Urteil des AG Neuss vom 08.03.2001

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Amtsgericht Neuss, 27 a II 291/00 WEG
Datum:
08.03.2001
Gericht:
Amtsgericht Neuss
Spruchkörper:
durch den Richter am Amtsgericht
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
27 a II 291/00 WEG
Tenor:
1.
Die Gerichtskosten des in der Hauptsache erledigten Verfahrens warden
der An-tragsgegnerin auferlegt.
Die Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet.
2.
Der Geschäftswert wird auf 5.000,00 DM festgesetzt.
Gründe:
1
Die Verfahrensbetetiligten sind die Eigentümer der Wohnungseigenutmsanlage ... in
Neuss und deren Verwalterin.
2
Mit Einladungsschreiben vom 18.11.2000 hat die Antragsgegnerin auf den 02.12.2000
eine Eigentümerversammlung einberufen und als Versammlungsort die Gaststätte .... in
München bestimmt.
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In diesem Einladungsschreiben ist zugleich ein Termin für eine 30 Minuten später
beginnende Eventualversammlung bestimmt, für den Fall, dass die erste Versammlung
nicht beschlussfähig ist.
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Mit Verfahrensantrag vom 22.11.2000 hat die Antragstellerin sich gegen diese
Einberufung gewandt. Sie ist der Ansicht, München sei nicht der geeignete
Versammlungsort für die Eigentümer einer in Neuss liegenden
Wohnungseigentumsanlage. Die Eventualeinberufung der Zweitversammlung sei
unzulässig.
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Nach Rechtshängigkeit des vorliegenden Verfahrens hat die Verwalterin den
Versammlungsort geändert und auf den 18.12.2000 um 18.00 Uhr nach Kaarst
eingeladen. Diese Versammlung war beschlussfähig.
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Beide Seiten haben daraufhin im Verhandlungstermin am 02.03.2001 das Verfahren in
der Hauptsache für erledigt erklärt und wechselseitige Kostenanträge gestellt.
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In dem in der Hauptsache erledigten Verfahren war nur noch über die Kosten zu
entscheiden. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entspricht billigem
Ermessen, die Antragsgegnerin mit den Gerichtskosten des Verfahrens zu belasten,
weil sie im Ergebnis unterlegen ist. Die Antragstellerin ist mit ihrem Begehren, die
Einberufung zu einer Wohnungseigentümerversammlung nach München zu verhindern
und mit ihrem Begehren, die Eventualberufung einer Zweitversammlung zu verhindern,
im Ergebnis durchgedrungen.
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Die Einberufung einer Wohnungseigentümerversammlung nach München für die
Eigentümer einer Wohnungseigentumsanlage, welche in Neuss liegt, widerspricht den
Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung. Nach § 20 WEG obliegt die Verwaltung
des gemeinschaftlichen Eigentums den Wohnungseigentümern. Oberstes Organ der
Entscheidungsfindung für die Wohnungseigentümer ist die
Wohnungseigentümerversammlung.
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Diese Wohnungseigentümerversammlung hat im Gerichtsbezirk stattzufinden, in
welchem die Wohnungseigentumsanlage liegt. Jedenfalls widerspricht es den
Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, einen Versammlungsort zu wählen,
welcher mehrere hundert Kilometer vom Ort der Wohnungseigentumsanlage entfernt
liegt.
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Eine der wesentlichen Verwaltungsaufgaben aller Wohnungseigentümer ist nach § 21
Abs. 5 Nr. 2 WEG die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des
gemeinschaftlichen Eigentums. Wenn eine solche Verwaltungsmaßnahme durch
Beschlussfassung in der Wohnungseigentümerversammlung ansteht, entspricht es dem
Interesse der Wohnungseigentümer, sich auch durch Augenschein von dem Zustand
des Gebäudes und von der Reparaturbedürftigkeit zu unterrichten. Dabei kommt es für
die Wahl des Versammlungsorts nicht darauf an, ob die Wohnungseigentümer verstreut
an verschiedenen Orten wohnen oder ob vielleicht an dem gewählten Versammlungsort,
welcher hunderte von Kilometern von der Wohnungseigentumsanlage entfernt liegt,
zahlreiche Eigentümer wohnen. Der Eigentümer muss in die Lage versetzt sein, die
Verwaltung seines Eigentums in der Weise mitzugestalten, dass er die
Wohnungseigentumsanlage in Augenschein nimmt und sich davon überzeugt, ob das
Dach reparaturbedürftig ist oder ob das Treppenhaus instandgesetzt werden muss.
Durch entsprechend frühe Anreise kann auch ein nicht am Ort wohnender Eigentümer
den Versammlungstermin mit der Augenscheinseinnahme verbinden. Wenn der
Versammlungstermin einige hundert Kilometer vom Objekt entfernt gewählt wird, sind
indessen zwei Reisen nötig.
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Nach alledem widerspricht es den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, einen
Versammlungsort in großer Entfernung von der Wohnungseigentumsanlage zu wählen.
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In der vorliegenden Wohnungseigentümergemeinschaft ist die Eventualeinberufung
einer Zweitversammlung für den Fall, dass die erste Vesammlung nicht beschlussfähig
ist, nicht zulässig. § 25 Abs. 4 WEG sieht eine Einberufung einer zweiten Versammlung
erst nach Feststellung der Beschlussunfähigkeit der ersten Versammlung vor. Eine
abweichende Vereinbarung ist in der unter den Wohnungseigentümern vereinbarten
Teilungserklärung nicht enthalten. Die Eventualeinberufung ist damit unzulässig.
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Nach alledem entspricht es billigem Ermessen, die Antragsgegnerin mit den
Gerichtskosten des Verfahrens zu belasten.
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In Wohnungseigentumssachen bildet es hinsichtlich der Erstattung außergerichtlicher
Kosten die Regel, dass jeder Beteiligte seine Kosten zu tragen hat. Außergewöhnliche
Umstände, die eine andere Beurteilung rechtfertigen, sind im vorliegenden Verfahren
nicht zutage getreten.
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Der Geschäftswert von 5.000,00 DM entspricht dem Interesse der Beteiligten an der
Entscheidung und orientiert sich an der Regelung des § 30 Abs. 3 der Kostenordnung.
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Richter am Amtsgericht
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