Urteil des AG Pankow-Weißensee vom 01.06.2007

AG Pankow-Weißensee: bad, balkon, gewerbe, vollstreckung, besonnung, vergleich, einbau, ausstattung, belichtung, vollstreckbarkeit

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Gericht:
AG Pankow-
Weißensee
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 C 327/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 243 BGB, § 558c BGB
Mieterhöhung bei der Wohnraummiete: Auslegung des
Sondermerkmals "modernes Bad" und Vorliegen einer
unzureichenden Wärmedämmung
Tenor
1. 1. Die Beklagten werden verurteilt, einer Erhöhung der Nettokaltmiete für ihre von der
Klägerin gemietete Wohnung ... , von 280,85 Euro um 56,17 Euro auf 337,02 Euro seit
dem 1. Juni 2007 zuzustimmen.
2. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits je zu 1/2.
3. Das Urteil ist für die Klägerin hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Den Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe
von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die
Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Der Streitwert wird auf 674,04 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Zustimmung zu einer Mieterhöhung.
Die Beklagten mieteten mit schriftlichen Mietvertrag vom 9. Januar 2004 von der ... eine
Wohnung mit 64,12 qm in der ... . Die monatliche Nettokaltmiete vereinbarten die
Parteien mit 280,85 Euro.
Die ... hatte die Wohnung zur gewerblichen Weitervermietung von der Klägerin
gepachtet. Mit Aufhebungsvertrag vom 30. Juni 2006 beendeten die
Pachtvertragsparteien das Pachtverhältnis. Mit schriftlichem Mieterhöhungsverlangen
vom 15. März 2007 begehrte die ... im Namen der Klägerin von den Beklagten die
Zustimmung zur Mieterhöhung auf 5,26 Euro pro Quadratmeter und Monat ab dem 1.
Juni 2007.
Zwischen den Parteien besteht Einigkeit, dass die Ausstattungsmerkmale des
Sondermerkmales “Modernes Bad” in dem Badezimmer der Beklagten seit der
Modernisierung im Jahr 2003 vorhanden sind. Ebenso werten beide Parteien die
Merkmalgruppen 1 und 2 der Spannenmerkmalseinordnung im Mietspiegel 2007 als
positiv. Die Wohnung verfügt über einen Kaltwasserzähler und einen Balkon mit einer
Größe von 4 qm.
Mit Klageschrift vom 29.8.2007 hat die Klägerin Klage auf Zustimmung erhoben.
Zwischen den Parteien besteht Einigkeit, dass im Bad sämtliche Wände türhoch gefliest
sind, Bodenfliesen und eine Einbaubadewanne bestehen. Darüber hinaus besteht
Einigkeit, dass die Merkmalgruppen 1 und 2 positiv zu bewerten sind. Der Balkon ist 4
qm groß.
Die Klägerin behauptet,
die Wohnräume seien überwiegend gut belichtet und besonnt, das Haus verfüge über
eine moderne Heizungsanlage, die nach dem 1.07.1994 eingebaut wurde und bei der ...
handelt es sich um eine besonders ruhige Straße.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass die Ausstattungsmerkmale des Bades
neuzeitlichen Standard entsprechen.
Die Klägerin beantragt,
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Die Beklagten werden verurteilt, einer Erhöhung der Nettokaltmiete für ihre von
der Klägerin gemietete Wohnung ... , von 280,05 Euro um 56,17 Euro auf 337,02 Euro
seit dem 1. Juni 2007 zuzustimmen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten behaupten,
es lägen Beeinträchtigungen durch Gewerbe vor, da der ...markt beliefert werden würde.
Die Wohnung sei nicht gut belichtet und besonnt, da Bäume vor der Wohnung ständen.
Der Keller sei durchfeuchtet und es bestehe eine unzureichende Wärmedämmung.
Die Ausstattungsmaterialien im Bade stammen lediglich aus einem mittleren und
niedrigen Preissegment.
Hinsichtlich des weiteren Sach -und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien
nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Klägerin steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Zustimmung zur Mieterhöhung
auf eine Nettokaltmiete von 337, 02 Euro seit dem 1. Juni 2007 aus § 558 Abs. 1 BGB zu.
Die Klägerin ist gemäß § 565 BGB in die Vermieterstellung gegenüber den Beklagten
eingerückt. Das Mieterhöhungsverlangen vom 15. März 2007 entspricht den
Voraussetzungen des § 558 a Abs. 1 BGB. Die Wartefrist des § 558 Abs. 1 ist
eingehalten. Die Klagefrist des § 558 b Abs. 2 BGB zum 29. August 2007 ist gewahrt. Die
örtliche Vergleichsmiete hinsichtlich der Wohnung der Beklagten beträgt seit dem
Mietspiegel 2007, der nunmehr zur Überprüfung des Mieterhöhungsschreibens
heranzuziehen ist, 5,32 Euro pro Quadratmeter. Die Wohnung der Beklagten ist
unstreitig in das Mietspiegelfeld H4 mit einem Mittelwert von 4,63 Euro einzuordnen.
Hierzu ist entgegen der Auffassung der Beklagten der Betrag von 0,37 Euro für das
Sondermerkmal “Modernes Bad” zuzurechnen. Unstreitig sind die in diesem
Sondermerkmal genannten Ausstattungsmerkmale des Bades gegeben. Nach
Auffassung des Gerichts ist der Wortlaut dieses Sondermerkmals dahin gehend zu
verstehen, dass die aufgeführten Ausstattungsmerkmale hier türhoch geflieste Wände,
Bodenfliesen, Einbauwanne und Dusche neuzeitlichem Standard entsprechen müssen.
Unstreitig sind die Ausstattungsmerkmale von der Klägerin im Rahmen der
Modernisierung der Wohnung im Jahr 2003 eingebaut worden. Dass diese Verfliesungen
einem mittleren oder unteren Preisgefüge entstammen, führt nach Auffassung des
Gerichts nicht dazu, dass ein neuzeitlicher Standard nicht angenommen werden kann.
Unter neuzeitlichem Standard ist ein solcher Standard zu verstehen, der den heutigen
Ansprüchen und Voraussetzungen an einer Mietwohnung entspricht. Nicht erforderlich
ist hierfür, dass die Ausstattungsmerkmale einer bestimmten Qualitätsausgestaltung
oberhalb der mittleren Art und im Sinne des § 243 Abs. 1 BGB entsprechen. Eine
anderweitige Auslegung insbesondere im Vergleich mit den
wohnwerterhöhenden Merkmalen der Spanneneinordnung ist nach Auffassung des
Gerichts nicht erforderlich. Dabei ist zu berücksichtigen, dass hier als weiteres
wohnwerterhöhendes Merkmal eine besondere Ausstattung, d.h., hochwertige
Ausstattungsgegenstände, berücksichtigt werden. Auf den Zuschnitt des Bades oder
dessen Größe sowie die Anordnung des Fensters kann für die Beurteilung eines
neuzeitlichen Standards keine Rücksicht genommen werden, da auch in einem kleinen
und verwinkelten Bad durch das Einbringen neuzeitlicher Gegenstände ein erhöhter
Standard herbeigeführt werden kann. Einem allgemeinen neuzeitlichen Standard
entspricht es auch nicht im Großraum ..., dass das Badezimmer eine gewisse
Mindestgröße oder eine bestimmte Belichtungsmöglichkeit haben muss.
Darüber hinaus sind zumindest zwei Spannenmerkmale, nämlich die unstreitigen
Merkmalgruppen 1 und 2 positiv einzuordnen, so dass insgesamt zumindest 0,32 Euro
pro Quadratmeter hinzuzurechnen sind.
Hinsichtlich der Merkmalgruppe 3 hat die Beklagte als wohnwertminderndes Merkmal
lediglich eine Einfachverglasung eingewandt, die jedoch bei Doppelkastenfenstern nicht
vorliegt, da diese einen Isoliereffekt herbeiführen, der weit über einer Einfachverglasung
liegt. Damit liegt die Merkmalgruppe 3 durch den unbestritten vorhandenen
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liegt. Damit liegt die Merkmalgruppe 3 durch den unbestritten vorhandenen
Kaltwasserzähler ebenfalls im positiven Bereich. Die mit Schriftsatz vom 11. Januar 2008
behauptete schlechte Belichtung und Besonnung ist nicht weiter substantiiert, so dass
dies keinen ausreichenden Vortrag beinhaltet. Gleiches gilt für den Einwand des nicht
nutzbaren Balkons, da der Balkon unstreitig eine Größe von 4 qm aufweist und damit -
jedenfalls ohne weiteres Vorbringen - eine mangelnde Nutzbarkeit nicht erkannt werden
kann.
Der als Spanneinordnung vorgesehenen Behauptung der Feuchtigkeitsschäden im
Sockelbereich steht der Einbau der modernen Heizanlage nach dem 1. Juli 1994
gegenüber, so dass auch hier eine negative Bewertung des Merkmals nicht vorliegt. Der
Vortrag der Beklagten, hinsichtlich der unzureichenden Wärmedämmung ist nicht
ausreichend. Bei dem Negativmerkmal der Merkmalgruppe 4 ist entscheidend darauf
abzustellen, dass das vorhandene Gebäude eine Wärmedämmung aufweist, die mit
vergleichbaren Gebäuden der gleichen Baualtersklasse eine nach damaligen Standard
niedrige Wärmedämmung aufweist. Hierzu fehlt jeglicher Vortrag.
Letztlich ist hinsichtlich der Merkmalgruppe 5 auch nicht durch eine Beeinträchtigung
durch Geräusche und Gerüche vom Gewerbe auszugehen, da die Beklagte keine
hinreichend konkrete Geräuschbeeinträchtigung durch die Belieferung des ...Marktes im
Hinblick auf den Standort ihrer Wohnung in der ... nicht dargelegt hat. Nach alledem
ergibt sich eine ortsübliche Vergleichsmiete von 5,32 Euro, so dass die geltend
gemachte Mieterhöhung der Klägerin begründet ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Streitwertentscheidung beruht auf § 41 Abs. 5 GKG.
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