Urteil des AG Plettenberg vom 12.05.2009

AG Plettenberg: auflage, jagdrecht, unterführung, erlöschen, behörde, befristung, kurve, gesetzgebungsverfahren, fischereirecht, zwangsvollstreckung

Amtsgericht Plettenberg, 1 C 372/08
Datum:
12.05.2009
Gericht:
Amtsgericht Plettenberg
Spruchkörper:
1. Abteilung des Amtsgerichts
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 C 372/08
Normen:
BJagdG § 13 LJG/NW §§ 16, 11 Abs. 1
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die
Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
jeweils beizutreibenden Betrages anzuwenden, wenn nicht der Kläger
vor der Vollstreckung in gleicher Höhe sichert.
Tatbestand
1
Mit Jagdpachtvertrag vom 31.03.2006 pachteten der Beklagte sowie der mittlerweile
verstorbene Herr ..... von der Jagdgenossenschaft des gemeinschaftlichen Jagdbezirks
...... als Verpächter den gemeinschaftlichen Jagdbezirk ........ mit Wirkung ab 01.04.2006
und einer Fläche von 257 ha zu einer jährlichen Jagdpacht von 5.808,00 € an. Das
Jagdpachtverhältnis wurde bis zum 31.03.2015 befristet.
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In § 10 des Jagdpachtvertrages heißt es:
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"Beim Tode des (der) Pächter(s) ist die Nachfolge nach § 14 LJG/NW zu regeln",
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wobei zwischen den Parteien unstreitig ist, dass es sich bei der Erwähnung des § 14
LJG/NW um einen Schreibfehler handelt und die Rechtsnachfolge sich nach § 16
LJG/NW richten sollte.
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Der Beklagte und Herr ........ trafen unter dem 15.09.2007 untereinander eine schriftliche
Vereinbarung dahingehend, dass sie sich die Jagdausübung auf der Fläche des
gepachteten Bezirks teilten. Der bereits verstorbene Mitpächter ........ sollte die Jagd in
dem südlich gelegenen Teil des gemeinschaftlichen Jagdbezirks ........., der gegenüber
dem nördlichen Teil durch eine Linie, die von der ............. bis zum Ende der
abgebrochenen Unterführung östlich der ehemaligen Bahntrasse bis zur Kurve
zwischen .......... und ........, weiter über den .........Weg, .......... bis zur Gemeindegrenze
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nahe der oberen ....... verläuft, ausüben. Wegen der Einzelheiten der Vereinbarung wird
auf den in Kopie der Klageschrift anliegenden Vertrag (Bl. 20 d.A.) verwiesen.
Im Frühjahr 2008 erkrankte der Pächter ......... schwer. Eine Verlängerung seines am
31.03.2008 auslaufenden Dreijahresjagdscheines beantragte er nicht. Er leitete auch
keine weiteren Maßnahmen diesbezüglich ein. Am 22.06.2008 verstarb Herr ........ und
wurde zumindest auch von seiner Ehefrau Frau ........... beerbt.
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Frau .......... teilte der unteren Jagdbehörde des ........... mit Schreiben vom 24.06.2008
den Tod ihres Mannes mit und benannte zudem einen neuen
Jagdausübungsberechtigten - den Kläger - als Rechtsnachfolger. Mit Schreiben vom
selben Tage machte Frau ........ entsprechende Mitteilung an die Jagdgenossenschaft.
Der Beklagte wurde von ihr mit Schreiben vom 30.6.2008 über das Versterben des
Herrn ....... und die Benennung des Klägers in Kenntnis gesetzt.
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Die Abkömmlinge des verstorbenen Herrn ....., ....., ..... und ....., billigten die Benennung
des Klägers als Jagdausübungsberechtigten nachträglich mit an die untere
Jagdbehörde des ......... gerichteten Schreiben vom 17.09.2008.
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Die untere Jagdbehörde trug zunächst aufgrund der Benennung durch ..... ....... die
hälftige Fläche des gemeinschaftlichen Jagdbezirkes – wie bereits beschrieben – als
Pachtfläche in dem Jagdschein des Klägers ein. Mit Schreiben vom 01.07.2008 forderte
sie den Kläger zur Rücksendung seines Jagdscheines zwecks Berichtigung auf, da die
Eintragung über die entgeltliche Jagderlaubnis in seinen Jagdschein zu Unrecht erfolgt
sei.
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Der Beklagte jagte zwischenzeitlich auf dem streitgegenständlichen Gebiet, was ihm mit
einstweiliger Verfügung des Amtsgerichts Q vom 17.07.2008 in dem Verfahren 1 C
278/08 vorläufig untersagt wurde.
11
Der Kläger ist der Auffassung, dass er infolge der Benennung durch ..........., die
testamentarische Alleinerbin des Mitpächters ........ sei, in die Rechtsnachfolge
desselben eingetreten sei. Aufgrund der Regelung in § 10 des Pachtvertrages stehe ihm
nunmehr das Jagdrecht zu. Die zuvor bestehende bürgerlich-rechtliche Gesellschaft
zwischen dem Beklagten und Herrn ...... sei aufgelöst. Der Jagdpachtvertrag sei auch
nicht erloschen. Die Voraussetzungen des § 13 BJagdG lägen nicht vor, da eine Frist
zur Beantragung eines Jagdscheines von der Jagdbehörde nicht gesetzt worden sei.
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Der Kläger beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, die Jagd in dem südlich
gelegenen Teil des gemeinschaftlichen Jagdbezirks ......, der gegenüber dem
nördlichen Teil durch eine Linie, die von der ....... bis zum Ende der abgebrochenen
Unterführung östlich der ehemaligen Bahntrasse bis zur Kurve zwischen ...... und
......., weiter über den ....... Weg, .... bis zur Gemeindegrenze nahe der oberen ......
verläuft und der in der dieser Klage als Anlage 1 beigefügten Karte grün umrandet
dargestellt ist, auszuüben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er ist der Auffassung, der Jagdpachtvertrag sei in Bezug auf Herrn ...... zur Zeit seines
Todes aufgrund der Regelung des § 13 BJagdG bereits erloschen gewesen, so dass die
Regelung des § 16 LJG/NW nicht eingreife. Da der Mitpächter Herr ...... den Jagdschein
bis zum 31.03.2008 nicht verlängert habe und er die Voraussetzungen für eine
Verlängerung aufgrund seines schlechten gesundheitlichen Zustandes auch nicht habe
erfüllen können, sei der Jagdpachtvertrag mit ihm gemäß § 13 BJagdG entfallen. Der
Anteil des Herrn ....... sei gemäß § 13 a BJagdG dem Beklagten als verbleibendem
Mitpächter angewachsen.
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Der Beklagte meint ferner, zu der Benennung des Klägers als
Jagdausübungsberechtigten sei seine Zustimmung erforderlich gewesen.
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Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien
gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
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Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten
nicht zu. Der Kläger ist nicht aktivlegitimiert, da er nicht allein
Jagdausübungsberechtiger auf der streitigen Fläche ist.
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Der Kläger konnte durch die Benennung der ......... schon deshalb nicht
Jagdausübungsberechtigter auf der streitigen Fläche werden, weil das
Jagdpachtverhältnis mit dem Mitpächter ........ bereits vor dessen Versterben gemäß § 13
BJagdG erloschen war.
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Die Regelung des § 16 LJG/NW, wonach die Erben im Falle des Todes eines
Mitpächters der unteren Jagdbehörde die jagdausübungsberechtigten Erben bzw. eine
andere jagdpachtfähige Person unter Beachtung der Vorschrift des § 11 Abs. 1
benennen, setzt voraus, dass das Jagdpachtverhältnis mit dem Pächter zum Zeitpunkt
seines Versterbens noch Bestand hatte. Dies war jedoch aufgrund der Regelung des §
13 BJagdG nicht der Fall, so dass § 16 LJG/NW nicht zum Zuge kam.
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Das Jagdpachtverhältnis mit Herrn ............ war bereits vor seinem Tode gemäß § 13 S. 2
Alt. 2 BJagdG erloschen, da die Gültigkeitsdauer seines Jagdscheines mit dem
31.03.2008 abgelaufen war und er die Voraussetzungen für die Erteilung eines neuen
Jagdscheines nicht fristgemäß erfüllt hatte.
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Nach Auffassung des erkennenden Gerichts ist die Formulierung "nicht fristgemäß"
dahingehend auszulegen, dass ein Jagdpachtverhältnis mit Ablauf der Gültigkeitsdauer
des Jagdscheins automatisch erlischt, wenn nicht der Pächter rechtzeitig – d.h. vor
Ablauf der Gültigkeitsdauer - einen Antrag auf Erteilung eines neuen Jagdscheines
gestellt und er die Voraussetzungen für die Erteilung eines neuen Jagdscheines zu
diesem Zeitpunkt erfüllt hat.
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Das Wort "fristgemäß" kann schon nach seinem Wortlaut nur dahingehend verstanden
werden, dass damit der Ablauf der Gültigkeitsdauer des Jagdscheines gemeint ist. Zwar
ist ausdrücklich keine Pflicht des Jagdpächters normiert, bei Ablauf der Gültigkeitsdauer
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des Jagdscheines die Erteilung eines neuen Jagdscheines zu beantragen. Es entspricht
aber dem gängigen Sprachgebrauch, bei einer beschränkten Gültigkeitsdauer von einer
"Befristung" zu sprechen, so dass aus der Verwendung des Wortes "fristgemäß" durch
den Gesetzgeber darauf geschlossen werden kann, dass er damit eben den Ablauf der
Gültigkeitsdauer/Befristung des Jagdscheines meinte.
Allein diese Auslegung trägt auch der Vorschrift des § 11 Abs. 5 BJagdG Rechnung,
wonach Pächter (grundsätzlich) nur sein kann, wer einen Jagdschein besitzt (vgl. Drees
/ Thies / Müller-Schallenberg, Das Jagdrecht in Nordrhein-Westfalen, 4. Auflage Stand
2005, S. 116 – zu § 13 BJG; Lorz / Metzger / Stöckel, Jagdrecht, Fischereirecht, 3.
Auflage 1998, § 13 Rn. 3; a.A. LG M, Urteil vom 21.07.1967, MDR 6/1968, 496 f.;
Mitzschke / Schäfer, Kommentar zum Bundesjagdgesetz, 4. Auflage 1982, § 13 Rn. 14).
Der Wille des Gesetzgebers ist danach in der verwendeten Formulierung "fristgemäß"
hinreichend deutlich zum Ausdruck gekommen (a.A. LG M, Urteil vom 21.07.1967, MDR
6/1968, 496 f.).
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Die vorgenommene Auslegung wird zudem von den folgenden Erwägungen gestützt:
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Ursprünglich lautete die Fassung des § 13 S. 1 BJagdG wie folgt:
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"Der Jagdpachtvertrag erlischt, wenn dem Pächter der Jagdschein entzogen und
nicht wieder erteilt wird".
31
Im Gesetzgebungsverfahren wurde sodann vorgeschlagen, das § 13 S. 1 BJagdG wie
folgt neu gefasst werden solle:
32
"Der Jagdpachtvertrag erlischt, wenn dem Pächter der Jahresjagdschein
unanfechtbar entzogen ist. Er erlischt auch dann, wenn die Gültigkeitsdauer des
Jahresjagdscheins abgelaufen und entweder die zuständige Behörde die Erteilung
eines neuen Jagdscheins unanfechtbar versagt hat oder der Pächter nicht binnen
einer von der zuständigen Behörde gesetzten Frist die Voraussetzung für die
Erteilung eines neuen Bundesjagdscheins durch Antragstellung und Einzahlung
der Gebühr erfüllt hat".
33
Letztlich wurde § 13 BJagdG jedoch wie der heutigen Fassung formuliert und insoweit
den Bedenken Rechnung getragen, dass es nach der vorgeschlagenen Formulierung
im Belieben des Jagdpächters stehen könne, durch Nichterneuerung des Jagdscheines
eine ihn drohende Versagung und damit eine zwangsläufige Erlöschung des
Pachtvertrages (zunächst) zu vermeiden.
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Aus dem Umstand, dass die vorgeschlagene Formulierung, wonach eine von der
Jagdbehörde gesetzte Frist abgelaufen sein muss, gerade nicht umgesetzt wurde, ist
danach zu schließen, dass der Gesetzgeber mit der Regelung ein Erlöschen des
Jagdscheines gerade unabhängig von einer durch die Jagdbehörde gesetzten Frist
bezweckte.
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Für diese Auslegung spricht auch, dass mehrere Bundesländer im Gegensatz zu
Nordrhein-Westfalen aufgrund der sich aus Art. 72 Abs. 3 Nr. 1 GG ergebenden
Kompetenz abweichende bzw. klarstellende Regelungen zu § 13 S. 2 BJagdG getroffen
haben. So heißt es etwa in Art. 19 des Bayrischen Jagdgesetzes:
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"Ist die Gültigkeitsdauer eines Jagdscheins abgelaufen, so erlischt der Jagdpachtvertrag
oder Jagderlaubnisvertrag im Fall des § 13 Satz 2 des Bundesjagdgesetzes nur dann,
wenn der Jagdpächter oder Inhaber der entgeltlichen Dauerjagderlaubnis innerhalb
einer von der Jagdbehörde gesetzten angemessenen Frist einen Jahresjagdschein
nicht beantragt oder sonstige Voraussetzungen dafür nicht erfüllt"
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und in § 12 Abs. 2 LJagdG Baden-Württemberg:
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"Ist der Jagdpächter aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, gehindert, bis zum Ablauf
der Gültigkeitsdauer des alten einen neuen Jagdschein zu erwerben oder die
Voraussetzungen für dessen Erteilung zu erfüllen, so hat er dies der für seinen
Jagdbezirk zuständigen unteren Jagdbehörde unverzüglich schriftlich mitzuteilen. In
diesem Fall erlischt der Jagdpachtvertrag erst dann, wenn der Jagdpächter nicht
innerhalb einer von dieser Jagdbehörde gesetzten angemessenen Frist einen
Jahresjagdschein erworben oder die Voraussetzungen für dessen Erteilung erfüllt hat.
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Diese landesrechtlichen Regelungen, wonach erst der Ablauf einer von der
Jagdbehörde gesetzten Frist zum Erlöschen des Jagdpachtvertrages führt, wären
überflüssig, wenn schon von § 13 S. 2 Alt. 2 BJagdG der Ablauf einer behördlich
gesetzten Frist gefordert wäre.
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Nachdem schon aufgrund des vorherigen Erlöschens des Jagdpachtverhältnisses mit
Herrn ............ gemäß § 13 S. 2 Alt. 2 BJagdG eine Bestimmung des
Jagausübungsberechtigten gemäß § 16 LJG/NW durch ............. nicht möglich war,
kommt es auf die streitigen Fragen, wie sich die Erbfolge nach Herrn ........... darstellt und
ob eine Zustimmung des Beklagten zu der Benennung des Klägers erforderlich
gewesen wäre, nicht an.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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