Urteil des AG Offenbach vom 26.03.2010

AG Offenbach: rechnungslegung, zwangsverwaltung, widerklage, geschäftsführender gesellschafter, abrechnung, beendigung, förster, verwalter, abweisung, stufenklage

1
2
Gericht:
OLG Frankfurt 19.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
19 U 173/09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 154 S 1 ZVG, § 259 Abs 1
BGB
(Zwangsverwaltungsverfahren: Klagbarer Anspruch auf
Auskunft und Rechnungslegung gegen den
Zwangsverwalter; Ausnahmetatbestand für einklagbares
Recht)
Leitsatz
Die dem Zwangsverwalter gegenüber dem Gläubiger und Schuldner nach § 154 Abs. 1
ZVG bestehende Auskunfts- und Rechnungslegungspflicht begründet wegen § 154 Abs.
3 ZVG keinen unmittelbaren klagbaren Anspruch von Gläubiger und Schuldner.
Vielmehr besteht ein einklagbares Recht als ultiman ratio nur dann, wenn die
Möglichkeiten des Vollstreckungsgerichts, den Zwangsverwalter zu einer
ordnungsgemäßen Rechnungslegung zu veranlassen, ohne Erfolg bleiben
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 3.8.2009 verkündete Teilurteil der 25.
Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main unter Aufrechterhaltung der
Abweisung der Widerklage abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Klägers haben der
Kläger 85 % und der Beklagte zu 1) 15 % zu tragen. Der Kläger hat die
außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) sowie von den außergerichtlichen
Kosten des Beklagten zu 1) zu 75 % zu tragen. Der Beklagte zu 1) trägt seine
übrigen außergerichtlichen Kosten selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt jeweils nachgelassen, die
Vollstreckung durch die jeweils andere Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von
120 % des aufgrund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages abzuwenden,
wenn die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 %
des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger macht mit der Stufenklage gegen die Beklagten einen Anspruch auf
Auskunft und Abrechnung über von den Beklagten als Zwangsverwalter
vereinnahmte Mieten geltend. Der Beklagte zu 1) und Widerkläger begehrt als
Zwangsverwalter von dem Kläger die Zahlung von Verwaltervergütungen.
Der Kläger erwarb im Mai 2007 von der X AG im Zuge eines
Forderungskaufvertrags mit Grundschuldabtretung sämtliche Mietforderungen
gegen die Mieter der Immobilien ... in Stadt1 ab dem 01.06.2007. Die
Immobilienobjekte unterlagen zu diesem Zeitpunkt der Zwangsverwaltung, über
die insgesamt 14 Zwangsverwaltungsverfahren bei dem Amtsgericht Offenbach
am Main als Vollstreckungsgericht mit den Aktenzeichen 7 L 160 – 7 L 173/04
geführt werden. Der Beklagte zu 1) ist in diesen Verfahren vom Amtsgericht
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
geführt werden. Der Beklagte zu 1) ist in diesen Verfahren vom Amtsgericht
Offenbach als Zwangsverwalter bestellt worden. Bis zum 31.5.2009 war der
Beklagte zu 2) neben dem Beklagten zu 1) geschäftsführender Gesellschafter der
E GbR und zusammen mit dem Beklagten zu 1) Mitglied einer
Rechtsanwaltssozietät. Im Zusammenhang mit der Zwangsverwaltung trat
gegenüber der Kläger bzw. seinem Bevollmächtigten ausschließlich der Beklagte
zu 2), jeweils handelnd für den Beklagten zu 1), auf. Auch gegenüber dem
Amtsgericht Offenbach am Main als Vollstreckungsgericht wurden die
Zwangsverwaltungen fast ausschließlich durch den Beklagten zu 2) als Sozius des
ursprünglich bestellten Zwangsverwalters, des Beklagten zu 1), abgewickelt.
Die Vergütungsansprüche des Beklagten zu 1) für seine Tätigkeit als
Zwangsverwalter im Zeitraum vom 16.12.2005 bis 15.12.2006 setzte das
Amtsgericht Offenbach am Main durch rechtskräftige Beschlüsse auf insgesamt
10.233,61 € fest. Bezüglich der Zusammensetzung dieses Betrags wird auf Bl. 55
d. A. verwiesen. Die Vergütung konnte mangels Deckung auf den Anderkonten und
dem Sammelkonto aus der Masse bislang nicht ausgeglichen werden. Nunmehr
macht der Beklagte zu 1) diese Vergütungsansprüche mit der erhobenen
Widerklage gegen den Kläger geltend.
Durch Beschluss des Amtsgerichts Offenbach am Main vom 08.10.2007 wurde die
Zwangsverwaltung der streitgegenständlichen Immobilie aufgehoben. Die
Mietzahlungen der Mieter der der Zwangsverwaltung unterliegenden Objekte
erfolgten bis einschließlich Oktober 2007 an den Zwangsverwalter. Mit Schreiben
von 11.10.2007 und 23.11.2007 forderte der Kläger die Beklagten auf, eine
Zwangsverwaltungsabrechnung vorzulegen und die vorhandene Liquidität an den
Kläger zu überweisen. Mit Schreiben vom 17.12.2007 wies der Kläger die Beklagten
darauf hin, dass er mehrfach um Abrechnung und Überweisung gebeten habe, und
forderte die Beklagte auf, die in der Zeit von Juni bis Oktober 2007 als
Zwangsverwalter vereinnahmten Mieten bis 15.01.2008 gegenüber dem Kläger
abzurechnen. Am 23.12.2008, nach Zustellung der vorliegenden Klageschrift
(5.2.2008) ging beim Amtsgericht Offenbach am Main der für alle 14
Zwangsverwaltungsverfahren gemeinsam verfasste Schlussbericht des Beklagten
zu 1) vom 22.12.2008 ein. Hinsichtlich der Einzelheiten dieses Berichts wird auf Bl.
57 bis 68 d. A. verwiesen. Das Amtsgericht Offenbach am Main als
Vollstreckungsgericht hat den vorgelegten Bericht gemäß Schreiben vom
10.02.2009 als nicht nachvollziehbar angesehen und den Beklagten zu 1) dringend
zur Überprüfung bzw. Erläuterung der Abrechnung aufgefordert. Daraufhin reichte
der Beklagte zu 1) eine ergänzende Rechnungslegung auch für den vom Kläger
beanspruchten Zeitraum beim Amtsgericht Offenbach am Main ein.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagten schuldeten ihm Auskunft
und Rechenschaft über die in der Zeit von Juni bis Oktober 2007 als
Zwangsverwalter vereinnahmten Mieten und er könne diesen Anspruch auch im
Klageweg geltend machen.
Der Kläger hat ursprünglich in der Klageschrift die Anträge gestellt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,
a) an den Kläger Auskunft darüber zu erteilen, welche Mieten sie aus der
Zwangsverwaltung des der F gehörenden Grundstücks …, Stadt1, in der Zeit vom
01.06. bis 31.10.2007 nach Abzug von Kosten und ihrer Gebühren erhalten haben,
sowie die Abrechnung hierüber vorzulegen;
b) erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben an Eides
Statt zu versichern;
c) an den Kläger Schadensersatz in einer nach Erteilung der Auskunft noch zu
ermittelnden Höhe nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 15.1.2008 zu
zahlen.
Sodann hat er beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, dem Kläger Auskunft
darüber zu erteilen, welche Mieten sie aus der Zwangsverwaltung des der F
gehörenden Grundstücks … Stadt1, in der Zeit vom 01.06. bis 31.10.2007 in
folgenden Zwangsverwaltungsverfahren des Amtsgerichts Offenbach 7 L 160/04, 7
L 161/04, 7 L 162/04, 7 L 163/04, 7 L 164/04, 7 L 165/04, 7 L 166/04, 7 L 167/04, 7
L 168/04, 7 L 169/04, 7 L170/04, 7 L 171/04, 7 L 172/04, 7 L 173/04 nach Abzug
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
L 168/04, 7 L 169/04, 7 L170/04, 7 L 171/04, 7 L 172/04, 7 L 173/04 nach Abzug
von Kosten und ihrer Gebühren erhalten haben, sowie die Abrechnung hierüber
vorzulegen;
Die Beklagten haben beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, der Kläger könne seinen Anspruch
auf Rechnungslegung des Zwangsverwalters nicht unmittelbar gegenüber diesem,
sondern nur über das Vollstreckungsgericht geltend machen. Insoweit fehle es
auch am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Darüber hinaus sei der Beklagte zu
2) nicht passivlegitimiert, weil das Amt des Zwangsverwalters höchstpersönlich
wahrzunehmen sei, der Beklagte zu 1) lediglich von seinem Delegationsrecht
Gebrauch gemacht und den Beklagten zu 2) mit Aufgaben im Rahmen der
Zwangsverwaltung betraut habe.
Hinsichtlich der Widerklage hat der Beklagte zu 1) die Auffassung vertreten, der
Kläger sei als Rechtsnachfolger der vorherigen Gläubigerin zur Begleichung seiner
offenen Vergütungsansprüche aus der Zwangsverwaltung verpflichtet.
Widerklagend hat der Beklagte zu 1) beantragt,
den Kläger zu verurteilen, an den Beklagten zu 1) insgesamt 10.233,61 €
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 8.878,94
€ seit 16.02.2009, aus 1.354,67 € seit dem 26.02.2009 zu bezahlen.
Der Kläger hat beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei bezüglich der
Vergütungsansprüche nicht passivlegitimiert, da diese für einen Zeitraum vor dem
01.06.2007 entstanden seien.
Das Landgericht hat mit am 3.8.2009 verkündeten Teilurteil die Beklagten zur
Auskunftserteilung und Rechnungslegung verurteilt und die Widerklage
abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, dass dem Kläger ein unmittelbar
gegen den Zwangsverwalter gerichteter Auskunfts- und
Rechnungslegungsanspruch zustehe, den der Kläger im Klagewege geltend
machen könne, ohne sich nur oder zuerst an das Vollstreckungsgericht halten zu
müssen. Der Beklagte zu 2) sei neben dem Beklagten zu 1) passivlegitimiert, da
trotz des Umstandes, dass es sich bei dem Amt des Zwangsverwalters um ein
höchstpersönliches handele, die Grundsätze zur Verantwortung des faktischen
Geschäftsführers entsprechend anzuwenden seien. Der bestehenden Auskunfts-
und Rechnungslegungsanspruch sei von den Beklagten noch nicht erfüllt worden,
da der vorgelegte Sammelbericht nicht den Anforderungen des § 154 Satz 2 ZVG
entspreche. Hinsichtlich der Widerklage sei der Kläger nicht passivlegitimiert, da
ihn als später eintretenden Gläubiger keine rückwirkende Einstandspflicht treffe.
Stattdessen müsse sich der Kläger an den bisher beitreibenden Gläubiger halten.
Gegen dieses ihnen am 11.8.2009 zugestellte Urteil wenden sich die Beklagten mit
ihren Berufungen, mit denen sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres
bisherigen Vorbringens ihre erstinstanzlich gestellten Anträge weiter verfolgen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.
Der Beklagte zu 1) beantragt zudem,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Kläger zu verurteilen, an ihn
10.233,61 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
aus 8.878,94 € seit 16.02.2009, aus 1.354,67 € seit dem 26.02.2009 zu zahlen.
Der Kläger beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Auch er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen.
31
32
33
34
35
36
37
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die tatsächlichen
Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils und die in der Berufungsinstanz
gewechselten Schriftsätze der Parteien verwiesen.
Die Akten der Zwangsverwaltungsverfahren des Amtsgerichts Offenbach am Main
7 L 160/04, 7 L 161/04, 7 L 162/04, 7 L 163/04, 7 L 164/04, 7 L 165/04, 7 L 166/04,
7 L 167/04, 7 L 168/04, 7 L 169/04, 7 L170/04, 7 L 171/04, 7 L 172/04, 7 L 173/04
waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
II.
Die zulässigen, insbesondere fristgerecht eingelegten und begründeten
Berufungen der Beklagten haben Erfolg soweit sie sich gegen ihre Verurteilung
richtet. Hinsichtlich der Abweisung der Widerklage hat die Berufung des Beklagten
zu 1) hingegen keinen Erfolg.
1. Die Berufung des Beklagten zu 2) ist zulässig. Mit Schriftsatz vom 3.3.2010 hat
der Beklagte zu 2) zur Frage der Zulässigkeit seiner Berufung Stellung
genommen. Nach dem Vortrag des Beklagten zu 2) im Schriftsatz vom 3.3.2010
ist der Beschwerdewert für die Berufung erreicht. Dieser bestimmt sich im Falle der
Verurteilung zur Erteilung einer Auskunft regelmäßig nach dem Aufwand an Zeit
und Kosten. Dies gilt auch im Falle der Verurteilung zur Rechnungslegung (vgl.
BGH WuM 2008, 615). Die Erheblichkeit seines Vorbringens im Schriftsatz vom
3.3.2010 folgt daraus, dass der Beklagte zu 2) nachvollziehbar vorgetragen hat,
dass auf Grund seines Ausscheidens aus der Kanzlei des Beklagten zu 1) eine
Auskunftserteilung gemäß dem Antrag des Klägers einen erheblichen Zeitaufwand
erfordert, der den Kostenwert von 600,00 € (Beschwerdewert) überschreitet. Die
Zwangsverwaltung des Beklagten zu 1) erstreckte sich über mehrere Jahre und
betraf mehrere Liegenschaften in insgesamt 14 Zwangsverwaltungsverfahren, so
dass die Rechnungslegung umfangreich ist. Durch sein Ausscheiden aus der
Kanzlei des Beklagten zu 1) müsste sich der Beklagte zu 2) im Falle einer Pflicht
zur Rechnungslegung zudem die maßgeblichen Unterlagen und Belege erst
beschaffen und diese im Hinblick auf die Einwendungen des Klägers ggf. neu
bewerten. An diesem nicht unerheblichen Aufwand ändert sich auch nichts
dadurch, dass der Beklagte zu 2) an der Zwangsverwaltertätigkeit des Beklagten
zu 1) maßgeblich beteiligt war und zuletzt die Zwangsverwalteraufgaben
einschließlich der Schlussrechnung selbst vorgenommen hat. Ein erforderlicher
Stundenaufwand von über 40 Stunden erscheint dem Senat angemessen. Der
Wert dieser Leistungen überschreitet zweifellos auch unter Zugrundelegung der
Zwangsverwaltergebühren den Beschwerdewert von 600,00 €.
Dieses Vorbringen ist auch nicht nach §§ 296 Abs. 2, 296a BGB verspätet. Eine
Zustellung des Senatshinweises vom 30.9.2009 (Bl. 268 d. A.) an den Beklagten
zu 2) konnte nicht nachgewiesen werden. Der Hinweis wurde über das Gerichtsfach
der Kanzlei des Beklagten zu 1) zugestellt, obgleich der Beklagte zu 2) bereits mit
Schriftsatz vom 8.7.2009 (Bl. 172 d. A.) mitgeteilt hatte, dass sich seine
Kanzleianschrift geändert habe.
Die Berufung des Beklagten zu 2) hat auch Erfolg. Der Kläger hat gegen den
Beklagten zu 2) keinen Anspruch auf Rechnungslegung nach §§ 154 ZVG, 13, 14
ZwVwV i. V. mit § 259 BGB. Der Beklagte zu 2) war vom Vollstreckungsgericht
nicht zum Zwangsverwalter bestellt. Nur dieser aber ist dem Gläubiger gegenüber
zur Rechenschaftslegung verpflichtet. Die für die rechtsgeschäftliche
Bevollmächtigung aufgestellten Grundsätze finden hierbei keine Anwendung. Der
Zwangsverwalter übt seine Tätigkeit, für die er vom Vollstreckungsgericht bestellt
wurde, als besonderes Rechtspflegeorgan auf Grund eines eigenständigen Rechts
aus (Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 4. Aufl., § 154 Rn. 3;
OLG Brandenburg, Urteil vom 8.12.2009 – 11 U 9/09 – zit. nach juris Rn. 40).
Unabhängig vom Umfang seiner geleisteten Tätigkeiten war der Beklagte zu 2)
lediglich vom Beklagten zu 1) mit der Wahrnehmung der diesem als
Zwangsverwalter obliegenden Leistungen beauftragt, ohne selbst in die Position
des Zwangsverwalters einzurücken. Insoweit hat der Beklagte zu 1) von dem ihm
eingeräumten Delegationsrecht Gebrauch gemacht (vgl. hierzu auch LG Potsdam
ZIP 2009, 391). An der höchstpersönlichen haftungsrechtlichen
Alleinverantwortung des Beklagten zu 1) für das Zwangsverwaltungsverfahren und
damit auch der Rechnungslegungspflicht ändert diese Delegierung von Aufgaben
nichts.
2. Der Kläger hat derzeit auch keinen im Wege des Zivilprozesses durchsetzbaren
37
38
39
2. Der Kläger hat derzeit auch keinen im Wege des Zivilprozesses durchsetzbaren
Anspruch auf Rechnungslegung nach § 154 ZVG gegen den Beklagten zu 1). Der
Anspruch dürfte zwar grundsätzlich bestehen, da der Kläger mit dem Erwerb des
Grundpfandrechts von der die Zwangsverwaltung betreibenden X AG der
Zwangsverwaltung beigetreten ist und daher als Gläubiger gemäß § 9 ZVG
anzusehen ist. Andernfalls bestünde sowieso keine allgemeine
Rechnungslegungspflicht des Beklagten zu 1) gegenüber dem Kläger. Daher
scheitert die Klage auch nicht bereits am fehlenden Rechtsschutzbedürfnis. Jedoch
ist der Anspruch im Klageweg derzeit nicht durchsetzbar.
Nach § 154 Abs. 1 ZVG besteht die Verpflichtung des Zwangsverwalters zur
Rechnungslegung dem Gläubiger/Schuldner gegenüber und nicht gegenüber dem
Vollstreckungsgericht. Damit wird ein gesetzliches Schuldverhältnis im Sinne einer
Sonderrechtsbeziehung zwischen dem Zwangsverwalter und den am
Zwangsverwaltungsverfahren Beteiligten begründet (Engels in:
Dassler/Schiffhauer/Hintzen/Engels/Rellermeyer, ZVG, 13. Aufl., § 154 Rn. 3;
Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 4. Aufl., § 154 Rn. 1 und
3). Aus dieser Sonderrechtsbeziehung folgt jedoch nicht bereits ein unmittelbarer
klagbarer Anspruch von Gläubiger und Schuldner auf Rechnungslegung. Vielmehr
sieht § 154 Satz 3 ZVG vor, dass die Rechnungslegung mit allen Kontoauszügen
und Belegen gemäß § 13 Abs. 3 ZwVwV dem Vollstreckungsgericht eingereicht
werden muss. Dies gilt sowohl für die Jahresabrechnungen als auch für die
Endabrechnung nach Beendigung der Zwangsverwaltung (§ 14 ZwVwV). Das
Vollstreckungsgericht prüft die Rechnungslegung auf seine sachliche und
rechnerische Richtigkeit und leitet die Rechnungslegung sonach an den Gläubiger
und den Schuldner weiter. Diese besondere Verfahrensregelung verfolgt den
Zweck, dass das Vollstreckungsgericht durch den zuständigen Rechtspfleger auf
Grundlage seiner Sachkunde und Sachnähe die Abrechnung des vom
Vollstreckungsgericht bestellten Zwangsverwalters überprüft und ggf. den
Zwangsverwalter anzuhalten hat, Unvollständiges und Unklares zu beseitigen
sowie bei Beanstandungen durch den Gläubiger und/oder den Schuldner
vermittelnd einzugreifen (Böttcher, ZVG, 4. Aufl., § 154 Rn. 11). Insoweit erfüllt das
Vollstreckungsgericht seine Kontroll- und Aufsichtspflicht gemäß § 153 ZVG.
Vernünftige Gründe, von dieser prozeduralen Regelung, die vor allem durch die
besondere Sachkunde und Sachnähe des Vollstreckungsgerichts ihren Sinn erfüllt,
bestehen im Regelfall nicht. Es handelt sich vielmehr um eine zwingende
Verfahrensweise (so auch Wedekind ZfIR 2005, 481 ff., 482). Gerade in
umfangreichen Fällen einer Zwangsverwaltung, wie im vorliegenden Fall, in der
eine Reihe von Einzelobjekten Gegenstand der Zwangsverwaltung ist, ist das
Vollstreckungsgericht durch seinen Rechtspfleger durch seine besondere
Sachkunde und Sachnähe in der Lage, eine strukturierte Prüfung vorzunehmen
und dadurch auch seinen Kontrollpflichten für das Zwangsverwaltungsverfahren
nach § 153 ZVG wahrzunehmen. Im Rahmen dieser Ausübung der Kontrollpflichten
stehen dem Vollstreckungsgericht auch geeignete Instrumentarien zur Verfügung,
um eine ordnungsgemäße Rechnungslegung durch den Zwangsverwalter zu
erzwingen, etwa durch die Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen den Verwalter
nach § 153 Abs. 2 ZVG. Bei Zweifeln an der Richtigkeit der Angaben des
Zwangsverwalters über die in der Rechnungslegung aufgeführten Einnahmen und
Ausgaben kann das Vollstreckungsgericht zudem verlangen, dass der
Zwangsverwalter die Richtigkeit der Angaben gemäß § 259 BGB an Eides statt
versichert (Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, a. a. O., § 154 Rn. 5; Stöber ZVG,
19. Aufl., § 154 Rn 4 zu 4.3).
Diese dem Sinn und Zweck der Regelung des § 154 ZVG entsprechende
Verfahrensweise einer vorrangigen Prüfung durch das Vollstreckungsgericht wird in
der Literatur auch überwiegend vertreten (vgl. Stöber, a. a. O. Rn. 4 zu 4.4; Engels
in: Dassler/Schiffhauer/Hintzen/Engels/Rellermeyer, a. a. O., Rn 36; Wedekind, a. a.
O.; Drasdo NJW 2007, 1569 ff., 1570; ders. NJW-Spezial 2007, 386; offen gelassen
von OLG Hamburg NJW-RR 1986, 1186). Soweit mitunter ein klagbarer Anspruch
von Gläubiger und Schuldner auf Rechnungslegung ohne weitere Voraussetzungen
angenommen wird, dessen Geltendmachung im Klageweg auch durch § 154 Satz
3 ZVG nicht ausgeschlossen sein soll, entbehren die Literaturstellen (vgl. nur
Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, a. a. O., § 154 Rn. 4; Böttcher, a. a. O., Rn. 9)
einer tragfähigen Begründung. Überwiegend wird insoweit Bezug genommen auf
eine Entscheidung des OLG Celle vom 2.7.1996 (OLGR Celle 1996, 263 f.). Danach
räumt § 154 Satz 2 ZVG dem Gläubiger/Schuldner das Recht auf
Rechnungslegung ein, wobei die in § 154 Satz 3 ZVG vorgeschriebene Vermittlung
der Rechnungslegung durch das Vollstreckungsgericht allein die Vermeidung von
Streitigkeiten zwischen dem Verwalter und den Beteiligten bezwecke und daher
40
41
42
Streitigkeiten zwischen dem Verwalter und den Beteiligten bezwecke und daher
einer zivilprozessualen Geltendmachung des Rechnungslegungsanspruchs nicht
entgegenstehe. Diese Rechtsansicht überzeugt jedoch nicht. Es ist bereits nicht
nachvollziehbar, dass eine Vermittlung der Rechnungslegung durch das
Vollstreckungsgericht nach § 154 Satz 3 ZVG allein die Vermeidung von
Streitigkeiten zwischen Verwalter und den Beteiligten bezwecken soll. Vielmehr
finden vor dem Vollstreckungsgericht die gleichen Auseinandersetzungen statt,
wie dies im Klageverfahren der Fall wäre. Die Beteiligten können Anträge stellen,
mit denen sie die Rechnungslegung erzwingen können; sie können im Falle der
erfolgten Rechnungslegung auch ihre inhaltlichen und rechnerischen
Einwendungen geltend machen sowie die Abgabe einer eidesstattlichen
Versicherung oder die Androhung und Festsetzung von Zwangsgeld erzwingen.
Der besondere Zweck der Vermittlung der Rechnungslegung durch das
Vollstreckungsgericht, dass dieses auf Grund seiner Sachkunde und Sachnähe
besser geeignet ist als das formellere zivilprozessuale Verfahren, eine
ordnungsgemäße Rechnungslegung durch den Zwangsverwalter herbeizuführen,
gerät bei dieser Einengung des Verfahrenszwecks des § 154 Satz 3 ZVG nicht in
den Blick. Hinzu kommt, dass die Geltendmachung des
Rechnungslegungsanspruchs im Zivilprozess, etwa im Wege der Stufenklage, eine
Überprüfung der Rechnungslegung durch das Vollstreckungsgericht im Zweifel
nicht ersetzen könnte, da dieses weiterhin an seine – nicht nur den
Prozessparteien, sondern allen Verfahrensbeteiligten (§ 9 ZVG) gegenüber
bestehende - Aufsichts- und Kontrollpflicht nach § 153 ZVG gebunden ist, aus der
sich die Notwendigkeit ergibt, die Rechnung selbst rechnerisch und sachlich zu
überprüfen. Auch vermag der Senat eine vom OLG Celle angeführte
Widersprüchlichkeit von Auffassungen in der Kommentarliteratur nicht zu
erkennen. Im Wesentlichen sind sich die Kommentarmeinungen nämlich darin
einig, dass der Weg zu den Zivilgerichten durch § 154 Satz 3 ZVG nicht generell
ausgeschlossen ist, aber nur als ultima ratio in Betracht kommt (so Engels in:
Dassler/Schiffhauer/Hintzen/Engels/Rellermeyer, a. a. O., § 154 Rn. 36; Stöber, a.
a. O. Rn. 4 zu 4.7;). Auch Stöber, der davon ausgeht, dass die Geltendmachung
eines Anspruchs auf Rechnungslegung im Klageweg ausgeschlossen sei,
anerkennt die Möglichkeit, gegen den Verwalter auf Rechnungslegung zu klagen,
wenn das Einschreiten des Vollstreckungsgerichts nicht zum Ziel führt, auch wenn
sich dies, soweit ersichtlich, nur auf den Fall des entlassenen Zwangsverwalters
bezieht (Stöber, a. a. O. Rn. 4 zu 4.7). Auch Dassler (a. a. O) vertritt die
Auffassung, dass Gläubiger und Schuldner als ultima ratio aus dem bestehenden
gesetzlichen Schuldverhältnis ein einklagbares Recht verbleibt, etwa dann, wenn
die Zwangsmaßnahmen des Vollstreckungsgerichts nicht zum Erfolg führen (so
auch Depré/Mayer, Die Praxis der Zwangsverwaltung, 4. Aufl., 2006, Rn. 619) oder
wenn der Zwangsverwalter seine Rechnungslegungspflicht bereits dem Grunde
nach bestreitet (vgl. Böttcher, a. a. O., Rn. 10).
Nach alledem sieht der Senat keine überzeugenden Gründe dafür, entgegen der
gesetzgeberische Verfahrensregelung des § 154 Satz 3 ZVG dem
Gläubiger/Schuldner des Zwangsverwaltungsverfahrens generell einen
unmittelbaren uneingeschränkten parallelen Weg zu den Zivilgerichten zu
eröffnen.
Die Voraussetzungen für einen ausnahmsweise gegebenen klagbaren Anspruch
des Klägers gegen den Beklagten zu 1) auf Rechnungslegung bestanden bei
Klageerhebung vorliegend nicht. Der Kläger hat die Möglichkeiten, den Beklagten
zu 1) zur Vorlage einer ordnungsgemäßen Schlussrechnung gegenüber dem
Vollstreckungsgericht anzuhalten, nicht ausgeschöpft. Er hat dem
Vollstreckungsgericht durch die Klageerhebung und die gerichtliche Beiziehung der
Zwangsverwaltungsakten auch nicht die Möglichkeit gegeben, im Rahmen seiner
Auskunfts- und Kontrollpflichten die zwischenzeitlich von dem Beklagten zu 1)
vorgelegte ergänzte Schlussrechnung auf ihre sachliche und rechnerische
Richtigkeit zu überprüfen. Bevor jedoch diese Verfahrensmöglichkeiten nicht
ausgeschöpft sind, besteht keine ultima ratio – Situation, in der ausnahmsweise
die Möglichkeit einer klageweisen Geltendmachung seiner Ansprüche gegen den
Beklagten zu 1) eröffnet wäre.
Der Kläger kann sich hinsichtlich eines unmittelbar gegen den Beklagten zu 1)
bestehenden Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruchs auch nicht mit Erfolg
darauf berufen, dass der Beklagte zu 1) auch nach Beendigung des
Zwangsverwaltungsverfahrens noch Mieten aus den der Zwangsverwaltung
unterliegenden Objekten vereinnahmt haben soll und er jedenfalls insoweit ohne
Zwischenschaltung des Vollstreckungsgerichts dem Gläubiger zur Rechenschaft
43
44
45
46
Zwischenschaltung des Vollstreckungsgerichts dem Gläubiger zur Rechenschaft
nach §§ 242, 261 BGB verpflichtet sei. Es ist bereits nicht erwiesen, dass der
Beklagte zu 1) nach Beendigung des Zwangsverwaltungsverfahrens Mieten
vereinnahmt hat. Nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil, an die der
Senat nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden ist, sind die Mietzahlungen an den
Beklagten zu 1) nur bis einschließlich Oktober 2007 erfolgt. Die Zwangsverwaltung
wurde mit Beschluss des Vollstreckungsgerichts vom 8.10.2007 aufgehoben. Zu
diesem Zeitpunkt waren die Mietzinsen für den Monat Oktober bereits fällig (§
556b Abs. 1 BGB). Dies lässt nicht erkennen, dass der Beklagte zu 1) auch nach
Beendigung der Zwangsverwaltung und mithin außerhalb seiner Bestellung als
Zwangsverwalter noch Mieten vereinnahmt hat. Überdies sind etwaige
auskunftspflichtige Einnahmen für die Zeit nach Oktober 2007 von dem
streitgegenständlichen Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch, der sich nur
auf die Zeit vom 1.6. bis zum 31.10.2007 bezieht, nicht mehr umfasst. Daher
muss der Senat auch nicht die Frage klären, ob für den Fall von nach Beendigung
des Zwangsverwaltungsverfahrens vom Zwangsverwalter vereinnahmter Gelder
ein eigenständigen Auskunftsanspruch nach §§ 242, 261 BGB begründet ist oder
ob auch diese Maßnahmen noch in einem unmittelbaren Zusammenhang mit
dem vom Vollstreckungsgericht zu beaufsichtigenden
Zwangsverwaltungsverfahren stehen und damit der Rechnungslegungspflicht des
Beklagten als Zwangsverwalter und somit auch dem Procedere des § 154 Satz 3
ZPO unterliegen.
III.
Die Berufung des Beklagten zu 1) hat hinsichtlich der Abweisung der Widerklage
keinen Erfolg. Ihm steht derzeit kein klagbarer Anspruch auf eine
Verwaltervergütung zu. Dahinstehen kann, ob und inwieweit ein solcher Anspruch
grundsätzlich besteht. Einen unmittelbaren Vergütungsanspruch gegen den
Gläubiger hat der Zwangsverwalter nur subsidiär, nämlich dann, wenn die Masse
nicht ausreicht, um den Vergütungsanspruch des Verwalters zu erfüllen (BGH WuM
2006, 53; AG Kiel NZI 2009, 495) und wenn dies nicht auf einer von ihm zu
vertretenden Pflichtwidrigkeit beruht (vgl. AG Bremen NZM 2006, 759). Die
Voraussetzungen dieser subsidiären Haftung des Klägers für seine
Vergütungsansprüche hat der Kläger aber nicht dargetan. Diese setzten eine
abschließende Prüfung der Rechnungslegung durch das Vollstreckungsgericht
voraus. Ohne diese Prüfung steht nicht fest, dass die Masse nicht ausreicht, um
die streitgegenständlichen Vergütungsansprüche zu erfüllen. Die subsidiäre
Haftung nach Abschluss der Zwangsverwaltung gilt unabhängig davon, ob der
Kläger entsprechende Vorschüsse verlangt hat und ob sie – wie hier geschehen -
vom Vollstreckungsgericht bereits geprüft und festgesetzt worden sind.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Rechtsgrundlage in §§
708 Nr. 10. 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO
nicht vorliegen. Es handelt sich bei der entscheidungserheblichen Rechtsfrage, ob
und unter welchen Voraussetzungen der Gläubiger in einem
Zwangsverwaltungsverfahren oder nach dessen Beendigung entgegen § 154 Satz
3 ZVG einen unmittelbaren auf dem Klageweg durchsetzbaren Auskunfts- und
Rechnungslegungsanspruch gegen den Zwangsverwalter hat, nicht um eine
Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Deren Auftreten ist nicht in einer
Vielzahl von Fällen zu erwarten, wie bereits der Umstand zeigt, dass, soweit
ersichtlich, letztmalig im Jahr 1996 ein Oberlandesgericht (OLG Celle, OLGR Celle
1996, 263 f.) mit dieser Rechtsfrage befasst war. Aus diesem Grunde liegt auch
der Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts und der Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung nicht vor. Die Auseinandersetzung mit der vereinzelt
gebliebenen Entscheidung des OLG Celle allein erfüllt diese Voraussetzungen nicht
und erfordert keine Entscheidung des Revisionsgerichts. Auch liegt keine
Abweichung von höchstrichterlicher Rechtsprechung vor.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.