Urteil des AG Pankow-Weißensee vom 13.03.2017

AG Pankow-Weißensee: nutzungsrecht, kündigung, grundstück, wohnung, wohnraum, haus, vermieter, mietrecht, duldung, auflage

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Gericht:
AG Pankow-
Weißensee
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 C 359/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 242 BGB, § 573b BGB
Wohnraummiete: Nachträgliche Untersagung der Nutzung eines
Mehrfamilienhaus-Gartens
Tenor
1. Es wird festgestellt,
a) dass die Beklagten kein Nutzungsrecht an dem hinteren, ca. 60 m² großen Raum im
2. Obergeschoss des Hauses ..., ..., dessen genaue Lage der der Klageschrift
beigefügten Lageskizze entnommen werden kann, haben,
b) dass die Beklagten kein Nutzungsrecht an dem auf dem Grundstück des Hauses ...,
...befindlichen Schuppen, dessen genaue Lage der der Klageschrift beigefügten
Lageskizze entnommen werden kann, haben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Widerklage wird zu beiden Anträgen abgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 27 % und die Beklagten als
Gesamtschuldner 73 % zu tragen.
Die Kosten der Streithilfe werden den Beklagten als Gesamtschuldnern zu 73 % und der
Streithelferin zu 27 % auferlegt.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien können die Vollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe
des jeweils beizutreibenden Betrages zzgl. 10 % abwenden, wenn nicht die Gegenseite
vor der Vollstreckung Sicherheit in jeweils gleicher Höhe leistet.
5. Der Streitwert wird auf 6.723,00 Euro festgesetzt. Davon entfällt auf den Klageantrag
zu 1. a) ein Wert von 1.440,00 Euro, auf den Klageantrag zu 1. b) ein Wert von 1.620,00
Euro und auf den Klageantrag zu 2. und 3. einheitlich ein Wert von 1.800,00 Euro.
Der hilfsweise gestellte Widerklageantrag ist wertmäßig in den Klageanträgen zu 1. und
2. enthalten. Auf den hilfshilfsweise gestellten Widerklageantrag entfällt ein Wert von
1.863,00 Euro.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Beklagten kein Nutzungsrecht an einem
näher bezeichneten Raum des Hauses, in dem sich die von ihnen jeweils gemieteten
Wohnungen befinden, sowie an einem auf dem Grundstück befindlichen, ebenfalls näher
bezeichneten Schuppen haben; zudem verlangt er von ihnen die Unterlassung der
Nutzung des Gartens auf dem Grundstück und schließlich von einzelnen Beklagten die
Entfernung bestimmter Gegenstände aus dem Garten.
Die Beklagten fordern widerklagend für den Fall der oben genannten Feststellung, dass
ihnen ein näher gekennzeichneter Ersatzraum zur Verfügung gestellt wird, und für den
Fall, dass sie auch insoweit nicht obsiegen, dass eine Mietminderung festgestellt werde.
Der Kläger erwarb mit Kaufvertrag vom 6. März 2006 das Grundstück ... in ... von der
...und wurde am 17. August 2006 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Von der
Voreigentümerin mieteten mit Vertrag vom 29. März/6. April 1998 die Beklagten zu 1.
und 2., mit Vertrag vom 12. Oktober 2000 die Beklagte zu 4., mit Vertrag vom 19.
Februar 2004 die Beklagten zu 5. und 6. und mit Vertrag vom 25. März 2004 die
Beklagte zu 3. jeweils Wohnungen im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss des Hauses auf
dem bezeichneten Grundstück. Hinsichtlich der Mietzinsvereinbarungen und der
weiteren Einzelheiten wird auf die als Anlagen zur Klageschrift eingereichten Mietverträge
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weiteren Einzelheiten wird auf die als Anlagen zur Klageschrift eingereichten Mietverträge
(Blatt 32 bis 49 der Akten) Bezug genommen. Jeweils unter § 2 der
Mietvertragsformulare heißt es:
Das streitbefangene Haus verfügt über keinen Dachboden. Im 2. Obergeschoss befand
sich zu dem Zeitpunkt, als der Kläger den Besitz an dem Haus übernommen hatte eine
zu diesem Zeitpunkt leer stehende Vierzimmerwohnung. Dahinter und nur durch die
vorgenannte Wohnung begehbar befindet sich ein weit über 50 m² großer Raum, den die
Beklagten jedenfalls bis dahin als Abstellraum und im Winter als Raum zum Wäsche
trocknen genutzt hatten. Hinsichtlich der Einzelheiten der baulichen Gegebenheiten des
Dachgeschosses des Hauses wird auf die zur Klageschrift eingereichte Lageskizze (Blatt
11 der Akten) Bezug genommen.
Sowohl zur Straße hin als auch hinter dem von den Beklagten bewohnten Haus befindet
sich ein weit über 1.000 m² großer Garten. Neben dem hinteren Gartenstück befindet
sich der streitbefangene Schuppen, neben dem vorderen Gartenstück eine Remise.
Beide Gebäude bilden keinen einheitlichen Baukörper. Sie sind beide zudem von dem
Garten durch die Zuwegung des Hauses getrennt. Als der Kläger das Grundstück
übernommen hatte, hatten die Beklagten den Schuppen unter Anderem als Abstellraum
genutzt. Im Sommer des Jahres 2006 beräumten die Beklagten den Schuppen und auch
den streitbefangenen hinteren Raum im 2. Obergeschoss des Hauses, erklärten indes,
diese Räumung erfolge lediglich vorübergehend und allein zur Duldung von
Erhaltungsmaßnahmen durch den Kläger. Zwischenzeitlich baute der Kläger Remise und
Schuppen aus. Für diesen Ausbau hatte das Bezirksamt..., ..., ...- unter dem 14. Juli 2006
und 29. August 2006 die Baugenehmigung und die Genehmigung zur Umnutzung von
Nebenräumen zu Wohnräumen erteilt. Diese Genehmigungen erfassen gleichermaßen
auch die "Erweiterung der Dachgeschosswohnung des Wohnhauses". Wegen der
weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die beiden Genehmigungen, Blatt 121,
122 der Akten.
Schuppen und Remise sind zwischenzeitlich Gegenstand eines einheitlichen
Mietverhältnisses zwischen dem Kläger und einer am Rechtsstreit nicht beteiligten
Mietpartei. Dabei nutzt diese Mietpartei nur die Remise zu Wohnzwecken; im -
ehemaligen - Schuppen hingegen befinden sich lediglich sporadisch genutzte
Büroräume. Mit Anwaltschreiben vom 4. Juli 2006 ließ der Kläger gegenüber der
Prozessbevollmächtigten der Beklagten erklären:
Und mit Schreiben vom 17. Juli 2006 ließ der Kläger seine Prozessbevollmächtigte
gegenüber der Prozessbevollmächtigten der Beklagten erklären:
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Schließlich wiederholte der Kläger mit Schriftsatz vom 19. September 2006 die
Teilkündigung hinsichtlich der streitbefangenen Gebäudeteile und des Gartens unter
Bezugnahme auf § 573 b BGB.
Nachdem der Kläger zunächst mit Klageschrift vom 6. Juni 2006 die Beräumung von
Schuppen und dem Raum im 2. Obergeschoss des Hauses verlangt hat, hat er diese
Anträge mit Schriftsatz vom 19. September 2006 jeweils auf Feststellung des
Nichtbestehens eines Nutzungsrechts umgestellt und zudem beantragt, den Beklagten
die Beräumung des Gartens aufzugeben. Mit Schriftsatz vom 10. Januar 2007 hat er
auch diese Anträge umgestellt.
Die Parteien sind sich einig, dass nunmehr das Wäschetrocknen in den Wohnungen nicht
mehr verboten ist und zudem es seit längerem nicht mehr zu Wasserrohrbrüchen oder
anderweitig begründeten Wassereintritten in den Keller des Hauses gekommen ist.
Nunmehr beantragt der Kläger
1. die Feststellung,
a) dass die Beklagten kein Nutzungsrecht an dem hinteren, ca. 60 qm
großen Raum im 2. Obergeschoss des Hauses..., ...., dessen genaue Lage der der
Klageschrift beigefügten Lageskizze entnommen werden kann, haben,
b) dass die Beklagten kein Nutzungsrecht an dem auf dem Grundstück des
Hauses..., ..., befindlichen Schuppens, dessen genaue Lage der der Klageschrift
beigefügten Lageskizze entnommen werden kann, haben,
2. die Beklagte zu 1. zu verurteilen, die Hollywoodschaukel, die Beklagte zu 4. zu
verurteilen, den Sandkasten links vom großen Baum (gesehen von der Rückseite aus)
und die Beklagten zu 5. und 6. zu verurteilen, den Tisch und Sandkasten rechts vom
Baum aus dem Garten..., ..., zu entfernen,
3. die Beklagten zu verurteilen, die Nutzung des Gartens ..., ...zu unterlassen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten beantragen widerklagend, hilfsweise für den Fall, dass der Kläger mit
seinen Anträgen zu 1. durchdringen sollte,
a) den Kläger zu verpflichten, den Beklagten zur gemeinschaftlichen Nutzung
zum Zwecke des Wäschetrocknens, zum Abstellen von Fahrrädern, Kinderfahrzeugen,
Gartengeräten und -möbeln sowie zur Durchführung von Zusammenkünften einen
mindestens 40 m² großen Raum auf dem streitgegenständlichen Grundstück zur
Verfügung zu stellen;
b) für den Fall, dass die Beklagten mit dem Widerklageantrag zu a) nicht
durchdringen sollten, hilfshilfsweise, festzustellen, dass die Beklagten berechtigt sind,
den Bruttomietzins dauerhaft um 10 % der Bruttomiete zu mindern.
Der Kläger beantragt,
die Widerklageanträge zurück zu weisen.
Die Beklagten sind der Auffassung, die Kündigung des Gartens durch den Kläger sei
unwirksam, da diese für den gesamten Garten erfolgt sei. Es sei rechtsmissbräuchlich,
dass der Kläger den Garten mit der Begründung gekündigt habe, er wolle diesen den
Mietern des neu zu schaffenden Wohnraums zur Verfügung stellen. Denn mit dieser
Kündigung entziehe er die Nutzung den Bestandsmietern vollkommen, um den
Neumietern eine Gartennutzung zu ermöglichen. Hinzu komme, dass der Garten groß
genug sei, um für alle Mieter eine Gartennutzung zu schaffen. Auch liege im
vorliegenden Fall keine Umwidmung des Gartens vor, da der Garten ja nicht einer
anderen Nutzung zugeführt werden solle, sondern weiterhin als Garten, nur nicht mehr
von den Beklagten genutzt werden solle. Ein Nutzungsrecht an den streitbefangenen
Gebäude- und Grundstücksteilen ergebe sich aus § 2 Abs. 2 der Mietverträge, da dieser
seit 1949 zum gemeinsamen Gebrauch der Mieter des Hauses gewidmet sei. Eine
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seit 1949 zum gemeinsamen Gebrauch der Mieter des Hauses gewidmet sei. Eine
Umgestaltung und Umwidmung sei dem Kläger zudem nur bezüglich Hof- und
Außenanlagen gestattet, nicht bezüglich des Boden- und Gemeinschaftsraumes.
Das Haus habe sich seit den fünfziger Jahren in - Mieterselbstverwaltung - befunden,
d.h., es habe einen Vertrag der Mieter des Hauses mit dem ...-der die Haus- und
Gehwegreinigung - beinhaltet habe, die Gartennutzung und -pflege und die Verwaltung
des Hauskontos für die Anschaffung von Gartengeräten (z.B. Rasenmäher,
Gartenmöbel, Gartenreinigungsgeräte und Reinigungsgeräte) beinhaltet. Lediglich ein 10
x 10 m großes Teilstück des hinteren Gartens sei für eine im Frühjahr 2006 ausgezogene
Mieterin zur Sondernutzung abgeteilt gewesen. Der im 2. Obergeschoss im hinteren Teil
gelegene Raum sei auch zu diesen Zeiten zum Wäsche trocknen und Abstellen von
Gegenständen genutzt worden, da diese Wohnung vermietet gewesen sei. In diesem
Falle habe der Mieter den Schlüssel gehabt.
In Zeiten, da die Wohnung nicht vermietet gewesen sei, habe die Beklagte zu 1. den
Schlüssel verwaltet. Alle Beklagten hätten die Wohnung gerade im Hinblick auf die
Gartenmitbenutzung sowie die Abstellflächen gemietet. Im Übrigen sei eine dauerhafte
Verbringung der bisher in Schuppen und Dachgeschoss untergestellten Gegenstände im
Keller den Beklagten kaum zuzumuten, da der in Breite und Höhe beengte Zugang zum
Keller gerade das Heineintragen von sperrigen Gegenständen, wie etwa Fahrrädern,
schwierig gestalte.
Der Kläger ist der Auffassung, dass sich selbst eine Gestattung des Vorvermieters zur
Nutzung von Garten, 2. Obergeschoss und Schuppen nicht erkennen lasse. Vielmehr
hätten sich die Beklagten nach und nach auf dem Grundstück schlicht ausgebreitet. Es
stimme auch schlicht nicht, dass im 2. Obergeschoss der hintere Raum als
Trockenboden durchweg benutzt worden sei. Vielmehr habe eine Familie, die diese
Wohnung im 2. Obergeschoss vom Anfang der sechziger Jahre bis 1988 bewohnt habe,
die Nutzung des hinteren Raumes durch die übrigen Hausbewohner verhindert. Allein
aus Bequemlichkeit sei der Schuppen zum Abstellen von Gerätschaften benutzt worden,
die eigentlich hätten in den Keller verbracht werden müssen.
Entscheidungsgründe
Die Klage (dazu I) ist nur hinsichtlich der Feststellungsanträge begründet; die Beklagten
dürfen den Raum im 2. Obergeschoss (dazu 1) und den Schuppen (dazu 2) nicht nutzen.
Mit seinen Leistungsanträgen dringt der Kläger hingegen nicht durch; die Gartennutzung
brauchen die Beklagten nicht einzustellen und dürfen insoweit auch die von einzelnen
von ihnen aufgestellten Gegenstände belassen (dazu 3).
Die Hilfs- und Hilfshilfswiderklage der Beklagten ist hingegen unbegründet (dazu II).
I.
1. Die Beklagten haben kein Nutzungsrecht an dem im 2. Obergeschoss des Hauses
gelegenen Raum. Weder ist dieses Gebäudeteil von den Mietverträgen der Beklagten,
die nach dem Eigentümerwechsel von der ... auf den Kläger diesen nach § 566 BGB
verbinden, erfasst, noch ist der Kläger an eine Gestattung gebunden; eine solche hat er
zumindest wirksam widerrufen.
In den jeweiligen Mietverträgen der Beklagten ist kein Nutzungsrecht an dem 2.
Obergeschoss begründet. Nach § 2 Abs. 2 der Mietverträge besteht ein Nutzungsrecht
des Mieters nur an solchen Anlagen und Einrichtungen, die zum gemeinsamen
Gebrauch bestimmt sind. Eine solche Bestimmung des Raumes im 2. Obergeschoss ist
hier nicht vorgetragen oder anderweitig ersichtlich. Bei dem Raum im 2. Obergeschoss
handelt es sich auch nach dem Beklagtenvortrag um nichts mehr als einen leeren
Raum. Nichts an diesem Raum deutet auf eine Bestimmung zu einem gemeinsamen
Gebrauch hin.
Inwieweit das Vorhandensein von Gemeinschaftsanlagen, sei es allein schon durch ihre
bloße Existenz (vgl. Sternel, Mietrecht, 3. Auflage, II.180, Landgericht Berlin, GE 1992,
989), sei es durch Hinweis des Vermieters darauf, zu einem mietvertraglichen
Gebrauchsrecht, das nur durch Kündigung zu beseitigen ist, oder lediglich zu einer
bloßen Gestattung der Nutzung, die grundsätzlich frei widerruflich ist, bedarf vorliegend
hinsichtlich des Raumes im 2. Obergeschoss keiner abschließenden Entscheidung
(insoweit ist auch keinesfalls eine klare Linie in der Rechtsprechung erkennbar in
Abgrenzung und Voraussetzung von Einbezug in den auf Vereinbarung beruhenden
Mietgebrauch einerseits und die unentgeltliche Gestattung der Benutzung andererseits).
Denn der Raum im 2. Obergeschoss ist eben nicht als Trockenraum/-boden oder
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Denn der Raum im 2. Obergeschoss ist eben nicht als Trockenraum/-boden oder
wenigstens als spezieller Speicher, also Abstellraum, erkennbar. Nichts verleiht ihm vom
Äußeren her überhaupt nur die Eignung zu einer Gemeinschaftsanlage. Dem steht sogar
entgegen, dass sich dieser Raum hinter einer, wenngleich nicht durchweg vermieteten
Wohnung befindet und keinen eigenen Zugang hat.
Auch ist dieser Raum nicht durch vermieterseitige Duldung der Nutzung dieses Raumes
als Trockenboden und Abstellraum durch die Mieter zu eben einem solchen Gebrauch
gewidmet worden. Denn eine solche Duldung setzt auf Seiten des Vermieters eine
Kenntnis oder zumindestens doch eine Kenntniswahrscheinlichkeit voraus. Eine solche
ist aber dem Beklagtenvortrag nicht zu entnehmen.
Schließlich ist eine etwaige Gestattung der Nutzung durch den Vermieter jedenfalls
wirksam widerrufen worden. Der Widerruf einer solchen etwaigen Gestattung ist sicherlich
nicht nach § 242 BGB ausgeschlossen gewesen. Denn die Mieter können nunmehr, da
nach übereinstimmender, wenngleich nicht protokollierter, Erklärung der Parteien in der
mündlichen Verhandlung, die Wäsche in ihren Wohnungen trocknen.
2. Etwas anderes liegen die Verhältnisse bei dem Schuppen.
Auch insoweit ist nicht von einer ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarung eines
Nutzungsrechts nach § 2 Abs. 2 der Mietverträge auszugehen, da eine Bestimmung des
Schuppens zum gemeinsamen Gebrauch durch alle Mieter nicht erkennbar geworden
ist.
Auch ist der Schuppen nicht zu solchen Gemeinschaftseinrichtungen zu rechnen, die
üblicher Weise, sofern sie vorhanden sind, automatisch zum Gegenstand der
mietvertraglichen Nutzung gerechnet werden, vgl. insoweit Landgericht Berlin, GE 1992,
989).
Denn auch dem Schuppen haften keine äußeren Merkmale an, die ihn zur Nutzung
durch die Mietergemeinschaft ausweisen. Indes hat der Vorvermieter, die G..., die
Nutzung dieses Schuppens durch die Mieter geduldet. Anderenfalls gäbe seine zwischen
den Parteien unstreitig gebliebene Zahlung zur, wenngleich geringfügigen, Reparatur an
dem Schuppen keinen Sinn. Der Vorvermieter wusste um die Nutzung des Schuppens
durch die Mietergemeinschaft.
Aber auch insoweit bedarf es keiner abschließenden Abgrenzung, ob der Vorvermieter
mit der Wirkung eines Einbezugs des Schuppens in den Mietgebrauch dessen Nutzung
geduldet hat oder ob seiner Duldung lediglich die Qualität einer Gestattung der
unentgeltlichen Nutzung zuzumessen ist. Denn das Nutzungsrecht ist jedenfalls
beendet, da insoweit nicht nur ein Widerruf der Gestattung, sondern auch die an höhere
Anforderungen gebundene Teilkündigung nach § 573 b BGB wirksam gegenüber den
Beklagten erklärt worden ist.
Jedenfalls die Kündigung von Klägerseite im Schriftsatz vom 19. September 2006 ist
wirksam.
Nach § 573 b Abs. 1 Ziffer 1 BGB kann der Vermieter nicht zum Wohnen bestimmte
Nebenräume ohne ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 573 BGB kündigen, wenn
er die Kündigung auf diese Räume beschränkt und sie dazu verwenden will, Wohnraum
zum Zwecke der Vermietung zu schaffen. Unstreitig ist der Schuppen nun Teil eines
Mietvertrags des Klägers mit einem Dritten. Dementsprechend ist davon auszugehen,
dass der Vermieter gerade zu diesem Zweck auch den Schuppen der Nutzung der
anderen Mieter entzogen hat.
Dass der Widerruf der Gestattung oder eben diese Kündigung treuwidrig im Sinne des §
242 BGB gewesen sei, wird weder von den Beklagten moniert noch ist es anderweitig
ersichtlich. Insbesondere haben die Beklagten nun, nachdem unstreitig die Kellerräume
nicht mehr Wassereinbrüchen ausgesetzt sind, die Möglichkeit, dort ihre Sachen
unterzubringen.
Dass der Zugang in den Keller beschwerlicher sein mag als derjenige in den Schuppen,
vermag nicht die Rechtsausübung des Klägers über die - äußere - Schranke sozial-
ethischer Zulässigkeit, die von § 242 BGB markiert wird, hinaus zu schieben, nämlich in
den Bereich der Verwerflichkeit.
3. Der Kläger kann nicht von den Beklagten die Unterlassung der Gartennutzung
verlangen.
Insoweit ist von einem mietvertraglichen Nutzungsrecht der Beklagten an dem Garten
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Insoweit ist von einem mietvertraglichen Nutzungsrecht der Beklagten an dem Garten
auszugehen. Mit Sternel (Mietrecht, 3. Auflage, II.180) geht das Gericht davon aus, dass
zum Mietgebrauch das Recht, Gemeinschaftsanlagen und Gemeinschaftsflächen zu
benutzen zählt. Bereits das Vorhandensein solcher Einrichtungen indiziert das
Benutzungsrecht, auch wenn sie im Mietvertrag nicht ausdrücklich genannt sind. Im
Zweifel liegt nicht nur eine auf Gefälligkeit gegründete, jederzeit widerrufliche Gestattung
vor. So bestimmt es auch der Mietvertrag zwischen den Parteien in § 2 Ziffer 2. Der
Kläger kann sich für seine Auffassung, dass Gärten bei Mehrfamilienhäusern nur bei
einer ausdrücklichen Vereinbarung mitvermietet sind, nicht auf die Ausführungen
Eisenschmids in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 8. Auflage, § 535 Rz. 38, berufen. Dort wird
nämlich ersichtlich auf eine anders gelagerte Frage geantwortet, nämlich inwieweit ein
einzelner Mieter durch "alleinige" Gartennutzung seinen individuellen Mietgebrauch eben
- so muss man wohl ergänzen - auf Kosten der Mietergemeinschaft ausdehnen kann.
Vorliegend aber war der Garten ja gerade dadurch, dass es einen von diesem
abgegrenzten Sondergarten einer einzelnen Mieterin gab, als Gemeinschaftsgarten
erkennbar. Im Übrigen ist eher umgekehrt davon auszugehen, dass es besonderer
Merkmale eines Gartens bedarf, damit dieser sich der Gemeinschaftsnutzung gleichsam
entzieht.
Der mit Rasen und Bäumen gestaltete Garten muss dem einzelnen Mieter als zum
Gemeingebrauch gewidmet erscheinen.
Letztlich kann die Frage, ob der Garten vom Mitgebrauch umfasst oder sein Gebrauch
vom Vorvermieter lediglich gestattet worden war, aber dahinstehen. Denn weder der
Vorvermieter noch der Kläger haben die auf dem einen oder auf dem anderen Weg
begründete Nutzungsbefugnis der Beklagten am Garten wirksam beendet.
Geht man von einem Mietgebrauch aus, bedurfte es einer wirksamen Kündigung nach §
573 b BGB. An dieser fehlt es vorliegend. Es ist dem Kläger verwehrt, der Gemeinschaft
der im "Haupt"-haus wohnenden Mieter den großen Garten vollständig zu entziehen, um
ihn sodann den Mietern von Remise und Schuppen zur alleinigen Nutzung zuzuschlagen.
Insoweit kann offen bleiben, ob diese Schranke seine Handlungsbefugnis einer
einschränkenden Auslegung des § 573 b BGB (so genannte teleologische Reduktion)
oder unmittelbar in § 242 BGB gründet.
Der gesetzgeberische Zweck, der mit der Einführung der Möglichkeit der Teilkündigung
nach § 573 b BGB erreicht werden sollte, ist es sicherzustellen, dass der
wohnungsbaupolitisch wünschenswerte Ausbau von Dachgeschossen, die Aufstockung,
der Ausbau oder die Schließung von Baulücken nicht am Widerstand der Mieter scheitern
(Blanck in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 8. Auflage, § 573 b Rz. 2). Nebenräume und
Grundstücksteile sollen selbst zu Wohnraum werden oder der - notwendigen -
Ausstattung des zu schaffenden Wohnraumes dienen. Dieser Zweck bestimmt zugleich
das Maß, auf das sich die Kündigung zu beschränken hat: Der zu schaffende Wohnraum
ist in dem Maß auszustatten, wie es zu einer wirtschaftlich einträglichen Vermietung
nötig ist. Die Norm selbst gibt aber in Absatz 1 Ziffer 2 den Hinweis, dass vorhandener
Wohnraum nicht völlig zurück zu treten hat.
Vorliegend wollte der Kläger aber den großen Garten den Mietern des vorhandenen
Wohnraums vollständig entziehen und den wenigen neuen Mietern von Remise und
Schuppen alleine zuschlagen. Die bisherigen Mieter können dann nur noch aus ihren
Fenstern den neuen Mietern bei der Gartennutzung zuschauen. Der von den Beklagten
insofern wiederholt geäußerte Gedanke, dass diese Maßnahme des Klägers dem
Vergraulen der Mieter mit mietzinsgünstigeren Verträgen dient, hat aus der Sicht des
Gerichts eine gewisse Plausibilität für sich.
Selbst wenn man lediglich von einer Gestattung des Vermieters hinsichtlich der
Gartennutzung durch die Beklagten ausgeht, ist diese Nutzung nicht infolge des
Widerrufs durch den Kläger beendet. Dem Widerruf steht § 242 BGB entgegen. Dieses
Verständnis zeigt die Entscheidung des Kammergerichts vom 14. Dezember 2006 (WuM
2007, 68) auf.
Der Kläger will den großen Garten allein wenigen geben und ihm der Gemeinschaft
entziehen. Dies ist das Gegenteil dessen, was der Vermieter in dem vom
Kammergericht entschiedenen Fall vorhatte und wie es das Kammergericht abgesegnet
hat. Dass diese Entscheidung des Klägers betriebswirtschaftlich unumgänglich wäre, ist
weder dargelegt noch liegt es auf der Hand. Sicherlich lässt sich der in Schuppen und
Remise geschaffene Wohnraum besser, d.h. teurer vermieten, wenn ihm ein größerer
Anteil des Gartens zugeordnet ist. Dass nicht aber bei der Größe des Gartens eine
einvernehmliche, auch den Interessen der Mieter im Haupthaus zuträgliche Lösung zu
finden ist, will dem Gericht nicht einleuchten. Zudem entzieht der Kläger doch den
Wohnungen im Haupthaus mit der Gartennutzung auch ein Stück Attraktivität.
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Eine - zulässige - durch Umwidmung im Sinne des § 2 Abs. 2 des Mietvertrages ist dieser
Totalentzug des Gartens jedenfalls nicht.
4. Der Kläger kann auch die Beräumung des Gartens nicht verlangen. Da die Mieter des
Haupthauses, die Beklagten insgesamt, zur Nutzung des Gartens berechtigt sind,
besteht auch keine Pflicht einiger von ihnen, Gegenstände aus dem Garten zu
entfernen, die typischer Weise mit einer Gartennutzung einhergehen.
II.
1. Ein Anspruch auf einen Ersatz der entzogenen Nutzungsmöglichkeit eines Raumes im
2. Obergeschoss und des Schuppens, wie ihn die Beklagten mit ihrer Hilfswiderklage
fordern, steht ihnen nicht zu.
Durch den Entzug des 2. Obergeschosses sind sie im Umfang ihres Mietgebrauchs nicht
beschränkt worden, da dieser Raum gar nicht zum Mietgebrauch gehört hat.
Hinsichtlich des Schuppens war jedenfalls die Kündigung nach § 573 b BGB wirksam.
Nach dieser Vorschrift ist die Verkürzung des Mietgebrauchs durch Senkung des
Mietzinses auszugleichen, nicht aber durch Stellung eines Ersatzraumes. Vor allem
haben die Beklagten nicht dargelegt, dass es einen solchen überhaupt auf dem
Grundstück des Klägers gibt.
2. Auch der Antrag der Beklagten auf Feststellung der Minderung des Mietzinses war
zurück zu weisen. Denn ob und in welchem Umfang der von den Beklagten entrichtete
Mietzins auch die Nutzung des Schuppens, hinsichtlich dessen ein mietvertraglich
gründendes Nutzungsrecht der Beklagten, das dann durch Kündigung nach § 573 b Abs.
1 BGB beendet worden ist, in Betracht zu ziehen ist, diese Räumlichkeiten überhaupt
berücksichtigt hat, ist dem Beklagtenvortrag nicht, jedenfalls nicht hinreichend deutlich
zu entnehmen. Dass die Mietzinspflicht der Beklagten auch die Nutzungsmöglichkeit des
Schuppens umfasste, bleibt undeutlich.
Insofern greift ein wie auch immer begründeter Entzug des Schuppens nicht in das
Äquivalenzverhältnis von Gewährung von Mietgebrauch einerseits und Zahlung von
Mietzinsen andererseits ein.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 101 ZPO; die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 7 und Nr. 11, 711 ZPO.
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