Urteil des AG Offenbach vom 03.03.2008

AG Offenbach: doppelehe, scheidung, zivilprozessrecht, immaterialgüterrecht, verwaltungsrecht, versicherungsrecht, quelle, verwaltungsbehörde, dokumentation, eltern

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Gericht:
AG Offenbach
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
314 F 1991/07,
314 F 1991/07 E1
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 1306 BGB, § 1314 Abs 1
BGB, § 1316 Abs 1 Nr 1 BGB,
Art 14 Abs 1 Nr 2 BGBEG
Verbot der Doppelehe: Aufhebung einer zwischen einem
Deutschen und einer pakistanischen Frau geschlossenen
Ehe
Tenor
1. Die am 10.08.2007 vor dem Standesbeamten des Standesamtes O unter
Heiratsregister-Nr. ... geschlossene ehe der Parteien wird aufgehoben.
2. Ein Versorgungsausgleich findet nicht statt.
3. Der Erstbeklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Der Erstbeklagte ist deutscher und die Zweitbeklagte ist pakistanische
Staatsangehörige. Sie haben am 10.8.2007 vor dem Standesbeamten des
Standesamts Offenbach am Main die Ehe geschlossen. Der Erstbeklagte hatte bei
der Anmeldung dieser Eheschließung unrichtiger weise angegeben, dass er ledig
sei und keine Vorehe eingegangen sei. Tatsächlich hatte er am 23.7.2006 in
Pakistan die pakistanisch-kanadische Staatsangehörige M N geheiratet.
Die antragstellende Behörde betreibt die Aufhebung der am 10.8.2007
geschlossenen Ehe wegen Verstoßes gegen das Verbot der Doppelehe.
Sie beantragt,
die am 10.8.2007 in O (Heiratseintrag ...) zwischen den
Beklagten
geschlossene Ehe aufzuheben.
Der Erstbeklagte beantragt,
den Antrag zurückzuweisen, hilfsweise das Verfahren bis zur Scheidung der
ersten Ehe auszusetzen und weiter hilfsweise das Ruhen des Verfahrens
anzuordnen.
Der Erstbeklagte behauptet, er habe die erste Ehe nur auf Druck seiner Eltern
geschlossen.
Die Zeitbeklagte ist dem Antrag im Termin entgegen getreten.
Entscheidungsgründe
Die Ehe der Beklagten war nach §§ 1314 Abs. 1, 1306 BGB aufzuheben.
Der Antrag des Regierungspräsidiums D ist zulässig, weil es gemäß § 1316 Abs. 1
Nr. 1 i. V. m. der VO über die Bestimmung der zuständigen Verwaltungsbehörde
für die Stellung eines Antrages auf Aufhebung einer Ehe vom 22.12.1999 (GVBl.
2000, S. 26) antragsbefugt ist.
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Der Antrag ist auch begründet. Auf die Beurteilung der Frage, ob die Ehe der
Beklagten aufhebbar ist, ist gemäß Art. 14 abs. 1 Nr. 2 EGBGB deutsches Recht
anzuwenden. Nach deutschem Recht, nämlich nach § 1314 Abs. 1 BGB, ist eine
Ehe aufhebbar, wenn die Eheschließung gegen das Verbot der Doppelehe gemäß §
1306 verstoßen hat.
Da die Zweitehe auch durch eine Scheidung der ersten Ehe nicht geheilt werden
kann (vgl. Palandt-Brudermüller, Rdnr. 4 zu § 1314 BGB und Rdnr. 7 zu § 1306
BGB), konnte das Verfahren auch nicht ausgesetzt oder um Ruhen gebracht
werden, um dem Erstbeklagten Gelegenheit zu geben, die Scheidung seiner
ersten Ehe zu betreiben. Selbst nach der Scheidung der Erstehe wäre eine unter
Verstoß gegen das Verbot der Doppelehe geschlossene Zweitehe noch
aufzuheben (vgl. BGH NJW 1986, S. 3083).
Ein Versorgungsausgleich hatte gemäß § 1318 Abs. 3 BGB zu unterbleiben. Im Fall
der Aufhebung einer Ehe ist er nur durchzuführen, wenn das nicht im Hinblick auf
die Umstände der Eheschließung oder bei Verstoß gegen das Verbot der
Doppelehe im Hinblick auf die Belange der ersten Ehefrau grob unbillig wäre.
Wegen der kurzen Dauer der Ehe der Beklagten, die auch nicht in eine Lebens-
oder Wirtschaftsgemeinschaft gemündet ist, sowie wegen bewusster Eingehung
der bigamistischen Zweitehe durch den Erstbeklagten (vgl. dazu OLG Karlsruhe,
FamRZ 2005, S. 370) wäre ein Versorgungsausgleich im vorliegenden Fall auch
unter Berücksichtigung der Interessen der ersten Ehefrau grob unbillig.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 93 a Abs. 3 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.