Urteil des AG Neuss vom 30.04.1986

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Amtsgericht Neuss, 30 C 303/85
Datum:
30.04.1986
Gericht:
Amtsgericht Neuss
Spruchkörper:
durch den Richter am Amtsgericht
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
30 C 303/85
Tenor:
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des
Beweissicherungsverfahrens tragen die Kläger als Gesamtschuldner.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die
Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in
Höhe von 1.500,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand:
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Aufgrund schriftlichen Mietvertrages vom 16.06.84 haben die Beklagten im Hause
..straße in Neuss eine Wohnung von den Klägern angemietet.
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Die Beklagten haben ab April 1985 eine monatliche Mietminderung in Höhe von
66,50 DM wegen in der Wohnung befindlicher Feuchtigkeitsschäden vorgenommen. Es
fand z wischen den Parteien ein Beweissicherungsverfahren mit der Geschäftsnummer
.. statt.
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Die Kläger tragen vor, dass die Feuchtigkeit nicht auf einem Mangel des Bauwerks,
sondern darauf beruhe, dass die Beklagten die Wohnung nicht so heizten und lüfteten,
wie es die dicht schließenden modernen Fenster verlangten.
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Die Kläger beantragen,
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die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 865,15 DM nebst 4 % Zinsen
von jeweils 66,55 DM ab 04.04.85, 04.05.85, 04. eines jeden folgenden Monats bis
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einschließlich 04.04.86 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
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Sie tragen vor, dass die Feuchtigkeit darauf beruhe, dass das Außenmauerwerk
Rissbildungen aufweise und Feuchtigkeit von daher in die Wohnung eindringe.
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Es wurde im Rahmen des Beweissicherungsverfahrens Beweis erhoben durch
Einholung zweier Sachverständigengutachten; zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird
auf die schriftlichen Gutachten der Sachverständigen L... vom 16.08.85 und K... vom
15.01.86 Bezug genommen.
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Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitigen
Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage war mangels eines Anspruchs der Kläger gegen die Beklagten abzuweisen.
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Die Beklagten waren gemäß § 537 BGB berechtigt, wegen der in ihrer Wohnung
vorhandenen Feuchtigkeitserscheinungen die Miete um monatlich 10 % zu mindern.
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Die Beweisaufnahme hat zur Überzeugung des Gerichts eindeutig ergeben, dass die
Feuchtigkeitserscheinungen nicht bzw. nicht durch ein nicht mietvertragsgemäßes
Verhalten der Beklagten hervorgerufen worden sind. Das ohne weiteres
nachvollziehbare Gutachten des Sachverständigen K... kommt, was die Feuchtigkeit im
Schlafzimmer der Beklagten betrifft, zu dem Ergebnis, dass die Feuchtigkeit zumindest
in erheblichem Maße durch das Aufbringen einer Styropordämmung zwischen Wand
und Tapete hervorgerufen worden ist. Soweit der Sachverständige darüber hinaus,
ebenso wie der andere Sachverständige L..., festgestellt hat, dass durch die von den
Beklagten aufgestellten Möbel in dem fraglichen Wandbereich nur eine vergleichsweise
unzureichende Luftzirkulation möglich war, ist dies nicht den Beklagten als Mietern
anzulasten. Die Beklagten haben die Wohnung als Ganzes zur Nutzung gemietet, und
zur Nutzung einer Mietwohnung gehört üblicherweise auch das Aufstellen von
allgemein gebräuchlichen Möbelstücken, ohne dass ersichtlich wäre, dass der Mieter
dabei gehalten wäre, die Möbel in einer bestimmten Weise oder Anordnung
aufzustellen. Entsprechendes müsste mietvertraglich ausdrücklich vereinbart werden.
Es würde allenfalls ohne ausdrückliche vertragliche Vereinbarung dem Mietvertrag
widersprechen, wenn der Mieter etwa vorhandene Fenster oder Lüftungsklappen mit
Möbeln zustellen würde oder aber Viertelstäbe und Fußleisten entfernen würde, um
Möbelstücke näher an die Wand heranzurücken. Ansonsten muss es einem Mieter
jedoch unbenommen sein, seine Möbel nach seinem Gutdünken in der von ihm
angemieteten Wohnung aufzustellen, zumal sich im vorliegenden Fall des
Schlafzimmers die fragliche Giebelwand insoweit für das Aufstellen des
Kleiderschrankes anbietet, als zumindest zwei der anderen Wände dadurch als
Stellfläche ausscheiden, dass sie mit einem Fenster, bzw. einer Tür versehen sind. Es
ist auch keine Verpflichtung des Mieters ersichtlich, an bestimmten Wänden einen
gewissen Mindestabstand beim Aufstellen der Möbel zur Wand zu beachten; auch
insoweit bedurfte es einer ausdrücklichen mietvertraglichen Vereinbarung.
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Im übrigen ist nicht ersichtlich, dass die Beklagten gegen eine Verpflichtung zur
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Beheizung und Belüftung des Schlafzimmers verstoßen hätten. So ist von den Klägern
im Beweissicherungsverfahren selbst vorgetragen worden, dass die Beklagten geäußert
hätten, dass sie auch bei kältesten Außentemperaturen bei geöffneten Fenstern
schlafen würden. Inwieweit von daher eine mangelnde Belüftung vorliegen könnte, ist
für das Gericht nicht ersichtlich.
Andererseits ist auch eine Verpflichtung der Beklagten, nach dem Einbau von
Isolierfenstern im besonderen Maße zu heizen, nicht ersichtlich. Es wäre widersinnig,
wärmedämmende Fenster mit der Begründung zur Energiesparung einzubauen, wenn
dadurch andererseits vom Mieter ein erhöhtes Heizen der Räume verlangt würde, um
die Bildung von Kondenswasser zu verhindern. Zumindest ist ein solches nicht ohne
entsprechende vertragliche Vereinbarung möglich. Im übrigen kann es auch nicht Sache
des Mieters sein, im einzelnen herauszufinden, welches Maß der Belüftung und
Beheizung bei den einzelnen von ihm gemieteten Räumen nun erforderlich ist. Vielmehr
obliegt es ohne weiteres dem Vermieter, seinem Mieter von vornherein entsprechende
Anhaltspunkte zu vermitteln. Dass dies im vorliegenden Falle geschehen wäre, ist nicht
ersichtlich. Es geht grundsätzlich nicht an, den Mieter mit dem Risiko zu belasten, dass
nach dem Einbau von Isolierfenstern Feuchtigkeitserscheinungen auftreten.
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Was die Feuchtigkeitsbildung im Badezimmer betrifft, so hat der Gutachter K... in
überzeugender Weise dargelegt, dass diese eindeutig auf einer mangelnden
Wärmedämmung des Sturzes über dem Badezimmerfenster beruhen. Des weiteren liegt
es auf der Hand, dass bei Benutzung der sanitären Einrichtungen in einem Badezimmer
erhöhte Luftfeuchtigkeit auftritt, ohne dass ersichtlich wäre, dass ein Mieter verpflichtet
wäre, die genannten Einrichtungen nur in einem bestimmten Umfang zu nutzen. Im
übrigen ist im Hinblick auf das Gutachten des Sachverständigen L... nicht ersichtlich,
inwieweit durch den von den Beklagten installierten Kunststoffvorhang eine erhöhte
Feuchtigkeit im Bereich des Fensters auftreten sollte. Der Sachverständige hat den
Vorhand fotografiert, als dieser geöffnet war, und es ist für das Gericht nicht ersichtlich,
dass dieser Vorhand üblicherweise geschlossen ist, sondern nur dann, wenn hinter ihm,
wie es seiner Zweckbestimmung entspricht, geduscht wird. Dass durch die Schließung
des Kunststoffvorhangs, die ja allenfalls für Minuten stattfindet, im fraglichen Bereich
erhöhte Feuchtigkeit auftreten sollte, ist für das Gericht nicht nachvollziehbar. Es ist
weiterhin für das Gericht unverständlich, was der Sachverständige L... unter der
"ungewöhnlichen Badegepflogenheit" der Beklagten verstanden hat; soweit der
Sachverständige damit das Anbringen des Kunststoffvorhanges an der Badewanne
meint, ist darauf hinzuweisen, dass es heutzutage durchaus nicht unüblich ist, bei
Wohnungen ohne separate Dusche die Badewanne mit einem solchen Vorhang zu
versehen, damit auch in einer Badewanne stehend geduscht werden kann. Zumindest
stellt eine solche Maßnahme nicht ohne weiteres einen vertragswidrigen Gebrauch der
Mietsache dar.
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Schließlich ist das Gericht der Auffassung, dass selbst dann, wenn die Beklagten eine
gewisse Mitverantwortung für die Feuchtigkeitserscheinungen träfe, in Anbetracht der
durch die Sachverständigengutachten und die Fotos belegten tatsächlichen Schäden
und die zumindest überwiegende Verantwortlichkeit der Kläger eine 10 %ige
Mietminderung durchaus angemessen wäre.
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Die Klage war daher abzuweisen.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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