Urteil des AG Pforzheim vom 01.07.2004

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AG Pforzheim Beschluß vom 1.7.2004, 5 F 162/04
Prozesskostenhilfe: Einsatz einer Lebensversicherung für Prozesskosten
Tenor
1. Der Antrag der Klägerin, ihr für die beabsichtigte Klage vom 04.04.2004 Prozesskostenhilfe zu gewähren, wird
zurückgewiesen.
2. Eine Kostenentscheidung ergeht nicht.
Gründe
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Die Parteien sind seit 1999 geschiedene Ehegatten. Aus der Ehe der Parteien sind die Kinder V. und M. hervorgegangen. Die Tochter lebt bei
der Mutter und der Sohn beim Vater.
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Mit Antrag vom 04.04.2004 hat die Antragstellerin um Gewährung von Prozesskostenhilfe für eine Auskunfts-Stufenklage Ehegatten- und
Kindesunterhalt nachgesucht.
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Hinsichtlich des Kindesunterhaltes ist die Klägerin nicht die richtige Partei. Der Antrag wäre gemäß § 1629 Absatz 2 BGB bzgl. des
Kindesunterhaltes durch das Kind, gesetzlich vertreten durch die betreuende Mutter, geltend zu machen.
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Der Antrag war jedoch deshalb insgesamt zurückzuweisen, da die Voraussetzung für Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht vorliegen, die
Klägerin nicht bedürftig ist.
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Die bedürftige Partei hat nämlich zur Finanzierung auch den Rückkaufswert von Lebensversicherungen einzusetzen, soweit diese die
Schongrenzen nach § 88 BSHG übersteigt (vgl. Kammergericht FamRZ 2003, 1394).
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Gemäß § 115 Absatz 2 ZPO i.V.m. § 88 Absatz 2 Nr. 8 BSHG darf die Bewilligung der Prozesskostenhilfe nicht abhängig gemacht werden vom
Einsatz kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte. Ein kleiner Barbetrag oder Geldwert umfasst eine Wertstellung von 2.300,00 EUR (vgl.
Zöller/Philippi, ZPO, 24. Auflage § 115 Rdnr. 57, 58 c). Vorliegend gibt die Klägerin den Rückkaufswert der Lebensversicherung mit ... EUR an.
Der übersteigende Betrag deckt die zu erwartenden Prozesskosten. Darüber hinaus kann die Klägerin die Lebensversicherung entsprechend
beleihen.
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Gemäß § 115 Absatz 2 ZPO i.V.m. § 88 Absatz 3 BSHG darf die Prozesskostenhilfe nicht davon abhängig gemacht werden, dass die
hilfebedürftige Partei Mittel einsetzt, wenn dies eine Härte bedeuten würde, insbesondere, wenn die Aufrechterhaltung einer angemessenen
Alterssicherung wesentlich erschwert würde. Dass die Klägerin nicht über eine ausreichende Altersversorgung verfüge, hat sie nicht dargelegt.
Durch den Bezug des Arbeitslosengeldes bedient die Klägerin nach wie vor ihre Rentenversicherung.
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Es kann daher nicht festgestellt werden, dass die abgeschlossene Lebensversicherung für die Aufrechterhaltung der Altersversorgung der
Klägerin erforderlich ist. Dies wäre nur dann zu bejahen, wenn die sonstige Altersversorgung der hilfsbedürftigen Partei bekannt ist. Es muss die
Schlussfolgerung möglich sein, dass die Alterssicherung dereinst unzureichend sein werde (vgl. VGH Baden-Württemberg, Justiz 2003, 38. ff.).
Es gibt keinen Anhalt, dass der Gesetzgeber den Richter im Prozesskostenhilfeverfahren eine großzügigere Handhabung als im Rahmen der
sozialhilferechtlichen Maßstäbe ermöglichen wollte. Es war eine enge Verzahnung mit dem Sozialhilferecht beabsichtigt, insbesondere
hinsichtlich des Vermögenseinsatzes und vor dem Hintergrund des Verständnisses der Prozesskostenhilfe als einer sondergesetzlich geregelten
Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg a.a.O. mit weiteren Hinweisen; vgl. zum Ganzen OLG
Karlsruhe, 16. Senat, Beschluss vom 27.06.2003 - 16 WF 76/2003; OLG Stuttgart, 18. Senat, FamRZ 99, 63; OLG Stuttgart, FamRB 2002, 143;
Zimmermann Prozesskostenhilfe in Familiensachen, 2. Auflage 2000, Rz. 149; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und
Beratungshilfe, 2. Auflage 1999, Rz. 327).
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Insofern kommt es nicht darauf an, dass bei bewilligter Prozesskostenhilfe Ratenzahlungen anzuordnen wären, da zwischenzeitlich die
Kreditverpflichtungen der Antragstellerin ausgelaufen sind.
10 Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst, § 127 a ZPO.