Urteil des AG Neuss vom 10.06.1994

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Amtsgericht Neuss, 36 C 402/93
Datum:
10.06.1994
Gericht:
Amtsgericht Neuss
Spruchkörper:
Richter am Amtsgericht
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
36 C 402/93
Tenor:
Die von der Beklagten für das Abrechnungsjahr 1993 zu zahlenden
Vorauszahlungen auf die Betriebskosten werden auf monatlich 100,00
DM festgesetzt.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 2/3, der Kläger zu
1/3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist nicht begründet, die Widerklage ist begründet.
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Ein Anspruch auf Zahlung von 607,62 DM steht dem Kläger gegen die Beklagte nicht
zu.
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Rückständige Nebenkosten in Höhe von 475,34 DM kann der Kläger von der Beklagten
aufgrund der Nebenkostenabrechnung vom 07.06.1993 nicht verlangen.
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Verwaltungskosten in Höhe von 438,90 DM sind auf die Beklagte nicht umlegbar. Die
entsprechende Vereinbarung in § 4 Ziffer 2 des schriftlichen Mietvertrages ist gemäß §
134 BGB nichtig, denn sie verstößt gegen die zwingenden Bestimmungen der §§ 4, 10
MHG. Danach sind andere Nebenkosten als die in der Anlage 3 zu § 27 II. BV
genannten Betriebskosten nicht gemäß § 4 MHG auf den Mieter umlagefähig, sondern
bilden einen Bestandteil der Grundmiete (BGH DWW 1993, 74). Das eigentliche
Problem liegt in der Praxis darin, festzustellen, ob es sich bei dem für die
Verwaltungskosten gesondert ausgewiesenen Betrag um einen unveränderlichen
Bestandteil der Grundmiete oder um den wichtigen Teil einer
Betriebskostenvereinbarung handelt. Ob das eine oder das andere gewollt ist, ist gemäß
§§ 133, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln. Diese ergibt vorliegend, dass die als
Pauschbetrag ausgewiesenen Verwaltungskosten Bestandteil einer
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Betriebskostenvereinbarung sind, jedenfalls ist eine eindeutige Zuordnung zur
Grundmiete nicht möglich. Bereits die äußerliche Vertragsgestaltung spricht gegen die
Zuordnung der Verwaltungskosten zur Grundmiete. Diese sind nämlich nicht in
unmittelbarem Anschluss an die Grundmiete im Vertragstext ausgewiesen, sondern
unmittelbar nach der Aufzählung der umlagefähigen Nebenkosten in den Vertragstext
eingestellt. Auch die Einfügung der Verwaltungskosten in die Nebenkostenaufstellung
im Nachtrag zum Mietvertrag macht deutlich, dass die Verwaltungskosten nach dem
Vertragsaufbau nicht als kalkulatorischer Bestandteil der Grundmiete zu behandeln
sind. Bestätigt wird diese Auslegung durch die Abrechnungspraxis des Klägers, der die
Verwaltungskosten nicht gesondert abrechnet, sondern als Bestandteil der
Nebenkostenabrechnung ausweist und die zweckgebundenen Vorauszahlungen der
Beklagten auch insoweit verrechnet.
Nur ergänzend und ohne dass es für die Entscheidung darauf ankommt sei darauf
verwiesen, dass auch das von der Beklagten im Termin vorgelegte
Mieterhöhungsverlangen nach § 2 MHG die hier vorgenommene Auslegung bestätigt,
denn der Kläger hat darin die zulässige Mieterhöhung nach § 2 MHG nach dem
ausgewiesenen Mietzins von 460,00 DM (Miete und Garage) berechnet, ohne die
Verwaltungskosten in die Berechnung einzubeziehen. Damit hat der Kläger aber selbst
zu erkennen gegeben, dass er die Verwaltungskosten nicht als Bestandteil des
Grundmietzinses betrachtet.
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Soweit das LG E in seinen nicht bindenden Entscheidungen vom 06.08.1991 und
17.04.1990 eine andere Ansicht vertreten hat, ist die hierzu gegebene Begründung nach
der Entscheidung des BGH (a.a.O. nicht mehr haltbar.
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Kosten der Hauswartung in Höhe von 133,21 DM sind nicht umlagefähig, denn diese
sind in der Anlage 3 zu § 27 II BV nicht aufgeführt.
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Soweit der Kläger diese Position mit Schriftsatz vom 25.10.1993 dahingehend erläutert
hat, es handele sich um die Kosten für den Hausmeister, sowie für kleine technische
Wartungsarbeiten, wie Austausch von Glühbirnen etc., fehlt eine ausreichende
Erläuterung. Aus den vorgelegten Belegen geht hervor, dass die nicht im einzelnen
beschriebenen Tätigkeiten von der Hausverwaltung des Klägers in Rechnung gestellt
worden sind. Eine Rechtsgrundlage hierfür wird nicht dargelegt.
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Kosten für das Rolltor/Tiefgarage sind nicht aufgeschlüsselt, so dass nicht festgestellt
werden kann, ob es sich um Kosten im Sinne der Betriebskostendefinition in § 27 Abs. 1
II. BV handelt.
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Zur Vermeidung von zukünftigen Streitigkeiten seien die Parteien darauf hingewiesen,
dass
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1.
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Kosten für die Wartung von Feuerlöschgeräten zu den umlagefähigen Betriebskosten im
Sinne von Ziffer 17 der Anlage 3 zu § 27 II BV zu rechnen sind (vgl. Geldmacher,
Vereinbarung und Abrechnung von Nebenkosten im preisfreien Wohnraum, S. 28;
Pfeifer, Nebenkosten, 4. Aufl., S. 42).,
13
2.
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gegen die Umlage der Müllkosten nach Wohnfläche grundsätzlich keine Bedenken
bestehen (vgl. OLG I3 DWW 1983, 278 + WM 1984, 51; Geldmacher, a.a.O., S. 38 ff).
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Gemäß § 535 Satz 2 BGB steht dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf
Zahlung restlicher Nebenkostenvorauszahlungen für die Monate Juli und August 1993
in Höhe von 111,07 DM zu, denn die Beklagte hat in dieser Zeit statt der vereinbarten
Vorauszahlungen von 260,00 DM lediglich Vorauszahlungen von 148,93 DM geleistet.
Zu einer einseitigen Kürzung war sie nicht berechtigt.
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Der Anspruch des Klägers ist jedoch gemäß §§ 387, 389 BGB durch die mit Schriftsatz
vom 20.09.1993 konkludent erklärte Aufrechnung mit dem Guthaben der Beklagten aus
der Betriebskostenabrechnung 1992 erloschen.
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Der Kläger ist gemäß §§ 242 BGB, 4. Abs. 1 MHG verpflichtet, die vereinbarten
Nebenkostenvorauszahlungen von 130,00 DM auf 100,00 DM für den
Abrechnungszeitraum 1993 zu senken, denn wie die Ausführungen zur Klage zeigen,
sind Vorauszahlungen von 130,00 DM monatlich angesichts eines
Abrechnungsergebnisses von 1.060,13 DM nicht mehr angemessen im Sinne des § 287
ZPO. Unter Berücksichtigung der Interessen des Klägers sind die Vorauszahlungen mit
höchtens 100,00 DM angemessen berechnet, §§ 315, 316 BGB, 287 ZPO. Dies
entspricht auch dem Betrag, den die Beklagte als Vorauszahlung nach dem insoweit
unwidersprochen gebliebenen Vorbringen des Klägers (§ 138 Abs. 3 ZPO) für 8/93
gezahlt und als angemessen akzeptiert hat.
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 269, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
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Streitwert:
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a. für die Klage: 718,69 DM (0 607,62 DM + 111,07 DM), § 19 Abs. 3 GKG
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b. für den Widerklageantrag vom 20.09.1993 zu Ziffer 2: 1.200,00 DM
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c. für den Widerklageantrag vom 20.09.1993 zu Ziffer 3: 300,00 DM
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d. für den Widerklageantrag vom 20.09.1993 zu Ziffer 4: 300,00 DM
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e. für den Widerklageantrag vom 20.09.1993 zu Ziffer 5: 360,00 DM.
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