütung und die Auslagen des Insolvenzverwalters und Antragstellers
Rechtsanwalt
festgesetzt auf
Gründe
I.
Am 27.9.2005 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners
eröffnet und der Antragsteller zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit Schriftsatz vom
1.11.2006 reichte er seinen Schlussbericht ein. Eine Insolvenzmasse ist nicht vorhanden.
Der Insolvenzverwalter begehrt, seine Vergütung auf Euro 1.600 gem. § 2 Abs. 2 InsVV
festzusetzen. Die Erhöhung der Basismindestvergütung begründet er damit, dass 26
Gläubiger Forderungen zur Tabelle angemeldet haben. Für die ihm nach § 8 Abs. 3 InsO
übertragenen Zustellungen an 50 Gläubiger begehrt er eine Erhöhung um Euro 200, die
Auslagen macht er als Pauschale gem. § 8 Abs. 3 InsVV für zwei Jahre auf der Basis der
erhöhten Regelvergütung von Euro 1.600 geltend und die zustehende Umsatzsteuer
berechnet er mit 16 %. In das Verteilungsverzeichnis hat der Verwalter 31 Forderungen
von 20 Gläubiger aufgenommen. 26 Gläubiger haben Forderungen angemeldet. Die
Forderungen von 6 Gläubigern wurden endgültig bestritten.
II.
Die in diesem Verfahren maßgebliche Mindestvergütung nach § 2 Abs. 2 InsVV ist auf
der Basis von 20 Gläubiger zu berechnen. Hierbei kommt es nicht auf die Anzahl der
Gläubiger an, sondern darauf, wie viele Personen Forderungen angemeldet haben. Hat
ein Gläubiger mehrere Forderungen angemeldet, wird er bei der Ermittlung der
Mindestvergütung des § 2 Abs. 2 InsVV (und auch im Rahmen des § 13 InsVV) nur ein
einziges Mal berücksichtigt ( v. 14.6.2005 – 4 T 137/05, MDR 2005, 1193).
Personen die Forderungen angemeldet haben, jedoch nicht als forderungsberechtigt
anzusehen sind und deren Forderungen daher endgültig bestritten wurden, sind bei der
Ermittlung der Mindestvergütung nicht zu berücksichtigen. Zwar haben diese Personen
Forderungen angemeldet, sie sind jedoch nicht als Gläubiger im Sinne von § 2 Abs. 2
InsVV anzusehen. Entsprechend der Begründung zur Änderung der InsVV vom
4.10.2004 (BGBl. 2569) hat sich die Mindestvergütung an der Belastung des
Insolvenzverwalters zu orientieren, welche durch die Zahl der anmeldenden Gläubiger
repräsentiert wird. Hierbei wurde nicht klargestellt, ob Gläubiger in diesem Sinne nur ein
Insolvenzgläubiger i. S. v. § 38 InsO ist oder auch Personen zu berücksichtigen sind, die
diese Voraussetzungen nicht erfüllen. In der Praxis weicht die Zahl der Personen, die
Forderungen anmelden, von denen der Insolvenzgläubiger häufig ab. Während
Insolvenzgläubiger teilweise darauf verzichten ihre Forderungen anzumelden, weil eine
Teilnahme am Verfahren für diese wirtschaftlich nicht sinnvoll erscheint, versuchen
andere Personen am Verfahren teilzunehmen, obwohl sie hierzu nicht berufen sind.
Teilweise melden Neugläubiger oder Massegläubiger ihre Ansprüche als
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Teilweise melden Neugläubiger oder Massegläubiger ihre Ansprüche als
Insolvenzforderungen beim Insolvenzverwalter an, weil sie fehlerhaft davon ausgehen,
zum Kreis der Insolvenzgläubiger zu gehören bzw. zur Durchsetzbarkeit ihrer Ansprüche
ein Anmeldung in dieser Weise vornehmen zu müssen. Daneben werden auch
Forderungen geltend gemacht, die nicht berechtigt sind oder auch nur einem falschen
Verfahren bzw. einem falschen Schuldner zugeordnet werden. Solche
Falschanmeldungen im weiteren Sinne belasten den Insolvenzverwalter zum Teil
erheblich mehr, als die Anmeldungen von Insolvenzforderungen berechtigter
Insolvenzgläubiger. Dies würde dafür sprechen, diesen Mehraufwand bereits bei der
Ermittlung der Mindestvergütung zu berücksichtigen.
Die Mindestvergütung nach § 2 Abs. 2 InsVV hat sich jedoch nur an der Zahl der
anmeldenden Insolvenzgläubiger zu orientieren. Gläubiger, deren Forderung bestritten
wurden, sind so lange nicht zu berücksichtigen, als ihre Forderungsberechtigung nicht
bindend festgestellt wurde. Daher sind bei der Berechnung der Mindestvergütung nur die
Gläubiger zu berücksichtigen, die im Verteilungsverzeichnis als Insolvenzgläubiger
aufgenommen worden sind (in diesem Sinne bereits v. 12.7.2006 – 35 IK
568/04, ZInsO 2006, 933). Durch diese Beschränkung auf den Kreis der unstreitigen
Insolvenzgläubiger, welcher dem Schlussbericht und dem Verteilungsverzeichnis des
Insolvenzverwalters in einfacher Weise entnommen werden kann, kann die Höhe der
Mindestvergütung auf der Basis unstreitiger und leicht erkennbarer Fakten festgesetzt
werden. Die in einem Verfahren durch eine besonders hohe Zahl von ungerechtfertigten
Forderungsanmeldungen verursachten besonderen Belastungen des Insolvenzverwalters
können auch bei einer Festsetzung einer Mindestvergütung nach § 2 Abs. 2 InsVV durch
einen Zuschlag nach § 3 Abs. 1 InsVV berücksichtigt werden ( v.
30.12.2005 – 5 T 405/05, ZInsO 2006, 205 zur InsVV a. F.).
Daher ist in diesem Verfahren die Mindestvergütung auf der Basis von 20 Gläubigern
gem. § 2 Abs. 2 InsVV auf Euro 1.300 festzusetzen. Eine Erhöhung dieser
Regelvergütung entsprechend § 3 Abs. 1 InsVV aufgrund des Umstandes, dass sechs
Personen Forderungen angemeldet haben, die durch den Insolvenzverwalter zu
bestreiten waren, ist nicht angezeigt. Die Beurteilung, ob durch diese Belastungen ein
Zuschlag angemessen wäre, hat sich nicht formal an der Anzahl der weiteren
anmeldenden Personen oder deren Verhältnis zur Zahl der Insolvenzgläubiger zu
orientieren, sondern den konkreten, zusätzlichen Arbeitsaufwand des
Insolvenzverwalters zu berücksichtigen. Der Vortrag des Insolvenzverwalters in diesem
Verfahren rechtfertigt einen Zuschlag nicht.
Für die dem Insolvenzverwalter nach § 8 Abs. 3 InsO übertragenen Zustellungen gebührt
diesem ein Zuschlag nach § 3 Abs. 1 InsVV in Höhe von Euro 4,– pro Zustellung (grds.
v. 22.7.2004 – IX ZB 22/03, ZInsO 2004, 908; v. 23.9.2004 – 3 T 95/04,
ZInsO 2004, 1196 (Euro 2,70); v. 21.10.2003 – 3 T 2177/03, ZInsO 2004,
200 (Euro 2,70); v. 19.3.2003 – 12 T 1388/03, ZInsO 2003, 514;
v. 7.12.2004 – 74 IK 22/04, ZInsO 2004, 1351 (Euro 2,70); a. A. v. 18.3.2005 – 5
T 104/05, ZInsO 2005, 587 m. krit. Anmerk . ). Dieser ist nicht Bestandteil
der Regelvergütung und daher bei der Berechnung der Auslagenpauschale nach § 8 Abs.
3 InsVV nicht zu berücksichtigen. Angesichts der Zustellung an 50 Gläubiger ist der
Zuschlag mit Euro 200 festzusetzen.
Auf der Basis der nach § 2 Abs. 2 InsVV anhand der Zahl der anmeldenden Gläubiger zu
ermittelnden Vergütung ist die Auslagenpauschale des § 8 Abs. 3 InsVV zu berechnen.
Die Begrenzung des § 8 Abs. 3 InsVV auf einen Bruchteil der Regelvergütung ist dabei
dahingehend auszulegen, dass unter Regelvergütung in diesem Sinne die nach § 2 InsVV
gemäß § 1 InsVV zu ermittelnde Vergütung zu verstehen ist. Im Falle einer
Mindestvergütung beträgt die Regelvergütung nicht allein Euro 1.000 entsprechend § 2
Abs. 2 Satz 1 InsVV, wenn die weiteren Voraussetzungen der Sätze 2 und 3 des § 2 Abs.
2 InsVV vorliegen. Auch die anhand der Anzahl der Insolvenzgläubiger zu berechnende,
erhöhte Mindestvergütung ist die Regelvergütung i.S.d. § 8 Abs. 3 InsVV (a. A. v.
31.10.2005 – 71 IK 141/04; v. 24.11.2005 – 71 IK 238/04, NZI 2006, 47). Da
dieses Verfahren voraussichtlich im zweiten Verfahrensjahr abgeschlossen wird, ist die
Auslagenpauschale mit 25 % gemäß § 8 Abs. 3 InsVV, mithin Euro 325 festzusetzen.
Gemäß § 7 InsVV ist zusätzlich zur Vergütung und zur Erstattung der Auslagen ein
Betrag in Höhe der vom Insolvenzverwalter zu zahlenden Umsatzsteuer festzusetzen.
Zum Zeitpunkt dieser Entscheidung gilt noch ein Steuersatz von 16 %. Zum Zeitpunkt
des Abschlusses des eröffneten Insolvenzverfahrens, der vorhersehbar nach dem
1.1.2007 liegen wird, wird ein Steuersatz von 19 % gelten. Maßgeblich für die Beurteilung
des anzuwendenden Steuersatzes ist der Zeitpunkt der Beendigung der Tätigkeit des
Insolvenzverwalters. Über die Einreichung des Schlussberichts und des
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Insolvenzverwalters. Über die Einreichung des Schlussberichts und des
Vergütungsantrags sowie des Schlusstermins hinaus hat der Insolvenzverwalter sein
Amt bis zur vollständigen Beendigung des Verfahrens, d. h. bis zum Eintritt der
Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses auszuüben ( v. 30.3.2006 – IX ZB 282/04
= BGHReport 1006, 998 sowie bereits v. 2.2.2006 – IX ZB 167/04, ZInsO 2006, 254;
MünchKom-InsO/ , § 56 Rdnr. 125; HK-InsO/ , 4. Aufl., § 56 Rdnr. 29).
Dieser Zeitpunkt ist der für die Höhe des Steuersatzes maßgebliche Zeitpunkt. Daher
steht dem Insolvenzverwalter ein Umsatzsteuerausgleich auf der Basis eines
Steuersatzes von 19 % auch dann zu, wenn die Festsetzung seiner Vergütung vor dem
1.1.2007 erfolgt, jedoch die Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses nach dem
31.12.2006 eintritt ( ZInsO 2006, 1191, 1193).
Der Insolvenzverwalter hat die Höhe der Umsatzsteuer mit 16 % und Euro 352 benannt.
Der Gesamtbetrag der nach § 7 InsVV festzusetzenden Umsatzsteuer von 19 % beträgt
Euro 346,75.
Das Insolvenzgericht ist im Rahmen des § 7 InsVV nicht an den vom Insolvenzverwalter
benannten Umsatzsteuersatz gebunden, sondern hat gem. § 7 InsVV den vom
Insolvenzverwalter tatsächlich zu zahlenden Betrag festzusetzen. Auch die Höhe des
vom Insolvenzverwalter berechneten Umsatzsteuerbetrags beschränkt das
Insolvenzgericht nicht.
Entgegen der vom Insolvenzgericht zu beachtenden Begrenzung, die eine Festsetzung
einer höheren Vergütung als vom Insolvenzverwalter beantragt verhindert, stellt die
Festsetzung der Umsatzsteuer nach § 7 InsVV nur einen rechtlichen Reflex der
Festsetzung von Vergütung und Auslagen dar. Daher bedarf es dem Grunde nach hierfür
keiner Darlegung des Insolvenzverwalters zur Höhe des Steuersatzes oder des
festzusetzenden Betrages. Es ist nicht notwendig, dass ein Verwalter in seinem
Vergütungsantrag die Höhe des Umsatzsteuerbetrages angibt. Beziffert ein Verwalter
diesen Betrag gleichwohl, hat das Insolvenzgericht die Umsatzsteuer auch dann in der
gesetzlichen Höhe festzusetzen, wenn der Verwalter einen geringeren Betrag benennt.
In diesem Verfahren deckt der insoweit fehlerhafte Antrag des Insolvenzverwalters den
festzusetzenden Betrag sogar ab.
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