Urteil des AG Neuss vom 23.11.2000

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Amtsgericht Neuss, 30 C 4013/00
Datum:
23.11.2000
Gericht:
Amtsgericht Neuss
Spruchkörper:
Richter
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
30 C 4013/00
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.268,08 DM nebst 4 %
Zinsen seit dem 03.03.2000 sowie 10,00 DM vorgerichtliche
Mahnkosten zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits zu 30 %, die Klägerin zu
70 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe
von 800,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe
von 1.900,00 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Den Parteien wird nachgelassen, die Sicherheiten in Form von
selbstschuldnerischen Bürgschaften einer deutschen Großbank oder
Sparkasse zu erbringen.
Tatbestand:
1
Die Klägerin ist eine privatärztliche Verrechnungsstelle und begehrt aus abgetretenem
Recht von der Beklagten die Zahlung eines ärztlichen Honrorars. Die Parteien streiten
dabei im wesentlich um die Anwendung und Auslegung der Gebührenordnung für Ärzte
(GOÄ).
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Die Beklagte wurde in der Zeit vom 23.03.1998 bis zum 07.04.1998 von dem Zedenten,
Herrn Dr. med. , Chefarzt der Klinik für Orthopädie und orthopädische Chirurgie am
Johanna-Etienne-Krankenhaus in.... privatärztlich behandelt. Dort wurde bei der
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Beklagten u.a. eine Hallux valgus Operation durchgeführt.
Am 23.03.1998 schloss die Beklagte mit dem Zedenten eine
Wahlleistungsvereinbarung, für deren weitere Einzelheiten auf Bl. 42 d.A. verwiesen
wird, ab, wonach die ärztlichen Leistungen, soweit diese zur gesonderten Berechnung
von Leistungen führten, nach den jeweiligen Vorschriften der GOÄ in der jeweils
gültigen Fassung abgerechneten werden sollten. In dieser Wahlleistungsvereinbarung
erklärte sich die Beklagte damit einverstanden, dass zur Abrechnung der Vergütung der
wahlärztlichen Leistungen die dazu notwendigen personenbezogenen Daten an eine
beauftragte Abrechnungsstelle außerhalb des Krankenhauses übermittelt werden
durften. Die Behandlung wurde nicht durch den Zedenten durchgeführt, sondern durch
den Oberarzt.....
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Dr..... trat die Forderung in der Folgezeit an die Klägerin ab.
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Nach der Behandlung wurde der Beklagten eine Rechnung mit der Nr.
7993/903145/ST85 über 5.289,80 DM mit Datum vom 02.02.2000 erteilt, worauf diese
vorgerichtlich eine Zahlung in Höhe von 884,44 DM leistete. Die Klägerin macht mit
ihrer Klage den Differenzbetrag zwischen der Rechnungsforderung und dem bereits
gezahlten Betrag geltend. Sie ist der Ansicht, die Abtretung der Honorarforderung an sie
durch den Zedenten sei wirksam, da die Beklagte diesbezüglich ihr Einverständnis
gegeben habe. Zudem seien die durchgeführten Operationen umfangreicher bzw.
komplizierter als die nach der früheren Operationsmethode, die jedoch einzig Grundlage
für die Gebührenfestsetzung in der GOÄ seien. Diese GOÄ-Ziffern seien daher auf die
streitgegenständlichen Forderungen nicht anwendbar.
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Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.405,36 DM nebst 8 %
Zinsen seit dem 03.03.2000 sowie 10,00 DM vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte behauptet, die Klägerin habe nicht die ausdrückliche Zustimmung der
Beklagten zur Weitergabe ihrer Daten an eine Verrechnungsstelle gehabt und sei daher
mangels wirksamer Abtretung nicht klagebefugt. Ferner bestreitet sie die
Klageforderung, da der Zedent als liquidationsberechtigter Arzt die Behandlung nicht
durchgeführt habe. Zudem ist sie der Ansicht, eine Forderung ergebe sich lediglich
aufgrund verschiedener Gebührenordnungsnummern und eine Abrechnung einzelner
ärztlicher Leistungen könne nicht isoliert vorgenommen werden, daher sei die
streitgegenständliche Rechnung um 3.119,28 DM zu kürzen. Für die Einzelheiten der
Berechnungen der Beklagten wird auf Bl. 31 d.A. Bezug genommen.
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Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt ihrer
Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage hat nur teilweisen Erfolg.
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Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Bedenken gegen die Abtretung der Honorarforderung
vom Zedenten an die Klägerin bestehen nicht. Die Beklagte hat der Weitergabe der zur
Abrechnung über die Vergütung der wahlärztlichen Leistung erforderlichen
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personenbezogenen Daten an eine Abrechnungsstelle am 23.03.1998 bei
Unterzeichnung der Wahlleistungsvereinbarung zugestimmt. Die Klägerin ist eine
solche Abrechnungsstelle. Es entspricht gerade dem Sinn und Zweck, dass Daten, die
dem Einzug von Gebührenforderungen erst ermöglichen, an Abrechnungsstellen
übermittelt werden. Diese Abrechnungsstellen haben die Funktion, Ärzte von
buchhalterischen Dingen, wie beispielsweise den Einzug von Forderungen, zu
entlasten. Wenn die Weitergabe von personenbezogenen Daten, die für die Abrechnung
erforderlich sind, nur darin bestehen sollte, dass der Arzt die einzelnen
Gebührenordnungsziffern der Abrechnungsstelle mitteilt, wäre der Einsparungs- und
Entlastungseffekt gering. Zudem ergibt sich aus der Formulierung der
Wahlleistungsvereinbarung kein Indiz für die Beschränkung auf diese Daten. Die
personenbezogenen Daten beschränken sich daher nicht ausschließlich auf den
Namen und die Anschrift des Patienten sowie die einzelnen Gebührenordnungsziffern.
Einen Grund, weshalb trotz der Einwilligung der Beklagten gegen ein gesetzliches
Verbot verstoßen sein sollte, hat die Beklagte nicht vorgetragen, zumal ärztliche
Abrechnungsstellen nicht verboten sind.
Der Klägerin steht ein Anspruch in Höhe von 1.268,08 DM aus dem ärztlichen
Behandlungsvertrag gegen die Beklagte zu. Dabei handelt es sich um einen Teilbetrag,
der aus der Rechnung vom 02.02.2000 geforderten 4.405,36 DM. Ein weitergehender
Anspruch der Klägerin besteht nicht, da auch der Zedent keinen solchen Anspruch
hatte.
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Grundlage des streitgegenständlichen vertraglichen Vergütungsanspruches ist die
Wahlleistungsvereinbarung, die die Beklagte mit dem Zedenten traf. Darin wurde
ausdrücklich klargestellt, dass sämtliche ärztlichen Leistungen nach der GOÄ zu
berechnen sind. Danach ist für die Operation des Hallux valgus das Honorar nur nach
der GOÄ-Nummer 2297 geschuldet. Die Abrechnung des Zedenten nach Einzelschritten
verstößt gegen § 4 Abs. 2 a GOÄ, denn danach kann ein Arzt für eine Leistung, die
Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem
Gebührenverzeichnis ist, eine Gebühr nicht berechnen, wenn er für die andere Leistung
eine Gebühr berechnet. Dies gilt auch für die zur Erbringung der im
Gebührenverzeichnis aufgeführten operativen Leistungen methodisch notwendigen
operativen Einzelschritten.
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Dem steht auch der Einwand der Klägerin nicht entgegen, die Vergütung nach GOÄ
beziehe sich auf bereits veraltete Operationsmethoden, die hier nicht zur Anwendung
gekommen seien. Denn die Geltung der GOÄ wurde ausdrücklich zwischen dem
Zedenten und der Beklagten vereinbart, im Nachhinein kann der Zedent dies nicht
einseitig ändern, da dies eine dem BGB systemwidrige einseitige Abänderung der
vertraglichen Vereinbarung wäre. Eine individuelle Vereinbarung der Vergütung für die
vermeintlichen moderneren Operationsmethoden, wie sei § 2 GOÄ grundsätzlich
eröffnet, wurde nicht getroffen, so dass sich die Klägerin an der GOÄ-Nr. 2297 festhalten
lassen muss, auf eine Beweisaufnahme kommt es mithin nicht an.
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Dies gilt auch für die anderen vorgenommenen Eingriffe mit den GOÄ-Nummern 2081
(Stellungskorrektur der Hammerzehe mit Sehnenverpflanzung) und GOÄ-Nr. 2015
(Anlegen einer oder mehrerer Redondrainagen in Gelenken etc.).
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Aus dem insoweit unwidersprochenen Vortrag der Beklagten ergibt sich demnach ein
Zahlungsanspruch der Klägerin in Höhe von 2.170,52 DM, worauf die Beklagte bereits
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884,44 DM gezahlt hat, also ein Restanspruch in Höhe von 1.286,08 DM verbleibt.
Diesem Anspruch der Klägerin steht auch nicht entgegen, dass die Operation durch den
Oberarzt Dr. .... durchgeführt wurde. Der Zedent bleibt selbst liquidationsberechtigter
Arzt. Auf einen eventuellen Verhinderungsfall und damit verbundener Vertretung weist
die Wahlleistungsvereinbarung ausdrücklich hin. Eine solche Möglichkeit eröffnet auch
§ 4 Abs. 2 GOÄ, so dass das Gericht einen Verstoß gegen das AGBG nicht zu erkennen
vermag.
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Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung von 4 % Zinsen ab dem 03.03.2000 gemäß
§§ 284 Abs. 2 S. 1, 286, 288 BGB zu, der aus dem Gesichtspunkt des Verzuges
resultiert. Für einen darüber hinausgehenden Zinsschaden blieb die Klägerin
beweisfällig.
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Die vorgerichtlichen Mahnkosten in Höhe von 10,00 DM sind der Klägerin als
Verzugsschaden zu ersetzen, §§ 284, 286 Abs. 1 BGB.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711
ZPO.
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Der Streitwert wird auf 4.405,36 DM festgesetzt.
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Richter
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